Hasselblad H4D-40Gibt es Unterschiede zwischen der Hasselblad H4D-40 und der H4D-50 MS – und wenn ja, welche? Und wie sieht es mit dem Dynamikumfang – auch im Vergleich zu Kleinbild – aus? Diese und weitere Fragen untersuchen wir heute messtechnisch:

Nach der Vorstellung der Kameras und den „Aufnahmen aus dem richtigen Leben“ folgen nun hier im dritten und letzten Teil abschließend noch einige Ergebnisse aus den Auswertungen der verschiedenen Testtafeln. Dabei interessierte mich besonders die Frage, ob man einen Unterschied zwischen den beiden Modellen – dem 40-Megapixel- und dem 50-Megapixel-Modell – an Hand der Testcharts (mit vernünftigem Aufwand) erkennen kann. Wo möglich, habe ich auch Vergleiche zu Filmauswertungen, die mit der H2 und den gleichen Optiken gemacht wurden, sowie zu vorher gemachten Auswertungen von Aufnahmen mit der Leica S2 eingefügt.

Farbwiedergabe

Als erster Test war die Farbwiedergabe an der Reihe – hier die Ergebnisse des direkten Vergleichs mit der 24-teiligen Xrite-Farbtesttafel:
 

Grafik: Georg N. Nyman

H4D-40 mit HC 2,8/80 mm, Farbraum Adobe RGB, Weißabgleich auf Normgraukarte
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

H4D-50, HC 2,8/80 mm, Farbraum Adobe RGB, Weißabgleich auf Normgraukarte

 
Wie man sehen kann, ist der Farbabgleich auf die Graukarte bei der H4D-50 eine Spur exakter umgesetzt worden, die Unterschiede sind aber sehr gering und beide Abstimmungen können im Vergleich zu den allermeisten CaNiSo-DSLR-Kameras als ausgezeichnet bezeichnet werden; Kleinbild-Vergleichbares muss schon das Kaliber einer EOS-1Ds oder Nikon D3 haben. (DSLR = digital single lens reflex = digitale Spiegelreflexkamera.)

Bei der Verwendung des Colorchecker SG, der speziell für digitale Kameras entwickelt wurde, zeigten sich dann erwartungsgemäß diejenigen Farben mit einem deutlich messbaren Unterschied zu den theoretischen Sollwerten, die digitale Kameras praktisch nie auch nur annähernd genau wiedergeben können:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Farbwiedergabe H4D-40; Colorchecker SG
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Farbwiedergabe H4D-50; Colorchecker SG

 
Die Farbdarstellung ist eine Jetcolor-Falschfarbendarstellung, das bedeutet, je wärmer die Farben sind, desto größer ist deren Abweichung von den theoretischen Sollfarben. Blaue Felder stellen keinen oder einen nur sehr kleinen Farbunterschied dar, dunkle rote Felder einen gut sichtbaren und großen Unterschied von Soll- zu Istfarben.

Während die H4D-40 mehr mit gewissen ganz dunklen Blautönen Probleme hat, hat die H4D-50 bei gleicher Einstellung etwas mehr Probleme bei der Wiedergabe bestimmter Gelb-Grüntöne. Auch hier: das gesamte Ergebnis ist im Vergleich zu Kleinbild-DSLR-Kameras ausgezeichnet – es ist zu berücksichtigen, dass der evaluierte Farbraum der Adobe-RGB-Farbraum und nicht der kleinere (und bei vielen DSLRs üblichere) sRGB-Farbraum war!

Erwähnenswert ist auch die hervorragende Belichtungsmessung – beide Kameras sind gleichwertig ausgezeichnet und das kann man auch an den Ergebnissen sehen – etwa 0,15 Blendenstufen Belichtungsfehler, das ist ein Wert, der sonst kaum ohne manuellen Eingriff zu erhalten ist.

