Zwölf Bilder pro Sekunde bei 42,4 Megapixel Auflösung – mit der Alpha 99 II gibt Sony ein klares Bekenntnis zum A-Mount ab. Die Kleinbildkamera will aber nicht nur mit schieren Leistungsdaten punkten, sondern auch mit einem völlig neuartigen „Hybrid Phase Detection AF“. Kann ihr das gelingen? Ich hatte während der photokina Zeit, mich etwas eingehender mit der Alpha 99 II zu beschäftigen.

Genau vier Jahre ist es her, dass Sony mit der Alpha 99 letztmalig eine Kleinbild-DSLR vorgestellt hat. Jetzt folgt auf der photokina 2016 deren Nachfolgerin, die Alpha 99 II. Wobei: Eine DSLR ist sie – wie auch schon die Alpha 99 – nicht. Denn bei den A-Bajonett-Kameras von Sony gibt es bereits seit Längerem keinen Schwingspiegel mehr. Stattdessen platziert Sony einen hauchdünnen Strahlenteiler im Lichtweg, der permanent rund 30 Prozent des Lichts zum dedizierten Phasen-AF-Modul abzweigt. Vorteil dieses Verfahrens: Das AF-Modul im „Spiegelkasten“ wird fortwährend mit Informationen versorgt; SLT-Kameras befinden sich permanent im Live-View-Modus und können auch bei Video-Aufnahmen mit dem Phasen-AF scharf stellen.

Sony SLT-Prizip
Beim SLT-Konzept von Sony zweigt eine semitransparente Folie im Strahlengang
etwas Licht für das AF-Modul ab.

Eckdaten der Alpha 99 II

  • 42,4-Megapixel-Sensor im Kleinbild-Format, BSI-Design (nahezu identisch zum Sensor der Alpha 7R II)
  • Serienbildrate mit bis 12 fps bei voller Auflösung, dabei AF- und AE-Nachführung
  • Neuartiger „Hybrid Phasen AF“ mit 79 Phasenvergleichssensoren im AF-Modul und 399 Phasenvergleichszellen auf dem Bildwandler
  • 5-Achsen-Bildstabilisator
  • Elektronischer Sucher in OLED-Technik mit rund 2,4 Millionen dots Auflösung
  • 4K-Video (max. 3840 x 2160 / 30p)
  • Markteinführung: November 2016, Preis: 3.600 Euro

Gehäuse und Handling

Sony hat die die Technik der Alpha 99 II in ein sehr kompaktes Gehäuse gesteckt. Es ist nur wenige Millimeter größer als das ihrer älteren APS-C-Schwester Alpha 77 II. Der Größenunterschied ist derart gering, dass sich der ursprünglich für die Alpha 77 II gedachte Hochformatgriff VG-C77AM auch an der Alpha 99 II verwenden lässt.

Sony hat mir die Alpha 99 II auf der photokina für rund eine Viertelstunde in die Hand gedrückt. Trotz ihrer kompakten Maße wirkt sie keineswegs mickrig. Auch die Anfassqualität ist solide. Gegen die Einflüsse von Staub und Feuchtigkeit ist die Kamera abgedichtet, eine sogenannte IP-Schutzklasse gibt Sony jedoch nicht an.

Sony Alpha 99 II Chassis
Das Chassis sowie der überwiegende Teil des äußeren Gehäuses bestehen bei der Alpha 99 II
aus einer leichten Magnesium-Aluminium-Legierung.

Mit der Alpha 99 II führt Sony ein völlig überarbeitetes Menüsystem ein. Waren bislang die sehr vielfältigen Konfigurationsmöglichkeiten wie zufällig auf das Kamera- beziehungsweise Einstellungsmenü verteilt, gibt es jetzt nur noch zwei Kameramenüs. Und darinnen hat Sony die Einstellmöglichkeiten logisch gruppiert, etwa in „Belichtungssteuerung“, „Blitzeinstellungen“ etc. Ich finde das neue Menüsystem deutlich übersichtlicher als die bisherigen Menüs bei Sony. Was allerdings weiterhin fehlt: die Möglichkeit, sich ein eigenes Individual-Menü mit den 10, 20 am häufigsten verwendeten Befehlen zusammenstellen zu können.

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Ralf Ellersiek hat bereits das gesamte Menü der Alpha 99 II durchgeblättert, hier ist sein Video.

