Grafik: Andrea GünaydinWir haben das Geschäftsjahr 2008 der Kamerahersteller unter die Lupe genommen. Einige Überraschungen tun sich da auf und die Erkenntnis, dass viel Umsatz nicht notwendigerweise mit viel Gewinn einhergeht:

Das letzte Geschäftsjahr wurde mittlerweile von allen Unternehmen abgeschlossen, zuletzt von der Leica Camera AG. Da bietet es sich an, die Unternehmen anhand bestimmter betriebswirtschaftlicher Kennzahlen miteinander zu vergleichen. Diese Vergleichsgrößen sind in den unten aufgeführten Grafiken visualisiert.

Einschränkung: Natürlich ist ein solcher Vergleich auch ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen. So gibt kaum ein Unternehmen den reinen Umsatz für das Geschäft mit Digitalkameras bekannt. Beispielsweise enthält der Panasonic-Umsatz auch das gesamte Flachbildschirm-Fernseher-Geschäft, und das dürfte einen höheren Anteil als die Kameras haben. Insofern hinkt der Vergleich von „Gemischtwaren-Händlern“ wie Panasonic, Sony und Ricoh mit „Foto-Spezialisten“ wie Nikon und Leica. Die Zahlen geben daher nur einen groben Überblick – und haben dennoch eine gewisse Aussagekraft.

Unsere Vorgehensweise: Basis sind die Geschäftsberichte, die das letzte Geschäftsjahr 2008 (meistens per 31.3.2009) abschließen. Die Beträge wurden, mit Ausnahme des Umsatzes je Mitarbeiter, einheitlich auf Mrd. € umgerechnet. Als Hauptkennzahlen wurden ermittelt: Gesamtumsatz, Mitarbeiter, Ebit, Umsatz der Sparte „Foto“ bzw. „Imaging“, operativer Gewinn der Fotosparte und Free Cash Flow. Dabei geht es uns vor allem um die visuelle Darstellung, weniger um absolute Zahlen.

Die Ergebnisse: Eine Gegenüberstellung des Gesamtumsatzes und des Umsatzes der Fotosparte zeigt, dass der Vergleich bei Sony, Casio, Samsung und Panasonic hinkt, da hier ein wesentlicher Anteil auf andere Produkte entfällt, die nicht Kameras sind (Fernseher, Uhren, Handys etc.). Interessant ist die Tatsache, dass Olympus nur rund ein Viertel des Gesamtumsatzes mit Digitalkameras erzielt. Auch bei Canon ist der Anteil der Fotosparte wesentlich kleiner als vermutet und Fujifilm hat sich von seinem „Drei-Säulen-Konzept“ (in dem die Fotosparte 1/3 zum Gesamtumsatz beitragen sollte) weit entfernt.
 

Grafik: Andrea Günaydin

 
Um die Unternehmen noch besser miteinander vergleichen zu können, nehmen wir zum Gesamtumsatz den Ebit (Earnings before interest and taxes) als Vergleichsgröße hinzu:
 

Grafik: Andrea Günaydin

 
Beim Ebit handelt es sich um den Gewinn vor Zinsen und Steuern, also das Betriebsergebnis, bevor es über regionale Besteuerungen verwässert wird. Hier zeigt sich, dass vor allem Sony und Panasonic mit einem hohen negativen Ebit – wahrscheinlich infolge der Konsumflaute und entsprechender Abschreibungen – zu kämpfen haben. Samsung scheint im Spiel der Giganten die Nase vorn zu haben. Nur Canon weist einen noch höheren Ebit auf.

Den photoscala-Leser interessiert wohl vor allem die Fotosparte. Die Ergebnisse konnten, wie bereits dargelegt, nicht komplett runtergebrochen werden. Die Darstellung des Umsatzes und des operativen Gewinns in der Fotosparte zeigt dennoch einen Gewinner:
 

Grafik: Andrea Günaydin

 
Großer Verlierer der „Gemischtwarenhändler“ ist Sony. Der operative Verlust ist mit 1,2 Mrd. € hier am größten. Große Umsätze kann das Unternehmen – ähnlich wie Panasonic – nur unter großen Verlusten erzielen. Eindeutiger Gewinner ist Canon. Aber auch Nikon schlägt sich mit einem kleinen operativen Gewinn tapfer.

Die Unternehmen sind unterschiedlich groß, auch deshalb hinkt der Vergleich. Da stellt sich die Frage, wie produktiv die Mitarbeiter sind. Es soll auch geklärt werden, ob gerade die kleineren Hersteller gegenüber den Big Playern punkten können. Die Mitarbeiter-Produktivität wird ermittelt, indem der Umsatz durch die Anzahl der Mitarbeiter dividiert wird. Damit wird ersichtlich, wie viel Umsatz ein Mitarbeiter im Unternehmen erwirtschaftet hat:
 

Grafik: Andrea Günaydin

 
Die niedrigste Mitarbeiterproduktivität weist Pentax auf. Dicht gefolgt von Leica. Aber auch Ricoh und Samsung gehören überraschenderweise zum unteren Feld. Den höchsten Umsatz je Mitarbeiter (Angabe in €) erzielen Sony und Casio.

