In den letzten 10 Jahren mussten die Fotomagazine – so wie der gesamte Fotomarkt – erhebliche Veränderungen verkraften: Einmal den Wandel analog -> digital, zum anderen die zunehmende Online-Konkurrenz. In dem Jahrzehnt von 2000 – 2010 sind einige Titel vom Markt verschwunden, andere sind hinzugekommen. photoscala hat die Zahlen der Printmagazine unter die Lupe genommen:

Wir wollen hier die Entwicklung der Auflagenzahlen verschiedener Fotofachzeitschriften über einen Zeitraum von 10 Jahren untersuchen. Diesen Zeitraum haben wir gewählt, weil wir Veränderungen im Printbereich anhand des Wandels innerhalb der Fotografie und innerhalb der Medien (jeweils von analog zu digital) aufspüren wollen.

Der deutsche Einzelhandel verkaufte ca. ab dem Jahr 2003 erstmals mehr Digitalkameras als analoge Kameras. Unsere Untersuchung erfasst diesen Wandel, sie beginnt im Jahr 2000 und endet mit dem vergangenen Jahr. Dabei stellt sich schon die erste Problematik in Form der Datenverfügbarkeit. Erste Anlaufstelle ist die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (kurz: IVW, eine staatlich unabhängige Prüfinstitution zur Selbstkontrolle), die für einige Titel die Zahlen für Druckauflage, Verbreitungsauflage, verkaufte Auflage und Abonnenten liefert. Da nicht alle Titel ihre Zahlen IVW-prüfen lassen, haben wir auch die entsprechenden Verlage bzw. Redaktionen direkt angesprochen. An dieser Stelle danken wir ausdrücklich denjenigen, die uns bereitwillig Zahlen nannten.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass eine Diskrepanz zwischen den Zahlen der Verlage und denen der IVW besteht. „Klotzen, und nicht kleckern“ scheint sich so mancher Verantwortliche zu denken, die Konkurrenz soll wohl vor Neid erblassen. Dieser Umstand macht es uns nicht gerade leichter, unseren Lesern ein möglichst objektives Bild der Entwicklung zu liefern.

Das von uns zusammengestellte Zahlenwerk besteht aus verschiedenen Quellen: den „offiziellen“ Zahlen der IVW und den Zahlen von den Verlagen bzw. aus anderen Quellen (ältere Einträge im Netz o.ä.). Wobei uns durchaus bewusst ist, dass auch IVW-Zahlen keine absolut verlässlichen Zahlen sind. Immerhin aber werden hier alle demselben Prozedere unterworfen. Eine Gewähr für die absolute Richtigkeit dieser Zahlen geben wir aus oben genannten Gründen nicht. Wir wollen die Zahlen auch eher als Tendenz verstehen.

Die Betrachtung der Auflagenentwicklung anhand der IVW-Zahlen zeigt, dass sich die Auflage der Fotofachzeitschriften in den Jahren 2000 bis 2010 deutlich erhöht hat:
 

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Auch wenn die IVW-Zahlen nicht alle Titel erfassen, weil einige Zeitschriften noch nie gemeldet oder ihre Meldungen in den letzten Jahren eingestellt haben (so z.B. die deutsche Ausgabe von „Leica Fotografie International“), ist dennoch eine Tendenz ersichtlich. Auffallend ist die Auflagenexplosion in den Jahren 2003 und 2004. Ursächlich hierfür ist das Aufkommen populärer „Massenblätter“ wie „CHIP Foto-Video digital“ (ab 2003 auf dem Markt) und „Audio Video Foto Bild“ (ab dem Jahr 2004). Insbesondere das Bild-Produkt hat in den Anfangsjahren mit einer Druckauflage von über 800.000 Stück den Markt überschwemmt. Mittlerweile haben sich die Auflagenzahlen bei „Audio Video Foto Bild“ mehr als halbiert.
 