Dieses Jahr wird das α-System von Sony zehn Jahre alt. Hervorgegangen ist es aus der α-Familie (in Europa als Dynax bekannt) von Minolta. Die SLRs von Minolta galten vielfach als Macintosh unter den Kameras, zuverlässig und vor allem leicht bedienbar.

Diese Minolta-Gene stecken bis heute unverkennbar ebenfalls in der α-Linie von Sony. So auch in der Alpha 99 II: Sie hat zum Beispiel einen kleinen Joystick, mit dem sich nicht nur das gewünschte AF-Feld (oder die AF-Gruppe) leicht anwählen lässt. Im sogenannten „Quick Navi“-Modus, bei dem das rückwärtige Display eine Vielzahl an Kameraparameter auflistet, lassen sich diese mit eben diesem Joystick ebenfalls ansteuern und dann schnell ändern. So gesehen kann die Alpha 99 II gut auf einen Touchscreen verzichten – eine interessante Bedienalternative wäre er trotzdem.

Alpha 99 Multi ControllerVon der Vorgängerin übernimmt die Alpha 99 II den „Front Multi Controller“ (Bild links). Dieses kleine Drehrädchen an der Kamerafront lässt sich frei mit einer Funktion belegen (AF-Modus, Belichtungskorrektur, Zeit, Blende etc.). Ursprünglich war der Regler dazu gedacht, die entsprechenden Parameter möglichst lautlos während einer Videoaufnahme ändern zu können. Jetzt rastet er auf Wunsch auch ein, was insbesondere Fotografen entgegenkommen dürfte.

Die Alpha 99 II mag aussehen wie eine SLR, ist aber keine. Anstelle eines optischen Suchers gibt es einen Videosucher. Dieser EVF gehört mit zu den besten, die derzeit zu haben sind. Dank OLED-Technik stellt er Farben sehr differenziert dar, die Helligkeit ist (einmal abgesehen von gleißendem Gegenlicht) mehr als ausreichend. Vor allem aber erlaubt es der elektronische Sucher eine derartige Vielzahl an Informationen einzublenden, wie es bei klassischen SLR-Suchern einfach nicht möglich ist. Mir ist jedenfalls auf der photokina nur ein elektronischer Sucher untergekommen, der noch besser ist als der der Alpha 99 II: der EVF der Fujifilm GFX 50S.

Serienbilder

Auf dem Papier beeindruckt die Alpha 99 II mit einer Serienbild-Leistung, die in dieser Form derzeit einzigartig ist. 12 Fotos/Sekunde (fps) nimmt sie auf, und zwar bei voller Auflösung von 42,4 Megapixel. Eine Nikon D5 (21 Megapixel, knapp 7.000 Euro) ist auch nicht schneller, nur die Canon EOS-1D X Mark II (ebenfalls 21 Megapixel, ca. 6.300 Euro) geht mit 14 fps noch etwas flotter zur Sache.

Die Datenmengen, die die fast doppelt so teuren Top-Modelle von Canon und Nikon verarbeiten müssen, sind allerdings aufgrund ihrer deutlich geringeren Auflösung viel kleiner als bei der Alpha 99 II.

Alpha 99 II mit Vertikalgriff VG-7Der Hochformatgriff VG-7 der Alpha 77 II passt auch an der Alpha 99 II.

Ich habe die Alpha 99 II mit ihren beiden höchsten Serienbildraten von 12 fps und 8 fps ausprobiert. Dabei rattert sie wie eine Nähmaschine, obgleich das Auslösegeräusch für sich genommen angenehm leise ist. Was aber in der Praxis viel wichtiger ist: Im Pufferspeicher der Alpha 99 II ist Platz für mindestens 60 JPEG-Aufnahmen oder gut 50 RAW-Fotos. Sie hält also die hohen Serienbildraten für wenigstens fünf Sekunden durch, bevor der Puffer voll ist. Dann aber ist Geduld angesagt: Bis der Zwischenspeicher geleert ist, friert die Alpha 99 II mehr oder weniger ein. Einzig weitere Aufnahmen sind möglich, der Weg ins Menü oder zur Wiedergabe bleibt dagegen blockiert.

