Foto der S1 von LeicaNach der Vorstellung der aktuellen Leica S2 kam die Frage auf: Gab es auch eine S1? – Es gab sie. Vor nunmehr rund 15 Jahren kam sie auf den Markt; und schon damals leistete die S1 auch heute noch äußerst respektable 26 Megapixel. Über Belichtungszeiten allerdings reden wir erstmal lieber nicht:

Den Namen „S1“ führte eine im Jahre 1996 von Leica vorgestellte Scannerkamera, die in erster Linie für den Reprobereich konzipiert war, die ihrer Zeit wohl voraus war, und die auch heute noch gute Ergebnisse liefern kann.

Die Leica S1 war mit einer dreifach linearen Farb-CCD-Zeile mit 5140 Pixeln ausgestattet, die mittels Vollschrittmotor über die Bildebene bewegt wurde, was eine beachtliche Auflösung von 26 Megapixeln (5140×5140 Pixel) ergab. Die Scanzeit für einen „fullscan“ betrug 185 Sekunden. Besonders hervorgehoben hatte Leica damals den mit einem riesigen Prisma ausgestatteten eingebauten Sucher, der einen Schrägeinblick auf ein seitenrichtiges Bild auf einer Gittermattscheibe ermöglichte.

Es gab die Möglichkeit, Leicas R- und auch wahlweise M-Objektive zu nutzen. Aber auch Objektive von Nikon, Contax, Canon FD und Minolta waren adaptierbar; sowie Mittelformatobjektive von Hasselblad, Pentax 6×7 und Mamiya 4,5×6. Für Objektive von Hasselblad gab es zusätzlich einen Tilt-Shift-Adapter. Und wer Großformatobjektive von Rodenstock und Schneider-Kreuznach einsetzen wollte, konnte auf einen Balgen von Novoflex zurückgreifen.
 

Foto der S1 von Leica
 
 
Foto der Oberseite der S1 von Leica
 
 
Foto der Rückseite der S1 von Leica

 
Es war zudem möglich, die S1 direkt in die Filmstandarte einer Fachkamera einzusetzen. So waren nicht nur Fachobjektive nutzbar, sondern auch Verstellungen zur Bildkorrektur und Bildgestaltung.

Leicas S1 funktionierte nur zusammen mit einem PC oder Mac. Die Anbindung an den Rechner erfolgte über ein Lichtleiterkabel. Daher enthielt die Grundausstattung auch eine PCI-Steckkarte, wahlweise für PC oder Mac. Daneben wurden ein Netzteil und der Leica S-Adapter-R mitgeliefert. Betrieben wurde die Kamera über eine spezielle Version der SilverFast-Software des Kieler Herstellers LaserSoft Imaging. Heute gibt es von LaserSoft für die S1 nur noch Softwarevarianten für die inzwischen nicht mehr aktuellen Betriebssysteme Windows XP und Windows 2000.

Foto der S1 seitlich

Die S1 kam in drei Varianten auf den Markt. Zuerst kam die Leica S1 Pro, deren Auflösung für Drucke mit 300 dpi im A2-Format geeignet waren. Später folgten die Leica S1 Alpha mit reduzierter Auflösung, deren Aufnahmen im A4-Format bei 300 dpi gedruckt werden konnten, und schließlich die Leica S1 HighSpeed, die hinsichtlich der Aufnahmegeschwindigkeit optimiert wurde und deren Aufnahmen sich bis zum Format A3 vergrößern ließen.

Insgesamt wurden wohl 160 Exemplare gebaut. Verkauft wurden sie beispielsweise für den Einsatz in Museen oder ähnlichen Einrichtungen, wo sie im Bereich Archivierung und Dokumentation zur Digitalisierung alter Pläne (z.B. in der Plankammer der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Berlin-Brandenburg) und vergleichbarer Aufsichtsvorlagen, aber auch für Abbildungen von Skulpturen und Wandteppichen eingesetzt wurden.

Die Leica S1 ist im Kontext der anderen damals verfügbaren Scannerkameras zu sehen. So war 1995 von Agfa mit der StudioCam eine Scannerkamera auf den Markt gebracht worden, die eine Auflösung von 16 Megapixeln erzielte und für den Anschluss von Nikon-Objektiven vorgesehen war. Von der damaligen Rollei Fototechnic gab es schon 1991 das erste „Digital Scan Pack“ (Scanfläche 41,2×35 mm; Auflösung 5850×5000 Bildpunkte = ca. 30 Megapixel) für die Mittelformatkameras Rolleiflex 6003 und 6008.

Scannerkameras werden heute noch von Pentacon in Dresden hergestellt; Scanrückteile bietet Anagramm in Garmisch-Partenkirchen an.

(CJ)
 
 
Mit Dank an Leica für die Produktabbildungen der S1.