Die eigenen, als Kind angefertigten Fotografien sind Gegenstand eines ungewöhnlichen Fotobuchs. Der in Berlin lebende Künstler Christoph Burtscher hat seine „Frühen Fotografien“ gesichtet, neu zusammengestellt, mit alten Schulaufsätzen kombiniert und daraus ein faszinierendes Buch gemacht:
Schon das Buchcover überrascht. Ein Junge im gelben Schlafanzug macht ein Selbstporträt, fotografiert in einen Spiegel. Und weil es dunkel ist, blitzt es. Der helle Leuchtpunkt reflektiert im Glas und das Gesicht ist nicht mehr zu erkennen. Jeder Fotograf hat schon einmal so ein Bild gemacht, hat sich selbst im Spiegel gesehen, hat ausgelöst und sich dann über den Blitz geärgert. Oder sich gefreut, gewundert über das gleißend helle Licht.
Auch Christoph Burtscher hat so ein Bild gemacht. Es ziert sein Fotobuch „Mein Vater ist Chef“, das gerade erschienen ist. Dieses Buch ist etwas ganz Ungewöhnliches, weil es Fotografien mit Texten aus alten Schulaufsätzen kombiniert, Bilder und Texte, die der heute erwachsene Fotokünstler als Kind angefertigt hat. Über Jahre, Jahrzehnte lagerten sie in Mappen im Keller. Jetzt hat Burtscher die alten Schätze gesichtet, geordnet, neu zusammengestellt und zu einem Buch verdichtet. Es gehört zu den schönsten Veröffentlichungen dieses Jahres.
Das kleine, in Leinen gebundene Büchlein birgt Schätze der Schnappschussfotografie. Bilder, die zeigen, wie sich ein Kind mit einem Fotoapparat der Welt nähert. Seine Welt, das ist die Familie, die Schulfreunde, Ausflüge in die nähere Umgebung, Urlaube im Ausland eine Welt, die Burtscher als Kind mit großem Eifer fotografiert hat. Was diese Bilder zu etwas Besonderem macht, ist der unverstellte Blick auf den Alltag. Wir sehen „Papa morgens nach dem Aufstehen“ oder „Tante Linda abends vor dem Ausgehen“, beide aus dem Jahr 1976.
Noch früher und in Schwarzweiß hat der 1965 in Bludenz in Österreich geborene Burtscher seine „Ebinger Oma“ fotografiert oder auch „Tante Linde und Michi (Cousin)“, doch diese ganz frühen Bilder rühren noch nicht so stark an. Erst mit der Farbe zieht ein besonderer Stil, eine besondere Kraft in das Werk des Kinderfotografen ein. Lakonisch werden jetzt ganz einfache Tätigkeiten dargestellt: Wir sehen etwa wieder Tante Linde, Geld zählend oder die eigene Mutter in einem Taxi in London.
Immer betörender werden die Bilder nun. „Susi (Cousine) auf der Fähre von Calais nach Dover“ ist eine Fotografie, die man immer wieder anschauen möchte: das kleine Mädchen mit den roten Haaren, wie sie über die Reling blickt. Oder „Katharina fliegt“: ein Kind, das in der Luft zu schweben scheint. Im Hintergrund die Bludenzer Berge. Ein zärtliches Porträt hat Burtscher an einem Sonntag im Internat von seinem Freund Michael angefertigt, ein ganz und gar skurriles von dem sich kämmenden Cousin Walter. Seinen Cousin Michi zeigt er in einen grotesken schwarzen Mantel gehüllt allesamt Bilder, die man gerne lange betrachtet.
Was bedeutet es, wenn ein erwachsener Künstler seine Kinderbilder ordnet und neu zusammenstellt? Anton Holzer hat es in seinem Buchbeitrag auf den Punkt gebracht: „Er hebt in seinem Fotoprojekt ‘Mein Vater ist Chef’ die Trennung zwischen kindlicher und künstlerischer Wahrnehmung ein Stück weit auf, macht sie durchlässig. Und er beobachtet, was passiert, wenn Erinnerung und Kunst aneinander geraten.“
(Marc Peschke)
Künstler:
Christoph Burtscher
Buch:
Christoph Burtscher
Mein Vater ist Chef. Frühe Fotografien (bei amazon.de)
Gebunden. Deutsch. 112 Seiten
Verlag Fotohof
Salzburg 2009
ISBN 978-3-902675-20-0
25 Euro
Kann, nein MUSS…
…man wirklich alles veröffentlichen?
.. das ist noch lange nicht
.. das ist noch lange nicht alles!
Kann, nein MUSS…
…man wirklich alles kommentieren?
Mal nichts sagen.
Kann, nein muss man alles kommentieren?
Kann man Projekte und Kunstwerke, die einen nicht ansprechen, nicht einfach unkommentiert stehen lassen?
[quote=Gast]…man wirklich alles veröffentlichen?[/quote]
Stimmt…
…in diesem Fall war es wohl nicht wirklich notwendig.
Stilbruch
Erst so schöne Analog-Aufnahmen und zum Abschluss ein hässlicher HDR-Alptraum? http://www.ch-burtscher.de/jerusalem.html
Man kann machen was man will …
[quote=Gast]Kann, nein muss man alles kommentieren?
Kann man Projekte und Kunstwerke, die einen nicht ansprechen, nicht einfach unkommentiert stehen lassen?
[quote=Gast]…man wirklich alles veröffentlichen?[/quote]
[/quote]
Man kann scheinbar wirklich machen was man will,
es wird immer jemanden geben der das für Kunst hält,
hurtz.
: : :
“Immer betörender werden die Bilder nun.” das sagt doch schon alles.
….
Mein Gott… also langsam… unter jedem Photoscala Artikel der sich mit Fotografie weitergehend als nur auf einer Ebene von Technik, Optik und Verwandtem auseinandersetzt immer wieder das gleiche Genoergel, Gesabbel und Nasengeruempfe von Menschen die augenscheinlich keinerlei Bezug zum Medium als Solchem haben. Ein Buch wie die im Artikel beschriebene ist vom Ansatz selbstverstaendlich veroeffentlichungswuerdig und hier heisse Luft abzulassen ohne das Ding in die Hand genommen zu haben und festzustellen ob Layout, Editing etc. das Konzept tragen ist einfach nur kleinbuergerlich und verdient die khaki-farbene Fotoweste am Bande ersten Grades.
Das Wort “Künstler”…
…sollte neu definiert werden!
Es wirkt geradezu beängstigend, daß sich ein paar Spaßgesellschaftsmitglieder mit dem gleichen anspruchsvollen Titel versehen, wie wirkliche einmalige Könner auf ihrem Gebiet.
Was Sch**** ist,…
…ist eben Schnappschußfotografie. Ist doch ganz klar! Noch besser, wenn das Zeugs schon 30 Jahre auf dem Buckel hat. Gute Fotos sind eben Glückssache. Wichtiger erscheint, “die Trennung zwischen kindlicher und künstlerischer Wahrnehmung ein Stück weit aufzuheben”. Was will man mehr…?!
Notiz an mich selber
*Fotoempfehlungen von Photoscala dankend annehmen, Kommentare dazu nicht mehr lesen*