Foto der M9 von Leica Was den Preis angeht, spielt Leicas M9, die rund 5500 Euro kostet, locker in der Spitzengruppe mit – ob das aber auch für die Foto-Qualitäten der Kamera gilt? Wir haben das gründlich untersucht:

Nachdem wir bereits vor einigen Tagen einen subjektiv gehaltenen Erfahrungsbericht zur Leica M9 brachten, der auch die Vorzüge und Grenzen einer Messsucherkamera beleuchtet, kommt hier wie versprochen der technisch fundierte Test zu dieser Kamera, in bewährter Weise durchgeführt von Dr. Georg N. Nyman:

Foto der M9 von Leica in stahlgrau

Erste Eindrücke

Ich erhielt die M9 für knapp zwei Wochen zum Testen. Sie kam, ward gesehen und war eine Überraschung – in vielerlei Hinsicht, sowohl positiv als auch negativ.

Was mir gleich aufgefallen ist, ist die sicherlich subjektive Feststellung, dass die M9 nicht sehr gut in der Hand liegt – da fehlt ein Griff auf der rechten Seite. Den gibt es zwar – aber das ist wieder ein Extra, das (viel) Geld kostet und das eigentlich bei dem recht stolzen Kaufpreis Standard sein sollte.

Dann ist sie langsam – nach dem Einschalten vergeht doch einige Zeit, bis sie bereit ist, beim Speichern von Aufnahmen ist sie langsam, beim Auslesen der Aufnahmen ist sie langsam – sie ist einfach langsamer als die bekannten CaNiSo-Spiegelreflex-Boliden. Es gibt eine Liste von Speicherkarten mit Geschwindigkeitsbeurteilungen – ist das wirklich notwendig? Sollte eine neue, innovative Spitzenkamera nicht alle guten SDHC-Karten sehr schnell auslesen können? Ein weiteres Erlebnis war die SD-Kartenerkennung: Ich habe vier SD-Karten ausprobiert – zwei davon wurden erkannt, zwei nicht. Dabei gab es keinerlei erkennbare Unterschiede, es waren alles Karten von namhaften Herstellern – das ist sehr merkwürdig.

Was ist mir noch aufgefallen? Der Leuchtrahmen im Sucher stimmt nicht ganz mit dem wirklichen Aufnahmefeld überein. Das ist nicht wirklich ein Problem, aber es ist doch etwas störend bei einer so teuren Kamera. Der Ausschnitt stimmt einfach nicht; er ist nicht nur zu klein, sondern auch noch seitlich versetzt. Nicht viel, aber doch.

Foto vom Handgriff zur M9 von Leica

Das an der Rückseite befindliche LCD-Display hat kein Saphirglas – das ist einfach nicht verständlich. Im Internet findet man in den Fragen und Antworten (PDF-Datei) von Leica diese Erklärung: ein Saphirglas wäre zu teuer! So eine Argumentation ist nicht nachvollziehbar. Das Gehäuse kostet doch fast 5500 Euro und da kann man kein Saphirglas einbauen? Die Qualität des Vorschaubildes auf dem Display ist sehr dürftig und lässt keinesfalls die Bildqualität erahnen – das macht unsicher!

Nach dieser doch etwas kritischen Einleitung nun zu den Aufnahmen, der Qualität und der Farbwiedergabe.

Die Qualität der Aufnahmen

ist sehr gut, wirklich sehr gut. Wenn man die DNG-Aufnahmen entwickelt, dann wird es so richtig attraktiv: die Bildqualität ist hervorragend. Die Farben sind (bei manuellem Weißabgleich) exzellent, das Rauschen ist bei höheren Empfindlichkeitseinstellungen etwas verbesserungswürdig (im Vergleich zur Nikon D3x mit 24 Megapixeln), aber die optische Qualität ist beeindruckend. Ich hatte ein 2,5/35 mm und ein 2,5/75 mm zum Test – sowohl Detailwiedergabe und Schärfe als auch die Brillanz beider Objektive sind ausgezeichnet.

