Foto Karen Stuke. Labatut„Untitled“, ohne Titel, so heißen viele Exponate aktueller Fotokunst. Was man verstehen kann: Einer Fotografie einen Titel zu geben, ist nicht eben einfach. Einen spannenden Titel zu finden, sogar ganz schön schwer:

 
 

Foto Simon Menner  Foto Juliane Duda

Simon Menner: ch60 / nameless streets, 2005, C-Print. 110×135 cm / Juliane Duda: An der Oder, 2004, Ilfochrom Print. 60×76 cm

 
So lautet denn auch eine Ausstellung im Berliner berg19. raum für fotografie ganz einfach „space untitled“. Zu sehen sind bis zum 21. Februar Arbeiten von Juliane Duda und Simon Menner. Sie zeigen uns – oft in zentraler Perspektive – Namenloses: Orte und Plätze am Rande der Gesellschaft.

Auf eine andere Art „am Rande“ sind jene Menschen, die Anders Petersen in seiner Serie „Café Lehmitz“ vorstellt – bis zum 1. März zu sehen in den Nordischen Botschaften, ebenfalls in Berlin. Der gerade mit dem Dr.-Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie ausgezeichnete Stockholmer Fotograf porträtierte 1978 eben jenes „Café Lehmitz“, eine Bierkneipe auf der Reeperbahn. Seine vor allem an Robert Frank geschulten Porträts von Prostituierten, Zuhältern und Kleinkriminellen sind von einer ungewöhnlich intensiven Wucht. Zu recht gilt „Café Lehmitz“, 1978 erschienen, als Fotobuch-Klassiker.
 

Foto Karen Stuke. Labatut

Karen Stuke. Labatut. Aus der Reihe „sleeping sister“. Pigmentprint auf Photo Rag, 2005 (2/6)

 
Eine andere Ausstellung in Berlin führt die Schönheiten der Nacht vor Augen. „Nachtleben“ zeigt bis zum 7. März in der Galerie Degenhartt Arbeiten von Anne Kathrin Greiner und Karen Stuke. Die Galerie-Macher: „Ein besonderer Reiz zeichnet die Nacht aus. Mit Einbruch der Dunkelheit erleben wir einen neuen, anderen Raum, in dem die Grenzen zwischen Wahrnehmung und Sinnentrug verschwimmen, tauchen ein in eine Welt voll bedrohlicher Wahrnehmungen, ungreifbarer Gefahren und einer tief in uns liegenden Verängstigung. Dennoch fasziniert uns die Nacht mit ihren geschärften Hörwahrnehmungen, mit all ihrer Tiefe und Undurchdringlichkeit. Drei nächtliche Räume, die diese Phänomene zeigen und in deren Bildern das weitestgehend abwesende Leben imaginiert werden kann, zeigt die Ausstellung „Nachtleben“. Ungewöhnlich, aber folgerichtig, ist die Ausstellung nur bei Nacht, von 19 bis 24 Uhr geöffnet.“

„Tattoo“, so der schlichte Titel einer Schau, die in der Teutloff Photo + Video Collection in Bielefeld bis zum 30. April Arbeiten von Künstlern und Künstlerinnen wie Daniele Buetti, Robert Doisneau, Valie Export, Robert Mapplethorpe, Richard Prince und Wolfgang Tillmans zum Thema „Tätowierung“ versammelt. Kuratiert hat Peter Weibel vom Karlsruher ZKM.
 

Mr. Anderson and son; Foto John Szarkowski

John Szarkowski: Mr. Anderson and son, near Sandstone, Minnesota, 1957; gelatin silver print; private collection; © Estate of John Szarkowski

 
Eine Schau des San Francisco Museum of Modern Art im Josef Albers Museum Quadrat in Bottrop erinnert an John Szarkowski. Bis 5. April kann man hier 60 Fotografien des 2007 verstorbenen Kurators für Fotografie am Museum of Modern Art in New York bewundern. Zur Ausstellung erscheint ein Buch zum Preis von 48 Euro.
 

Foto Paul Graham; aus der Serie „End of an Age“  Foto Paul Graham; aus der Serie „End of an Age“

Paul Graham: Fotografien aus der Serie „End of an Age“. 1996-98. © Paul Graham, 2008

 
„Fotografien 1981-2006“ von Paul Graham gibt es – ebenfalls bis zum 5. April – im Museum Folkwang in Essen zu sehen: die erste Retrospektive des britischen Fotografen in Deutschland. 145 Arbeiten werden ausgestellt, sehr typisch britische Bilder, die die große Kraft der sozialdokumentarischen Fotografie in England belegen. Eine sehr eindringliche Befragung der Lebenswirklichkeit, wie etwa die Serie „Beyond Caring“ zeigt – eine Bilderreihe über englische Arbeitsämter.

In Deutschland bisher noch wenig bekannt ist der 1927 in Zürich geborene Fotograf René Groebli, dessen Werk bis zum 28. Februar in der Hamburger aplanat Galerie für Fotografie ausgestellt wird. Ebenfalls in Hamburg, in der Galerie Robert Morat, gibt es bis zum 10. März die Polaroid-Serie „Der Garten“ von Arno Fischer zu sehen – eine Reihe von Polaroid-Triptychen, die über einen Zeitraum von 30 Jahren ausschließlich im Garten des Künstlers entstanden ist. Details und Stillleben eines Refugiums. (siehe auch: Foto-Frisch #01-09)

„Positionen“, so lautet der Titel einer Schau im Baden-Badener Kunstforum in St. Ingbert, die bis zum 31. März Schwarzweißfotografien von Benedikt Steinmetz und Mark Vogelgesang vorstellt. Die beiden Fotografen, die hier „Positionen“ beziehen, kennen sich schon lange. Erstmals haben sie 1979 zusammen ausgestellt – und die Konstanten ihrer Bildsprache sind ähnlich: Beide arbeiten mit klassischen Mitteln der Fotografie: Sie fotografieren Schwarzweiß, spielen mit Reduktionen und Abstraktionen. Abstraktion, Reduzierung bedeutet bei beiden Fotografen: Intensivierung. „Schwarzweiß sehen“ heißt hier das genaue Gegenteil davon, was der Volksmund sagt. Steinmetz und Vogelgesang nämlich, sehen zwischen Schwarz und Weiß unendlich viele Schattierungen.

(Marc Peschke)