Der italienische Architekt und Designer Carlo Mollino (1905-1973) ließ sich bei seinen Entwürfen oft vom weiblichen Körper inspirieren; fotografierte ihn auch nur zu gerne. In seinen letzten Lebensjahren hielt er vor allem die Schönheiten des Turiner Nachtlebens auf Sofortbildern fest auf dass sie ihn auf dunkleren Wegen begleiten:
Bisiluro da corsa, Nardi – Mollino – Giannini, 1955
© Alessandro Nassiri, Archivio Museo Scienza
Carlo Mollino, 1905 als Sohn einer Turiner Baumeisterfamilie geboren, studierte Kunstgeschichte und Architektur, war Architekt, Designer, Autorennfahrer, Skisportler und Kunstflieger, Autor und Fotokünstler, war Freimaurer, ewiger Junggeselle und interessiert am Okkultismus. International bekannt wurde er vor allem als Designer von Möbeln und exklusiven Interieurs im Sinne eines Gesamtkunstwerks.
Carlo Mollino, circa 1950
Daneben war er auch lange Jahre fotografisch tätig; seine Motive waren, wie oft auch seine Möbel(-Entwürfe), stark erotisch geprägt. Mollino fotografierte jahrelang weibliche Akte in von ihm gestalteten Interieurs. Anfangs sitzen ihm Bekannte Modell. Zentrales Bildelement ist das wellige, glänzende Haar, von ihm mit der Genauigkeit von Hochglanzmagazinen arrangiert.
Später ersetzt Mollino die Leica durch eine Polaroid-Kamera. Dunklere Fantasien über Begegnungen mit einer Fremden treten in den Vordergrund: Mollino lässt nun Prostituierte für sich posieren, fotografiert ab den 1960ern in seinen letzten Lebensjahren Sofortbilder, die ihn auf dem Weg in den Tod begleiten sollten. Von 1961-1970 baute Carlo Mollino sein Apartment in der Via Napione, in dem er auch einige der Polaroids aufnahm: „So wie der Chinese von Rang zu Lebzeiten sein eigenes Mausoleum ausschmückt, bereite ich einen Korridor meines Hauses als eine in der Abenddämmerung beschienene Avenue vor, wo die Fotografien und viele andere Mementos des Lebens aufeinander folgen: alle schön, oder fast“, so schreibt er 1973, dem Jahr, in dem er an einem Herzinfarkt stirbt.
Zu Lebzeiten hat Mollino dieses Apartment nie bewohnt und nie jemanden dorthin eingeladen.
Carlo Mollino, Casa Mollino, 1960-68
Photo: A. Bartos
Nach seinem Tod wurden mehr als 1000 Polaroids (andere Quellen sprechen von über 2000) in diesem Apartment heute die Casa Mollino, betreut von Fulvio und Napoleone Ferrari gefunden. 2002 erschien bei Arena Editions der inzwischen vergriffene, im Antiquariat hoch gehandelte, Band „Carlo Mollino Polaroids“, in dem Fulvio und Napoleone Ferrari diesen Aspekt in Mollinos fotografischer Arbeit erstmals umfassend vorstellten (ISBN 1-892041-60-X).
Carlo Mollino, Untitled Polaroids, circa 1962-73
Jetzt zeigt die Wiener Kunsthalle Mollinos Sofortbilder: Die Ausstellung „Un Messaggio dalla Camera Oscura“ 1949 ist übrigens von Mollino ein gleichnamiges Buch zur Geschichte der Fotografie erschienen präsentiert einen Teil jener Fotografien, die Mollino zu Lebzeiten stets für sich behielt: Polaroids mit inszenierten Akt-Porträts von den Schönheiten des Turiner Nachtlebens.
Carlo Mollino, Teatro Regio, 1965-73
Photo: Cavalli
Eine umfassende Würdigung Mollinos ist dann ab Mitte September 2011 im Münchener Haus der Kunst zu sehen; die Werkauswahl will die Vielseitigkeit seiner Arbeit aufzeigen: Zeichnungen, Architekturpläne, Möbel und Einrichtungsgegenstände, das Rennauto „Bisiluro“, Fotomontagen, Polaroids, seine Essays über Architektur, Fotografie und Abfahrtski und weiteres Archivmaterial werden ausgestellt.
(thoMas)
Ausstellungen:
Carlo Mollino Un Messaggio dalla Camera Oscura
31.8.2011 – 25.9.2011
Kunsthalle Wien – Project Space
Museumsplatz 1
A – 1070 Wien
Öffnungszeiten: Dienstag – Samstag 13-24 Uhr; Sonntag, Montag 13-19 Uhr
Zur Ausstellung erscheint ein Katalogbuch im Verlag für moderne Kunst Nürnberg, ISBN 978-3-86984-244-8
Carlo Mollino Maniera Moderna
16.9.2011 – 8.1.2012
Haus der Kunst
Prinzregentenstrasse 1
80538 München
Öffnungszeiten: Montag – Sonntag 10-20 Uhr; Donnerstag 10-22 Uhr
Der Katalog enthält Textbeiträge von Luca Cerizza, Beatriz Colomina, Fulvio und Napoleone Ferrari, Kurt W. Forster, Wilfried Kuehn und einen fotografischen Essay von Armin Linke.
(thoMas)
“Tröstliche Schönheiten des Turiner Nachtlebens ”
… also auf deutsch Nutten oder was?
Berlusconi
[quote=Gast]… also auf deutsch Nutten oder was?[/quote]
Sprech … 😎
“Tröstliche Schönheiten des Turiner Nachtlebens ”
[quote=Gast]… also auf deutsch Nutten oder was?[/quote]
Was hast Du gegen Nutten? Wir sind doch alle Welche!!! h.
Den Bildern nach zu urteilen…
…ziemlich hübsche Nutten. Im Ernst: Nicht so puritanisch, mein lieber Freund – man lebt ja schliesslich nur einmal! 😉
Schönheit liegt immer im
Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters …
Nanu?
[quote=thoMas]Carlo Mollino – Maniera Moderna
16.9.2012 – 8.1.2012 Haus der Kunst[/quote]
Da stimmt doch was nicht? Hört auf, bevor es angefangen hat?
Grüßender schrieb:
[quote=Grüßender][quote=thoMas]Carlo Mollino – Maniera Moderna
16.9.2012 – 8.1.2012 Haus der Kunst[/quote]
Da stimmt doch was nicht? Hört auf, bevor es angefangen hat?[/quote]
Stimmt. Da stimmte was nicht. Danke. Wurde stillschweigend korrigiert.
(thoMas)
Vergleich mit Mollinos Möbelentwürfen
Schade, dass photoscala nicht wenigstens ein Bild von Mollinos Möbelentwürfen zeigt: der Vergleich wäre frappierend. Kaum ein anderer Designer des 20. Jahrhunderts hat Möbel und selbst Architektur so erotisiert, teilweise so sexualisert, wie Mollino.
Einen ersten Eindruck möge man hier gewinnen:
http://www.designboom.com/world/mollino/furniture/index.html
Zu seiner Photographie:
http://www.designboom.com/world/mollino/photos/index.html
Ergänzung …
zu diesem Artikel:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,786590,00.html
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Nikon – mirrorless rules !