Interessantes verspricht der Herbst auch rund um das Four-Thirds-System: Olympus Profimodell EP-1 legt eine lange Startphase hin; im Herbst soll es aber soweit sein. Auch Panasonic hat was auf der Pfanne, und Leica wird sich dem wohl anschließen:
Olympus startete vor mehr als vier Jahren sein Four-Thirds-System mit der E-1 und dem Anspruch, auch bei professionellen Fotografen Fuß zu fassen. Die warten jedoch seit langem auf Ersatz, Olympus verzichtete bisher darauf, die aus den preiswerteren Kameras bekannten Sensoren in das Gehäuse der E-1 zu verpflanzen. Mit der E-P1 als anscheinend komplette Neuentwicklung steht das Topmodell nun endlich in den Startlöchern, wird sich jedoch eher an der gehobenen Mittelklasse wie den Nachfolgern der Canon EOS 30D oder Nikon D200 als an den teuersten EOS- und Nikon-Kameras messen lassen müssen.
Das Live-Bild des Sensors lässt sich über einen dreh- und kippbaren Monitor begutachten, der Bildstabilisator arbeitet, wie bei der E-510 auch, über Ausgleichsbewegungen des Aufnahmesensors. Im Vergleich zur E-1 soll es eine höhere Auflösung von jetzt rund 10 Millionen Pixeln und ein verbessertes Rauschverhalten, eine genauere Belichtungsmessung, einen schnelleren Verschluss (bis 1/8000 Sekunde, Blitzsynchronzeit 1/250) und eine höhere Serienbildgeschwindigkeit (fünf Bilder/Sekunde) geben. Und mittels des eingebauten Blitzgerätes sollen sich – erstmals bei Olympus – externe Blitzgeräte drahtlos steuern lassen (in bis zu drei verschiedenen Gruppen). Die Neue soll wieder gegen Staub und Feuchtigkeit abgedichtet sein, Staub auf dem CMOS-Sensor will man wie gewohnt mittels Ultraschallreinigung zu Leibe rücken. Der Autofokus arbeitet – ebenfalls ein Novum bei Olympus – mit elf verschiedenen, allesamt als Kreuzsensoren ausgelegten, Messfeldern. Für den optischen Sucher verspricht Olympus eine Abdeckung von 100 Prozent des Bildes bei einer Vergrößerung von 1,15.
Wie Pentax gewährt auch Olympus mit einer Roadmap (PDF-Datei) einen Ausblick auf sein zukünftiges Objektivprogramm. Und will dieser Straßenkarte zu Folge noch in diesem Jahr die ersten beiden SWD-Objektive 2,8-4/12-60 und 2,8-3,5/50-200 auf den Markt bringen, die dann wohl gemeinsam mit einem Zweifach-Telekonverter und der E-P1 vorgestellt werden dürften. Gleichzeitig befindet sich das Telezoom 4-5,6/70-300 in Vorbereitung, dessen optischer Aufbau seine Verwandtschaft mit Sigmas entsprechender Version nicht leugnen kann. Für 2008 verspricht Olympus dann ein 2,0/14-35 SWD, ein 100-Millimeter-Makro-Objektiv sowie ein Weitwinkel-Zoom im Brennweitenbereich von etwa 8-18 mm.
Die E-P1 soll bis zum November in den Handel kommen. Bis dahin dürften dann auch die beiden Blitzgeräte FL36R und FL-50R fertig sein, die die bisherigen Modelle um Möglichkeit der drahtlosen Steuerung erweitern. Ob man die Neuheiten für das E-System schon zur IFA offiziell vorstellt, scheint fraglich. Wahrscheinlich gibt es in Berlin zunächst nur ein paar neue Kompaktkameras.