Im Vergleich sind die Ergebnisse der Leica S2, was die Belichtungsgenauigkeit betrifft, etwa vergleichbar, die Leica S2 ist jedoch in der Farbwiedergabe unter gleichen Bedingungen etwas ungenauer – es ist nicht viel, aber der Unterschied ist messbar und kann dargestellt werden:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Hier die Farbwiedergabe der Leica S2 mit dem 2,5/70 mm Asph. in der genau gleichen Anordnung gemessen und dargestellt wie bei der H4D

 
Die Leica S2 stellte sich in dieser Messanordnung so dar, dass weniger Farben so große Farbabweichungen wie bei der H4D-50 aufweisen, dafür aber mehr Farben eine kleine Farbabweichung haben – dadurch wird der Durchschnittswert etwas höher und durch den großen Ausreißer im Grünbereich ist die maximale Abweichung deutlich höher. Alles in allem aber durchaus vergleichbar mit den beiden Hasselblad-Ergebnissen.

Farbquerfehler (Laterale chromatische Aberration, LCA)

Ein weiterer Aspekt ist der Farbquerfehler, der sich bei den Aufnahmen überwiegend als Farbsaum um dunkle Details herum zeigt. Er wird in dieser Messung natürlich für die Kombination von Objektiv (HC 2,8/80 mm) und Kamera bestimmt, daher machte es viel Sinn, für beide Kameras das gleiche und auch das selbe Objektiv zu verwenden. Es hat sich gezeigt, dass beide Kameras ähnliche Werte liefern, die graphisch dargestellt eine kleine axiale Asymmetrie der LCA (Laterale chromatische Aberration) zeigen. Die aber sind, betrachtet man die absoluten Werte in Pixelshift (Skala unten rechts), überaus gering und zeugen von einer sehr guten Korrektur der Optik.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Links: LCA für H4D-40 (HC 2,8/80 mm), rechts: LCA für H4D-50 (HC 2,8/80 mm); jeweils bei Offenblende 2,8

 
In dieser Darstellung sieht man die LCA in Bezug auf das Bildfeld – ein komplett symmetrisches Objektiv würde auch eine symmetrische Darstellung der LCA erzeugen und wenn diese Null wäre, so wäre das gesamte Bildfeld in dieser Darstellung einheitlich blau. Je wärmer die Farbe, desto größer die LCA, wobei der maximale Wert in Pixel (rechts unten im Diagramm) unbedingt zu beachten ist.

Wie man sieht, ist die LCA bei der H4D-50 noch etwas geringer als bei der H4D-40 – beide Werte sind um Faktoren kleiner als jene, die man oft bei DSLRs anderer Hersteller findet.

Diese LCA ändert sich mit der Blende, daher macht es Sinn, diese Veränderung aufzuzeigen. Hier das gleiche Paar Screenshots der gleichen Kombinationen bei Blende 8,0:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Links H4D-40, Rechts H4D-50; jeweils bei Blende 8

 
Wie man gut sehen kann, ist der Farbquerfehler noch kleiner geworden und bei der H4D-50 praktisch nicht mehr existent – ein LCA von 0,20 Pixel am Bildrand ist nicht mehr sichtbar. Daher macht auch die bleibende leichte Asymmetrie der optischen Achse in Bezug auf das Bildfeld nichts aus – die Fehler sind so gering, dass sie auf Aufnahmen nicht sichtbar sind.

Wenn man die Auswertungen von Aufnahmen mit der Leica S2 und dem Standardobjektiv 2,5/70 mm Asph. zum Vergleich heranzieht, so kann man erkennen, dass die Objektivqualität von Leica auch ohne Softwarekorrektur bereits in der gleichen Klasse liegt, ja noch ein Stück besser ist, als Hasselblad mit Phocus-Korrektur. Das Leica-Objektiv an sich ist also schon viel besser korrigiert. ist Hier eine Auswertung des Farbquerfehlers aus der Leica-S2-Untersuchung. Zu beachten wieder der Maßstab der Farbskala – der Pixelshift ist kleiner als bei Hasselblad:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Farbquerfehler Leica S2 mit 2,5/70 mm Asph.; links bei Blende 2,5, rechts bei Blende 8,0

 
Auflösungsvermögen und Kontrastwiedergabe

Kommen wir zum Auflösungsvermögen und der damit verbundene Kontrastwiedergabe, der MTF (Modulationstransferfunktion) der beiden Kameras. Ist die H4D-50 sichtbar, also messbar, besser oder nicht? Auf den Außenaufnahmen (siehe Hasselblad H4D: Versuch einer Standortbestimmung) sieht es so aus, als ob die H4D-50 etwas besser ist, aber kann man das auch gut messen? Rein rechnerisch sollte der Unterschied sehr gering sein, denn beim größeren Sensor belegt die größere Anzahl aktiver Pixel auch eine größere Fläche – also ist der Flächendeckungsfaktor annähernd gleich. Aber in Summe macht es doch einen Unterschied, die Aufnahmen der H4D-50 wirken etwas besser (nicht nur, was die Auflösung angeht).
 