Bei der Analyse der Aufnahmen und Betrachtung der EXIF-Daten fällt auf, dass die eingestellte Blende nicht genannt wird – die Blendenfunktion ist bei der M9 rein mechanisch und der Wert wird nicht übertragen. In den EXIF-Daten codierter Objektive finden sich nur die maximale Blendenöffnung und die Brennweite, nicht aber die verwendete Blendenzahl. Daher muss man sich merken, bei welcher Blende die Aufnahme gemacht wurde, oder man macht jeweils eine Kontrollaufnahme bei Offenblende und rechnet anhand der Belichtungszeitdifferenz auf die verwendete Blende der fraglichen Aufnahme zurück. Das ist nicht komfortabel, aber es funktioniert.

Alternativ kann man auch das Programm CornerFix (Mac und Windows) nutzen – das kann u.a. die „geschätzte Blende“ aus den „Leica MakerNotes“ auslesen. Das sieht dann etwa so aus:

Leica MakerNotes
  Lens Id: Summarit-M 35 mm f/2.5
  Frame Selector Position: 24/35 mm frame lines engaged
  M9 Blue Dot Brightness: 241408
  M9 TTL Brightness: 264192
  Leica Estimated Aperture: f/4.8

Siehe dazu auch The M8 Metadata project (in der dort verlinkten PDF-Datei finden sich Auswertungen zur Genauigkeit dieser Schätzungen bei der M8. Kurzfazit: Meist hilfreich, aber keinesfalls 100 %ig genau).

Zu Beginn nun Aufnahmen, die ich in einer fast dunklen Kirche (wie immer: die Mariahilfer Kirche in Wien) gemacht habe. Die Qualität der Abbildung ist sehr beeindruckend – und das bei offener Blende 2,5 des 2,5/35 mm Summarit-M. Wenn ich höhere Empfindlichkeitseinstellungen wähle, so wird das Rauschen sichtbar. Bei ISO 2000/34° ist es bereits erkennbar, bei ISO 2500/35° gut sichtbar. Obwohl Leica keinen CMOS-Sensor verwendet, ist das Rauschen bereits bei ISO 2000/34° für meine Erwartungen an eine Spitzenkamera zu stark – ich habe auch keine Einstellmöglichkeit für eine Rauschreduktion gefunden – die kommt automatisch und ist nicht abschaltbar.
 

Foto: Georg N. Nyman  Foto: Georg N. Nyman

Die Übersicht (links) zeigt das vom 35-mm-Objektiv aufgenommene Bildfeld. Leica M9 mit Summarit-M 2,5/35 mm. Als erste Detailaufnahme (rechts) ein Ausschnitt aus dem Altarbereich bei ISO 160/23° – gleiches 35-mm-Objektiv. Bereits hier erkennt man die wirklich sehr gute Bildqualität.

 
Ein kleinerer Ausschnitt zeigt noch genauer, wie gut die optische Qualität in Verbindung mit dem 18-Megapixel-Sensor ist:
 

Foto: Georg N. Nyman

Leica M9 mit Summarit-M 2,5/35 mm bei Offenblende. Links ISO 160/23°, rechts ISO 2000/34°. Bei ISO 2000/34° ist das Rauschen bereits deutlich sichtbar und die Farbsättigung wird sichtbar geringer (wie bei allen DSLR-Kameras bei höherer ISO-Einstellung).

 
Eines anderen Tags wollte ich das gleiche Motiv noch einmal bei Tageslicht aufnehmen und mit früheren Aufnahmen anderer Kameras vergleichen – das war ziemlich interessant. Außerdem nahm ich auch mein eigenes altes 2,8/35 mm Summaron von meiner M2 (die ich um keinen Preis hergeben würde) mit, um die beiden Objektive zu vergleichen:
 

Foto: Georg N. Nyman

Hier erst einmal die Gesamtaufnahme bei 35 mm.
 
