Während Datenschützer die (bald öffentlich zugängliche) Gesichter-Suchmaschine des schwedischen Start-ups Polar Rose kritisch beäugen, weist der Chef des Unternehmens darauf hin, dass Regierungen das Netz schon lange mithilfe derartiger Technologien durchforsten
Malmö – Die Ankündigung des schwedischen Start-ups Polar Rose, schon bald eine Suchmaschine freizuschalten, mit der sich das Web nach Gesichtern durchsuchen lässt (photoscala berichtete: Suchmaschine findet Bilder nach Gesichtsmerkmalen), hat die Wogen hochgehen lassen. Vor allem Datenschützer zeigen sich alarmiert, dass die neue Technologie zum Aufspüren privater Fotos missbraucht werden könnte, die in dieser Form nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Neben dem öffentlichen Bloßstellen von Privataufnahmen könnte die Suche auch von Regierungen eingesetzt werden, um Demonstranten auf Schnappschüssen ausfindig zu machen und auszuforschen, argumentieren die Datenschützer.
Das größte Problem sehen wir darin, dass mit dieser Technologie Einblicke in Lebensbereiche möglich werden, die einfach nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, meint etwa Christian Jeitler vom Verein Quintessenz. Zum einen könne man nur schwer kontrollieren, ob jemand ein privates Foto ungefragt auf irgendeiner Webseite veröffentliche. Durch das Durchrastern aller im Internet verfügbarer Bilder würden zudem verschiedene Lebensbereiche plötzlich katalogisierbar, was Behörden einen tiefgreifenden Einblick in das Lebensumfeld einzelner Personen biete und beispielsweise auch am Arbeitsplatz zu unangenehmen Situationen führen könne, kritisiert Jeitler.
Polar-Rose-CEO Nikolaj Nyholm zeigt Verständnis für die Bedenken, weist gleichzeitig jedoch darauf hin, dass Regierungen das Netz schon lange mithilfe derartiger Technologien durchforsten. Anders als die Kritiker will Nyholm aber nicht der Technologie den schwarzen Peter zuschieben. Die Leute müssen sich einfach im Klaren sein, dass alles, was im Web auftaucht, öffentlich abrufbar ist. Fotos, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, hätten niemals veröffentlicht werden sollen, so Nyholm. Er vergleicht den jetzigen Evolutionsprozess mit dem Auftauchen von Textsuchmaschinen wie Google oder Altavista, die Informationen aller Art plötzlich öffentlich auffindbar machten.
Nyholm versicherte, dass man sich bereits vor dem Start des Projekts sehr intensiv mit der Problematik auseinandergesetzt habe und sich auch an der jetzigen Diskussion weiterhin aktiv beteiligen wolle. Auch werde die Suchmaschine nicht auf Bilder, die auf einer passwort- oder firewallgeschützten Seite sowie auf Desktop-Computers liegen, zugreifen können. Weiters werde man dafür sorgen, dass unerwünschte Fotos nach einem entsprechenden Hinweis auch aus der Suchdatenbank, auf der alle Bilder als Thumbnails gespeichert sind, entfernt werden können, so der Polar-Rose-CEO.
(pressetext / Martin Stepanek)
Faust auf’s Auge
Herr Nyholm mit seinem Optimismus scheint ein Stück hinter dem aktuellen Geschehen zurück.
In Nordrhein-Westfalen wurde gerade am 20.12.06 mit den Stimmen von CDU und FDP das neue Verfassungsschutzgestz verabschiedet.
(mehr: http://www.heise.de/newsticker/meldung/82834, http://www.heise.de/newsticker/meldung/82814
Es erlaubt den Behörden, mittels Spionageprogrammen und Trojanern, also Hackermethoden) die Festplatten privater PCs auszuschnüffeln. Die Gesichtserkennungssoftware, die sie laut Nyholm ja schon haben, passt da wie die berühmte Faust auf’s Auge!
Sieht man dann noch die Aufhebung der (bislang wegen der Gestapo-Erfahrungen aus der Nazi-Zeit aus guten Gründen gesetzlich verfügten) Trennung von Polizei und Geheimdiensten aus dem “Anti-Terrorpaket” der Bundesregierung
(mehr http://www.heise.de/newsticker/meldung/80620)
kann einem nur noch schlecht werden.
Einmal mit dem Freund telefoniert, der den falschen Bekannten bei sich hat übernachten lassen, oder zu oft im falschen Türkenladen eingekauft, und auch Sie (ja, Sie!) sind im Spiel!
Orwell’s 1984 wird angesichts der realen Entwicklung zu einem Kindermärchen mit dem Gruselfaktor von Hänsel & Gretel.
Wir alle sind immer mit im
Wir alle sind immer mit im Spiel, zumindest seit es die Methoden der Rasterfahndung gibt.
Aber gibt es überhaupt eine Alternative? Wenn sich Verbrecher und Terroristen mit Sicherheit hemmungslos mit den aktuellsten Techniken aufrüsten, erscheint es mir widersinnig den Polizeibehörden diese Techniken zu verweigern.
So lange man als anonymes Mitglied der Gesellschaft durch das Raster fällt ist ja alles nicht so schlimm. Wenn sie allerdings versehentlich im Raster hängen bleiben ist das ein bedauerlicher Kollateralschaden.