Der ehemalige belgische Mutterkonzern Agfa-Gevaert ist nun doch ein wenig eingesprungen und zahlt mehr als 50 Millionen Euro offener Rechnungen vorzeitig an AgfaPhoto aus. Damit ist die AgfaPhoto GmbH vorerst wieder liquide, Löhne und Rechnungen können bezahlt werden. Der Fortbestand ist für die kommenden Monate gesichert, dann allerdings muss der Konzern wieder auf eigenen Beinen stehen:

Die Situation stellt sich augenblicklich so dar, dass sowohl Löhne und Gehälter als auch die notwendigen Einkäufe zur Aufrechterhaltung der Produktion (AgfaPhoto wird aktuell nur gegen Vorkasse beliefert) für die Monate Juni und Juli gesichert sind, nachdem Agfa-Gevaert offene Rechnungen noch vor Fälligkeit bezahlt und so der AgfaPhoto GmbH Liquidität verschafft hat. Auch Gespräche mit einer deutschen Großbank über einen Überbrückungskredit sollen geführt worden sein.

Am 1. Juni 2005 hat der Aufsichtsrat der Agfaphoto GmbH den Kölner Insolvenzfachmann Hans-Gerd H. Jauch mit sofortiger Wirkung zum weiteren Mitglied der Geschäftsführung ernannt. Jauch ist Experte für Restrukturierung, Sanierung und Insolvenzen und seine Aufnahme in die Geschäftsführung erhöht laut Insolvenzverwalter Andreas Ringstmeister die Wahrscheinlichkeit, dass ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung angeordnet werden kann.

Laut Ringstmeier muss die Sanierung allerdings innerhalb von zwei Monaten gelingen, da schon im August die Gehälter wieder aus dem laufenden Geschäft gezahlt werden müssen.

Mögliche Maßnahmen der Sanierung sind laut Ringstmeier sowohl ein rascher Personalabbau wie auch Teilverkäufe des Unternehmens; hier soll es bereits nicht näher benannte Interessenten geben.

Erst wenn AgfaPhoto wieder saniert ist, sollen die Gründe für die überraschende Zahlungsunfähigkeit und das bislang ungeklärte Verschwinden von annähernd 400 Millionen Euro untersucht werden (siehe AgfaPhotos plötzliche Pleite).

Die Welt sieht hier vor allem einen in der Verantwortung: „Es kristallisiert sich aber immer mehr heraus, dass der Mehrheitsaktionär und Geschäftsführer der Nanno Beteiligungsholding, Hartmut Emans, die Hauptschuld für die Pleite trägt. Neben einem Streit mit dem belgischen Agfa-Konzern über die genaue Höhe des Kaufpreises soll er sich auch immer wieder in das operative Geschäft eingemischt und über den Kopf der Geschäftsführer hinwegregiert haben.“ (thoMas)

Nachtrag (3.6.2005; 14:37 Uhr): Wie die Macworld berichtet, sind weder AgfaPhoto North America noch andere weltweite Verkaufsorganisationen der AgfaPhoto vom Insolvenzantrag betroffen, dort gehe „alles seinen normalen Gang“, ohne Unterbrechung bei Auslieferung und Service. Deren finanzielle Position und Geschäftstätigkeit soll von der Insolvenz der deutschen Mutter AgfaPhoto GmbH nicht beeinträchtigt sein; ja AgfaPhoto USA ist nach eigenen Angaben sogar „auf dem Weg, einen Einkommenszuwachs von 20 Prozent für das letzte Jahr zu realisieren“.

Augenscheinlich lief hier in Deutschland Einiges fürchterlich schief.