Ein Essay zum Wochenende und zum Nachdenken:

„Bah“, sagte der Bildermaler, als die Fotografie ihm mit der Daguerreotypie viele Aufträge nahm, „das kann doch jeder, ist doch keine Kunst.“

„Bah“, sagte der Daguerreotypist , als das (direkt vor der Aufnahme selbst zu beschichtende) Nassplatten-Negativ ihm viele Aufträge nahm, „das kann doch jeder, ist doch keine Kunst.“

„Bah“, sagte der Nassplatten-Fotograf, als ihm die simple Trockenplatte und der Rollfilm schnell Konkurrenz machte, „das kann doch jeder, ist doch keine Kunst – und Qualität natürlich auch nicht!“

„Bah“, sagten auch manche Fotografen, als die digitale Fotografie sich rasch zur ernst zunehmenden Alternative entwickelte, „das kann doch jeder, ist doch keine Kunst – und von zweifelhafter Qualität…“

Nun haben sich im Laufe der Fotogeschichte alle Meinungen zur jeweils moderneren Form der Bildaufzeichnung zweifellos überholt – und die Diskussion, ob Fotografie Kunst sein kann, ist eindeutig mit ja zu beantworten.

Die digitale Fotografie kann daher wie jedes fotografische Verfahren Bilder mit Kunstanspruch schaffen, lediglich die Form der Bildaufzeichnung ist gänzlich anders: hier werden binäre Daten erfasst und abgespeichert, keine nach der Entwicklung direkt ansehbaren Bildinformationen auf einen Film gebannt. Für manche ist die Fotografie damit ihrer Magie beraubt.

Das mag zum Vorwurf der „Künstlichkeit“ verleiten. Dieser kann allerdings meiner Meinung nach nur für die Art der Bildaufzeichnung gelten – nicht aber für die künstlerische Qualität des fotografierten Bildes (eine(n) gute(n) Fotografin/ Fotografen einmal vorausgesetzt).

Und ist eine digitale Aufnahme erstmal zum anschaubaren Bild einer Ausstellung gewandelt – per Laser belichtet auf Fotopapier oder hochwertig ausgedruckt – dann ist es vorbei mit der Künstlichkeit: wir sehen eine Fotografie.

Ja, ich höre fast schon den Vorwurf über die digitale Bildbearbeitung und ihre Künstlichkeit… Sicher, übertriebene Manipulationen können einem Foto schaden. Aber das galt für die Fotografie selbst schon zu Zeiten der klassischen Retusche und Montage!

Also: Digitale Fotografie kann wie jede Fotografie Kunst sein – künstlich ist allenfalls ihre Art der Bildaufzeichnung zu nennen. Viel wichtiger sind in der Praxis die Probleme der dauerhaften Bild-Datensicherung! Abgesehen von der raschen Weiterentwicklung der Speichermedien/Lesegeräte (CD, DVD) und ihrer meist irgendwann fehlenden Eignung für die alten Formate, ist auch die Haltbarkeit einer selbst „gebrannten“ CD nach neuesten Erkenntnissen unter bestimmten Umständen sehr, sehr kurz. Ungünstig gilt etwa die Lagerung im Hellen.

Wer also seiner digitalen Bilderdaten lange sicher sein will, sollte die wichtigen Bilder belichten lassen – auf klassisches Fotopapier. Oder weiterhin auf Film fotografieren, der Archivsicherheit und Magie wegen, denn Kunst braucht nicht den Schnelligkeitsvorteil der digitalen Fotografie.

Dieter Beckhusen, DGPh