Wie der Herausgeber des Schweizer Fotofachhandelsblattes fotointern mitteilt, soll das seit rund 15 Jahren erscheinende Heft vorläufig eingestellt werden:
Als Grund nennt Herausgeber Urs Tillmanns den Einbruch des Anzeigenmarktes, der eine kostendeckende Printausgabe nicht mehr erlaube. Der von uns bereits mehrfach und gerne gelobte, lebendige und interessante, Onlineauftritt www.fotointern.ch soll fortgeführt werden.
Dort ist auch unter In eigener Sache nachzulesen, was Tillmanns zu diesem Schritt bewogen hat: Das Verschwinden von Agfa, Kodak, Konica-Minolta, Polaroid und Yashica-Contax innerhalb kurzer Zeit habe zu einem grundlegenden Strukturwandel geführt, der Werbe-Kuchen wurde anders verteilt (und, so darf man annehmen, insgesamt kleiner).
Die Redaktion will sich jetzt auf den Onlineauftritt www.fotointern.ch verlegen bzw. beschränken, könne der doch die bislang zweiwöchentlich erscheinende Printausgabe nicht ersetzen, so Tillmanns. Man wolle sich auf aktuelle und kompetent aufgearbeitete Meldungen aus Technik, Fachbranche und Fotogeschehen konzentrieren.
Tillmanns vermutet zudem, dass fotointern innerhalb der Fachpresse im deutschsprachigen Raum kein Einzelfall ist und bleiben wird – auch für andere dürfte die Luft dünner werden. Erste Anzeichen: Umfang wie inhaltliche Qualität würden zunehmend schmaler.
(thoMas)
Der Photoscala-Krisenticker
Was hat denn die Wirtschaftskrise nur aus diesem sonst so interessanten und kompetenten Magazin für Photographie gemacht?
Täglich, manchmal stündlich, branchenbezogene Horrormeldungen von der Quartalszahlenfront, Gewinnwarnungen, Kurzarbeit usw.
Da können die Kassandrarufe von SPIEGEL und manager magazin ja kaum noch mithalten.
Geht’s hier eigentlich noch um’s Fotografieren?
Schade. Aber…
Schade. Aber merkwürdig, dass erst jetzt etwas passiert, denn AGFA, Yashica-Contax, Konica-Minolta sind ja bereits seit längerem von der Bildfläche verschwunden. Polaroid war in den letzten Jahren kein grosser Anzeigenkunde mehr. Weshalb Kodak auch ‘verschwunden’ sein soll, bleibt mir ein Rätsel.
Fünf sekundäre Anzeigenkunden weniger und das Ende steht vor der Tür – das kann ich so nicht ganz nachvollziehen, aber sei es drum, Herr Tillmanns wird schon einen triftigen Grund für die Entscheidung haben.
Ich habe schon seit 34 Jahren kein Fotomagazin mehr gekauft oder gelesen, weil die Abhängigkeit von Werbekunden zu offensichtlich war. Ein Blick in die ‘Szene’ zeigt: wer kein Stiefel-Lecker von Canon ist oder total kreischend auftritt, hat kaum noch eine Chance.
Ich kenne die ‘fotointern’ nicht, und ich möchte dem Magazin nichts unterstellen. Für mich ist nur generell in der Presselandschaft rund um die Fotografie klar, dass das Geschäftsgebaren jetzt seine Kinder frisst. Fotografen, deren Fotos veröffentlicht wurden, bekamen ein absolut mieses Honorar und wurden arrogant und lausig behandelt, Honorare wurden frühestens nach 8 Wochen freiwillig bezahlt, nach dem Motto: **Wir** bekommen das Geld, **Sie** können froh sein, dass wir uns herablassen Ihre Fotos zu drucken.
Gleichzeitig steigerte man den Gewinn, indem man nicht mehr direkt von Fotografen einkaufte, sondern sich billiger Bilddatenbanken bediente. Damit ging natürlich auch eine eventuell vorhandene Handschrift verloren, ein Look, eine Kontinuität.
Später mutierten die einschlägigen Magazine dann zu Pixelzählern und Prüfern. Was am Anfang noch ganz lustig war, wurde mittlerweile langweilig und interessierte nur noch eine Schicht, die sich an der Technik aufgeilen konnte, mit Bildinhalten jedoch nichts mehr anzufangen wusste.
Ferner fehlt die Einsicht, dass die Inhalte austauschbar wurden, weil prägende Handschriften fehlten. Gleichzeitig wurde geflissentlich ignoriert, dass kein Printmedium gegen Flickr & Co. anstinken kann: wer will heute noch ein Magazin kaufen, in dem die gleichen Bildchen sind wie in Flickr & Co?