Das unterscheidet die Alpha 99 II dann doch von einer echten Sportkamera wie die Nikon D5. Die bleibt nämlich sozusagen stets zu Diensten und erledigt das Speichern unauffällig im Hintergrund. Immerhin informiert die Alpha 99 II (anders als die Alpha 6300 mit ähnlicher Serienbildrate) mit einem Fortschrittsbalken ausführlich darüber, wie lange sie für das Leeren des Puffers noch benötigen wird.

Und allzu lange dauert es auch nicht, bis die Bilddaten sicher auf die Speicherkarte transferiert sind; vielleicht so 20 Sekunden. Angesichts der sehr hohen Auflösung der Alpha 99 II und den daraus resultierenden großen Bilddateien finde ich das durchaus respektabel.

Möglich wird dies durch einen besonders schnellen Bionz-X-Prozessor, dem Sony in der Alpha 99 II noch ein „Front End LSI“ zur Seite stellt, ein eigener Duo-Core-Prozessor. Dieses Prozessorgespann kümmert sich aber nicht nur um die Aufbereitung der Bilddaten, es ist unter anderem auch für die Steuerung des Autofokus zuständig.

Ein Problem hat Sony inzwischen gut gelöst: Bis zu einer Serienbildrate von 8 fps zeigt der elektronische Sucher der Alpha 99 II ein Live-Bild, es kommt nur noch zu einer kaum wahrnehmbaren Dunkelphase zwischen den Aufnahmen. Das sieht ganz ähnlich aus wie bei der Alpha 6300, bei der ich mich bereits ausführlich mit der Sucherbilddarstellung befasst habe.

Autofokus

Bei der Alpha 99 II basiert das AF-System auf zwei Komponenten. Zum einen gibt es einen klassischen Phasenvergleich-AF mit 79 Messzellen, der oben im Sucherbuckel sitzt. Hinzu kommen spezielle 399 Phasen-AF-Sensoren direkt auf dem Bildwandler. Diese beiden System kombiniert die Alpha 99 II nun trickreich zum sogenannten „Hybrid Phasen AF“, der in Summe aus 399 Messzellen und 79 Kreuzsensoren besteht.

So funktioniert der „Hybrid Phasen AF“:

79 Phasen-AF-Sensoren

A99 II PhasenAF

Das dedizierte Phasen-AF-Modul der Alpha 99 II besteht aus 79 Sensoren. Davon sind 15 als Kreuzsensoren ausgeführt (in der Grafik dunkel dargestellt), die übrigen als horizontale Liniensensoren. Der zentrale AF-Sensor ist besonders lichtempfindlich bis zu einem Lichtwert von -4 EV.

399 AF-Zellen auf dem Sensor

A99 II On-Sensor-Phasen-AF

Auf dem Bildsensor der Alpha 99 II befinden sich 399 Phasen-AF-Zellen. Sie sind in der Vertikalen empfindlich und decken ca. 80 Prozent des Bildbereichs ab.

79 Hybrid-AF-Sensoren

A99 II Hybrid AF

Beide AF-System kombiniert die Alpha 99 II zum “Hybrid Phasen AF” (in der Grafik blau dargestellt) mit 79 Kreuz- und 320 Liniensensoren. Dunkelblau: die dedizierten Kreuzsensoren des AF-Moduls.

Theoretisch sollten diesem System Probleme wie Back- oder Frontfokus unbekannt sein – die Entfernung wird ja direkt ab Sensorebene gemessen und eingestellt. Offenbar funktioniert der „Hybrid Phasen AF“ aber nicht mit jedem Objektiv, dann übernimmt das reine Phasen-AF-Modul alleine die Fokussteuerung. Sollte die – vor allem der immensen Bildauflösung – nicht exakt genug arbeiten, gibt es die Möglichkeit, seine Objektive manuell zu kalibrieren – neu bei der Alpha 99 II übrigens auch für die Bildecken. Diese Option dürfte vor allem für ältere Objektive interessant, die noch nicht über einen eigenen Fokusantrieb verfügen, sondern per Kardanwelle (die sogenannten „Minolta-Stange“) mit einem Motor in der Kamera fokussiert werden.

Die Einbeziehung des Sensors in die AF-Steuerung bietet noch einen weiteren Vorteil, zumindest theoretisch: Die Alpha 99 II kann fortwährend Bildinhalte analysieren und den Fokus sicher auf einem einmal erfassten Motivteil halten. Dazu sollte sich das Action-Motiv aber möglichst nicht aus dem Bereich bewegen, der durch die dedizierten Phasen-AF-Sensoren abgedeckt wird. Zumindest hat die mir überlassene Alpha 99 II nur in dieser Zone fokussiert.

