Während die Entwicklung und Produktion digitaler Kompaktkameras heute schwerpunktmäßig in China stattfindet, wurde die Fertigung von Systemkameras und Wechseloptiken hauptsächlich in südostasiatische Nationen, in die sogenannten ASEAN-Staaten, verlagert:

Ist die Fertigung von Kompaktkameras aus Kostengründen heute vielfach an Auftragsfertiger in Greater China (Festland und Taiwan) übertragen worden (siehe auch: Die Kamera-Auftragsfertiger), so haben die Kamerahersteller bei den Systemkameras (einschließlich SLR) nach anderen Lösungen gesucht und dabei vorwiegend in eine eigene Fertigung in Ländern Südostasiens investiert (siehe ASEAN – Association of Southeast Asian Nations).

Die erste Verlagerung einer Kameraproduktion erfolgte in den 1970er Jahren durch die damaligen Rollei-Werke Franke & Heidecke, die in Singapur eine eigene Fertigung errichteten. Aufgrund fehlender lokaler Zulieferer mussten alle benötigte Teile entweder aufwendig importiert oder selbst gefertigt werden. Nach gut zehn Jahren wurde das Abenteuer über eine Insolvenz der Firmengruppe beendet. Letzte Reste aus dieser Zeit kamen über Avimo zur heutigen Qioptiq, die in Deutschland durch die Rodenstock Photooptik bekannt sind.

Die japanischen Hersteller waren mit der Auslagerung etwas zurückhaltender. Zu den ersten Verlagerungen japanischer Firmen zählte in den frühen 1980er Jahren die Ansiedlung von Minolta in Malaysia. Da auch Bosch/Bauer mit einer Super-8-Kamerafertigung vor Ort war und zumindest in kleinem Umfang auch Fotoobjektive (Vivitar-450-mm-Spiegelobjektiv) in Lohnfertigung produzierte, hatte die Ansiedelung für Minolta deutlich weniger Pionier-Charakter. In Malaysia wurden im Werk der Minolta Precision Engineering (M) Sdn Bhd in Petaling Jaya im Bundesstaat Selangor, neben den Kleinbild-Spiegelreflexkameras, später auch APS-Kameras und digitale Spiegelreflex-Kameras gefertigt. Während die Produktion der verbliebenen analogen KB-SLR-Kameras später zu Seagull in Shanghai verlagert wurde und zeitweise auch in Lizenz für den koreanischen Markt durch Samsung erfolgte, blieb die Herstellung von Digitalkameras auch nach dem Zusammenschluss mit Konica bis zum Vertrag mit Sony in Malaysia. Konica Minolta produziert heute am gleichen Standort mit der Konica Minolta Business Solutions (M) Sdn Bhd Laserdrucker und fertigt in einem weiteren Werk unter dem Namen Konica Minolta Glas Tech (M) Sdn Bhd in der Universitätsstadt Ayer Keroh im Bundesstaat Malakka; unter anderem Glassubstrate für Festplatten. Malaysia und das Nachbarland Thailand zählen mit Werken von Seagate und Western Digital zu den weltweit wichtigsten Fertigungsstandorten für Festplatten.

Im Zusammenhang mit der Festplattenproduktion kam im Jahre 1988 der japanische Feinmechanik- und Verschlusshersteller Copal über eine Beteiligung an der Fujitsu (Thailand) Co., Ltd., der heutigen Nidec Copal (Thailand) Co., Ltd., ins Land des Lächelns. Das Copal-Werk, das fotografische Verschlüsse, Objektivfassungen und kleinste Präzisionsmotoren produziert, liegt im Navakorn Industrial Estate in Pathumthani, an der nördlichen Stadtgrenze von Bangkok. Grund für die Produktionsverlagerungen sind bis heute die niedrigen Lohnkosten und die sprichwörtlich langen Finger der thailändischen Arbeiterinnen, die sie für feinmechanische Montagearbeiten besonders geeignet erscheinen lassen.

Die räumliche Nähe von Zulieferern wie Copal boten dann einen zusätzlich Anreiz für neue Ansiedlungen. Die Nikon Corporation startete 1990 im Rojana Industrial Park in der etwa 75 km nördlich von Bangkok gelegenen ehemaligen thailändischen Kaiserstadt Ayutthaya mit der Nikon (Thailand) Co., Ltd. ihre erste Fertigungsauslagerung aus Japan. Der Rojana Industrial Park zählt zu einem thailändisch-japanischen Joint Venture mit dem Sumitomo-Gruppe. Produziert wurden dort beispielsweise die Pronea-APS-Kameras und Wechselobjektive, und ab 2004 auch Digitalkameras. Im Sommer 2007 bezog Nikon ein weiteres Werk für die Fertigung von Digitalkameras im gleichen Industriepark und kündigte an, dort 5000 Arbeitsplätze zu schaffen. Nikon erhielt für die Erweiterung des Werkes Steuervorteile von umgerechnet knapp 13 Millionen Euro zugesichert.

