Fujifilm beschränkt sich nicht länger auf das digitale Halbformat. Auf der photokina 2016 haben die Japaner mit dem GFX-System ein völlig neues „Mittelformat“-System präsentiert, das Anfang nächsten Jahres auf den Markt kommen soll. Ganz ähnlich wie die bereits erhältliche X1D von Hasselblad ist auch die GFX 50s von Fujifilm spiegellos. Ich habe mir beide Kameras in Köln intensiv angesehen.

Nur wenige Wochen nachdem Hasselblad die erste spiegellose Mittelformatkamera X1D vorgestellt hat, kündigt nun auch Fujifilm ein ähnliches System an. Es hört auf den Namen GFX und wird zunächst aus der Kamera GFX 50s und drei Objektiven bestehen. Ab Anfang nächsten Jahres soll es erhältlich sein, ein Preis steht noch nicht fest.

Ich hatte auf der photokina 2016 die Gelegenheit, mir sowohl das GFX-System wie auch die Hasselblad X1D intensiv anzuschauen. Allerdings hatte Fujifilm von der GFX 50s nur Prototypen mitgebracht, zur Bildqualität kann ich also noch überhaupt nichts sagen. Dafür hat Fujifilm in einem „Technischen Briefing“ viele Hintergrundinformationen zum neuen GFX-System geliefert. So ähnlich die Konzepte von Fujifilm und Hasselblad auf den ersten Blick sind, so sehr unterscheiden sie sich doch, wenn man genauer hinsieht.

Bildsensor

Herzstück des GFX-Systems wie auch der Hasselblad X1D ist ein Bildsensor, der bei einer Fläche von ca. 44 x 33 mm gut 51 Megapixel auflöst. Damit weist der Bildwandler deutlich mehr Fläche auf als ein Kleinbildsensor (36 x 24 mm), ist aber anderseits doch kleiner als das „kleine“ analoge Mittelformat (41,5 × 56 mm).

Fuji G-FormatIm Vergleich zum Kleinbildformat weist der GFX-Sensor rund 70 Prozent mehr Fläche auf.

Fujifilm verwendet die Bezeichnung Mittelformat explizit nicht für sein GFX-System, sondern spricht vom G-Format. Der Pixelabstand (oder die Größe einer Sensorzelle) beträgt bei der GFX 50s 5,3 µm. Zum Vergleich: Bei einer Sony Alpha 99 II (42,4 Megapixel an Kleinbild) misst der Pixelpitch 4,5 µm, bei einer Fujifilm X-T2 (24 Megapixel an APS-C) sind es nur 3,9 µm.

Durch den großen Pixelabstand sind die Sensorzellen beim Bildwandler der GFX 50s (und auch der Hasselblad X1D) deutlich lichtempfindlicher. Das bedeutet: Weniger Rauschen bei hohen ISO-Werten und ein besserer Dynamikumfang. Aus diesen Gründen ist laut Fujifilm auch das spezielle X-Trans-Pattern, das Fujifilm für seine APS-C-Sensoren verwendet, beim G-Format derzeit nicht nötig. Der Sensor der GFX 50s ist mit einer klassischen Bayer-Matrix versehen, was Vorteile bei der RAW-Verarbeitung verspricht.

Der Sensor weist bei der GFX 50s zwar ein Seitenverhältnis von 4:3 auf, Fujifilm ermöglicht aber auch die Aufnahme in klassische Mittelformaten wie 4:5, 6:7 und 1:1. Als weitere Formatoptionen stehen 3:2 sowie das Panoramaformat 6:17 zur Wahl.

Fujifilm hat bei der Präsentation des GFX-Systems mehrfach betont, dass es keinesfalls als Konkurrenz zu bestehenden X-System gedacht ist. Vielmehr soll das deutlich größere G-Format immer dann zum Einsatz kommen, wenn es auf eine ultimative Bildqualität ankommt – etwa in der Mode- oder Werbefotografie. Aus diesem Grund, so Fujifilm, sei auch das Kleinbildformat keine Option gewesen – hier wäre der Qualitätsvorteil gegenüber dem APS-C-Format des X-Systems zu gering.