Grafik: Georg N. Nyman

H4D-40 mit HC 2,8/80 mm bei Blende 2,8
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

H4D-50 mit HC 2,8/80 mm bei Blende 2,8

 
Die beiden Darstellungen zeigen die MTF-Kurven für die Bildmitte bei offener Blende. Interessant ist die Tatsache, dass beide Kameras bei offener Blende im Blaukanal einen relativ schnellen und steilen Abfall der Kontrastübertragung aufweisen, wohingegen der rote und der grüne Kanal einen wesentlich flacheren Abfall zeigen. Das bedeutet, dass gegen den Rand hin die Kontrastwiedergabe für den blauen Kanal im Vergleich zu den beiden anderen Kanälen deutlich geringer ist. Für alle Kanäle gilt jedoch, dass die horizontale und vertikale Kontrastübertragung fast identisch sind (geringer Astigmatismus der Farben) – das ist positiv.

Im Vergleich dazu stellen sich die MTF-Diagramme, die man bei Hasselblad findet, etwas besser dar. Den Unterschied kann ich mir nur so erklären, dass das eine Objektiv, das ich im Demoset verwendet hatte, nicht gerade das Beste der Serie ist. Das ist überhaupt eine notwendige Feststellung: alle Messungen basieren auf der Verwendung eines einzigen Objektivs und nicht auf einer Serienmessung – daher sind alle Messergebnisse zwar gute Indikatoren für das, was man kauft, aber nicht unbedingt für die Qualität, die man unter Umständen erzielen kann. Wie bei allen Serienproduktionen gibt es eine gewisse Bandbreite der Qualität, trotz aller QA-Tests und -Prüfungen (QA = Quality Assurance; geringe Serienstreuung). Hier also die MTF-Kurven aus der Hasselblad-Literatur für das HC 2,8/80 mm:
 

Grafik: Hasselblad

MTF-Kurven aus der Hasselblad-Literatur

 
Die beiden Darstellungen sind nicht direkt vergleichbar, aber wenn man mit der Interpretation von MTF-Kurven etwas vertraut ist, so kann man erkennen, dass auch in der offiziellen Darstellung das Objektiv bei offener Blende etwas einbricht, aber nicht so stark und nicht so nahe an der Bildmitte, wie ich es gemessen habe. Um etwas besser vergleichen zu können, wurde das Objektiv nochmals durch das Programm Imatest ausgewertet und die Darstellung etwas verändert.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Imatest-Auswertung des HC 2,8/80 mm bei Blende 2,8

 
In dieser Darstellung erkennt man den gleichen durchhängenden Gang der Kontrastübertragung für den Blaukanal (untere linke Darstellung), was recht gut mit DxO übereinstimmt. Wenn man die Kantendarstellung ansieht, so kann man sehen, dass die Wiedergabe der Kante Weiß-Schwarz für Blau sehr schlecht ist und deutlich von der Wiedergabe der beiden anderen Farben Rot und Grün abweicht. Eines jedenfalls steht fest – das HC 2,8/80 mm, das ich testen konnte, ist kein besonders hervorragendes Objektiv, zumindest nicht bei offener Blende. Das ist auch nicht unbedingt neu, ähnliche Aussagen finden sich auch in den Foren und Blogs der Hasselblad-Nutzer immer wieder. Hier hat Hasselblad Handlungsbedarf, noch dazu weil es ja auch anders geht: das „alte“ CFi 3,5/100 mm zeigt hervorragende Werte schon bei offener Blende, wie man hier sehen kann:
 