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Die Grafik zeigt die nackten Zahlen sehr anschaulich, insbesondere die ambitionierte Druckauflage im Startjahr 2004. Da die Verlage bekanntlich drucken können wie die Weltmeister (wo die Exemplare letztlich landen – wer weiß es schon), haben wir als Vergleichskurve die verkaufte Auflage hinzugefügt. Und hier zeigt sich eine eklatante Diskrepanz zwischen der verkauften Auflage in Höhe von 523.623 Exemplaren im Startjahr 2004 und der verkauften Auflage in Höhe von 168.731 Stück im letzten Jahr 2010. Dies entspricht einem Rückgang von fast 68 %!

Natürlich spielt bei dieser Entwicklung auch das veränderte Leseverhalten in den letzten Jahren eine Rolle. Das Internet macht alle Informationen (fast vollständig) verfügbar. Viele Menschen meinen daher, auf Zeitungen und Zeitschriften verzichten zu können. Interessant ist aber in diesem Zusammenhang, dass die Anzahl der Abonnenten der „Audio Video Foto Bild“ nur um 23,5 % von 28.720 im Jahr 2004 auf 21.944 im Jahr 2010 gesunken ist.

Es wäre zu einfach, den Bild-Leuten nur ihre Auflagenschwemme als Begründung für den Auflageneinbruch vorzuwerfen. Auch Magazine, die bereits seit Jahrzehnten etabliert sind, wie „ColorFoto“ oder „fotoMagazin“, kämpfen mit sinkenden Auflagen- und Abonnenten-Zahlen. So ist beispielsweise die verkaufte Auflage von „ColorFoto“ innerhalb der letzten zehn Jahre zwar „nur“ um rund 42 % gesunken (Jahre 2000 bis 2010), aber im gleichen Zeitraum ist auch die Zahl der Abonnenten um fast 39 % rückläufig.
 

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Ähnlich sieht die Entwicklung beim fotoMagazin für das Jahrzehnt 2000 – 2010 aus. Die verkaufte Auflage sinkt in den letzten 10 Jahren um 41,5 %. Die Zahl der Abonnenten kann das fotoMagazin aber im letzten Jahr wieder steigern, so dass über die 10-Jahres-Spanne die Abos nur um 19 % sinken:
 

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Im hart umkämpften Zeitschriftenmarkt schaffen es aber auch einige Titel, ihre Auflagenhöhe annähernd zu halten oder sogar zu steigern. Beispiel hierfür ist die Zeitschrift „ProfiFoto“, die – nach eigenen Angaben – seit dem Jahr 2000 die verkaufte Auflage mehr oder weniger konstant bei rund 16.000 Exemplaren hält. Neue Titel wie „Fototest“ (mit Spiegelreflex digital, darunter wird das Heft bei der IVW geführt) müssen sich erst noch im Markt beweisen, doch laut IVW konnte Fototest im Jahr 2010 die verkaufte Auflage um 38 % gegenüber dem Vorjahr steigern.

Auffällig ist: Die von den Magazinen selbst genannten Zahlen (also nicht IVW-geprüft) bestätigen den Abwärtstrend nicht, der bei den großen (geprüften) Titeln sofort ins Auge springt. Es liegt wohl in der Natur der Marktgegebenheiten, dass sich keiner gegenüber seinen Konkurrenten schlechter darstellen will. So verwundert es nicht, dass die in den Mediadaten genannten Zahlen sehr geschönt wirken. Insbesondere für das Jahr 2010 soll sich nach den Eigenangaben einiger Verlage die Auflagenhöhe stabilisiert haben. So ergibt sich in der Summe über alle Zahlen folgendes Bild:
 

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Vergleicht man diese Grafik mit dem ersten Kurvendiagramm, das ausschließlich IVW-Zahlen enthält, so ist der Kurvenverlauf zwar grundsätzlich ähnlich; auffällig bleibt die vorgenannte aufstrebende Tendenz für das Jahr 2010.

Auffällig ist auch, dass die Auflagenzahlen bei jenen Titeln, die früher mal IVW-geprüft waren, das heute aber nicht mehr sind, deutlich anwachsen: ein Plus von bis zu 62 % wird da ausgewiesen – und das in einem Markt, in dem alle IVW-geprüften Titel im selben Zeitraum (deutlich) Auflage verloren haben.