Zu einem Unternehmensvergleich gehört natürlich auch ein Vergleich der Finanzkraft. Wir haben uns für eine ungewöhnlich Darstellung von Free Cash Flow und Ebit-Marge entschieden. Der Free Cash Flow ergibt sich als Ergebnis aus operativem Cash Flow minus Cash Flow aus Investitionstätigkeit. Es handelt sich also um frei verfügbares Geld im Unternehmen, das zur Dividendenausschüttung an die Aktionäre oder zum Aktienrückkauf verwendet wird. Der Free Cash Flow kann aber auch in die Rückzahlung von Krediten fließen, und wird daher gerne von den Banken als Indikator zur Kreditvergabe verwendet.

Die Ebit-Marge drückt den prozentualen Anteil des Ebits am Umsatz aus. Je höher der Anteil des Gewinns am Umsatz, desto höher ist die Ertragskraft des Unternehmens.
 

Grafik: Andrea Günaydin

 
Die höchste Ebit-Marge weist Canon auf. Dicht gefolgt von – überraschenderweise – Pentax. Hier zeigt sich, wie wichtig Pentax allen Unkenrufen zum Trotz für den Konzern Hoya ist. Panasonic weist einen hohen Free Cash Flow auf, aber die Ertragskraft ist verbesserungswürdig. Olympus weist die höchste negative Ebit-Marge auf, dies hängt mit dem hohen Jahresverlust zusammen, der nur noch von Sony getoppt werden kann. Bei Sony sind sowohl die Ertragskraft als auch die Finanzkraft am Schwächeln.

Leider konnten wir nicht für alle den Absatz an Digitalkameras in absoluten Stückzahlen ermitteln. Die Unternehmen halten sich mit Zahlen sehr bedeckt. Das Ergebnis unserer Recherche sieht wie folgt aus:
 

Unternehmen Absatz Kameras 2008 (in Mio. Stück.)
Canon 23,5
Sony 22
Nikon 13,75
Olympus 10
Fujifilm 8,2

 
In eigener Sache: Das Zusammentragen der Basiszahlen war mehr als mühsam. Ein Anspruch auf Fehlerfreiheit wird trotz mehrmaliger Überprüfung nicht erhoben.

Für alle, die Interesse an absoluten Zahlen haben, gibt die Ausgangstabelle Anhaltspunkte:
 

Unternehmen Mitarbeiterzahl Gesamtumsatz in Mrd. € Umsatz je Mitarbeiter € Ebit in Mrd. € Umsatz Imaging in Mrd. € Operativer Gewinn / Verlust Imaging Mrd. € Free Cash Flow Mrd. € Ebit-Marge %
Canon 166.980 30 181.440 3,56 7,71 1,39 1,07 11,75
Casio 12.358 4 310.201 -0,21 1,32 0,12 -0,18 -5,61
Fujifilm 76.252 18 236.241 0,07 3,04 -0,22 0,42 0,39
Hoya (Pentax) 34.592 3 97.164 0,33 0,90 -0,06 0,42 9,70
Kodak 26.900 7 248.526 -0,06 2,19 -0,13 -0,02 -0,95
Leica 1.058 0,1 126.654 0,00 0,09 -0,02 0,02 -2,24
Nikon 23.759 7 273.998 0,29 4,41 0,30 -0,25 4,45
Olympus 35.772 7 202.895 -0,68 1,66 -0,04 0,15 -9,31
Panasonic 292.250 57 196.629 -2,83 29,61 -0,02 2,99 -4,93
Ricoh 108.500 15 142.653 0,23 1,06 0,00 -1,45 1,48
Samsung 263.000 42 158.105 3,37 5,63 0,22 -0,09 8,10
Sony 171.300 57 333.929 -1,30 40,61 -1,24 -2,77 -2,26

 
 
(agün)
 

Nachtrag (22.8.2009): Zunächst einmal haben wir eine Zahl bei Fujifilm und auch die fraglichen Grafiken und Tabellen geändert: Ist doch Fujifilm der einzige Hersteller in dieser Auflistung, der die Umsatzzahlen für Digitalkameras bzw. „Electronic Imaging“ einzeln ausweist – und die waren ursprünglich auch so in den Tabellen angegeben (Umsatz = 121,10 Milliarden Yen = ca. 900 Mio. Euro). Da aber alle anderen Kamerahersteller nur Zahlen für den Bereich „Imaging“ angeben – bei Pentax etwa sind u.a. Endoskope im Umsatz enthalten – schien es uns sinnvoller, auch bei Fujifilm den Umsatz der Sparte „Imaging Solutions“ (Farbfilme, -papiere, Digitalkameras, …) anzugeben.

Und da die „Fotosparte“ ein etwas unglücklich gewählter Begriff war, haben wir sie in den Grafiken und Tabellen durchgängig in „Imaging“ umbenannt. Und da kann dann eben – siehe oben – neben den Kameras noch alles mögliche an Geräten erfasst sein.