Grafik: Georg N. Nyman

MTF-Kurven für das CFi 3,5/100 mm aus der Hasselblad-Literatur

 
Die Wiedergabequalität ist meistens bei offener Blende nicht optimal, daher war es wichtig, zu sehen, wie sich diese Kurven beim Abblenden verändern würden. Die zwei folgenden Darstellungen sind bei Arbeitsblende 8 gemacht worden und zeigen ein weitaus homogeneres Bild:
 

Grafik: Georg N. Nyman

H4D-40 mit HC 2,8/80 mm bei Blende 8
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

H4D-50 mit HC 2,8/80 mm bei Blende 8

 
Diese beiden Diagramme entsprechen mehr den Erwartungen, obwohl jetzt die vertikalen und horizontalen Kontrastkurven auseinandergehen. Alle Aufnahmen wurden natürlich in Phocus 2.01 eingeladen und ohne weitere Optimierung als RGB-TIFF-Datei abgespeichert und dann im DxO Image Analyzer ausgewertet.

Wichtig ist es, bei allen solchen Auswertungen die absoluten Werte anzugeben – diese liegen in einer anderen Klasse als bei allen 24×36-DSLR-Kameras: die Grenzauflösung (MTF10%) ist deutlich jenseits der Werte angesiedelt, die man bei Spitzenkameras der Kleinbildklasse finden kann. Hier die entsprechenden Screenshots der numerischen Werte beider Auswertungen:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Detailinformationen für die H4D-40 mit HC 2,8/80 mm Blende 2,8
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Detailinformationen für die H4D-50 mit HC 2,8/80 mm bei Blende 8

 
Erwartungsgemäß fallen die Kontrastübertragungswerte gegen den Rand hin bei offener Blende stark ab, bleiben aber immer noch weiter über den erzielbaren Mittelwerten der meisten Kleinbild-DSLR-Kameras. Die Mittenauflösung variiert unter den Kanälen stark, vor allem Blau hebt sich als sehr schwach ab, und erreicht am Rand Werte, die einfach schlecht sind und sich auch von den anderen beiden Kanälen sehr stark unterscheiden. Beide Kameras verhalten sich praktisch identisch, es ist also kaum ein Verhalten einer einzelnen Kamera, sondern liegt offenbar am System. Wenn man auf Blende 5,6 und weiter abblendet, so werden die Werte durchaus normal und ergeben einen Sinn – es sieht so aus, als ob das Objektiv bei offener Blende nur bedingt gut ist: gute Mittenwiedergabe und ziemlich schlechte Randqualität. Da ich fast alle Aufnahmen mit Blende 6,3, 8 oder 11 gemacht hatte (die große Helligkeit der Motive und die Limitierung der kürzesten Verschlussgeschwindigkeit auf 1/800 s machten das nötig), ist mir an den Vor-Ort-Aufnahmen die schlechte Randqualität nicht aufgefallen. Hier wäre eine weitere Nachforschung über die Ursachen angebracht, es kann nicht Sinn dieses Kamerasystems sein, dass der blaue Kanal bei offener Blende eine so geringe Übertragungsqualität hat. Ich werde versuchen, zu dieser Fragestellung weitere Informationen zu erhalten und diese dann zu kommentieren.

Hochinteressant finde ich auch die Frage, wie sich die Leica S2 mit dem Normalobjektiv Summicron 2,5/70 mm bei der MTF-Messung bei offener Blende zeigt. Wobei sich meine Vermutung bestätigte, dass das Leica-Objektiv eine bessere Qualität zeigen würde. Die Kurven sprechen für sich und sind beeindruckend gut. Nicht zu vergessen: die Kurven wurden bei Blende 2,5 aufgenommen und wiederum im DxO Image Analyzer ausgewertet.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Leica S2 mit 2,5/70 mm bei Blende 2,5

 
Für eine offene Blende eine fast perfekte Kurve: man beachte auch die harmonische Übereinstimmung aller drei Farbkanäle, das ist sehr beeindruckend. Hier nochmals die LCA als Kurve dargestellt; wieder bei Blende 2,5 in der Bildmitte:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Leica S2 mit 2,5/70 mm bei Blende 2,5

