Armut und Exotik, Sinnlichkeit, geistiger Reichtum, momenthafte Lebenszugewandtheit all das steckt in den Bildern des Berliner Fotokünstlers André Wagner, der in seinem Buch „Reflections of India“ der Vielfalt des Lebens nachspürt:
Der indische Subkontinent ist seit jeher ein Ort der Phantasie, der Sehnsucht. Doch wer hat Worte für das, was dem Besucher in Indien begegnet? Es ist die Schönheit, aber es sind auch die Widersprüche, die blenden, die manchmal den Blick verstellen. Doch was ist das echte Indien?
Die Geschichte des fotografischen Blicks auf Indien ist lang. Schon in der Pionierzeit der Fotografie seit Mitte des 19. Jahrhunderts machten europäische Fotografen in Indien Bilder zumeist im Auftrag der British East India Company. Die Aufgabe dieser frühen Fotografen war es, die historischen Monumente der Kolonien des British Empire zu dokumentieren: Detailreiche Architekturaufnahmen von Palästen und Gartenanlagen entstanden Fotografen wie John Murray, Felice Beato oder Samuel Bourne sind die Pioniere dieser frühen Kunstfotografie in Indien.
Schon diese Lichtbildner erlagen dem Reiz des Fremden, wie das im Jahr 2007 erschienene Buch „Picturesque Views. Moghulindien im Spiegel der Fotografie des 19. Jahrhunderts“ zeigt: Der Blick der Europäer konnte sich nie ganz freimachen vom Exotismus vom Wunsch, in Indien ein anderer zu werden. Es gibt viele Beispiele dafür, auch in neuerer Zeit, wie etwa die fotografischen Serien von Arno Fischer oder Marc Riboud. Ernst Scheideggers Bilder von Le Corbusiers Planstadt Chandigarh etwa, entstanden in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts, illuminieren die Bautätigkeit an den Regierungsgebäuden der indischen Stadt Chandigarh, doch das Buch ist mehr als eine Dokumentation. Das Fremdartige, Exotische, blieb bis in unsere Zeit fast immer der Fokus all jener, die in Indien fotografierten.
Auch der Berliner Fotokünstler André Wagner seit Jahren erstaunt er mit seinen fotografischen Serien hat nun ein Buch über Indien veröffentlicht: „Reflections of India“. Es ist die Vielfalt des Lebens, die ihn fasziniert: Armut und Exotik, Sinnlichkeit, geistiger Reichtum, momenthafte Lebenszugewandtheit all das steckt in seinen Bildern. Tempel fotografiert er, das spirituelle Leben, heilige Orte und Zeremonien, aber auch den Alltag der Menschen in den Städten und auf dem Land.
Im ersten Moment sind es die Farben, die betören, die den Betrachter der Bilder umhüllen. Der 1980 in Ostdeutschland geborene Fotograf gibt sich diesen Farben hin, erkennt ihre Vitalität, ihre geheimnisvolle, dunstige Schönheit, überlässt sich dem Rausch der Sinne. Sehr früh morgens hat er fotografiert, spät in der Nacht, im Nebel, mit einer einfachen Ausrüstung, aber auch aufwändiger inszeniert mit portablen Blitzsystemen oder als Langzeitbelichtung. Stärker noch als in seinem Buch „Authentic Nature“ (für das er in Neuseeland fotografiert hat) findet Wagner jene für ihn so typische über die Abbildung der Realität hinausgehende Magie jetzt nicht mehr in der Natur, sondern im Alltag der Menschen.
Das Licht, es illuminiert das indische Leben in so vielen Facetten. „Das abgebildete Licht ist mein Weg durch die Zeit“, hat André Wagner einmal gesagt und dieser Satz hat noch heute Gültigkeit. In Neuseeland fotografierte Wagner Urwälder, Urlandschaften, Ur-Elemente wie Feuer, Wind, Wasser und Erde. „Vergänglichkeit, Lebensfluss und Sinnsuche sind Themen, die mich in der Fotografie interessieren“, so Wagner.
Seine bei verschiedenen Reisen seit dem Jahr 2004 in Indien entstandenen Bilder sind beides: subjektive, magische, oft sehr stille, meditative Dokumente eines Lebens, das uns in seinem besonderen Verhältnis von Tradition und Moderne auf wunderbare Weise fremd bleiben muss aber auch unprätentiöse Dokumente des Alltags eines Landes mit über einer Milliarde Einwohnern. Der Puls der Städte, die aufregende, schillernde Vielfalt aber auch die Kargheit all das zeigt uns André Wagner.