Hauptmotiv innerhalb des Phasen-AF-Bereichs

Sony Alpha 99 II AF-Test

Hier befindet sich das Hauptmotiv in der Kernzone des AF, die durch 79 dedizierte Phasen-AF-Sensoren gebildet wird. Es wird schnell erfasst, die Alpha 99 II führt den Autofokus blitzschnell nach, wenn sich das Action-Motiv bewegt.

Hauptmotiv außerhalb des Phasen-AF-Bereichs

Sony Alpha 99 II AF-Test

Verlässt das Hauptmotiv wie hier die zentrale AF-Zone, stellt die Alpha 99 II auch schon einmal auf den Studiohintergrund scharf. Inwiefern dieses Verhalten auf die Konfiguration meiner Testkamera zurückzuführen ist, kann ich noch nicht sagen.

Bei der Kamera, die mir Sony auf der photokina in die Hand gedrückt hat, funktionierte das auf den ersten Blick ganz gut. Auf den ersten Blick deshalb, weil die Klappe für das Speicherkartenfach zugeklebt war – ich habe also keine Möglichkeit auszuzählen, bei wie viel Aufnahmen mehrerer Serien der Fokus wirklich exakt sitzt. Dabei war das Szenario, das Sony aufgebaut hatte, durchaus anspruchsvoll: durcheinander wirbelnde Tanzpaare, bei denen sich immer wieder ein Tänzer vor den anderen schob. Da fanden sich dann doch einige Aufnahmen unter den Reihen, bei dem der AF ganz offensichtlich daneben lag. Ob das nun am ansprechenden Set lag, das präsentierte Vorserienmodell da noch Raum für Verbesserungen lässt, oder der Autofokus der Alpha 99 II doch nur ein Papiertiger ist, lässt sich jetzt nicht mit letzter Bestimmtheit sagen.

Bildstabilisator

Wie schon ihr Vorgängerinnen ist auch die Alpha 99 mit einem Sensor-basiertem Bildstabilisator ausgestattet. Dessen Funktion hat Sony jetzt indes deutlich erweitert: Er kann nicht nur horizontales und vertikales Verschieben (Shift) ausgleichen, sondern auch Kippbewegungen um alle drei Achsen (Roll, Pitch und Yaw). Das funktioniert mit praktisch jedem angesetztem Objektive, auf einen optischen Bildstabilisator können die A-Mount-Objektive daher verzichten.

Sony gibt an, dass der sogenannte „5 Axis SteadyShot“ um bis zu 4,5mal längere Belichtungszeiten aus der Hand ermöglicht. Und das, obwohl die Alpha 99 II mit 42,4 Megapixel sehr hoch auflöst. Ob’s stimmt, kann ich leider nicht sagen, denn das Speicherkartenfach der Testkamera war … .

Weitere Neuerungen

Sony hat mit der Alpha 99 II eine Reihe weiterer Neuerungen eingeführt, die es so im Alpha-System noch nicht gab. Vor allem bei der Belichtungsmessung und -steuerung bietet sie interessante, bislang zum Teil schmerzlich vermisste neue Funktionen.

Die wohl wichtigste: Endlich ist es auch bei einer Sony-Kamera möglich, das Spotmessfeld an das aktive Fokusfeld zu koppeln. Zudem stellt die Alpha 99 II zwei Größen für das Spotmessfeld zur Wahl.

Eine weitere Innovation bei Sony: Die Alpha 99 II erlaubt es erstmals, den Belichtungsmesser generell um bis zu ±1 EV zu übersteuern – sehr feinfühlig in 1/6 EV-Schritten. Da Sony-Kameras für meinen Geschmack eher konservativ belichten, eine interessante Option, die oftmals den Griff zur Belichtungskorrektur ersparen könnte.

Zudem führt Sony mit der Alpha 99 II zwei weitere Messmethoden ein: Einen „Highlight“-Modus, der über das gesamte Bildfeld auf die Lichter belichtet und so ausfressende Lichter vermeidet. Und einen neuen „Durchnittsmodus“, der Änderungen des Bildausschnitts nicht mit einer sprunghaften Änderung der automatischen Belichtung beantwortet.