 
Die optische Leistung dieses Objektivs ist damit dem HC 2,8/80 mm deutlich überlegen, das kann man bereits aus diesen wenigen Messdaten eindeutig herauslesen. Die errechnete MTF50 ist ebenso viel höher, was daher die Auflösung bei der Leica S2 begrenzt, das ist nicht die Optik, sondern der Sensor. Wäre sicher interessant, diese Optik auf die H4D-50 zu montieren und dann zu vermessen …

Dynamikumfang

Ein weiterer interessanter Aspekt ist der dynamische Bereich, den eine DSLR reproduzieren kann.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Dynamischer Gesamtbereich in Blendenstufen der H4D-50 (Imatest dynamic range)

 
In der hier gezeigten Darstellung ist der gesamte Dynamikbereich, den die H4D-50 erfassen kann, in Blendenstufen dargestellt. Man sieht deutlich, dass der Gesamtbereich etwa 14 Blendenstufen ausmacht. Wenn man diesen Dynamikbereich der H4D-50 mit den Topmodellen der Kleinbildklasse vergleicht, so ist der H4D-Bereich um mindestens eine, wenn nicht zwei, Blendenstufen größer. Dasselbe gilt auch für H4D-40 und Leica S2.

Vignettierung

Die Vignettierung, der Lichtabfall zum Rand hin, der bei offender Blende am meisten auffällt, ist eine vor allem bei Weitwinkelobjektiven unangenehme Eigenschaft optischer Elements. Das HC 2,8/80 mm ist in dieser Beziehung sehr gut ausgelegt und hat nur einen sehr geringen Lichtabfall zum Rand hin. Da Phocus auch dies korrigiert, habe ich die Vignettierung des Objektivs mit der H2 bei offener Blende auf Ektar aufgenommen und gemessen. Hier das Ergebnis:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Lichtabfall HC 2,8/80 mm bei Offenblende

 
Führt man die gleiche Messung an einer Digitalaufnahme der H4D nach Entwicklung in der Phocus-Software durch, so bekommt man zum Ergebnis, dass keine Vignettierung vorliege (da Phocus diese automatisch entfernt).

Und wie sieht die Leica S2 aus? Aus den vormals gemachten Aufnahmen habe ich eine mit offener Blende 2,5 genommen und im DXO Image Analyzer ausgewertet – der Maximalwert liegt etwa gleich, also etwa 80 % Intensität am Rand des Bildfeldes, eine kleine Spur besser als das HC 2,8/80 mm der Hasselblad:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Vignettierung des Summicron 2,5/70 mm der Leica S2 bei Blende 2,5

 
Blur

Ein weiterer Indikator für die Abbildungsqualität ist der „Blur“ – das ist die Unschärfe („Verwaschung“ oder auch „Soften“) von gut definierten Objektgrenzen in Abhängigkeit vom Bildort. Man kann es mit einer Art Weichzeichnerfilter vergleichen, den die Kamera auf Grund nicht perfekter optischer Abbildung und elektronischer Signalverarbeitung verursacht.

Es tritt wieder ein ähnlicher Effekt auf wie vorher: bei Blende 2,8 ist der Blur über das Bildfeld gesehen sehr unterschiedlich und wird zum Rand hin sehr stark (zum Rand hin werden die Bilddetails also weicher als in der Mitte), bei Blende 5,6 ist die Qualität bereits durchaus in Ordnung und die Bilddarstellung homogen. Folgend die entsprechenden Darstellungen aus dem DxO Analyzer:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Blur der H4D-50 mit HC 2,8/80 mm bei Blende 2,8 im blauen Kanal
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Blur der H4D-50 mit HC 2,8/80 mm bei Blende 5,6 im blauen Kanal

 
Zum Verständnis der Abbildungen: eine ideale Kamera-Objektivkombination ist über das gesamte Bildfeld gleichmäßig eben – der Blur wäre in diesem Fall und in dieser Darstellungsweise eine Ebene, deren numerische Werte sehr klein und nahe bei 0 angesiedelt wären. Je geringer die absoluten Werte und je geringer die Schwankungen im Bildfeld, desto besser und homogener die Bildqualität hinsichtlich des Blur.