 
Foto: Georg N. Nyman

Nun ein kleiner Ausschnitt aus dem linken Bildrand – das neue 2,5/35 mm (links) und das alte 2,8/35 mm im Vergleich; beide bei offener Blende. Überraschend, oder auch nicht, denn Festbrennweiten werden seit Jahrzehnten hervorragend gerechnet. Erst die Asphären haben hier nochmal einen qualitativen Schub gebracht. Wie zu erwarten, ist der Gesamteindruck bei beiden Objektiven nicht optimal – offene Blende und keine asphärischen Linsen, das ist eben ein Kompromiss.
 
 
Foto: Georg N. Nyman

Dann nochmals bei Blende 5,6 – wieder links das neue, rechts das alte Objektiv. Jetzt ist für mich das neue Objektiv besser, aber nicht viel: mein altes Summaron 2,8/35 mm ist wirklich gut in diesem Vergleich!
 
 
Foto: Georg N. Nyman

Neugierig war ich, wie die Mitte aussieht – wiederum links das neue, rechts das alte 35-mm-Objektiv; jeweils bei Offenblende. Ich überlasse es dem Leser, zu entscheiden, welches besser ist – mich hat es überrascht.
 
 
Foto: Georg N. Nyman

Und als Zugabe eine ältere Filmaufnahme mit meiner Nikon F6 und einem ganz normalen Kleinbild-Negativfilm zum Vergleich.

 
Nun zum Rauschen bei hohen ISO-Werten. Eine Spitzenkamera sollte bis etwa ISO 1600/33° ein kaum sichtbares Rauschen aufweisen, darüber hinaus dann darf Rauschen sichtbar sein – die augenblickliche Ausnahme ist eindeutig die neue Nikon D3s, die für mich zur Zeit noch eine Sonderstellung im DSLR-Markt einnimmt (die ist bis ISO 51200/48° sehr gut verwendbar).

Das Rauschen wollte ich mit einer 20+MP-DSLR-Kamera vergleichen. Ich habe daher die Nachtaufnahmen, die ich vor einiger Zeit mit der 24-MP-Nikon-D3x gemacht hatte, den Aufnahmen der Leica M9 gegenübergestellt – hier sieht man sehr deutlich, was ich eingangs meinte: das Rauschen der M9 könnte besser sein. Nicht, weil es überhaupt auftritt, sondern weil es bereits bei Empfindlichkeiten auftritt, die von anderen Herstellern offenbar sehr gut beherrscht werden. Ist das der Unterschied zwischen CMOS und CCD, der einfach nicht überbrückbar ist? Hier der Vergleich (die Nikon-D3x-Aufnahmen wurden zu einer Zeit gemacht, als das Kino, das am rechten Bildrand sichtbar ist, noch kein IMAX-Kino war, daher fehlen hier die blaue Leuchtreklame und die Na-Dampflampen, die für die orangene Beleuchtung der Fassade sorgen). Beide Aufnahmeserien sind unbehandelt, nicht verbessert, bei 35 mm Brennweite vom gleichen Standpunkt aus gemacht. Ein direkter Vergleich zweier Aufnahmen bei ISO 1600/33° und ISO 2500/35° (Leica) bzw. 3200/36° (D3x) zeigt den Unterschied deutlich – zuerst die Nikon D3x und dann die Leica M9:
 

Foto: Georg N. Nyman

Nikon D3x bei ISO 1600/33°
 
 
Foto: Georg N. Nyman

Leica M9 bei ISO 1600/33°
 
 
Foto: Georg N. Nyman

Nikon D3x bei ISO 3200/36°
 
 
Foto: Georg N. Nyman

Leica M9 bei ISO 2500/35°

 
Weißabgleich und Farbwiedergabe der M9

Bei niedrigen ISO-Einstellungen ist die Farbwiedergabe sehr gut, vorausgesetzt, man macht einen manuellen Weißabgleich an Hand einer Graukarte. Der automatische Weißabgleich ist nicht beeindruckend und scheitert oft und deutlich sichtbar, sobald man den Bereich von „normalen“ Lichtverhältnissen verlässt. Bereits bei den eben gezeigten Nachtaufnahmen zeigte sich, dass die Farben sehr warm gezeichnet werden und bei weiteren Aufnahmen unter ungünstigen Lichtverhältnissen wurde dieser Eindruck weiter bestätigt. Wenn man aber bei normalem Tageslicht aufnimmt, so funktioniert der Abgleich gut, was aber auch kein Kunststück ist!

