GPS-Empfänger in Digitalkameras sind praktisch, verorten sie doch die Fotos und speichern den Aufnahmeort. Mit Hilfe einer neuen Technologie könnte jetzt auch der umgekehrte Weg gelingen: das weltweite Orten von Kameras aus dem Weltraum. Was einerseits auch praktisch ist, andererseits die Begehrlichkeiten der Sicherheits-Behörden weckt:

Doch von vorne.

Das Navigationssatellitenprojekt Galileo, das ursprünglich allein der zivilen Nutzung vorbehalten sein sollte, wird auch einer nicht-zivilen Verwendung zugeführt, hat die EU bereits im Juli 2008 in einer Resolution zur „Bedeutung des Weltraums für die Sicherheit Europas“ festgestellt und demnach soll Galileo auch für „Operationen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP)“ zur Verfügung stehen.

Dieser Tage nun plagen die Europäer offensichtlich Sicherheitsbedenken, was den angedachten Partner „China“ angeht. Experten befürchten, dass die aus China gelieferten Antennen im Bedarfsfall mittels versteckter Fehler gestört werden könnten.

Soweit der aktuelle Stand der Dinge.

Brisanz erhält diese neue EU-Ausrichtung zur Sicherheitspolitik durch ein bislang kaum bekanntes Patent des kleinen Start-ups „hi1.a“ aus Schnackenburg und aus dem Jahre 2006, das sich die EU dem Vernehmen nach gleich gesichert hat: Demnach ist mit deren Antennen-Technologie die GPS-Signalumkehr möglich. Galileo könnte also nicht nur Positionsdaten senden, sondern auch empfangen; bzw. die Daten von GPS-Empfängern auslesen.

Mehr noch, wie der Chaos Computer Club dieser Tage durch rekursives Engineering der Beta-Software zum Prototypen der Antennenanlage herausgefunden haben will, soll es sogar möglich sein, nicht nur die GPS-Daten via Galileo auszulesen, sondern Bildaufnahmegeräte – also im Prinzip alles, was eine Kamera und einen GPS-Empfänger eingebaut hat – fernzusteuern und auf deren Bilddaten – auch die gespeicherten – zuzugreifen; sowie bildgebende Geräte auch ohne Wissen des Benutzers einzuschalten und Aufnahmen zu machen.

Da verwundert es kaum noch, dass die zuständigen EU-Gremien just an einem Entwurf arbeiten sollen, nach dem ab dem 1.4.2012 alle Bildaufnahmegeräte (Kameras, Camcorder und Fotohandys), die in der EU gefertigt oder hier eingeführt werden, zwingend eine eindeutige ID (Kenn-Nummer) und einen GPS-Empfänger eingebaut haben müssen. Das Ganze könnte durchaus ohne gesetzgebendes Verfahren als „Ausführungsbestimmung“ – ohne Mitwirkung und Abstimmung durch das Europäische Parlament – rechtskräftig werden.

Es gehen zudem Gerüchte, dass in einem weiteren Schritt und im Rahmen einer PPP – Public Private Partnership – die vorhandenen Überwachungskameras in Ladengeschäften, öffentlichen Verkehrsmitteln und auf öffentlichen Plätzen mit dem System verknüpft werden sollen. Die EU erhofft sich so, kostenneutral die Überwachungstechnik ausbauen zu können, die PPP-Partner auf der Privatseite wiederum erwarten sich stetig sprudelnde Einnahmequellen. Soll doch dann alles, was Bilder machen kann, auch für die Aufdeckung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten und Vergehen herangezogen werden (hier bieten sich u.a. Motiv- und Gesichtserkennung für eine automatisierte Erfassung und Ahndung an). Ein Teil der dann fälligen Bußgelder bzw. Geldstrafen fließt den privaten Betreibern zu.

(thoMas / CJ)
 

Nachtrag (2.4.2010): Das war er, unser Aprilscherz. Ein bitterer Scherz diesmal; doch das Thema schien uns wichtig. Dabei war es gar nicht so einfach, tatsächlich noch einen Dreh ins – hoffentlich – Absurde zu finden. Denn beim Meisten, was uns dazu zunächst einfiel, fiel auch gleich auf, dass es entweder bereits Realität ist, oder zumindest technisch machbar.