Der Unterschied zwischen den beiden Darstellungen ist evident: Abblenden von 2,8 auf 5,6 verbessert die Wiedergabequalität signifikant. Die Werte bei Blende 2,8 sind nur mittelmäßig, die Werte bei Blende 5,6 sind gut. Ich habe aus Zeitgründen nur das HC 2,8/80 mm diesem Test unterziehen können.

Interessant ist auch hier wieder der direkte Vergleich mit der Leica S2. Zur Vergleichbarkeit habe ich hier wieder den Blaukanal genommen – bei der S2 sind alle drei Kanäle ziemlich identisch in der Darstellung:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Blur im Blaukanal Leica S2 mit Asph 2,5/70 mm bei Blende 2,5

 
Auch bei dieser Messung ist die S2 mit dem Normalobjektiv, dem Summicron 2,5/70 mm, sichtbar ausgeglichener und besser als die H4D – die Phocussoftware korrigiert fast alle dieser Fehler weitgehend aus, doch untersucht man die Hasselblad mit Objektiv, aber ohne Phocus-Software, so ist die S2 bei offener Blende vor allem harmonischer und homogener in der Bildqualität als die H4.

Was bedeuten diese verschiedenen gemessenen Werte für die Praxis? Sieht man die Auswirkungen bei den entsprechenden Aufnahmen oder sind alle diese Werte nur technische Daten, die zwar für den Optiker interessant sind, für einen Photographen aber ohne Bedeutung? Betrachten wir dazu einmal die Blende 2,8 beim HC 2,8/80 mm: Wie immer kommt es darauf an, was aufgenommen wird: wenn man den Augenmerk auf ein Objekt mit zentraler Konzentration legt (zum Beispiel das Portrait einer Person), so ist die Abbildungsleistung gegen den Rand des Bildfeldes hin von geringer Bedeutung – lichtstarke Objektive sind nur in der Mitte wirklich gut und werden gegen den Rand hin „schlecht“. Will man aber mit maximaler Öffnung, zum Beispiel, um eine kürzere Belichtungszeit zu erhalten und eine niedrige ISO-Einstellung zu haben, ein Objekt aufnehmen, das bis zum Bildrand hin bildwichtige Details beinhaltet, so wird man die abnehmende Bildleistung sicher sehen können. Ein mögliches Beispiel wäre die Aufnahme einer Gruppe von Personen: die am Rand stehenden Personen würden sichtbar weicher und unschärfer abgebildet werden als die in der Mitte befindlichen Personen.

Einfluss der Phocus-Software

Da Phocus viele der Restfehler der Objektive fast komplett korrigiert, war es interessant, zu untersuchen, wie die Objektive sich an der H2, also mit Film, verhalten. In dieser Kombination zählt praktisch nur mehr das Objektiv allein, da der Film selbst keine korrigierende Funktion in Bezug auf Restfehler der Optik hat. Hier eine kleine Auswahl der Ergebnisse, beginnend mit der Verzeichnung des HC 2,8/80 mm. Wie erwähnt, ist die messbare Verzeichnung in der digitalen Version praktisch Null, genauer gesagt etwa 0,02 Prozent. Mit dem gleichen Objektiv, aber mit Film (also ohne Korrektur durch die Phocus-Software), ergibt sich eine Verzeichnung von nicht ganz 1 Prozent, wie die hier gezeigte Darstellung der Messung mit dem DxO Image Analyzer zeigt. Diese Verzeichnung ist bei kritischen Objekten bereits schwach sichtbar – ein gutes Beispiel, wie Phocus die Bilddarstellung optimiert.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Verzeichnungskurve des HC 2,8/80 mm bei Auswertung auf Film (H2 / Ektar 100)

 
Im direkten Vergleich dazu: mit demselben Objektiv an der H4D-50 ist die Verzeichnung im Phocus-Programm praktisch eliminiert worden:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Verzeichnung des HC 2,8/80 mm nach Entwicklung in Phocus 2.01

 
Wie bei alldiesen Darstellungen ist die horizontale Achse die Position im Bildfeld, ausgehend von der Mitte (0) bis zu den Ecken (100) und die vertikale Achse stellt die Verzeichnung in Prozent dar – positive Werte entsprechen kissenförmiger Verzeichnung und negative Werte einer tonnenförmigen Verzeichnung.

