Schärfentiefe oder Tiefenschärfe – wie auch immer. Eine Foto lebt nicht nur von fortwährender „Allesschärfe“, sondern just der Schärfe-Unschärfeverlauf leitet den Blick, destilliert das Motiv. Hier einige Foto-Formate im Foto-Vergleich – oder auch: warum Kleinbild durchaus auch „Idealformat“ genannt werden könnte:

Im ersten Teil haben wir uns bereits über die Hintergründe der unterschiedlichen Sensorgrößen Gedanken gemacht und welchen Einfluss die sogenannten äquivalenten Brennweiten und äquivalenten Blenden auf das Bildergebnis haben. Im diesem zweiten Teil sollen diese grundsätzlichen Überlegungen nun durch Bildbeispiele anschaulich illustriert werden.

Bildvergleiche

Die folgenden Vergleichs-Aufnahmen sind (fast) alle mit einer Sony a900 auf Kleinbild-Format aufgenommen worden.

Für die Vergleichsaufnahmen wurde das Bild nachträglich auf die Vergleichssensorgröße ausgeschnitten. Also genau das, was der kleinere Sensor bereits im Moment der Aufnahme macht. Um auf dem ausgeschnittenen Bild wieder den gleichen Ausschnitt zu haben, wurde die Brennweite gewechselt (Carl Zeiss Planar 1,4/85 mm ZA, Sony 1,4/50 mm, Carl Zeiss Jena Flektogon 2,4/35 mm, Carl Zeiss Vario-Sonnar 2,8/24-70 ZA bei ca. 42 mm) oder der Abstand verändert. Die Bilder sind also ein 1:1-„Nachbau“ der Bildentstehung in einer „Kleiner-als-Kleinbildformat-Kamera“ (auch bekannt als „Crop-Kamera“). Die Kamera wurde auf einem Stativ befestigt, so dass sich bei den Vergleichsaufnahmen jeweils dieselbe Perspektive ergibt. Dadurch, dass alle Aufnahmen mit derselben Kamera gemacht und identisch behandelt wurden, wird der Vergleich nicht durch kameraspezifische Einstellungen wie Kontrast, Sättigung, Schärfung, etc. erschwert.

Um die Freistellungseffekte zu demonstrieren, wurde ein Motiv mit gewollt unruhigem Hintergrund gesucht. Die Wahl fiel dann auf ein Rosenbeet. Dabei wurde die Kamera bewusst so ausgerichtet, dass der Hintergrund unruhig ist.

Vergleich Kleinbild mit (Micro-)FourThirds

Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt praktisch nur originale MFT-Zoom-Objektive mit einer Lichtstärke von ungefähr 4,0 erhältlich sind, soll zunächst dieser Blendenwert hier für den Vergleich als Referenz dienen. Alle Bilder sind mit dem Bildwinkel von 29° in der Bilddiagonale aufgenommen worden, der z.B. mit einem 85-mm-Objektiv auf Kleinbildformat oder mit 42 mm auf MicroFourThirds erreicht werden kann.

Im ersten Beispiel vergleichen wir die Wirkung von Blende 4,0 bei 42 mm, wie sie ein typisches MFT-Zoom-Objektiv bietet, mit der von 85 mm bei Kleinbild:
 

Foto: Randolf Butzbach

Kleinbild, 85 mm, f/4,0
 
 
Foto: Randolf Butzbach

MFT, 42 mm, f/4,0 (85 mm, f/8,0 äquiv.)

 
Während die Blende 4 bei 85 mm den Hintergrund bereits dezent verschwimmen lassen, löst sich bei dem MFT-Bild der Vordergrund praktisch nicht vom Hintergrund.

Panasonic bietet mit dem „Leica DG Macro-Elmarit 2,8/45 mm Asph OIS“ ein relativ lichtstarkes „Portraitobjektiv“ an – allerdings zu einem stolzen Preis, der jedem besseren Kleinbildobjektiv zur Ehre gereichen würde. Zur Erinnerung: Im Kleinbildformat waren 2,8/50-mm-Objektive mal billige Kitobjektive, die heute für sehr kleines Geld den Besitzer wechseln. Normale 50-mm-Objektive hatten dagegen Lichtstärken von ungefähr 1,7…2,0. Und doch, auch wenn die äquivalente Brennweite des Macro-Elmarit 2,8/45 mm 90 mm beträgt – um den Hintergrund verschwinden zu lassen, reicht es nicht. Auf Kleinbild-Verhältnisse umgerechnet würde das 2,8/45 mm ein 5,6/90 mm ergeben – was auch sehr gut mit der Praxis übereinstimmt, wie der folgende Vergleich zeigt:
 

Foto: Randolf Butzbach

Kleinbild, 85 mm, f/5,6
 
 
Foto: Randolf Butzbach

MFT, 42 mm, f/2,8 (85 mm, f/5,6 äquiv.)