Dieses Buch macht Lust, nach Indien aufzubrechen: an Orte, die mit Worten nur schwer zu beschreiben sind. Die Fotografie André Wagners gibt sich der Exotik dieser Orte hin, der fremdartigen Schönheit, doch nie verliert der Fotograf den Blick für die sozialen Zusammenhänge. „Ich reise gern ins Unbekannte. An Orte, von denen ich noch nichts weiß“, schreibt André Wagner, der viele heilige Orte Indiens besucht hat, um den spirituellen Geist des Landes einzufangen. „Ich wusste nichts über dieses Land und hatte damals exakt 108 Filme eingepackt. In den vedischen Schriften gilt diese Zahl als heilig. Dabei steht sie für die insgesamt 108 Upanishaden die vedischen Texte, die die absolute Wahrheit offenbaren.“
„Ich lernte Pilger kennen“, so Wagner, „und in gebrochenem Englisch erzählten sie mir von den Göttern der vedischen Religion, die im Alltag der Menschen höchst lebendig sind und ihr Leben seit Jahrtausenden bestimmen. So habe ich Indien durch diese Pilger und durch das Fenster der vedischen Schriften kennengelernt, um es schließlich mit meiner Kameras einzufangen. Ich lebte wie in einem Rausch, ließ mich ein auf das Fremde, das mir zunehmend besser gefiel, bis es mir schließlich vertraut vorkam. Ich erlebte an diesen heiligen Orten in den Alltäglichkeiten Mitgefühl und Barmherzigkeit. Ganz schlicht.“
Schlichtheit, Einfachheit, Geheimnis, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft es ist eine neue, subjektive Sicht, der wir in „Reflections of India“ begegnen. „Was Indien heute und in alle Zukunft ausmacht, ist die Spiritualität und die Toleranz seiner Menschen“, schreibt Navneet Raman in seinem Vorwort. Der Haupttext des Buches stammt von Shri Sarvabhavana, Gastdozent für Hinduismus an der Humboldt Universität Berlin und so ist „Reflections of India“ nicht nur ein Fotokunstbuch, sondern auch eine schöne Einführung in Philosophie, Glauben und Kulturgeschichte, die helfen kann, unseren Blick auf Indien zu schärfen.
André Wagners Buch ist das jüngste Zeugnis einer Begeisterung für ein Land, für eine kulturelle Landschaft, die uns immer noch fremd ist. Doch merkt man „Reflections of India“ an, wie tief der Fotokünstler schürft. Er will ganz nah heran, an das Wesen der Dinge, will über die Abbildung der Realität hinaus ein neues Bild formulieren. Und ihm gelingen subjektive, wunderbare Bilder, die uns staunen lassen.
Eigentümlich ist die Tiefe der Berührung mit der indischen Spiritualität. Wagners Fotografien heiliger Orte, von Tempeln und Pilgern, zeigen, wie nah der Fotograf dem indischen Glauben kommt als Künstler und als Mensch. Als ewiges Wesen. Um so zu fotografieren musste Wagner, so sagt er, ein Suchender werden, doch ohne Ziel. „Meine Arbeitsweise wurde durch die indische Philosophie nachhaltig verändert: Lange Belichtungszeiten transportieren für mich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft die hier miteinander verschmelzen. Die Faszination, die dieses Land und seine Menschen bis heute auf mich ausüben, lässt mich immer wieder nach Indien zurückkehren. Und mit jeder Reise tauche ich tiefer in dieses unvergleichliche, chaotische und widersprüchliche Indien ein.“
(Marc Peschke)
Buch:
André Wagner
Reflections of India
Gebundene Ausgabe. 128 Seiten. Deutsch und Englisch
Hans-Nietsch-Verlag; Auflage 2012
ISBN 978-3862642175
24, 90 Euro
Künstler:
André Wagner
Hm.
[quote]doch nie verliert der Fotograf den Blick für die sozialen Zusammenhänge.[/quote]
Wo genau jetzt welcher ‘soziale Zusammenhang’ in dem letzten Foto sein soll, verstehe ich nicht.
Sicher wieder einmal viel zu viele dumme Worte für einfach schöne Fotos.
Ey Alter, kennste Wikepedia?
[quote=Gast]Deine Kommentare sollte man an die Kette legen. Erst mal in den Spiegel sehen!
Siehe Wikepedia:
“Die Spaniels gehörten zu den klassischen Stöberhunden….”
“Wau, einen lautmalerischen Tierlaut”[/quote]
“Wikepedia”
Damit wäre wohl alles gesagt.
Der Spaniel. Wau!
Naja, für Sie
aber für den geneigten Rest nicht.
Vielleicht einfach sich selber nicht so wichtig nehmen?
Gut, dass es noch
so konsequente Menschen gibt.
[quote=Gast]Gut die Bilder sehen so nicht schlecht aus, aber der Hauptzulieferer dafür war Photoshop und so fallen dieselben Bilder für mich durchs Raster![/quote]
Das hab ich schon zu analogen Zeiten so gehalten. Für mich zählte da nur Kodachrome. Wenn der Hauptzulieferer Fuji Velvia war, sind die für mich durchs Raster gefallen.