Den Weißabgleich hat Sony bei der Alpha 99 II ebenfalls verbessert: Zum einen kann die Automatik nun auf Wunsch des Fotografen den Charakter des Umgebungslichts wahren. Und zum anderen lässt sich der Weißabgleich-Automatik noch feiner übersteuern.

Das sind alles Neuerungen, die sich so mancher Sony-Fotograf auch für seine Kamera wünschen würde – ein Firmware-Update sollte es eigentlich möglich machen. Ob es das für die Alpha 7R II oder Alpha 7 II geben wird, habe ich Yosuke Aoki, Vize-Präsident von Sony Europe, gefragt. Herr Aoki ließ die Frage offen, noch ist also alles möglich.

Nicht alle Alpha-Fotografen werden es dagegen begrüßen, dass Sony bei der Alpha 99 II den GPS-Empfänger wegrationalisiert hat. Sony setzt nun auf die Synchronisation der Ortskoordinaten mit einem Smartphone, mit ihm tauscht die Alpha 99 II Daten besonders energiesparend via Bluetooth LE aus.

Video

Die Video-Qualitäten übernimmt die Alpha 99 II im Wesentlichen von ihrer Cousine Alpha 7R II, mit der sie sich auch den 42-Megapixel-Sensor teilt. Zu ihren Vorzügen zählt, dass sie bei Video-Aufnahmen den kompletten Sensor ausliest – ausführlicher vorgestellt habe ich das in meiner Besprechung der Alpha 7R II.

Neu ist bei der Alpha 99 II eine Möglichkeit, die mich schon vor Jahren an einer Panasonic-Kamera begeistert hat: Aus den Videos lassen sich einzelne Aufnahmen extrahieren. Bei 4K-Videos ergibt das Standbilder mit immerhin rund 8 Megapixel.

Bildqualität

Habe ich es bereits erwähnt? Sony hat die Speicherkartenfächer der auf der photokina präsentierten Testkameras verrammelt. Ich konnte also kein einzige Bilddatei mitbringen und mir näher ansehen. Schade, denn das Potenzial für eine hervorragende Bildqualität bringt die Alpha 99 II sicherlich mit.

Ihr 42-Megapixel-Vollformat-Sensor hat bereits in der Alpha 7R II begeistert. Allerdings hat ihm Sony in der Alpha 99 II eine schwere Bürde auferlegt: die semi-transparente Spiegelfolie, die einen kleinen Teil des Lichts zum AF-Modul abzweigt. Auf Sensorebene bedeutet das letztendlich einen Lichtverlust von etwa 0,5 EV.

Anderseits verabschiedet sich Sony mit der Alpha 99 II davon, RAW-Dateien mit einer Wortbreite von nur 12 Bit zu speichern. Bei ihr landen die RAW-Dateien immer mit einer Bittiefe von 14 Bit auf der Speicherkarte – wahlweise komprimiert oder unkomprimiert. Theoretisch lässt sich damit ein Dynamikumfang entsprechend 14 Blendenstufen reproduzieren – so Kamera und Objektiv ihn auch erfassen können.

Ein hochauflösender Sensor wie der der Alpha 99 II giert nach Objektiven, die mithalten können. Für das E-Bajonett hat Sony erst kürzlich mit der GM-Serie eine neue Objektiv-Familie aufgelegt, die auch Sensoren mit noch mehr als die aktuellen 42,4 Megapixel bedienen können. Und wie sieht es mit Objektiven für die Alpha 99 II mit A-Bajonett aus?

Aktuell gibt es von Sony keine Pläne, neue A-Mount-Objektive äquivalent zur GM-Serie herauszubringen. Das ließ Kimio Maki, Senior General Manager Digital Imaging Business Group bei Sony, am Rande der photokina verlauten. Die Alpha 99 II wendet sich eben in erster Linie an Fotografen, die bereits mit A-Mount-Objektiven ausgestattet sind. Ältere Objektive solle man an der Alpha 99 II notfalls um eine Stufe abblenden, empfiehlt Sony.

Letztlich muss derzeit die Frage offen bleiben, ob beziehungsweise wie weit A-Mount-Objektive das Potential ausreizen können, das im Sensor der Alpha 99 II steckt.