 
Während aber beim 2,8/45 mm bereits die Grenzen der Freistellungsmöglichkeiten erreicht sind, bietet das Leica-Format noch Reserven. Ein 1,4/85 mm gehört zum Standardsortiment praktisch jeden Kamera- und Objektivherstellers. Der Unterschied zu f/2,8 bei 42 mm ist dramatisch:
 

Foto: Randolf Butzbach

Kleinbild, 85 mm, f/1,4

 
Um die vergleichbare Bildwirkung des 1,4/85 mm auf MFT zu erhalten, bräuchten wir ein 0,7/42 mm. Nun ist es bereits bei f/1,4 bereits sehr anspruchsvoll und kostspielig, bei Offenblende ein kontrastreiches Bild zu erhalten, wie ein Blick in Tabelle 1 zeigt: Das relativ günstige Sony 1,4/50 mm z.B. zeichnet bei Offenblende sehr weich – unbrauchbar weich, wie viele meinen. Die Offenblend-Werte des Noctilux-M 0,95/50 mm entsprechen in etwa denen des Sony 1,4/50 mm.
 

 

Leica

Zeiss

Sony

Nikon

Canon

Panasonic / Leica

Name

Noctilux-M

Planar

 

AF-S Nikkor

EF L USM II

DG Summilux

Daten

0,95/50 mm

1,4/85 mm ZA

1,4/50 mm

1,4/24 mm G ED

1,4/24 mm

1,4/25 mm asph.

Bildkreis

Kleinbild

Kleinbild

Kleinbild

Kleinbild

Kleinbild

MicroFourThirds

10 lp/mm

80%

90%

80%

93%

80%

 

20 lp/mm

65%

78%

     

86%

30 lp/mm

   

50%

70%

55%

 

40 lp/mm

42%

50%

     

70%

UVP

7.995,00 €

1.499,00 €

399,00 €

2.149,00 €

1.649,00 €

629,00 €

Tabelle 1: Kontraste im Bildzentrum einiger hochlichtstarker Objektive bei Offenblende und unterschiedlichen Perioden. Zur Erinnerung: 40 lp/mm bezeichnen 40 schwarze sowie weiße Linien pro Millimeter, also einer Linienbreite von jeweils 1/80 mm = 12,5 µm, mit jeweils 100 % Kontrast im Objekt, die mit dem angegebenen Kontrast auf dem Sensor abgebildet werden. Dabei entsprechen die 12,5 µm ca. 2 Pixel bei 24 Megapixeln auf Kleinbild oder ca. 3,4 Pixeln bei 16 Megapixeln auf MFT.
(Die Werte sind den veröffentlichten MTF-Kurven des jeweiligen Herstellers entnommen)

 
 
Noch ein paar Beispiele: Das Lumix 2,5/14 mm entspricht einem 5,0/28 mm bei Kleinbild, was bereits einem Fixfokus-Objektiv nahekommt (also einem Objektiv, das man nicht mehr scharfstellen muss, weil ab einer gewissen Distanz sowieso alles scharf ist: Wird das 2,5/14 mm bei Offenblende auf 4,4 m Entfernung (die sogenannte „hyperfokale Entfernung“) eingestellt, ist ab 2,20 m bis Unendlich alles scharf. Bei leichtem Abblenden auf 4,0 ist dann bereits ab 1,40 m alles scharf. Das Lumix 1,7/20 mm entspräche einem 3,5/40 mm. Das Olympus 2,8/17 mm würde gar einem 35-mm-Objektiv bei Blende 5,6 entsprechen.