Ende 2008 betrieb Nikon (Thailand) Co in Ayutthaya vier Fabriken mit 8000 Festangestellten und 4000 Leiharbeitern. In der Krise zum Jahresende 2008 hat man 1500 Leiharbeiter entlassen. Begründet wurde dies mit einem Nachfragerückgang in den USA, Japan und Kanada. Der Nachfrage-Einbruch war wohl nur von kurzer Dauer, denn zwei Jahre später, im Jahre 2010, wurde die Öffentlichkeit nochmals auf die Nikon-Produktion in Thailand aufmerksam, als die Beschäftigten für höhere Löhne in Streik treten wollten. Die dann schon wieder 8000 Beschäftigten forderten eine Lohnerhöhung von umgerechnet 1,50 bis 2 Euro pro Schicht und eine Erhöhung der monatlichen Zulagen für die Lebenshaltungskosten von 25 auf 32,50 Euro.

Um das Jahr 2000 gab es bei Nikon einen Versuch, auch die Fertigung der FM2n auszulagern, die in Japan nicht mehr kostendeckend zu produzieren war. Die komplette Fertigungslinie wurde damals zu Anam Optics, dem koreanischen Vertreter von Nikon, verlagert. Aufgrund von Fertigungsproblemen wurde diese Auslagerung jedoch bald rückgängig gemacht und Anam verlor auch die Nikon-Vertretung für Korea. Die Anam-Gruppe hat heute ihren Schwerpunkt u.a. in der Produktion externer Netzteile. Nach Korea wurden zeitweise auch Teile der Objektivfertigung ausgelagert. Die 1972 gegründete und staatlich geförderte Samyang Optics Co., Ltd. in Masan lieferte Objektive nicht nur an Nikon, sondern auch an Canon, Minolta and Yashica.

Auch die 2008 von Hoya übernommene Pentax Corporation begann in den 1990er-Jahren mit der Produktionsauslagerung. Im Jahre 1995 wurde im Industriegebiet von Thach Ban Village im Gia Lam District bei Hanoi die Pentax VN Co., Ltd. gegründet, wo auf 6,700 m2 Fertigungsgfläche mit der Produktion optischer Komponenten begonnen wurde. 2006 wurde die Produktionsfläche um 6,000 m2 erweitert. Mit der Erweiterung erhöhte sich die Mitarbeiterzahl von 700 auf 900 und die monatliche Fertigungskapazität für Objektive auf 1,6 Millionen. Heute werden an diesem Standort alle Pentax-Wechselobjektive produziert.

Während der SLR-Kooperation mit Samsung erfolgte auch die Produktion von „Schneider-Kreuznach“-Objektiven an diesem Standort. Die aktuellen SLR-Kameragehäuse von Pentax werden heute bei der Pentax Cebu Phils Corp, der ehemaligen Asahi Optical (Phils.) Corp., in Lapu-Lapu City in der Provinz Cebu auf den Philippinen produziert. Nach der Eingliederung von Pentax in den Hoya-Konzern wurde die Fertigung in Japan eingestellt.

Dass auch Sony massiv Fertigungskapazitäten aus Japan verlagert hat, zeigt sich schon an der Tatsache, dass zahlreiche Cyber-shot-Kameras aus chinesischer Fertigung stammen. Mit dem Erscheinen der NEX-Kameras und der Alpha-Kameras mit teildurchlässigem Spiegel wurde offensichtlich, dass Sony die Modelle NEX-3, NEX-5, SLT-A33 und SLT-A55 und die passenden Kit-Objektive in Thailand produziert. Die Produktion findet sich bei der Sony Technology (Thailand) Co., Ltd., die wie das Nikon-Werk in Ayutthaya angesiedelt ist. Das Sony-Werk befindet sich im Hi-Tech Industrial Estate der Thai Industrial Estate Corp., einem Joint-Venture mit der staatlichen Jurong Town Corporation aus Singapur. Sony produziert an diesem Standort seit 1988. Während der Schwerpunkt in der Vergangenheit bei LCD-Fernsehgeräten lag, hat man die Produktion im Jahre 2009 auf Kameratechnik umgestellt. Neben den Systemkameras soll noch im Februar 2011 auch ein Teil der Cyber-shot-Kamera-Fertigung aus China nach Ayutthaya verlagert werden.

Ricoh hat schon vor vielen Jahren mit der Auslagerung seiner Kameraproduktion begonnen. Wurden wie bei fast allen Wettbewerbern die letzten analogen Systemkameras von Cosina bezogen, so wurde die Digitalkameraproduktion erst nach Taiwan und dann auf das chinesische Festland verlagert. Bei der aktuellen Systemkamera GXR kommt das Grundmodul derzeit wohl aus chinesischer Produktion, während zumindest das S10-Optik-Sensor-Modul in Thailand produziert wird, wo auch die Verpackung erfolgt. Ricoh hat im Herbst 2009 mit der Ricoh Manufacturing (Thailand) Ltd im Amata City Industrial Estate der Amata Corp. PCL in Rayong (Eastern Seabord), etwa 140 km von Bangkok in Richtung Kambodscha entfernt, eine neue Fertigungsstätte auf einem 121.000 m² großen Grundstück errichtet, die von ursprünglich 210 auf 4000 Mitarbeiter erweitert werden sollte. Der Schwerpunkt der Produktion lag zumindest zu Beginn auf der Fertigung von Laser- und Mulifunktionsdruckern. Es bestand jedoch die Absicht, das Fertigungssortiment zügig zu erweitern.