Ein Beispiel soll das zeigen. Die erste Aufnahme wurde mit automatischem Weißabgleich (AWB) in den Räumen der Wiener BFI-Akademie gemacht. Die zweite dann mit einem manuellen Abgleich auf die weiß gestrichenen Wände – der Unterschied ist beachtlich!
 

Foto: Georg N. Nyman

M9 mit automatischen Abgleich (Brennweite 35 mm). Der Hintergrund, der direkt vom Tageslicht beleuchtet wird, sieht zwar ganz OK aus, aber der Abgleich des gesamten Bildes hat wenig mit der Realität gemein …
 
 
Foto: Georg N. Nyman

… wohingegen nach einem manuellen Abgleich das Bildergebnis dem visuellen Eindruck ziemlich genau entspricht.

 
Ein weiterer Aspekt ist die Farbwiedergabe. Farbe ist sowohl objektiv als auch subjektiv beurteilbar. Die objektive Farbwiedergabe ist messbar, die subjektive ist mit Messgeräten kaum nachvollziehbar, da es auf die Situation ankommt, in der eine Aufnahme entstanden ist. So ist etwa eine Aufnahme bei Kerzenlicht sicher nicht mehr attraktiv, wenn man die Weißbalance auf die Farbtemperatur der Kerze einstellt, da damit die Stimmung verloren geht: Objektiv sind die Farben richtig, aber subjektiv ist die Wiedergabe der Stimmung nicht korrekt. Eine DSLR soll also beides können: auf der einen Seite mit manuellem Weißabgleich die Farben so exakt wie möglich wiedergeben und auf der anderen Seite eine Stimmung möglichst genau einfangen.
 

Foto: Georg N. Nyman

Leica M9, 2,8/75 mm, ISO 2000/34°, Bl. 5,6, 1/40 s

 
Die obige Aufnahme gibt, wie ich finde, die Stimmung sehr gut wieder – eine ausgesprochene Stärke der M9, denn man kann mit ihr unbemerkt, leise und unaufdringlich arbeiten. Und der butterweiche Auslöser erlaubt es auch, solche Aufnahmen aus der Hand zu machen. Trotz ISO 2000/34° ist das Rauschen durchaus annehmbar.

Aber eine andere Herausforderung ist es, eine Palette von vorgegebenen Farben unter kontrollierten Bedingungen exakt wiederzugeben. Sowohl Film- als auch Digitalkameras kommen hier an die Grenzen der Farbwiedergabe – es ist nach wie vor nicht möglich, alle Farben exakt wiederzugeben. Oft sind es Farben wie Türkis, Himmelblau oder Karminrot, die recht anders gesehen werden.

Für die folgenden Aufnahmen und deren Auswertung habe ich eine D5000-Beleuchtung benutzt und zusätzlich einen manuellen Weiß- / Grauabgleich gemacht. Die Auswertung erfolgte mit dem Imatest-Programm. Die Grafiken zeigen die Farborte im zweidimensionalen Farbraum a*/b* (Soll gegen Ist), weiter die Farbfehler mit einer Reihe der übertriebenen Grauabgleichsfehler, das Rauschen und die Linearität der Wiedergabe der Farben und der Grautöne.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Zuerst die Farborte: Die Sättigung ist mit 107% durchaus in Ordnung – nicht zu viel und nicht zu wenig, die Farborte sind mit der Ausnahme von Türkis recht ordentlich wiedergegeben, es gibt kaum große Abweichungen. Allerdings wurde hier der sRGB-Farbraum und nicht Adobe-RGB gewählt. Letzterer beschreibt ein deutlich größeres Gamut (Farbraum) und ist daher schwieriger zu bewältigen. Aber sRGB ist der üblicherweise bei DSLR-Kameras verwendete Standardfarbraum, daher habe ich ihn auch hier genommen.
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Darstellung der Farbortfehler – also die Darstellung der 18 Farben des Colorchecker und die der 6 Graustufen. Man erkennt eine recht gute Neutralstellung mit einer Tendenz zu kälteren dunklen Grautönen. Im Großen und Ganzen eine recht gute Farbwiedergabe unter diesen Bedingungen.
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Diese Grafik zeigt das Rauschen und die Wiedergabe der 6 Stufen der Graufelder. Hier kann man die Linearität und das Rauschen gut erkennen. Wie immer ist das Rauschen für den Rot- und den Blaukanal stärker als bei Grün, aber alle gehen parallel zueinander und die Wiedergabe der einzelnen Graustufen ist recht nahe am Sollwert (Nominal).
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Als letzte Darstellung die Ergebnisse für die Grundfarben R,G,B,Y,M,C und das dazu gehörende Rauschverhalten. Auch hier keine negativen Überraschungen, nur das Rauschen des Blaukanals bei der Farbe Y (Gelb) ist stärker als bei anderen Kameras.