Dass Panasonic noch in diesem Jahr eine preiswertere Alternative zur Lumix L1 präsentieren will, ist kein Geheimnis mehr. In Händlerkreisen wird gleich von zwei preiswerteren Gehäusen gemunkelt. Einsparpotential gibt es auf jeden Fall beim Leica-Objektiv, um den Preis eines Einsteiger-Sets auf das Niveau einer EOS 400D zu drücken: L1 und Objektiv gibt es derzeit gemeinsam für rund 1500 Euro, das Objektiv selbst, so man es denn einzeln bekommt, für stolze 1200 Euro. Mit einem der üblichen 100-Euro-Setobjektive könnte Panasonic so den Preis drastisch senken, mit einem weniger aufwendigen Bedienkonzept der L1 (weniger Taster und Schieber) die Produktionskosten verringern. Es stellt sich jedoch die Frage, ob Panasonic weiter auf die an Messsucherkameras erinnernde Gehäuseform setzt (die L1 entstammt einer Kooperation mit Olympus, das Konzept des Porro-Spiegelsuchers scheint man dort erstmal begraben zu haben), oder eine Neuentwicklung auf Basis der E-400 vorstellt? Warten wir ab, was die Zusammenarbeit mit Olympus so hergibt. Ichiro Kitao, Lumix-Produkt-Manager, hatte im März 2007 eine Auflösung von mindesten 10 Millionen Pixeln, Live-View-Bildvorschau, einen Bildstabilisator, Sensorreinigung und ein Objektiv mit Leica-Aufdruck angekündigt. Die neuen Lumix-SLRs dürften zur IFA oder kurz danach das Licht der Welt erblicken.
Mit dem Zuwachs bei Panasonic stünde dann auch bei Leica Nachwuchs ins Haus, denn Leica wird mit ein paar Monaten Verzögerung ins Four-Thirds-Sortiment aufnehmen, was Kooperationspartner Panasonic so liefern kann. Wahrscheinlich wird also auch Leica sein D-System mit einer geringfügig veränderten Panasonic-Kamera ergänzen, aber wohl nicht mehr vor Weihnachten. Noch erheblich länger werden sich die Anwender von Leicas R-System gedulden müssen. Die Zusammenarbeit mit Imacon, der das Digital-Modul-R entstammte, scheint beendet: Ende 2004 erschien die digital aufzeichnende Rückwand zur Leica R8 und Leica R9, 2005 wurde Imacon von Hasselblad übernommen, inzwischen hat Leica das Modul R eingestellt. Eine Neuauflage scheint nicht in Planung, als Behelfslösung bietet Leica Adapter für das Four-Thirds-Bajonett an und verkauft Nature Sets aus R-Objektiven und der Four-Thirds-Kamera Digilux 3.
Und auch die Produktion der Leica R9 ruht (Aufsichtsratsvorsitzender Andreas Kaufmann: Die R9 ist eigentlich zur Zeit eingestellt.). Gleichzeitig vertröstet Leica-Chef Lee (Wir arbeiten hart daran, ein durch und durch stimmiges Produkt zu definieren) die Leica-R-Nutzer (die loyalsten Leica-Fans überhaupt laut einem Interview in LFI 4/2007) und bittet um Geduld. Ein Leica-Chef, der kurzfristig eine neue Kamera für das allerbeste Kleinbildspiegelreflexsystem vorstellen könnte, hört sich anders an. Und so werden bis zum Neustart des R-Systems mit einer nach Lees Planungen kompakteren, ausschließlich digital aufzeichnenden Autofokuskamera noch etliche Monate vergehen. Kurz und mittelfristig wahrscheinlicher ist – neben dem Engagement im Four-Thirds-Bereich – der Ausbau des M-Systems, Leib und Seele des Unternehmens Leica. Mehr Kameras, mehr Objektive, verspricht der oberste Leicaianer, der dem M-System auch andere Preisregionen erschließen will. Der Anfang ist mit der neuen Summarit-Objektiv-Reihe bereits gemacht.
Siehe auch:
Ein heißer Herbst; Teil 1 (Canon)
Ein heißer Herbst; Teil 2 (Nikon und Pentax)
Morgen früh wissen wir dann einiges zu Sony zu vermuten.
(mts)
Gell, thoMas, …
… Dir ist fad !?
Vielen Dank
… für die umfassenden Prognosen und Zusammenfassungen der bisher bekannten Fakten und Vermutungen. Und nicht von den ewigen Nörglern und Besserwissern entmutigen lassen.