Was bleibt ist die Neu-Orientierung. Immerhin kann ein Magazin auf ein gewaltiges know how und Verbindungen im Printbereich zurückgreifen. Ein Ansatz wäre beispielsweise die totale Abkehr von Technik-Gefasel, Testberichten und Vergleichen, und die Hinwendung zu Fotostrecken und Dokumentationen, die ungewöhnlich, interessant, eindrucksvoll, etc sind: prägende Handschriften also. Mit Fotos, die es **nicht** bei Flickr & Co oder sonstwo online zu sehen gibt. Reduktion des Anzeigenanteils auf maximal 25% (die Menschen sind es wirklich leid, an jeder Ecke Werbung zu sehen!). In den Anzeigen dürfen die Hersteller dann nach eigenem Gusto Testberichte veröffentlichen, besser jedoch ausgewählte Fotos, die mit den Kameras der Marke gemacht wurden.
Blicke über die Schultern von weniger bekannten Fotografen, die Projekte abseits von Glitzer und Glamour auf die Beine gestellt haben, ihre Arbeitsweise, ihre Motivauswahl, Recherchen, Hintergrund-Infos warum sie welche Kameras, Objektive, Filme eingesetzt haben, was aus den Projekten geworden ist. Das wäre mal was.
Dazu gehört viel Mut – Mut, den wir in diesen Zeiten dringend brauchen.
Kodak, fotointern
[quote=Gast] Weshalb Kodak auch ‘verschwunden’ sein soll, bleibt mir ein Rätsel.[/quote]Vermutlich, weil Kodak für das Branchenmagazin fotointern keine Rolle mehr spielt.
Das Kodak-Labor in Lausanne schloss – soweit ich mich erinnere – 2006.
[quote=Gast]Fünf sekundäre Anzeigenkunden weniger und das Ende steht vor der Tür – das kann ich so nicht ganz nachvollziehen, aber sei es drum, Herr Tillmanns wird schon einen triftigen Grund für die Entscheidung haben.[/quote]Sie haben vermutlich übersehen, worum es geht: Wir sprechen hier über ein im Zwei-Wochen-Rythmus erscheinendes Fachhandelsblatt. Kein Publikusmagazin mit „Canon-Stiefel-Leckern“, keinen Pixelzähler, keine Prüfanstalt (auch wenn Tests und Anwenderberichte durchaus vorkamen), keine Konkurrenz für Flickr und Co.
Fotointern schreibt für die Menschen auf der anderen Seite der Theke: Nicht für die (privaten) Käufer, sondern den Fotofachhandel. Es ist das „ofizielle Organ des VFS (Verband Fotohandel Schweiz)“ sowie „Sponsorpartner der SBf / Pps (Schweizer Berufsfotografen)“.
wieso Kodak?
Wieso ist Kodak schon verschwunden? Die gibt es doch noch – und ich erinnere mich noch an einen Artikel hier auf Photoscala, dass ja soooo viele Fotografen noch auf Film schwören und die Verkaufszahlen gar nicht so schlecht seien.
Ich meine, dass die weniger verkaufen als früher, ist ja klar, und dass sie wahrscheinlich weniger Anzeigen schalte, ebenso, aber verschwunden sind die genausowenig wie FujiFilm.
Kodak
Kodak ist in der Schweiz hinsichtlich Marketing und Werbung in der jüngeren Vergangenheit weitgehend abgetaucht und als Anzeigenkunde für ein Händlermagazin offensichtlich nicht mehr wahrnehmbar. Damit steht die Firma für fotointern in einer Reihe mit den anderen genannten ehemals berühmten Firmennamen.
Problem ist hausgemacht!
Es ist einfach, den rückläufigen Anzeigenmarkt verantwortlich zu machen. Als langjähriger Leser von FotoIntern sehe ich es eher so, dass Tillmanns und sein Team es verpasst haben, bei der Ausrichtung von FI mit der Zeit zu gehen. Die immergleichen Interviews mit den immergleichen, ausserhalb des schweizer Marktes eher belanglosen (kaufmännischen) Vertretern der Kamerabranche haben nur noch gelangweilt.
Dass ich das Abo nicht schon früher abbestellt habe, lag wohl eher am günstigen Preis und an einer gewissen Bequemlichkeit, aber allen voran auch an einer leisen Hoffnung, dass mit der nächsten Ausgabe alles besser werde. Kam hinzu, dass FotoIntern es geschafft hat, die Neuheuiten aus der Fotobranche gut redigiert dem Leser rüberzubringen. In der Ära vor DPR, Photoscala und Co. war das sehr hilfreich.
Die Kameratests wiederum waren bestenfalls Mittelmass, also eher weniger brauchbar. Beiträge über Fotografen bzw. über die Fotografie an sich suchte man vergebens, und damit hat Tillmanns schon mal ein grosses Potenzial an einem erweiterten Lesersegment einfach brachliegen lassen und jene Berufsfotografen, die bereits zur Leserschaft gehörten – wie etwa mich – etwas ratlos gestimmt.
fotointern
Das sehe ich etwa gleich. Die Messeauftritte dieser Zeitschrift waren geprägt von einem starken Selbstbewusstsein, wissend, dass die immergleiche Wenigkeit doch nicht falsch sein kann. Da fragt man sich schon, warum die überhaupt so lange konnten.