Das Four Thirds System hat durch den kürzlich zwischen Olympus und Panasonic geschlossenen Entwicklungsvertrag neuen und starken Auftrieb bekommen, und das wirft spannende Fragen auf: Wie steht es um die Zukunft von 4/3? Stehen neue digitale 4/3-Spiegelreflexkameras ins Haus? Zieht die Bildstabilisierung bei 4/3 ein? Stimmen die Unkenrufe, die das Abkommen zwischen Leica und Panasonic gefährdet sehen? Wir haben die Firmen Olympus und Panasonic zu diesen und weiteren Themen befragt und hier geht’s zu den Antworten:

Kurz zum Hintergrund: Olympus und Panasonic haben kürzlich einen „gemeinschaftlichen Entwicklungsvertrag für digitale SLR-Kameras mit Wechselobjektiven im Four Thirds System“ unterzeichnet, wonach die beiden Unternehmen „gemeinsam Technologien und Komponenten für SLR-Kamerasysteme entwickeln wollen (darunter Kameragehäuse, Wechselobjektive und Systemzubehör)“. Die beiden Unternehmen planen aber auch, jedes für sich, digitale SLR-Systemkameras und zugehörige Systemprodukte nach dem Systemstandard Four Thirds zu entwickeln. Siehe dazu auch Digitale Spiegelreflex von Panasonic?

Die Fragen an Olympus hat Ulrich Götze beantwortet. Er ist European Marketing Manager D-SLR Systems der Olympus Europa GmbH.

photoscala: Olympus ist die Firma, die Four Thirds als Standard ins Leben gerufen hat. Können Sie unseren Lesern kurz erläutern, was konkret dahinter steht?
Ulrich Götze: Der Four Thirds Standard legt Richtlinien für das innovative Design und die Entwicklung einer völlig neuen Generation digitaler SLR-Kamerasysteme fest. Er wurde entwickelt, um das Potenzial und die Leistungsvorteile der modernen digitalen Bildaufzeichnungstechnologie vollständig erschließen zu können. Das Four Thirds System verwendet eine Sensorgröße, die es ermöglicht, extrem kompakte und lichtstarke Objektive zu konstruieren, deren optische Eigenschaften die Leistung des Sensors maximieren. Des Weiteren ist ein offener Standard für Objektivanschlüsse definiert. Anwender haben somit die Sicherheit, dass Four Thirds Kameragehäuse und Objektive verschiedener Hersteller miteinander kompatibel sind und können von einer größeren Auswahl profitieren.

photoscala: Dem Four Thirds System wird zuweilen vorgeworfen, dass die Spezifikationen etwas knapp gehalten sind. Stichwort: Kleinster Sensor aller digitalen Spiegelreflexkameras mit Wechselobjektiven und damit ungünstig(st)es Signal-Rausch-Verhältnis. Wie begegnen Sie dem?
Ulrich Götze: Da beweisen unsere Produkte, die Olympus E-1 und die neue Olympus E-300, das Gegenteil. Sie konnten sich in vielen redaktionellen Vergleichstests gegen den Mitbewerb behaupten. Die Olympus E-1 war übrigens die erste Digitalkamera, die jemals ein „Sehr gut“ von der Stiftung Warentest bekommen hat.

photoscala: Glauben Sie, dass durch dieses Abkommen das Four Thirds System von einer Olympus-eigenen-Lösung auf dem Weg zum tatsächlichen Standard ist?
Ulrich Götze: Zunächst einmal ist es kein Olympus-Standard. Der Four Thirds Standard wurde im September 2002 von Olympus Corporation und Eastman Kodak Company (USA) angekündigt. Er wird derzeit von Fuji Photo Film Co, Ltd., Sanyo Electric Co., Ltd., Panasonic und Sigma Corporation unterstützt. Und damit der Marktanteil dieser bahnbrechenden Technologie noch weiter ausgebaut werden kann, ist es wichtig, dass auch andere Hersteller Produkte auf Basis des Four Thirds Systems anbieten.

photoscala: Olympus hat ja schon ein nahezu komplettes Angebot an Kameras und Objektiven für das Four Thirds System. Worauf bezieht sich die Formulierung, „gemeinsam Technologien und Komponenten für SLR-Kamerasysteme“ entwickeln zu wollen?
Ulrich Götze: Die technische Entwicklungspartnerschaft wurde geschlossen, um den Bedürfnissen des schnell wachsenden Marktes für digitale Spiegelreflexkameras auch künftig gerecht zu werden.

photoscala: Welche Produkte können wir in Zukunft von Olympus erwarten, die von diesem Abkommen zwischen Olympus und Panasonic profitieren?
Ulrich Götze: Olympus und Matsushita Electric Industrial Co., Ltd. (Panasonic) haben ein Abkommen zur gemeinsamen Entwicklung von digitalen SLR-Kameras mit Wechselobjektiven, die auf dem Four Thirds System Standard basieren, unterzeichnet. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu diesem Zeitpunkt noch keine Auskunft über Produkte geben können, da noch nicht festgelegt ist, welche Komponenten ausgetauscht werden.

photoscala: Wann ist damit zu rechnen?
Ulrich Götze: Erste Kameras und Systeme von Panasonic und Olympus sind für die PMA 2006 angekündigt.

