Von acht auf zehn: Pünktlich zum 20-jährigen EOS-Jubiläum beschleunigt Canon sein „kleines“ Profi-Flaggschiff auf eine Bildfrequenz von zehn Aufnahmen pro Sekunde. Gleichzeitig wächst die Auflösung der neuen EOS-1D Mark III von acht auf jetzt zehn Millionen Bildpunkte und erreicht damit wieder das Niveau der hausinternen Basisklasse. Doch bei der Neuen hat sich gegenüber dem eineinhalb Jahre alten Vorgängermodell Mark IIN noch deutlich mehr getan, als ein erster Blick auf das Gehäuse und die Steigerung von Geschwindigkeit und Bildgröße um 25 Prozent erwarten lassen:

Nicht der Mittelklasse, sondern dem „kleinen“ Topmodell spendiert Canon zur PMA 2007 ein Upgrade, statt der erwarteten EOS 40D kommt zur Fotomesse in Las Vegas zunächst die Ablösung der EOS-1D Mark IIN. Die 1D Mark III soll ab Mai in den Handel kommen und dann mit rund 4300 Euro (Canons Preisempfehlung) ähnlich viel kosten wie die IIN. Auch wenn die Gehäuseform stark an die Vorgänger- und Schwestermodelle aus Canons Einser-Serie erinnert, hat sich im Inneren so einiges getan: Selten dürfte Canon ein Modell dieser Kameraklasse so grundlegend überarbeitet haben wie dieses „Geburtstagsgeschenk“, sie ist „völlig neu konstruiert“, schreibt Canon.

Canons EOS 400D bietet schon länger zehn Millionen Bildpunkte und kostet nicht einmal ein Fünftel des Preises der Neuen. Auf zehn Bilder pro Sekunde brachten es zu analogen Zeiten die Canon-Kameras auch schon mal, die EOS-1N RS erschien vor zwölf, EOS-1V vor sieben Jahren. In einer Digitalkamera konnte diese beiden Eckdaten bisher noch kein Hersteller vereinen. Möglich machen es bei der Mark III die neue, auf den Namen DIGIC III getaufte Kameraelektronik und der CMOS-Aufnahmesensor.

7,2 mal 7,2 Mikrometer misst jedes der zehn Millionen Pixel auf dem Chip, genau wie bei der teureren EOS-1Ds Mark II. Der notwendige Abstand zu der „Studiokamera“ (8200 Euro laut Canon) bleibt dennoch bestehen, denn der Sensor der 1D Mark III ist mit 28,1 mal 18,7 Millimetern ein Stück kleiner als der Vollformatchip der 1Ds, die 16,6 Megapixel bei vier Bildern pro Sekunde liefert. Zum Vergleich: Die EOS 400D und 5D bringen es auf 10 beziehungsweise 12,7 Megapixel bei drei Bildern pro Sekunde, Nikons D2X auf 5 Bilder pro Sekunde mit 12 oder 8 Bilder pro Sekunde mit 6,8 Megapixeln.

Dem Formatfaktor 1,3 gegenüber dem Kleinbild bleibt Canon treu, neu ist dagegen die Signalverarbeitung: Intern arbeitet der DIGIC-III-Prozessor jetzt mit 14 Bit pro Farbkanal, und die Empfindlichkeit lässt sich nun bis auf 6400 ISO anheben, auch auf diesen Wert bringt es außer der EOS bisher noch keine digitale Spiegelreflexkamera; auf die Bildergebnisse darf man gespannt sein. Der Dynamikumfang bei niedrigeren Empfindlichkeiten soll vergleichbar mit dem der Vorgängermodelle Mark II und Mark II N sein, neu bei Canon ist dagegen die „Highlight Tone Priority“ getaufte Funktion, die für eine bessere Detailwiedergabe in hellen Bildbereichen sorgen soll. Ähnliches kennen Anwender der Konica-Minolta Dynax 7D und 5D sowie der Sony Alpha 100 bereits von der Zone-Matching-Einstellung „Hi“.

