Einen „heißen Herbst“ mit etlichen Neuheiten der Kamerahersteller hatten wir unseren Lesern vor ein paar Tagen prognostiziert. Runde Eins haben nun also Canon und Nikon eingeläutet, gleich mit je zwei Modellen legen die beiden Marktführer im Spiegelreflex-Geschäft vor:

Damit haben Canon und Nikon in diesem Jahr ihre Oberklasse komplett renoviert: Die EOS-1D Mark III kam bei Canon schon im Frühjahr, die neue EOS-1Ds Mark III steckt im gleichen Gehäuse und enthält weitgehend die gleiche Technik. „Nur“ der Sensor ist neu, mit 22 Millionen Bildpunkten greift Canon endgültig das digitale Mittelformat an. Und bemüht sich gleichzeitig, sein Objektivprogramm auf den neusten Stand zu bringen, denn spätestens der Aufnahmechip der 1Ds Mark III dürfte die Grenzen eines jeden Objektivs aus dem Canon-Sortiment aufzeigen. Für diesen CMOS-Bildwandler hat Canon auch in einem weiteren Modell Verwendung: Deutlich kleiner, mit 45 Prozent der Fläche des Kleinbilds, steckt er in der neuen EOS 40D.

Die D3 ist Nikons Antwort auf die High-Speed-EOS 1D Mark III. Sie hat Nikon klar zu Gunsten einer hohen Serienbildgeschwindigkeit optimiert, Platz für ein noch höher auflösendes Modell – analog zur 1Ds Mark III – bleibt. Interessant wird die D3, wie erste Berichte zu bestätigen scheinen, aber auch für Anwender, die keine Bildfrequenzen von neun Bildern pro Sekunde oder mehr benötigen: Der größere Sensor im sogenannten FX-Format verspricht höheren Dynamikumfang und rauscharme Bildergebnisse bei hoher Empfindlichkeitseinstellung.

Der Nutzer der D2X oder D2Xs, der die leichteren, kompakteren oder preiswerteren Objektive des kleineren DX-Format zu schätzen gelernt hat oder mit seinen Kleinbild-Teleobjektiven den engeren Bildwinkel der Halbformatkamera nutzt, um vom Spielfeldrand das Sportgeschehen noch näher ranzuholen, dürfte vom neuen FX-Format in alter Kleinbild-Tradition nicht unbedingt begeistert sein: Zwar lassen sich die DX-Objektive weiternutzen – und die hohe Serienbildfrequenz der D3 steigt nochmals um zwei weitere Bilder pro Sekunde, bei der Nutzung nur der halben Sensorgröße schrumpft die Auflösung aber auf fünf Millionen Bildpunkte. Immerhin mehr als bei der D2H, dagegen deutlich weniger Pixel, als der DX-Sensor der D2X auflösen kann. Aber Nikon hat ja bald die D300 im Programm:

Mit zwölf Millionen Pixeln bei acht Bildern pro Sekunde (mit Multifunktionshandgriff MB-D10 und Akku EN-EL4a) stellt Nikons D300 mehr oder weniger die Nachfolgerin der D2X dar (sogar der Akku passt), und Nikon hat ihr z.B. mit dem neuen Autofokus-Modul, dem Drei-Zoll-Bildschirm oder dem EXPEED getauften Bildprozessor eine Menge Technik spendiert, die auch in der D3 zum Einsatz kommt. Während die Vorgängerin D100 noch in einem eher preiswerten Gehäuse steckte, positioniert Nikon die D300 – ganz in der Tradition der analogen Ahnin F100 – als Werkzeug auch für Berufsfotografen und hat ihr zum Beispiel auch einen Sucher mit 100-Prozent-Bildabdeckung verpasst.

Die Canon EOS 40D und die Nikon D300, nahezu zeitgleich vorgestellt, enthalten, was bei der Entwicklung der Top-Modelle der jeweiligen Hersteller „abgefallen“ ist: Nicht das derzeit technisch Machbare, dafür aber solide Technik wurde verbaut, wenn denn die Kameras halten, was die Hersteller versprechen; und das zu interessanten Preisen von rund 1300 Euro (Canon) beziehungsweise 1830 Euro (Nikon). Die Nikon bietet, den technischen Daten der Hersteller zufolge, zwar Vorteile gegenüber der EOS 40D, kostet aber eben auch mehr. So können die Anwender der D300 auf das beste AF-Modul des Hauses zugreifen, das Nikon „Multi-CAM 3500“ getauft hat, während Canons 45-Messfeld-Autofokus der EOS-1D und -1Ds vorbehalten bleibt.

Nach den Kameras des Four-Thirds-Systems hält die Live-Bild-Anzeige nun auch bei Nikon und Canon endgültig Einzug, die Hersteller beschränken sich nicht mehr darauf, das durch den Bildwandler aufgenommene Bild auf die Speicherkarten zu schieben, ihnen gelingt es nun, die Sensoren zwecks Live-View ständig auszulesen. Canon liefert hier dank der höheren Bildwiederholfrequenz das ruhigere Bild, das auf dem großen, allerdings nur mäßig auflösenden Display landet. Nikon punktet mit einer Bildschirmauflösung von fast einem Megapixel und kann den CMOS-Sensor auch zur Autofokusfunktion zweckentfremden. Der scharfzustellende Bereich lässt sich bei Stativaufnahmen beliebig platzieren, der Spiegelschlag der Canon- oder Olympus-Kameras zur Zuschaltung des Autofokus’ kann so bei den Nikon-Kameras entfallen.

Canon und Nikon haben vorgelegt, mindestens Sony, Olympus und Panasonic wollen noch in diesem Jahr nachziehen. Während das Panasonic-Management bekundete, sich niedrigeren Preisregionen widmen zu wollen, werden Sony die nächste Alpha und Olympus die E-P1 als Alternative zur D300 und 40D zu platzieren versuchen. Erste Bilder von der nächsten Panasonic-Lumix wurden bereits gesichtet, der Hersteller dürfte die Kamera wohl Anfang September offiziell vorstellen. Dann gibt es aller Voraussicht nach auch Handfestes zur nächsten Sony-Spiegelreflex, einen möglichen CMOS-Sensor für die neue Alpha, dem der D300 nicht unähnlich, stellte Sony ja schon vor ein paar Tagen zeitgleich mit der EOS 40D vor.

Rob Galbraith hat die D3 schon kurzzeitig testen können: Nikon unveils full-frame D3 digital SLR

(mts)