Da geht es nach wie vor hoch her; ein Ende der Auseinandersetzungen zwischen Verkäufer / Käufer und zwischen Verkäufer / Arbeiternehmern ist nicht abzusehen:
In der Flut der Neuankündigungen der letzten Wochen haben wir AgfaPhoto ein wenig aus den Augen verloren. Hier ein kurzer Zwischenbericht zum aktuellen Stand der überraschenden Insolvenz der einstigen Weltmarktgröße.
Wie der Kölner Stadtanzeiger meldete, ist zwischen Verkäufer (Agfa-Gevaert) und Käufer (AgfaPhoto Holding; namentlich Hartmut Emans mit vermuteten 62 Prozent Anteil) der Streit um den Kaufpreis bzw. den tatsächlichen Verkaufswert der im November 2004 veräußerten Unternehmenssparte Foto (wurde zur AgfaPhoto GmbH) noch immer nicht beigelegt. Agfa-Gevaert will 175,5 Millionen Euro, Emans’ Vorstellungen über den tatsächlichen Wert schwanken zwischen Null und um die 80 Millionen Euro. Da dieser Kaufpreis von der AgfaPhoto Holding (= Emans) nicht aus Barmitteln beglichen wurde bzw. wird, sondern aus den Leasingraten der weltweit aufgestellten Agfa-Laborgeräte abzuzahlen ist (deren Wert auf exakt jene 175,5 Millionen Euro taxiert wurde), sieht die Milchmädchenrechnung so aus: Alles, was die AgfaPhoto GmbH nach einer Einigung über den Verkaufspreis weniger wert ist als 175,5 Millionen Euro, können Emans und Mitgesellschafter als Reingewinn verbuchen. Emans hält dem entgegen, dass das Leasinggeschäft im Zuge der Pleite gelitten habe und dass Kredite von 20 Millionen Euro bedient werden müssten, die in die AgfaPhoto GmbH eingeflossen seien.
RP Online wiederum verfolgt aufmerksam die Auseinandersetzungen zwischen Agfa-Gevaert und ehemaligen Agfa-Mitarbeitern, sollen doch beim Übergang von der alten Agfa in die AgfaPhoto GmbH die Mitarbeiter unzulässigerweise zu neuen Verträgen und damit Verlust von Sozialleistungen und Kündigungsschutz genötigt worden sein. Obwohl die Gerichte immer wieder für die Mitarbeiter entscheiden und den Betriebsübergang der Fotosparte von AgfaGevaert zur AgfaPhoto GmbH als unwirksam einstufen (was für die Arbeitnehmer bedeutet, dass sie nicht Arbeitslose eines insolventen Unternehmens, sondern unverändert Mitarbeiter der Agfa-Gevaert sind), sieht Agfa-Gevaert das nicht ein und klagt sich durch die Instanzen. Manche erkennen darin eine Zermürbungstaktik, sind die Prozesse für die klagenden geschassten Arbeitnehmer doch so nervenzehrend wie kostenträchtig (das Gehalt wird nur gezahlt, wenn es immer wieder neu eingeklagt wird).
(thoMas)
Enorm hohe kriminelle Energie
Erschreckend! Die kriminelle Energie in den Chefetagen so mancher Konzerne steht der einer N’Drangeta oder Cosa Nostra in nichts nach. Nur die Instrumente sehen anders aus!
Die Mehrzahl der so genannten Top-Manager verspürt Loyalität höchstens noch zum Geld und hier in erster Linie den eigenen, oft völlig überzogenen Gehältern. Nicht mehr gegenüber dem Unternehmen als Wert an sich und ganz bestimmt nicht gegenüber Mitarbeitern. Beides dient nur noch der Ausbeutung.
Ich hoffe, dass möglichst viele der betrogenen Agfa-Mitarbeiter dem Druck standhalten und die Sache bis zum Ende durchkämpfen.
Schade drum…
…dass solch ein grosses wie auch mal gutes Unternehmen jetz so mit seinen Leuten umspringt. Damit vertreibt man jedoch nicht nur die Mitarbeiter sondern auch die Kunden, im moment ist es noch sehr lukrativ auf ebay die letzten Restposten Agfafilmen aufzukaufen jedoch ob die Firma je wieder ihren grossen Ruhm erlangt den sie mal hatte ist fragwürdig.
Was die Mitarbeiter angeht glaube ich nicht dass die lange durchhalten wenn man jeden Monat wieder vor Gericht ziehen muss um sein Gehalt zu bekommen. Das wird im Endeffekt teurer als man verdient.
Die wahren Heuschrecken im Land!
[quote=Gast]Erschreckend! Die kriminelle Energie ….
[/quote]
Wenn man sich mal die Vorgeschichte von Herrn Emans näher ansieht, wird einem manches klar. Er versteht als ehemaliger McKinsey-Direktor sein Handwerk und hat Agfa Gevaert mit Sicherheit gut (in seinem Sinne) beraten.
Als Plattmacher im Osten mit der Treuhand hat er sich seine Loorbeeren ja schon verdient. Was aus den Verlusten der BRD bei der ganzen Sache geworden ist, wird leider nicht öffentlich gemacht. Soviel ich weiß, klagt die EU gegen Deutschland auf Rückzahlung von einigen hundert Millionen DM Subventionen, die in dunklen Emans-Kanälen versickert sind. Aber der feine Herr hat sich für ein Trinkgeld aus der Verantwortung verabschiedet, er war ja an allem unschuldig und unternehmerische Blödheit ist in Deutschland ja nicht unbedingt strafbar. Der Dumme bleibt auch noch der Steuerzahler.
Der Verkauf bzw. das Abstoßen der Fotosparte sollte die Agfa Gevaert AG nach Zahlen von 2003 ca. 480 Millionen Euro kosten. Selbst wenn Agfa Gevaert jetzt einige Prozesse gegen die Mitarbeiter verliert und dem lieben Herrn Emans auch noch etwas mehr abgeben muß, hat sie unter dem Strich ein super Geschäft gemacht. Die Mitarbeiter wurden größtenteils billigst entsorgt und mussten für ihre Beschäftigungsgesellschaft auch noch schriftlich auf alle Ansprüche verzichten. Ich schätze, wenn es schlecht für Agfa Gevaert läuft, hat die AG “nur” 200 Millionen Euro bei dem Deal gewonnen.
Das schlimmste ist, daß das Beispiel immer mehr Schule gemacht hat. Der Siemens-Benq Deal ist doch wie die zweite Auflage davon. Mal sehen, ob der Telekom-Chef genauso “gut” ist….. Sieht aus, wie die 3. Auflage. Ich warte jetzt nur noch auf die Lokführer – GmbH.
Fazit: Wer Agfaphoto- und Benq- Produkte kauft, spielt diesen Leuten in die Hände und gibt den Heuschrecken Futter. Hoffentlich verschlucken sie sich dran!!!!
Kleine Korrektur
Hartmut Evans heißt in Wirklichkeit, wie später im Artikel auch korrekt genannt: Hartmut Emans
Mit dem Namen verbinden sich noch weitere interessante Vorgänge. Die passenden Stichworte lauten, z.B.:
“VEB Elektroprojekt und Anlagenbau” (Elpro)
Treuhand-Anstalt
McKinsey
Danke für den Hinweis
Tippfehler “Evans” wurde korrigiert.
(thoMas)