Den Staubschutz der neuen Canon, der den CMOS-Sensor vor störenden Verunreinigungen schützen soll, hat Canon in ähnlicher Form bereits in der EOS 400D erprobt: Den Infrarotsperrfilter vor dem Sensor versieht der japanische Hersteller mit einer antistatischen Beschichtung, bleibt doch mal Schmutz haften, soll der durch hochfrequente Schwingungen des Filters abgeschüttelt und auf einer Klebefläche haften bleiben. Die Sensorreinigung wird beim Einschalten der Kamera automatisch aktiviert oder lässt sich von Hand starten, dann sollen Staubpartikel vom Verschluss gleich mitabgeschüttelt werden.

Apropos Verschluss: Auch der ist neu und hält laut Canon jetzt 300.000 Auslösungen durch, bei der 1D Mark IIN hatte Canon noch mit einer Lebensdauer von 200.000 Verschlussabläufen geworben. Ebenfalls neu: Das Autofokusmodul, das Canon in den Boden des Spiegelkastens pflanzt. Nach wie vor arbeitet das mit der beeindruckenden Anzahl von 45 verschiedenen Messfeldern, wovon sich jetzt allerdings nur noch 19 Felder einzeln anwählen lassen, was die Auswahl der verbleibenden Messfelder beschleunigt. Die übrigen 26 „Autofokushilfsmesspunkte“ sollen für eine höhere Trefferquote bei bewegten Motiven sorgen. Der zentrale Autofokussensor arbeitet mit Objektiven ab Lichtstärke 8, die weiteren 44 Messfelder benötigen mindestens Lichtstärke 5,6, alle 45 Felder versuchen, horizontal verlaufende Strukturen zu erkennen. Sitzt ein wirklich lichtstarkes Objektiv vor der 1D Mark III (ab Blende 2,8), werden die 19 einzeln anwählbaren Felder zu Kreuzsensoren, die dann auch mit vertikalen Strukturen klar kommen sollen. Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen sind die Kreuzsensoren nicht nur in der Bildmitte, sondern über den gesamten, etwa 15 mal 8 Millimeter großen durch die AF-Sensoren abgedeckten Bereich verteilt.

Während Canon auch an den Einstellungsoptionen, die dem Benutzer für die AF-Feld-Auswahl und Gruppierung sowie Schärfenachführung zur Verfügung stehen, geschraubt hat, soll die AF-Geschwindigkeit die gleiche wie beim Vorgängermodell sein: Die Kamera kann mit dem Tele 2,8/300 LI IS USM ein sich mit 50 Kilometern pro Stunde auf den Fotografen zubewegendes Objekt bis zum Abstand von 42 Metern scharfstellen, schreibt Canon.

Etwaige Fehlfokussierungen soll der Fotograf jetzt selbst korrigieren können: An der 1D Mark III kann der Anwender Einstellungen für die Schärfelage in 41 Stufen vornehmen, entweder für alle Objektive oder bis zu zwanzig verschiedene Objektivtypen. „Front-“ und „Backfokus“ kann der Anwender so selbst zu beseitigen versuchen, ohne Canons Profiservice mit der Justage beauftragen zu müssen. Hoffen wir, dass der Nutzer auch ohne auskommt.

Stellt der Anwender die Schärfe von Hand ein, kann er dazu auch die Lupenfunktion in neuen Life-View-Modus nutzen und das Bild auf dem Kameradisplay oder auf Bildschirm eines Computers darstellen – letzterer lässt sich mit Hilfe des neuen „Wireless File Transmitters WFT E2“ auch drahtlos anbinden. Der kameraeigene Bildschirm ist mit drei Zoll Diagonale zwar deutlich heller und größer als der Monitor der 1D Mark IIN (2,5 Zoll) oder 1Ds Mark II (2,0 Zoll), löst mit lediglich 230.000 Bildpunkten aber auch nicht höher auf. Während der Autofokus im Life-Bild-Modus außer Funktion bleibt, lässt sich der CMOS-Sensor als Belichtungsmesser nutzen, allerdings nur fürs Dauerlicht, bei Blitzlichtaufnahmen klappt zur Vorblitzmessung der Spiegel runter. Standardmäßig arbeitet die Belichtungsmessung der neuen EOS jetzt mit 63 Messzonen, die auf einem Chip an der Rückseite des Prismas sitzen; bisher bestanden die Belichtungsmesser der Profi-EOS aus 21 oder 35 verschiedenen Segmenten. Das Pentaprisma ist im Vergleich zum Vorgänger eine Nummer größer geworden und liefert eine 0,76-fache Sucherbildvergrößerung (bisher 0,72-fach) bei weiterhin 100-prozentiger Abdeckung. Eine neue Mattscheibe soll für ein helleres Sucherbild sorgen.