Nun kommen auch für MFT zunehmend lichtstärkere Festbrennweiten auf den Markt. Die just vorgestellten lichtstarken MFT-Objektive 1,4/25 mm und 1,8/45 mm etwa entsprechen demnach einem 2,8/50 mm bzw. einem 3,6/90 mm bei Kleinbild. Hier ein Vergleich:
 

Foto: Randolf Butzbach

Kleinbild, 50 mm, f/1,4
 
 
Foto: Randolf Butzbach

Kleinbild, 50 mm, f/2,8 (entspricht MFT, 25 mm, f/1,4)

 
Beide Aufnahmen sind bei gleichem Abstand auf Kleinbild entstanden – wobei letztere der Bildwirkung eines 1,4/25-mm-Objektivs an MFT entspricht. Das Beispiel zeigt wiederum sehr eindringlich, dass es mit der Umrechnung der äquivalenten Brennweite als Bildwinkel nicht getan ist, sondern dass die äquivalente Blende einen entscheidenden Einfluss auf die Bildaussage hat.

Natürlich kann man auch hochlichtstarke Fremdobjektive an MFT adaptieren. Mechanisch geht das – aber mit welchem Effekt und zu welchem Preis? Nehmen wir z. B. ein 1,4/50-mm-Objektiv: In Verbindung mit einem MFT-Sensor, so zeigt das Objektiv bei Offenblende grade mal die Bildwirkung eines 2,8/100 mm auf Kleinbild. Während das 1,4/50 mm bei Offenblende in der Regel sehr weich zeichnet, sind 2,8/100-mm-Objektive normalerweise bereits bei Offenblende knackscharf. Um etwas größere Öffnungswinkel zu erhalten, muss man sich dann bei Kleinbildweitwinkelobjektiven umsehen. Um den Öffnungswinkel eines 50-mm-Objektivs von Kleinbild auf MFT zu übertragen, muss man ein 24-mm-Objektiv adaptieren. Wenn wir dabei ein sündhaft teures (und bei Offenblende wiederum sehr weiches) 1,4/24-mm-Objektiv nehmen, erhalten wir genau die Bildwirkung, wie sie ein schnödes 2,8/50-mm-Objektiv im Kleinbildformat entfaltet, das für eine Handvoll Euros im Online-Auktionshaus zu haben ist – und das dann auch noch gestochen scharf zeichnet. Wir dürfen also gespannt sein, wie das kürzlich von Panasonic vorgestellte und ab August lieferbare „Leica DG Summilux 1,4/25 mm Asph,“ sich in der Praxis verhält, das für den kleinen MFT-Bildkreis optimiert wurde. Erwartungsgemäß liegen die veröffentlichten Kontrastwerte aufgrund des kleineren Bildkreises höher als bei den vergleichbaren Objektiven für das Kleinbildformat (vgl. Tabelle 1 oben). Die Bildwirkung entspricht dagegen, wie gesagt, einem einfachen 2,8/50-mm-Objektiv auf Kleinbild.

Vergleich (Micro-)FourThirds und Kompaktkamera

Das legt nahe, die Bildwirkung des typischen MTF-Zoom-Objektivs mit der einer sogenannten Edelkompakten, wie Panasonics LX-5, Canons S95, Samsungs EX-1, oder Olympus’ XZ-1 zu vergleichen. Die Vergleichsaufnahme ist hier nicht simuliert, sondern mit der XZ-1 direkt gemacht worden.

Leider erlaubt die XZ-1 nicht, die „äquivalente Brennweite“ direkt einzustellen. Auch zeigt sie die eingestellte Brennweite weder vor noch nach der Aufnahme an, so dass ich mich hier auf eine Schätzung der Brennweite verlassen musste. Leider lag meine Schätzung mit 15 mm statt 18 mm Brennweite knapp daneben. Um wieder den gleichen Ausschnitt zu sehen, wurde das ZX-1-Bild nachträglich ausgeschnitten, um den Vergleich mit den anderen Bildern zu erleichtern. Anders ausgedrückt sehen wir hier das Bild, wie es ein 6,1×4,6 mm großer Sensor ergeben hätte, statt des real verbauten 7,4×5,6 mm großen Sensors (geschätzt aus Crop-Faktor) – wir sehen also eher den Sensor einer normalen Kompaktkamera als den etwas größeren Sensors der „Edelkompakten“.
 

Foto: Randolf Butzbach

MFT, 42 mm, f/5,6 (85 mm, f/11,0 äquiv.)
 