ROG
Es gibt
Bedingungen, die man beeinflussen kann, und solche, die das nicht erlauben. Manipulieren geht natürlich auch noch – wenn man der Kraft der eigenen Bilder misstraut (typische Fotoclub-Herangehensweise, erfahrungsgemäß).
Respekt!
Der Herr Wagner hat Elementares abgelichtet.
Indien ist wohl einer der Teile der Erde, die mit geradezu überlaufenden Farben und Farbschichtungen gesegnet sind. Kein glatt polierter Kontinent, so wie bei uns.
Ich wünsche Herrn Wagner eine hohe verkaufte Auflage!
Ich glaub’ ja eher
dass ihm der Weissabgleich aus dem Ruder gelaufen ist …
Rumpelstilzken schrieb:
[quote=Rumpelstilzken]Wikipedia mal wieder nicht richtig zu Ende gelesen –
Eigentlich bin ich eine Kinder-Straßenbahn.[/quote]
Mein Beileid.
Der Spaniel. Wau!
Was ist mit…
[quote=Gast]von Gemüsebauern, offensichtlich …[/quote]
…denen? Hältst Du dich für etwas besseres?
Der Spaniel. Wau!
Oh!
[quote=Rumpelstilzken]Mein Freund Bambi kann’s bestätigen.[/quote]
Ein Plastik Reh!
tolle…
…bilder
Zitat: Um so zu
[quote]Um so zu fotografieren musste Wagner, so sagt er, ein Suchender werden, doch ohne Ziel.[/quote]
Oh, das schlürft ja so tief!
Leider keine Zeit für weitere filosoffische Abschürfungen muss noch in Durakovo den Popel-Thread lesen.
“filosoffische Abschürfungen ”
Der Popel-Thread ist gut! Da kann man mal sehen, wie hoch das qualitative Niveau hier bei photoscala ist!!!
Sudel Eddi.
Würde sich die Welt ein wenig schneller drehen, würde es die Bekloppten einfach wegschleudern.
Manche würden soviel Energie entwickeln, dass sie bis zum Mond fliegen.
geht nicht
Wer von Sinnsuche und Magie spricht, grosse Vorbilder anführt und das im Namen der Kunst, gibt ein grosses Versprechen ab!
Bei der Bilderflut der heutigen Zeit, ist es auch nicht allzu leicht dieses Versprechen einzulösen und ganz ehrlich regt es mich auch auf wenn aus jedem Kitsch leichtfertig gleich Kunst gemacht wird.
Ehrlich, jahrelange Arbeit und am Ende zeigt man einige Fotos die nicht unterscheidbar sind von irgendwelchen Flickr Fotos! Das geht nicht.
Ob es Kunst ist,
oder nicht, was ist da wirklich wichtig?
Die Bilder sind exzeptionell und ganz bestimmt kein Kitsch. Das ist wichtig. Sorgfältig inszeniert im Augenblick der Entstehung, so wie es normalerweise niemand wahr nimmt. Der Autor hat es gesehen, den Augenblick erfasst. Das ist die eigentliche Leistung. Ein durchgehendes Thema. Alles so, wie es sein muss. Der Verlag will halt, dass der Autor noch etwas dazu schreibt, oder ein irgendwie Berufener soll was dazu sagen. Das Publikum will das so. Man muss das nicht unbedingt wichtig nehmen. Und es nimmt den Bildern nichts von ihrer Kraft.
Kitsch as Kitsch can
Seit wann huldigt der geschätzte Herr Peschke unkritisch so einem Fotodesigner-Kitsch?
“Man kann nicht beides sein,
Realist und dann auch noch beliebt.”
Volltreffer!
[quote=Rumpelstilzken]Seit wann huldigt der geschätzte Herr Peschke unkritisch so einem Fotodesigner-Kitsch?
[/quote]
Frei nach Wikipedia, ich zitiere:
“Vor dem Hintergrund dieses Märchens werden als Rumpelstilzchen im Volksmund oft eher kleinwüchsige Menschen bezeichnet, die durch ihre aufbrausende, vorlaute oder gar tobsüchtige Art und Weise auffallen – und damit möglicherweise ihren Mangel an körperlicher (oder menschlicher) Größe zu kompensieren versuchen.”
Dir huldigt ja eh niemand. Armer WEB2.0 Wicht.
Der Spaniel. Wau!
Alles so schön bunt hier
“Wagners Fotografien heiliger Orte, von Tempeln und Pilgern, zeigen, wie nah der Fotograf dem indischen Glauben kommt…”
Was bitteschön ist eigentlich der indische Glaube? Und wie will er diesem mit einem Fotoapparat näher kommen?
Was habt ihr denn, sind doch nette Postkarten
Ganz sicher keine Kunst, etwas viel an den Farben gedreht und dem schnellen Effekt gehuldigt.
Aber sowas gabs immer, bei dem Bildautor ohnehin.
Ist doch o.k., wir haben doch schon weit schlimmeres gesehen.