Im direkten Vergleich liegt die Verzeichnung für das asphärische Summicron 2,5/70 mm der Leica S2 etwas höher, das Objektiv, das ich zum Test hatte, wies etwa 1,4% Verzeichnung auf. Hier das Ergebnis, auf gleiche Weise im DXO Image Analyzer errechnet und als Graphik dargestellt:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Verzeichnung des Summicron 2,5/70 mm bei Blende 2,5

 
Bei dieser Kurve fällt im Vergleich zu den Ergebnissen, die ich mit dem HC 2,8/80 mm erhalten habe, die kleine Streubreite der gemessenen Werte sowie der überaus harmonische Gang der Kurve auf. Das deutet für mich auch auf ein harmonischeres und ausgewogeneres Objektiv hin.

Auch die chromatische Queraberration (Farbquerfehler) wird im Phocus-Programm erfolgreich minimiert: die LCA wird etwa halbiert! Ebenso, wie die Verteilung und der Gang der Aberration mit Phocus stark verändert – verbessert – werden, das zeigen die folgenden beiden Darstellungen. Wieder zuerst die auf Ektar mit der H2 aufgenommene Auswertung bei Blende 5,6:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Der Farbquerfehler des HC 2,8/80 mm bei Blende 5,6 auf Ektar; Aufnahme mit der H2: abgebildet sind die Bandbreite und der Gang des Farbfehlers über das Bildfeld von der Mitte bis zum Rand, wobei die maximalen Werte von etwa +0,55 für Blau und -0,5 für Rot zu beachten sind.
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Deutlich anders die Darstellung des gleichen Objektivs bei Verwendung an der H4D-50 und Entwicklung mit dem Phocus-Programm: hier wird nicht nur der Gang für beide Farben ziemlich linearisiert, sondern auch die Maximalwerte auf unter +0,2 für Blau und unter -0,15 für Rot begrenzt – Ergebnis ist eine deutliche Verbesserung der Abbildungsleistung.

 
Zusammenfassung

Ich habe noch viele weitere Kurven und Auswertungen untersucht. Und was ist nun mein Resümee aller Auswertungen, Messungen und Berechnungen?

Die Hasselblad H4D ist eine hervorragende digitale Mittelformatkamera, die extrem scharfe, brillante Aufnahmen liefert. Manche Objektive entsprechen nur dank der Phocus-Software den hohen Erwartungen, andere wiederum sind bereits an sich gut. Die faktisch zwingende Einbindung von Phocus in den Arbeitsprozess ist ein gangbarer Weg, denn es wird ja zu Recht immer darauf hingewiesen, dass erst die Kette Kamera – Objektiv – Software die fertigen und zu beurteilenden Bilder macht; nicht nur eine Komponente allein. Soweit ich es in der doch relativ limitierten Zeit feststellen konnte, entsprechen die von Hasselblad veröffentlichten Werte im Großen und Ganzen der Realität, wenn auch vielleicht für deren interne Messungen ausgesucht gute Objektive verwendet wurden.

Wenn ich die Ergebnisse, die ich mit den H4D-Kameras erhalten habe, mit denen der Leica S2 vergleiche, so komme ich zu der Schlussfolgerung, dass die optische Qualität der Leica (bezogen auf die von mir getesteten Objektive) homogener und besser ist als die der H4D. Der generell gültige Unterschied ist der, dass die Leica S2 keine spezielle Software braucht bzw. verwendet, um die Bilddaten zu optimieren, wohingegen die H4D die Phocus-Software braucht, um zu optimalen Ergebnissen zu gelangen.

In der Kombination aus Optik, Kamera und Phocus-Software liefert die H4D –  vor allem die H4D-50 –  eine Bildqualität, die meiner Meinung nach diejenige der Leica S2 übertrifft. Voraussetzung ist allerdings, dass man sehr große Drucke bei maximal möglicher Druckauflösung macht, sehr stark nachvergrößert und viel Wert auf allerkleinste Details legt.

(Georg N. Nyman)
 
 
Siehe auch:
Hasselblad H4D: Die Kamera
Hasselblad H4D: Versuch einer Standortbestimmung
Kleinbild kontra Mittelformat
Im Test: Leica S2