Die Kamera

Integraler Bestandteil des X-Systems ist ein spiegelloses Kamerakonzept mit einem elektronischen Sucher (EVF). Fujifilm weist daraufhin, dass sich durch den Wegfall eines sperrigen Schwingspiegels eine Reihe von Freiheiten für die Konstruktion ergeben. Der wohl wichtigste Vorteil: Das Anlagemaß beträgt lediglich 26,7 Millimeter – mit Schwingspiegel wären rund 70 Millimeter nötig gewesen. Das geringe Anlagemaß erleichtert vor allem die Konstruktion der Objektive. Nebenbei eröffnet es aber auch noch die Möglichkeit, „Fremdobjektive“ zu adaptieren – dazu gleich noch mehr.

Fujifilm GFX Anlagemaß

Anders als die Hasselblad X1D ist die GFX 50s eine sehr modulare Kamera. So kann man zum Beispiel den EVF entfernen und erhält dann einen relativ kompakten Apparat (bei dem dann das rückwärtige Display zur Sucherbildkontrolle dient). Bei Bedarf lässt sich aber auch ein Tilt-Adapter zwischen Kamera und EVF koppeln. Er erlaubt es dann, den Sucher um 360 Grad zu drehen. Außerdem gibt es für die GFX 50s optional einen Hochformatgriff, der die wichtigsten Bedienelemente spiegelt.

Der Sucher wird letztendlich über einen herkömmlichen ISO-Schuh an die Kamera gekoppelt (und weist seinerseits wieder diesen Anschluss auf). Somit lässt sich auch ein Blitzgerät an die GFX 50s anschließen und weiteres Zubehör wie etwa ein HDMI-Monitor.

Ich würde wohl den EVF immer auf der GFX 50s lassen. Denn dieser elektronische Sucher ist der beste, in den ich je geblickt habe. Die Auflösung ist über alle Zweifel erhaben (Daten teil Fujifilm noch nicht mit), die Farbdarstellung war selbst im Neonlicht des Präsentationsraums perfekt. Zudem ist der Sucher derart groß, dass mir anschließend ein Kleinbildsucher wie ein kleines Guckkästchen vorkam.

Da kann meines Erachtens der EVF der Hasselblad X1D nicht ganz mithalten. Zwar ist auch er angenehm groß, Kontraste gab er im Vergleich zur GFX 50s allerdings härter wieder. Auch die Farbdarstellung schien mir beim EVF der X1D nicht ganz so natürlich zu sein. Allerdings habe ich beide Kameras nicht zum direkten Vergleich in der Hand gehabt, sodass ich mich hier ganz auf meine Erinnerungen verlassen muss.

Während die X1D auf ein modernes Bedienkonzept via Touchscreen setzt, wird die GFX 50s ganz klassisch mit Knöpfchen, Schalter und Rädchen bedient. Das soll Brüche im Bedienkonzept zwischen den X-Kameras und dem neuen GFX-System vermeiden.

Allerdings hat Fujifilm das traditionelle Bedienkonzept beim GFX-System etwas erweitert: Am Blendenring der Objektive gibt es neu die Stellung „C“ – sie erlaubt es, die Blende mit einem der Einstellräder zu steuern. Ebenso findet sich die „C“-Position auf dem ISO-Wählrad. Eine gute Idee, finde ich – ich würde sie mir auch für die X-Kameras wünschen.

Im Gegensatz zur durchgestylten Hasselblad X1D wirkt die GFX 50s wie ein Arbeitsgerät. Vor allem ist sie deutlich tiefer geraten als die schlanke X1D. Das macht sich auch in der Hand bemerkbar: mit der GFX 50s hebt man einen ganz schönen Brocken vors Auge. Zur Ehrenrettung sei allerdings gesagt, dass Fujifilm die Kamera gut ausbalanciert hat und der stark ausgeformte Griff der nicht gerade leichten Kamera ordentlich Halt verleiht.