Um auf der Kamerarückseite Platz für das Display zu schaffen, durften ein paar Knöpfe ihren angestammten Platz verlassen. Canon nutzte das, um das oftmals kritisierte EOS-1D-Benutzerinterface umzugestalten, Canons Stammkunden müssen sich also umstellen. Für die Autofokus-Aktivierung und die ISO-Einstellungen gibt es nun dedizierte Tasten in Auslösernähe, andere Tasten wurden teils neu belegt, auf eine Doppelbelegung aber nicht in jedem Fall verzichtet. Von der EOS 20D erbte die Mark III einen kleinen Knubbel-Joystick in Daumennähe, anders als beim Mittelklassemodell lässt sich darüber jedoch nicht das gewünschte AF-Feld auswählen. Die Anzeige aller Einstellungen verteilt Canon weiterhin auf den drei Displays auf der Kameraober- und Kamerarückseite, auf Wunsch lassen sie sich aber auch komplett auf dem Farbdisplay auf der Rückseite anzeigen, wie von anderen Herstellern oder der EOS 400D bekannt.

Beim Gehäuse setzt Canon jetzt auf eine Magnesium-Legierung, während man beim Vorgänger noch auf Aluminium verbaut hatte. Dichtungen, wie sie auch in den Objektiven der L-Serie vorhanden sind, sollen gegen das Eindringen von Feuchtigkeit schützen. Mit dem neuen 580 EX II steht bald auch ein spritzdichter und besonders robuster Blitz zur Verfügung, und der lässt sich jetzt auch über das überarbeitete Kameramenü der Mark III einstellen. Samt Akku wird die „III“ 230 Gramm leichter als die Mark IIN, vor allem dank des neuen Lithium-Ionen-Akkus, der gegenüber den Nickel-Metall-Hydrid-Akkus bei weniger Masse mehr Ausdauer sowie eine genaue Restkapazitätsanzeige bietet. Die Firewire-Schnittstelle der übrigen Einser ist jetzt einer USB-2.0-Schnittstelle zum Opfer gefallen.

Wir können hier nicht alles aufzählen, was die Mark III auszeichnet, neben der höheren Auflösung und Geschwindigkeit hat Canon vor allem an vielen Details gearbeitet: Der „Silent Mode“ erlaubt ein leiseres Auslösen im Einzelbildmodus, „My Menu“ nimmt die dem Nutzer wichtigen Menüeinträge auf, die ISO-Einstellung und Akkurestkapazität wird ständig im Sucher angezeigt, die Zugriffsgeschwindigkeit auf Comapct-Flash- und SD-Karten wurde gesteigert, Dateien lassen sich zwischen den beiden Speichermedien hin- und herkopieren, die Einstellung „S-RAW“ liefert kleinere Rohdateien mit niedrigerer Auflösung…

Um Canons Geburtstagsgeschenk zum Zwanzigjährigen des EOS-Systems genauer unter die Lupe zu nehmen, empfehlen wir die untenstehenden Links. Bleibt die Frage, wann Canon die Modellpflege auch dem eigentlichen Flaggschiff, der 16,6-Megapixel-Kamera EOS-1Ds Mark II von 2004, zu Gute kommen lässt.

EOS-1D Mark III White Paper (englisch, PDF)
HTML- und Flash-Präsentation der EOS-1D Mark III (englisch)
Beispielaufnahmen
Imaging Resource: EOS-1D Mark III (englisch)

(mts)