Die Milliarden Fotos, die online verfügbar sind, etwa bei Flickr, können künftig für die dreidimensionale Rekonstruktion der Wirklichkeit genutzt werden:

Pressemeldung der Technischen Universität Darmstadt

02.11.2007

Neue Software für 3-D-Darstellung von Bauwerken

Darmstadt/Washington, 2.11.07. Die Milliarden Fotos, die im Web lagern, zum Beispiel bei Flickr, können zukünftig für die dreidimensionale Rekonstruktion der Wirklichkeit genutzt werden. Michael Goesele, seit 2007 Juniorprofessor für Graphisch Interaktive Systeme an der TU Darmstadt, stellte jetzt mit Forscherkollegen von der University of Washington und Microsoft Research die weltweit erste Software vor, die aus den unzähligen, im Web befindlichen Fotos eine dreidimensionale Abbildung der Welt rekonstruieren kann.

Benötigte man bis heute Stereokameras oder kostenintensives Lasergerät, um beispielsweise Notre Dame dreidimensional darzustellen, erreicht man ein nahezu vergleichbares Ergebnis mit der neu entwickelten und weitaus kostengünstigeren Software von Michael Goesele.

Als Grundlage der Forschung dienen Bilder aus dem Internet, zum Beispiel aus Flickr, eine der derzeit meist genutzten Websites. Die Seite bietet dem Benutzer die Möglichkeit, Fotos einzustellen und sie der Allgemeinheit zur Weiterverarbeitung anzubieten. Das immense Potential von Flickr liefert allein zum Stichwort Notre Dame Paris über 88.000 frei verfügbare Fotos der berühmten Kathedrale. Ausgewählt werden Fotos, die das Bauwerk aus verschiedenen Perspektiven zeigen. Ein an der University of Washington entwickeltes Tool errechnet daraus in einem „Structure from Motion“ genannten Verfahren den Standort der Fotografen, die Eigenschaften der verwendeten Kameras sowie die Grobstruktur des Objekts. Dies dient als Gerüst, um im zweiten Schritt ein detailliertes 3D-Modell zu errechnen.

Dom von Pisa (Goesele / TU Darmstadt)


Eine Entsprechung findet sich beim Sehvorgang des menschlichen Auges. Beide Augen erfassen denselben Punkt aus zwei verschiedenen Winkeln und nehmen auf diese Weise einen Gegenstand räumlich wahr. Die neue Software arbeitet mit erstaunlicher Genauigkeit. In einem Testlauf erstellte ein Computer aus 56 verschiedenen Fotos von acht Fotografen ein partielles 3D-Modell des Doms in Pisa, das einen durchschnittlichen Fehler von einem Viertel Prozent aufweist.

Aktuelles Projekt der Forschergruppe um Goesele: aus einer Million Fotos von Rom – sowohl Innen- als auch Außenwelten – arbeitet man einer virtuellen 3-D-Darstellung der Ewigen Stadt. Eine längerfristige Vision ist die detailgenaue Abbildung der gesamten Erdoberfläche. Die TU Darmstadt gehört in der Forschung zu diesem Bereich derzeit zur Weltspitze.

Zum Zukunftspotential dieser Software befragt, sagt Michael Goesele: „Das hier ist im Moment pure Grundlagenforschung. Sicher würden sich neben den Kollegen von Microsoft auch Unternehmen wie Google für die Technik interessieren“.

Weitere Informationen:
michael goesele’s homepage

(thoMas)