Und bevor nun die Print-Kollegen „Verrat“ schreien, kündigen wir vorsorglich eine ähnliche Untersuchung für die Online-Fotomagazine an.

(agün)
 
 

Magazin IVW-Zahlen* Daten verfügbar für die Jahre Verkaufte Auflage
(grün = IVW-geprüft; kursiv = Verlagsangaben)
Hinweise
2000 2005 2010
Audio Video Foto Bild ja 2004 – 2010 —- 468.807 168.731 Seit 2004 auf dem Markt.
CHIP Foto-Video digital ja 2003 – 2010 —- 63.388 62.729 Seit 2003 auf dem Markt.
ColorFoto ja 2000 – 2010 71.284 49.692 41.410  
ComputerFoto ja 2000 – 2005 23.479 18.059 —- Magazin wurde 2006 eingestellt.
digifoto ja 2001 – 2005 —- —- —- Magazin wurde 2005 eingestellt.
digit! teilweise 2000, 2005, 2010 986 2.604 3.144 (seit März 2011 auch am Kiosk erhältlich.)
DigitalPhoto nein 2009 – 2010 Mediadaten —- —- 23.134 Seit 2002 auf dem Markt.
DOCMA ja 2008 – 2010 —- —- 12.865  
d-pixx nein 2005, 2009, 2010 Mediadaten —- —- 18.000 Seit 2005 auf dem Markt.
fine art printer nein 2006, 2007 (unvollständig) Mediadaten, 2010 Verlagsangaben —- —- 5.700 Seit 2005 auf dem Markt.
fotoDigital teilweise IVW: 2004, 2005, Mediadaten 2010 —- 7.447 10.105  
fotoforum teilweise IVW: 2010, Mediadaten Verbreitungsauflage + Abo: 2001, 2004, 2007 —- —- 8.721  
Fotoheft nein 2003, 2005, 2007 Mediadaten —- 42.432 —- Magazin ab 2008 mit Foto Hits verschmolzen.
Foto Hits ja 2006 – 2010 —- —- 50.441 Seit Ende 2005 auf dem Markt.
fotoMagazin ja 2000 – 2010 69.962 49.250 40.905  
Fototest (Spiegelreflex digital) ja 2009 – 2010, Mediadaten 2008 —- —- 25.698 Seit 2008 auf dem Markt.
Leica Fotografie International dtsch. Ausgabe teilweise 2000 – 2008 12.745 9.001 —-  
NaturFoto nein Mediadaten für 2009 und 2010 nennen nur Druckauflage —- —- —-  
ProfiFoto nein 2000 – 2010 Verlagsangaben 16.074 15.502 16.108  
Photo international teilweise IVW: 2000 – 2004, nur Druckauflage für 2008, 2010 8.087 —- —-  
Photographie teilweise IVW: 2008 – 2010, Mediadaten für 2003, 2007 —- —- 26.487  
Photo Presse teilweise 2000, 2005, 2010 6.532 6.802 6.867  
fotocommunity [plus] nein 2010 —- —- 16.455 Seit 2009 auf dem Markt.

 
* Die IVW-Zahlen sind bevorzugt eingeflossen. Nicht-IVW-Zahlen sind kursiv.
 
 
Anmerkungen:
IVW-Zahlen: Einige Verlage melden ihre Auflagenzahlen an die staatlich unabhängige Prüfinstitution zur Selbstkontrolle IVW. Einige Verlage haben ihre Meldung eingestellt. Andere haben noch nie an die IVW gemeldet.
Mediadaten: Die Magazine veröffentlichen zur Information potentieller Anzeigenkunden ihre Auflagen teilweise oder ganz in den Mediadaten.
Verlagsangaben: Informationen des Verlags oder Redaktion auf Nachfrage von photoscala.

 

Nachtrag (9.3.2011): Wir haben die Tabelle um die Zahlen von digit!, Photo Presse und fotocommunity (plus) ergänzt und die IVW-Zahlen, der besseren Kenntlichkeit wegen, grün angelegt.