 
Foto: Randolf Butzbach

Kompaktkamera (XZ-1), 15 mm, f/2,2 (85 mm, f/12 äquiv. – s. Text)

 
Bereits hier zeigt sich, dass die XZ-1 bei Offenblende einen sehr ähnlichen Schärfeverlauf zeigt wie die MFT-Kamera. Der Unterschied wird noch geringer, wenn man in Betracht zieht, dass die Vergleichsbrennweite hier zu kurz geraten ist. Bei der korrekt eingestellten Brennweite von 18 mm statt 15 mm wäre auch der Hintergrund etwas verschwommener gewesen: Bei den hier gezeigten 15 mm entspricht die eingestellte Blende f/2,2 einem Blendenwert von f/12 im Kleinbild. Bei 18 mm Brennweite würden die f/2,2 einen Schärfeverlauf zeigen wie Blende 10 bei 85 mm Kleinbild (ein Blick in die EXIF Daten von anderen Aufnahmen zeigt, dass die XZ-1 tatsächlich eine Lichtstärke von f/2,2 bei 18 mm hat.).

Im Vergleich dazu liefert das Lumix G 3,5-5,6/14-42 mm bei 42 mm und Offenblende (f/5,6!) einen Schärfeverlauf wie Blende 11,0 bei 85 mm Kleinbild. Beim Vergleich der äquivalenten Blendenwerte (f/11,0 MFT und f/10 Kompakt) stellen wir fest, dass es praktisch keinen Unterschied gibt, ja dass die XZ-1 sogar ganz leicht im Vorteil ist! Anders ausgedrückt: Die XZ-1 kann den gleichen Schärfeverlauf liefern wie die MFT-Kameras mit System-Zoomobjektiven. Dafür bieten die Edelkompakten jedoch den Vorteil, dass sie echte Kompaktkameras sind, die als Immer-dabei-Kameras zumindest in die Jackentasche, wenn nicht gar in die Hemdentasche, passen. Unter bildgestalterischen Aspekten kann sich MFT von den Edelkompakten nur dann absetzen, wenn sehr lichtstarke Objektive verwendet werden.

Fazit (Micro-)FourThirds und Kompaktkamera

Damit stellt sich für mich die Frage, was MFT denn nun sein will:

  • Die Freistellungsmöglichkeiten bei Verwendung der aktuell erhältlichen originalen Zoomobjektive sind quasi identisch denen einer besseren Kompaktkamera.
  • Die Größe ist zu groß als Immer-dabei-Kamera. Wie bei einer DSLR wird eine extra Tasche benötigt.
  • Die Objektive sind nur aufgrund der geringeren Lichtstärke und Brennweite kleiner (Linsendurchmesser = Brennweite / Lichtstärke). Bei gleicher Lichtstärke und Brennweite wären sie genauso groß wie Objektive fürs Kleinbildformat. Erst durch die Verkürzung der Brennweite, bedingt durch das kleinere Aufnahmeformat, ergibt sich bei längeren Brennweiten ein Größenvorteil, der aber teuer mit fehlenden Gestaltungsfreiheiten bezahlt wird.

Zwar wirbt Panasonic mit dem „Peripheren Unschärfe-Szenemodus“ („In diesem Modus können Sie ein Motiv wählen, das dann gestochen scharf heraussticht, während der Hintergrund weichgezeichnet wird.“, Bedienungsanleitung zur Lumix DMC-G3, S. 107) und der „Peripheren Unschärfekontrolle“ per Fingerzeig auf dem berührungsempfindlichen Display. Was auf den ersten Blick und angesichts der gezeigten Beispiele nach eingebauter Bildmanipulation klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen jedoch als normale Zeitautomatik mit Blendenvorwahl: Die Ergebnisse zwischen einer Testaufnahme mit einer Lumix G2 und der alpha 900, beide bei 35 mm und Blende 5,6 (Offenblende bei 35 mm beim Lumix G Vario 3,5-5,6/14-42 mm = 5,3!) zeigten einen identischen Unschärfeverlauf. Das Ergebnis mag gegenüber einer einfachen Kompakten bei MFT zwar etwas besser sein, über das einer besseren Kompakten kommt MFT jedoch nicht weit hinaus.

Dagegen beschreitet Sony bei der HX100V und HX9V einen anderen Ansatz, um die Einschränkung des Winzsensors zu überwinden: Die extrem schnelle Sensorauslesung erlaubt es, mehrere Bilder auf verschiedenen Schärfeebenen hintereinander aufzunehmen – und daraus einen räumlichen Unschärfeverlauf zu rekonstruieren.

Vergleich Kleinbild vs. APS-C

Der Vergleich zwischen APS-C und Kleinbild gestaltet sich dagegen subtiler. Das liegt zum einen daran, dass der Unterschied nicht derart stark ausgeprägt ist, wie beim Vergleich zwischen Kleinbild und MFT. Zum anderen gibt es eine große Anzahl Hochleistungsobjektive aus Filmzeiten, die weiterverwendet werden können. Man ist also nicht zwangsweise durch lichtschwache Zooms eingeschränkt. Wie soll man folglich einen Vergleich gestalten?