 
Wie man auch ablesen kann, ist eine Unterbelichtung um 0,21 Stufen vermerkt (Exposure error = -0.21) – obwohl ich bereits 1 Stufe überbelichtet habe. Das ist auch ein Punkt, der mir unangenehm aufgefallen ist – die Belichtungsmessung ist sehr stark zum Zentrum hin orientiert und misst extrem knapp. Meistens sind die Aufnahmen unterbelichtet oder zumindest sehr knapp belichtet. Ich würde eine etwas hellere Grundabstimmung vorziehen – etwa 1/2 Stufe auf jeden Fall.

Wenn man von sRGB auf Adobe-RGB umstellt, so empfehle ich eine sehr genaue Abstimmung auf einen mittleren Grauton mittels Graukarte. Die Ergebnisse sind dann sehr gut, vorausgesetzt, man macht einen manuellen Weißabgleich im RAW-Konverter (z.B. Adobe Camera Raw 5.0). Ich halte das so: Die Aufnahme wird im RAW-Konverter geöffnet und dabei wird der an der Kamera eingestellte Weißabgleich übernommen. Dieses „vorkorrigierte“ Bild fein-korrigiere ich nun mit der Pipette durch Setzen eines weißen oder grauen Referenzpunktes – die Fotos werden durch diesen doppelten Weißabgleich noch neutraler.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Hier eine Grafik, die die Farbortfehler darstellt. Gut erkennbar ist das Wechseln der Graubalance von Minus-Kelvin auf Plus-Kelvin-Fehler – das bedeutet, die Abstimmung ist zwar im Mittenbereich gut, aber sowohl der hellere als auch der dunklere Bereich zeigen ganz leichte Farbstiche.
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Die Farben werden durch den zusätzlichen zweiten manuellen Abgleich deutlich besser wiedergegeben.
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Die Darstellung der Farborte im a*b*-Diagramm bestätigt, was bereits in der oben gezeigten Grafik zu sehen ist: die Farben werden durch den zusätzlichen zweiten manuellen Abgleich deutlich besser wiedergegeben. Mit ganz wenigen Ausnahmen sind die Abweichungen des realen zum idealen Farbort minimal geworden. Nur im Gelb-Rot-Bereich gibt es etwas größere Abweichungen.

 
Auflösung

Nun zur Auflösung – die M9 ist eine Kleinbild-Vollformatkamera mit einem 18-Megapixel-Sensor. Wenn man den theoretischen Auflösungs-Unterschied zwischen 18 und 21 oder auch 24 Megapixel errechnet, so sollte der Unterschied praktisch nicht zu sehen sein, da er sehr gering ist. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass eine Verdoppelung der Pixelzahl auch eine Verdoppelung der Auflösung bedeutet – dem ist nicht so, das kann man einfach nachrechnen.

Wie gut ist nun eine M9 im Vergleich zu den „Pixelboliden“ der Kleinbild-Vollformatklasse? – Praktisch ebenbürtig.