Entmutigend …
… finde ich vor allem, wo ich das “allerbeste Kleinbildsystem” in den Händen hoffnungsloser, dafür aber mit zuviel Geld ausgestatteter Nostalgiker weiß, die noch heute die SLR-Entwicklung für einen bedauerlichen Fehler der Geschichte halten. Wogegen die eher singuläre Meinung eines ehemaligen Vorstandvorsitzenden des nämlichen Unternehmens, die Digitalfotografie wäre ohnehin nur eine schnell vorübergehende Episode in der Geschichte der Fotografie, geradezu drollig anmutete. Allerdings fürchte ich, dass sich mit der Summe solcher und ähnlicher Statements auch kaum besser die Verfasstheit Leicas auf den Punkt bringen läßt. Zumindest mehr, als sich damit Leica wieder den Rang erobern könnte, der ihnen ihrer Selbsteinschätzung nach gebührt (wobei ich mich auf’s querverwiesene Kaufmann-Interview beziehe). Außer, es wäre eine große Fußnote in der Enzyklopädie der Fotografie damit gemeint …
Kommentare Olympus E-P1 und Leica R10 (und Panasonic)
Zitat: “Und so werden bis zum Neustart des R-Systems mit einer nach Lees Planungen kompakteren, ausschließlich digital aufzeichnenden Autofokuskamera noch etliche Monate vergehen”
Wenn man bei Leica noch nicht mal angefangen hat mit der R10, wird es wohl noch mindestens zwei Jahre dauern bis zur Serienreife. Dies gilt besonders für die Autofokus-Objektive. Das wird selbst für loyale R-Nutzer eine Belastung werden. Dann aber sollte es nun sicher Vollformat sein, weil sonst Systembrüche drohen (Welches Format sollen die neuen Objektive auszeichnen, doch wohl 24×36 im Hinblick auf die Zukunft. Damit hat die R9 entweder das normale KB-Format oder sie wird zum teuren Übergangsmodell). Die Preise für ein gut ausgestattetes System sehe ich in Richtung Hasselblad H3 laufen, da die Autofocus-Objektive zunächst keine hohen Stückzahlen erreichen werden.
Von den reinen Spezifikationsdaten ist die Olympus E-P1 nichts besonderes und konkurriert mit den Mittelklassemodellen der anderen Hersteller. Aber warten wir erst mal ab. Das 4:3-Konzept ist sicher schlüssig umgesetzt worden bei der E410 und der E510. Bei einem Profimodell würde man schon ein bischen mehr erwarten. Dort gibt es ernste Systemgrenzen. Sicher wird auch die E-P1 eine Nische finden, sicher aber auch eine weniger Lukrative.
Das Spiegelsucherkonzept der L1 (E330) ist nicht schlecht und erinnert an die Olympus PEN-Modelle. Leider möchten die Kunden Kameras mit Prismenkopf, sonst sehen die Dinger ja nicht aus wie ‘ne SLR. Darauf muss man halt Rücksicht nehmen.
Gruss rh
Spiegelsucher a la L1 …
… sind Beispiele dafür, dass gut gemeint das Gegenteil von richtig gut ist: Wer sich einem solchen, durchaus interessanten Sucherkonzept verschreibt, müßte wohl auch den nötigen (optischen) Aufwand treiben, damit das Ding auch überzeugend rüberkommt. Dass ein Viertel der Kleibild-Fläche aber auch jene physikalische Einschränkung hinsichtlich der Lichtmenge mit sich bringt, die Verfechter kleiner(er) Sensoren nicht wahrhaben wollen, will aber auch nicht unerwähnt bleiben …
Und natürlich sollte eine Leica-SLR – noch lange vor einem AF – auch beim Chip dem Kleinbildformat huldigen: Nicht nur, weil’s Leica eigentlich dem eigenen Namen schuldig ist, sondern weil man gerade bei dieser Firma sich nur mit dem Besten – hier profitiert eben auch der Sucher, die Detailauflösung und der Schärfe-Unschärfe-Verlauf davon – zufriedengeben darf. Der Preis ist hier zweitrangig. Oder möchte jemand z.B. vielleicht eine Billig-Rolex? Und wenn nein, warum wohl nicht? – Ansonsten man lieber Geld sparen, und die Solmser dem verbisterten Ernst der Sammler überlassen sollte …