Die Fragen an Panasonic hat Michael Langbehn beantwortet. Er ist Corporate Communication, Manager Marketing Support / PR, Panasonic Deutschland – eine Division der Panasonic Marketing Europe GmbH.

photoscala: Was verspricht sich Panasonic von diesem Abkommen? Wo kann die Firma profitieren, wo kann sie etwas einbringen?
Michael Langbehn: Das geschlossene Abkommen ist zunächst einmal ein Gewinn für „Four Thirds“. Beide Partner bündeln ihre Stärken. Mit der Erfahrung von Olympus bei digitalen Spiegelreflexkameras und Panasonics Wissen in der Digitaltechnologie soll es jetzt für das Four Thirds System voran gehen. Die Allianz unterstützt uns zudem in unserem Ziel, noch stärker als Hersteller von Digitalkameras wahrgenommen zu werden und im Jahr 2006 10 % globalen Marktanteil im DSC-Segment zu erzielen.

photoscala: Bedeutet das Abkommen zwischen Olympus und Panasonic, dass auch Panasonic bald eine digitale Spiegelreflexkamera präsentieren wird? (Falls ja, wann ist damit zu rechnen?)
Michael Langbehn: Ja, das ist sehr wahrscheinlich. Auf der PMA 2006 werden wir erste Ergebnisse präsentieren.

photoscala: Wird Panasonic seine Bildstabilisierungstechnologie O.I.S in das Four Thirds System einbringen? Sprich, werden wir Objektive mit Bildstabilisator von Panasonic sehen? Und wird O.I.S. dann auch Olympus und anderen Kamera-/Objektivherstellern zur Verfügung stehen, die für das Four Thirds System entwickeln?
Michael Langbehn: Unser O.I.S. optischer Bildstabilisator ist wohl eine der wichtigsten Entwicklungen in der Digitalfotografie der jüngeren Vergangenheit. Der Marketing & Innovationspreis der FOTOwirtschaft, zwei PLUS X AWARDS und der ColorFoto Innovationspreis sind hierfür Beleg genug. O.I.S. ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für uns, auf den wir sicherlich auch in Zukunft setzen werden. Alles weitere gehört im Moment in das Reich der Spekulation.

photoscala: Berührt dieses Abkommen die Zusammenarbeit zwischen Panasonic und Leica?
Michael Langbehn: Nein. Wir arbeiten im vierten Jahr sehr erfolgreich mit Leica zusammen – und das nicht nur bei den Digitalkameras. Auch bei unseren neuesten Camcordern zählen wir auf die Qualität der LEICA-Objektive.

photoscala: Wird Panasonic nach wie vor Objektive von Leica in seinen Kompaktkameras verwenden?
Michael Langbehn: Ja. Wie gesagt berührt das Abkommen zwischen Olympus und Panasonic diese Kooperation nicht. Es entspräche auch nicht der Panasonic Unternehmenspolitik, bestehende und vor allem erfolgreiche Partnerschaften wegen jüngerer Kooperationen in Frage zu stellen.

photoscala: Können wir vielleicht gar mit Panasonic-Leica-Wechselobjektiven für das Four Thirds System rechnen?
Michael Langbehn: Darüber haben sich die Beteiligten noch nicht verständigt. – Auch wenn es sicherlich ein Gewinn für das Four Thirds System wäre, Leica als weltweit bekannten Hersteller für exzellente Kameras und Objektive ins Boot zu holen. Aber wie gesagt: hier steht noch nichts fest.

Das Interview führte Thomas Maschke für photoscala. Wir danken den beiden Firmen, im Besonderen unseren beiden Interviewpartnern Ulrich Götze und Michael Langbehn, für die Beantwortung der Fragen.

Weitere Informationsquellen:
Olympus Deutschland
Panasonic Deutschland
Offizielle Seite zum Four Thirds System
Ein (englisches) Interview vom Oktober 2003 zur Zusammenarbeit zwischen Leica und Panasonic findet sich hier: Leica and Panasonic: Collaborating Across Some 10,000 Km

(thoMas)