Wenn wir dasselbe Objektiv einmal mit einem Kleinbildsensor und einmal mit APS-C verwenden, liegt der Unterschied in der scheinbaren Brennweite ca. beim Faktor 1,4 (DSLR: 1,5-1,6) und im Unschärfeverlauf rein rechnerisch betrachtet bei einer Blendenstufe. Das ist zwar nicht viel, aber trotzdem sichtbar. Der Ausschnitt auf APS-C ergäbe damit lediglich eine Begrenzung des Unschärfeverlaufs auf Blende 2,0 statt 1,4. An der Belichtungszeit ändert sich dagegen nichts: Die Größe des Bildaufnehmers ändert nichts an der Menge des Lichts, die das Objektiv passiert.

Im folgenden Vergleich wird dasselbe 85-mm-Objektiv bei derselben Blendenöffnung (f/1,4) einmal bei Kleinbild- und einmal bei APS-C-Aufnahmeformat betrachtet. Also die klassische Weiterverwendung von vorhandenen Objektiven. Um denselben Bildausschnitt zu erhalten wurde der Abstand Kamera-Objekt um den Faktor 1,4 von 90 cm auf 126 cm angepasst:
 

Foto: Randolf Butzbach

Kleinbild, 85 mm, f/1,4; Aufnahmeabstand: 90 cm
 
 
Foto: Randolf Butzbach

APS-C, 85 mm, f/1,4; Aufnahmeabstand: 126 cm

 
Dabei sind zwei Effekte, zwar leicht, aber doch deutlich erkennbar: Zum einen wird der Hintergrund schärfer und zum anderen wächst der Hintergrund relativ zum Vordergrund an. Den selben Effekt können wir natürlich auch bei den weiter verbreiteten 50-mm-Objektiven beobachten:
 

Foto: Randolf Butzbach

Kleinbild, 50 mm, f/2,0; Aufnahmeabstand: 46 cm
 
 
Foto: Randolf Butzbach

APS-C, 50 mm, f/2,0; Aufnahmeabstand: 65 cm

 
Der vergrößerte Abstand zum Motiv kann aber noch eine andere Konsequenz haben, nämlich wenn es darum geht, Menschen zu fotografieren. Je weiter sich der Fotograf entfernt, desto weniger wird er Bestandteil des Bildes. Beträgt der Abstand anderthalb bis zwei Schritte, steht der Fotograf zwar nicht mehr „im Bild“, er ist aber auch noch nicht so weit entfernt, dass keine Beziehung mehr zwischen den Personen vor und hinter der Kamera besteht. Geht der Fotograf dagegen einen weiteren Schritt zurück, um wieder den gleichen Ausschnitt zu haben, kann die non-verbale Kommunikation bereits abgekühlt sein. Bei großen Entfernungen entstehen dann die typischen Paparazzo-Fotos.

Kommen wir zu dem harmonischen Verhältnis aus Aufnahmeabstand und Bildfeld, das den Öffnungswinkel des Objektivs bestimmt. Die klassische Brennweitenreihe (bei Kleinbild 28, 35, 50, 85, ..) kommt nicht von ungefähr. Sie entspricht natürlichen Blickwinkeln. Adaptiert man nun die KB-Objektive an eine APS-C Kamera, wird dieses Verhältnis verschoben, da klassische Festbrennweiten nur in den genannten Abstufungen verfügbar sind. Zwar ändert sich in dem im Folgenden gezeigten Beispiel der Bildwinkel beim Übergang von 50 mm KB auf 35 mm APS-C nicht. Das ist aber auch der einzige Fall, wo ein Faktor 1,4 zwischen den Brennweiten liegt: Ein 50-mm-Objektiv ergibt an APS-C einen Bildwinkel wie 70 mm an Kleinbild, nicht wie 85 mm.