Fujifilm GFX 50s linke Seite

Die GFX 50s ist etwas pummelig geraten. Das Handling ist dennoch gut.

Dass die GFX 50s so pummelig geraten ist, hat zwei Gründe: Zum einen hat Fujifilm sie mit einem Schlitzverschluss versehen, während Hasselblad bei der X1D den Verschluss ins Objektiv integriert. Zudem sitzt bei der GFX 50s der Akku nicht etwa im Handgriff, vielmehr wird er von der Seite quasi zwischen Sensor und Display eingeschoben. Auf diese Weise bildet er einen Puffer zwischen den größten Wärmequellen in der Kamera: Bildwandler und Monitor.

Schlitzverschluss versus Zentralverschluss

Fujifilm setzt beim GFX-System auf einen „Focal Plane Shutter“, also einen Schlitzverschluss. Hasselblad hat bei der X1D den Verschluss weglassen, stattdessen kommen die Objektive für dieses System mit einem Zentralverschluss. Beide Konstruktionen haben Vor- und Nachteile:

Die GFX 50s erlaubt mit ihrem Schlitzverschluss eine kürzeste Belichtungszeit von 1/4000 s. Bei der X1D sind minimal 1/2000 s möglich – und das auch nur abhängig vom Objektiv und in der Regel nicht weit aufgeblendet. Schnelle Bewegungen lassen sich also mit dem GFX-System besser einfrieren.

Anderseits erlaubt der Zentralverschluss der GFX 50s nur eine minimale Blitzsynchronzeit von 1/125 s. Da ist die X1D klar im Vorteil, denn sie synchronisiert das Blitzlicht mit jeder Verschlusszeit, die sich steuern lässt.

Fujifilm hat dem Fotografen bei der GFX 50s allerdings ein Hintertürchen für Objektive mit Zentralverschluss offen gelassen: Die Kamera kann mit derartige Objektive die Belichtungszeit ebenfalls steuern, ihr Schlitzverschluss bleibt dann offen. Näheres war dazu noch nicht in Erfahrung zu bringen, nur so viel: Fujifilm plant keine GFX-Objektive mit Zentralverschluss, möchte diese Option aber für Fremdhersteller und möglicherweise auch adaptierte Objektive offen halten.

Mein allererstes Fazit

Noch ist das GFX-System von Fujifilm in einem derart frühen Stadium, dass sich eine Bewertung verbietet. Klar erkennbar ist bereits, dass sich das GFX-System von Hasselblads X1D in einigen Punkten deutlich unterscheidet. Die Hasselblad X1D ist deutlich kompakter und setzt auf ein Bedienkonzept via Touch-Display. Die GFX 50s ist wuchtiger, lässt sich dafür aber deutlich besser an die Bedürfnisse des Fotografen anpassen. Oder ganz salopp gesagt: In der Fototasche und noch mehr mit dem Riemen am Nacken des Fotografen gibt die schicke Hasselblad X1D eindeutig die bessere Figur ab. Für die Arbeit (nicht nur) im Studio dürfte dagegen das GFX-System besser geeignet sein – wenn man nicht zwingend auf Objektive mit Zentralverschluss angewiesen ist.

Fujifilm GFX 50s

Fujifilm GFX 50s

Das GFX-System von Fujifilm besticht vor allem durch seinen modularen Aufbau. Das Bedienkonzept der GFX 50s ist klassisch aber durchdacht. Bestechend ist auf den ersten Blick die Qualität des elektronischen Suchers. Über Bildqualität und Leistung der Kamera lässt sich derzeit noch nichts sagen.

Hasselblad X1D

Hasselblad X1D

Die Hasselblad X1D ist sehr handlich und sieht schick aus. Bedient wird sie vornehmlich über ihren Touchscreen, was bei dieser Kamera gut funktioniert. Der EVF kann nach meinem ersten Eindruck nicht ganz mit dem formidablen Sucher der Fujifilm GFX 50s mithalten.