Der Vorteil der Industrieansiedlung in einem Industrial Estate besteht in der guten Verfügbarkeit der benötigten Infrastruktur von der Wasserver- und Entsorgung bis hin zur Energieversorgung. Vielfach verfügen die Industriegebiete – wie etwa der Industriepark von Amata – über ein eigenes Kraftwerk. Amata hat in der Industriezone Amata Nakorn in Chonburi (zwischen Rayong und Bangkok gelegen) mit dem zur Hälfte über die deutsche KfW finanzierten Thai-German Institute sogar ein eigenes Ausbildungs- und Trainingzentrum mit modernstem Maschinenpark. Rayong war in der Vergangenheit in erster Linie bekannt als Standort der Automobilindustrie. Hier hat beispielsweise Toyota seine gesamte Pickup-Fertigung konzentriert.

Bei Panasonic liegt die Verantwortung für die Digitalkameras bei der AVC Networks Company. Kameragehäuse für die Lumix-MFT-Kameras werden bei Panasonic AVC Networks Xiamen Co., LTD. in China produziert. Für seine Objektive gibt Panasonic an, dass die Lumix-G- / Leica-DG-Objektive in einem integrierten Produktionssystem im Panasonic-Werk Yamagata in Japan gefertigt werden.

Für die Systemkameras von Olympus ist die Olympus Imaging Corp. verantwortlich. Die Fertigung erfolgt teilweise in Japan bei der Olympus Opto-Technology Co., Ltd. in Nagano und über die Olympus Imaging China Co., Ltd. auf dem chinesischen Festland bei der Olympus (Beijing) Industry & Technology Limited, Beijing, in den Werken Pan Yu, bzw. Olympus (GuangZhou) Industrial Co., Ltd in Guangzhou in der Provinz Guangdong oder bei Olympus (Shenzhen) Industrial Ltd. in Shenzhen. Einen weiteren Fertigungsstandort hat die Imaging-Bereich von Olympus mit der Olympus Vietnam Co.,Ltd. in der Industriezone von Long Thanh in der vietnamesischen Provinz Dong Nai. Während die Four-Thirds-Kameras offensichtlich aus chinesischer Fertigung stammen, kommen die MicroFourThirds-Kameras von Olympus zumindest teilweise aus einer Fertigung in Indonesien, die jedoch bislang nicht zu identifizieren war.

Canon fertigt SLR-Kameras und einen Teil seiner EF-Wechselobjektive in seinem schon 1970 gegründeten Werk der Canon Inc., in Taichung auf Taiwan mit etwas mehr als 2800 Beschäftigten. Ein weiterer Standort für die Wechselobjektivfertigung ist die Canon Opto (Malaysia) Sdn. Bhd. in Shah Alam in der Provinz Selangor in Malaysia. Das Werk in Malaysia wurde Ende 1988 gegründet und hat knapp 2800 Beschäftigte.

Die Systemkameras von Samsung kommen nach dem Auslaufen der Kooperation mit Hoya derzeit wohl aus eigenen Fabriken in Südkorea. Nachdem die Objektive des NX-Systems anfänglich von der Optron-Tec Inc., zugekauft wurden, hat der koreanische Elektronik-Konzern inzwischen offensichtlich eine eigene Wechselobjektivproduktion aufgebaut.

Die Informationspolitik japanischer Hersteller über ihre Fertigungsstandorte lässt sich als sehr zurückhaltend beschreiben: Man lässt sich hier nur sehr ungern in die Karten schauen.

Insgesamt ist bei den meisten japanischen Kamerahersteller inzwischen die Tendenz zu erkennen, auch die Fertigung hochwertigerer Produkte aus dem Hochlohnland Japan in kostengünstigere Standorte zu verlagern. Dabei fällt auf, dass zunehmend Standorte außerhalb des chinesischen Festlandes ausgewählt werden. Signifikant ist hier die Clusterbildung in Thailand und etwas weniger ausgeprägt in Malaysia.

Wenn man die geringe Arbeitslosenrate von 0,9 % in Thailand betrachtet, könnte man annehmen, dass dieser Trend bald zu einem Ende kommt. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass Thailand über ein immenses Arbeitskräftepotential verfügt, das derzeit noch zumindest teilweise in der Landwirtschaft gebunden ist. Aufgrund der zunehmenden Mechanisierung im Agrarbereich ist mit einer massiven Verlagerung in den industriellen Sektor zu rechnen.

(CJ)