Im folgenden Beispiel wurde Blende 4,0 gewählt, was der Lichtstärke der üblichen Kit-Zooms nahe kommt (wobei die meisten Kit-Zooms eher eine Lichtstärke von 5,6 bei 50 mm aufweisen. Aber: „in dubio pro reo“):
 

Foto: Randolf Butzbach

Kleinbild, 50 mm, f/4,0; Aufnahmeabstand: 46 cm
 
 
Foto: Randolf Butzbach

APS-C, 35 mm, f/4,0; Aufnahmeabstand: 46 cm

 
Die vorstehenden Vergleichs-Beispiele zeigen, wie viel bereits ein einfaches, günstig zu bekommendes, 50-mm-Objektiv mit Lichtstärke f/1,8 bringen kann. Ein spontaner Gegencheck mit der „intelligenten“ Vollautomatik zweier „Einsteiger“-APS-C-Kameras hat gezeigt, dass die Kameras Blende 8 oder gar 11 bei 50 mm am Kitzoom eingestellt hätten. Der Vordergrund wäre vollkommen im Hintergrund untergegangen. Es lohnt sich also, die Programmautomatik abgeschaltet zu lassen und – auch bei einfachen Kameras mit Kitobjektiv – mal mit der Blende zu experimentieren.

Fazit Kleinbild und APS-C

Die vorstehenden Beispiele sind aus praktischen Erwägungen mit einem Formatfaktor 1,4 (APS-C, Film) gemacht worden, der genau der Verdoppelung der Sensorfläche, einer Blendenstufe, sowie dem Unterschied der Brennweite von 35 mm zu 50 mm entspricht. Nikon verwendet dagegen bei dem DX-Format einen Formatfaktor von ungefähr 1,52 (je nach Kamera), der auch bei Sony und Pentax Verwendung findet.
 

Kleinbild APS-C Nikon DX Canon MFT
1 1,4 1,52 1,6 2
1,4/24 2,0/34 2,1/36 2,2/38 2,8/48
2,8/28 4,0/39 4,2/42 4,5/45 5,6/56
2,8/35 4,0/49 4,2/53 4,5/56 5,6/70
1,8/50 2,5/70 2,7/76 2,9/80 3,6/100
1,4/85 2,0/120 2,1/129 2,2/136 2,8/170
2,8/100 4,0/140 4,2/152 4,5/160 5,6/200
2,8/135 4,0/190 4,2/205 4,5/216 5,6/270
2,8/200 4,0/280 4,2/304 4,5/320 5,6/400

Tabelle 2: Äquivalente Brennweite und Blende verschiedener Objektive bei Offenblende. Die Bildwirkung ändert sich je nach Format, ausgedrückt als Ausschnittsfaktor.
 
 
Wie Tabelle 2 zeigt, liegen die sich bei einem Ausschnittfaktor von 1,52 ergebenden äquivalenten Objektive sehr nahe bei den hier im Bild gezeigten Beispielen mit Ausschnittfaktor 1,4, so dass die Ergebnisse übertragbar sein sollten. Auch wenn das DX-Format also nicht die Möglichkeiten des Kleinbilds bietet, sind die Einbußen bezüglich der Bildqualität doch relativ gering. Besonders, wenn man auf lichtstarke Festbrennweiten zurückgreift.

Wenn wir die sehr viel höheren Anforderungen an Optik und Sensor bei Kleinbildformat dagegenhalten, zeigt sich DX als ein gültiger Kompromiss aus Bildqualität und Kosten. Der kleinere Bildausschnitt lässt sich durch einen größeren Aufnahmeabstand kompensieren, ohne dass das Bild aufgrund des anderen Standpunktes und damit der anderen Perspektive eine komplett andere Aussage bekäme. Zarte Bilder, wie zum Beispiel dieses Foto, bleiben dem DX-Format aber wohl verschlossen:
 

Foto Randolf Butzbach

Rose in der Morgensonne auf Leica-Format.

 
Canon verwendet einen Formatfaktor von 1,6, der damit ein gutes Stück näher an MFT liegt als an Kleinbild. Anders ausgedrückt: die Bilddiagonale von hier 27,0 mm beträgt nur 60 % der von Kleinbild (43,3 mm) und ist grade mal 25 % größer als die von MFT, die mit 21,6 mm wiederum nur 50% des Kleinbilds beträgt: Das 28-mm-Weitwinkelobjektiv entfaltet also bei Canons „APS-C“ die Bildwirkung eines 45-mm-Objektivs an Kleinbild, was bereits sehr nahe am 50er Kleinbild liegt. Vermutlich sind damit für Canons „APS-C“-Kameras eher die Ergebnisse von MFT aussagekräftig als die von Kleinbild.

(Randolf Butzbach)
 
 
Siehe auch:
Bildgestaltung: Eine Frage des Formats – Teil I
Bildsensor und Bildgestaltung
Begrenzung der Auflösung durch Beugung