Mein vorläufiges Fazit

Mit der Alpha 99 II hat Sony eine faustdicke Überraschung auf der photokina präsentiert – ein klares Bekenntnis zum A-Bajonett. In letzter Zeit war es derart still um das A-Bajonett geworden, dass so manche Branchenkenner bereits dessen Totenglöckchen läuten hörte. Dabei liefert Sony mit der Alpha 99 II keineswegs eine „Alibi“-Kamera ab, vielmehr ist sie derzeit das wohl beste Pferd im Stall von Sony.

Bei allen technischen Neuerungen, mit denen die Alpha 99 II aufhorchen lässt: Die größte Überraschung war für mich ihr Preis. 3.600 Euro sind zwar alles andere als ein Pappenstiel. Aber damit kostet die Alpha 99 II „nur“ exakt so viel wie die spiegellose Alpha 7R II mit identischer Auflösung. Angesichts des deutlich größeren Funktionsumfangs der Alpha 99 II bietet sie damit eindeutig mehr fürs Geld. Gar nicht davon zu reden, dass die Alpha 99 II ihren spiegellosen Cousinen in Sachen AF-Leistung und Serienbildgeschwindigkeit ganz klar davon eilt.

Alpha 99 II

Sony Alpha 99 II

Eine sehr hohe Serienbildrate, gepaart mit 42 Megapixel und einem (zumindest auf dem Papier) entsprechend leistungsfähigen Autofokus – da kann die Alpha 7R II nicht mithalten. Fortschrittlicher ist die Alpha 99 II auch beim Funktionsumfang, insbesondere bei Belichtungsmessung und -steuerung. Zudem bietet sie das umfangreichere Objektiv-Angebot des Sony-A-Mount, das allerdings technisch nicht ganz auf dem Stand der jüngsten Top-Objektive für das E-Bajonett ist. Nicht nur deshalb dürfte die Alpha 99 II bei der Bildqualität etwas ins Hintertreffen geraten, sondern auch weil ihr SLT-Konzept die Lichtausbeute auf dem Sensor leicht einschränkt. Dennoch: Gemessen am Funktionsumfang und der Leistung bietet die Alpha 99 II zum selben Preis der Alpha 7R II mehr fürs Geld.

Alpha 7R II

Sony Alpha 7R II

Die Alpha 7R II kostet nach der jüngsten Preiserhöhung ebenfalls 3.600 Euro. Sie ist die deutlich kompaktere Kamera mit 42-Megapixel-Sensor. Bei der Bildqualität dürfte sie gegenüber der Alpha 99 II die Nase leicht vorn haben: Sie verzichtet auf einen lichtschluckenden Strahlenteiler, zudem hat Sony erst kürzlich mit der GM-Serie neue TOP-Objektive vorgestellt, die es nur für E-Mount gibt. Insgesamt ist die Objektivauswahl für das E-Bajonett aber deutlich kleiner. Beim Funktionsumfang sowie bei AF- und Serienbildleistung hat die Alpha 7R II klar das Nachsehen. Doch wer weiß: vielleicht bessert Sony ja hier per Firmware-Updaten nach? Unterm Strich bekommt man mit der Alpha 7R II weniger fürs Geld als mit der Alpha 99 II. Puristen, für die alleine die Bildqualität zählt, werden sie dennoch der Alpha 99 II vorziehen.

Sony hat mehrfach betont, dass sich die Alpha 99 II in erster Linie an Besitzer von A-Mount-Kameras und -Objektive wendet. Warum denn so bescheiden, Sony? Für mich könnte sich die Alpha 99 II durchaus zur Alternative einer Canon EOS 5D IV (rund 4.050 Euro) oder Nikon D810 (Straßenpreis bereits unter 3.000 Euro) entwickeln. Beiden hat sie die höhere Auflösung und die schnelleren Reihenaufnahmen voraus – um nur die wichtigsten Vorteile zu nennen. Wer sich allerdings partout nicht mit einem elektronischen Sucher anfreunden kann, wird an der Alpha 99 II keinen Gefallen finden.

PRO

  • Leichtes, kompaktes Gehäuse
  • Einfach zu bedienen (aber kein individuelles Menü konfigurierbar)
  • Sehr hohe Auflösung und Serienbildrate
  • Integrierter Bildstabilisator

CONTRA

  • Eingeschränkte Akkulaufzeit (ca. 390 Aufnahmen nach CIPA)
  • Etwas kleine Objektivauswahl
  • Nachführ-Autofokus bei Testkamera auf zentrale Phasen-AF-Sensoren beschränkt