Alle Auswertungen ergaben vergleichbare Auflösungskurven – egal, ob es eine Canon 1DsMkIII oder die Nikon D3x war – die M9 kann in dieser Klasse gut und gerne mitspielen.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Auflösungsvermögen M9 plus Summarit-M 2,5/35 mm bei Blende 5,6.
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Zum Vergleich hier eine Auswertung der Canon 1DsMkIII mit dem ULD 2,8/24-70 mm.

 
Die Leica kann hier sehr gut zeigen, dass 18 Megapixel kein Nachteil gegenüber 21 Megapixeln sind, ja dass man mit einer wirklich exzellenten Optik sogar noch etwas bessere Ergebnisse erzielt. Es ist mir bewusst, dass dieser Vergleich etwas hinkt, da ich hier ein Zoom mit einer Festbrennweite vergleiche und die Blendenwerte nicht gleich sind – aber in der Tendenz ist der Vergleich sicher zulässig und aussagefähig und er zeigt: die Leica ist sehr gut, wirklich sehr gut. Ich hätte gerne einen direkten Vergleich mit einer 35-mm-Festbrennweite gemacht, aber die habe ich nicht zur Verfügung, und da ich die Leica nur so kurz haben konnte, war es mir auch nicht möglich, ein 35 mm von Nikon oder Canon mit der dazugehörenden Kamera zu organisieren.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Auch die Farbkorrektur der Objektive, die mir zur Verfügung standen – ggfs. zusätzlich der kamerainternen Korrektur – war ausgezeichnet und lässt keine Wünsche offen. Die Grafik hier zeigt die minimalen Abweichungen der einzelnen Farben voneinander.

 
Was bleibt an Eindrücken?

Foto: Georg N. Nyman

Die M9 ist eine Kamera für Individualisten, ist ein hervorragendes Werkzeug der Kreativen. Die M9 kann viel, aber man muss es aus ihr herausholen und sich mit ihr befassen. Die Bildqualität ist alles in allem hervorragend und den NiCaSo-Pixelboliden ebenbürtig, wenn nicht besser, legt man den Gesamteindruck eines Bildes zugrunde: Die Aufnahmen mit der Leica sind über das gesamte Bildfeld hin sehr gut und ausgeglichen – das ist ein wichtiger Unterschied vor allem zu Canon, aber auch zu Nikon.

Die Farbabstimmung der JPEGs ist gut, aber um wirklich exzellente Farben zu erhalten, sind die DNG-Dateien vorzuziehen und es ist zusätzlich oft ein manueller Weißabgleich empfehlenswert (das ist kein Leica-eigenes Problem, das ist bei allen DSLR-Kameras ähnlich). Die wahre Qualität der Aufnahmen kommt nämlich erst bei der Entwicklung der DNGs im RAW-Konverter – die Vorschau zeigt nur ein sehr mageres und dürftiges Abbild.

Das Rauschen ist erträglich, keine exzellente Leistung, aber man kann damit leben. ISO 2500/35° als maximale Empfindlichkeit ist akzeptabel, aber nicht berauschend in dieser Klasse. ISO 2000/34° kann man durchaus verwenden und die automatische Rauschunterdrückung funktioniert recht gut. Wenn man will, kann man ja die Aufnahmen noch nachträglich mit einem der vielen Plug-ins für Photoshop (zB. Topaz Denoise 3) verbessern.

Die manuelle Bedienung ist etwas für Photographen und nichts für Fotografen – und sie führt dazu, statt mit ratterndem Motor Hunderte von Aufnahmen durchzupeitschen, wieder ein Bild zu komponieren, dabei nachzudenken und dann gezielt aufzunehmen. Eine Aufnahme wird gestaltet, nicht nur geschossen.

Wäre diese Kamera etwas für mich? Ja, unbedingt, wenn ich sie mir denn leisten könnte. Die Qualität ist einer Leica würdig – mit einigen wenigen kleinen Schönheitsfehlern, die wegpoliert werden könnten. Aber unter dem Schlussstrich: Endlich eine hervorragende digitale Kamera, mit der fotografieren wieder zu photographieren wird!

(Georg N. Nyman)
 
 
Anmerkungen und Verweise: