Apple hat just das iPhone angekündigt; das weit mehr kann, als der Name vermuten lässt. Es ist kein Mobiltelefon, sondern ein ausgewachsener Kleincomputer, in dem zufällig auch ein Telefon steckt. Und die Bedienoberfläche könnte einen Paradigmenwechsel einläuten: Gib mir ein Gehäuse und ich mache dir dein Gerät daraus

Zunächst einmal: Das iPhone scheint einen ganz ähnlichen Coolness-Faktor wie der iPod zu besitzen und wenn dem so ist, dann ist der Erfolg vorprogrammiert. Apple wird zwar (wahrscheinlich) nicht wie beim iPod deutlich über 50% des Handymarktes erobern, aber (viel) mehr als die angepeilten 1% erscheinen sehr wahrscheinlich.

Ob das allerdings unter dem Namen iPhone geschehen wird, ist seit gestern fraglich: Cisco hat Klage wegen Verletzung eines Warenzeichens eingereicht, nachdem es im Vorfeld so schien, als hätten die beteiligten Unternehmen Einvernehmen über die Verwendung des Namens iPhone (der anscheinend in den USA Cisco gehört) erzielen können. Cisco sieht seine Rechte verletzt, Apple hingegen steht auf dem Standpunkt, dass es sich um Geräte aus verschiedenen Produktkategorien handelt. Apple-Sprecherin Natalie Kerris kommentiert: „Die Markenrechtsklage von Cisco ist unklug und deren Recht an der Marke vor allem sehr dünn. Es gibt schon einige Unternehmen, die den Namen iPhone für VoIP-Produkte verwenden. Wir waren jedenfalls die ersten, die ein Mobiltelefon so nannten. Wenn uns Cisco allerdings herausfordern will, so sind wir sehr zuversichtlich, dass wir gewinnen werden.“

Der Name mag strittig sein und sich ändern, das Gerät selbst wird es geben. Apple hat dabei drei Funktionen in der Vordergrund gesellt:
• iPod (Musik, Film und Foto)
• Mobiltelefeon
• Internetterminal (inklusive Google Maps und Google Earth)

All das läuft unter einer abgespeckten Variante von Mac OS X, einem modernen Multitastking-Betriebssystem. Ob Fremdprogramme (ohne Apples Erlaubnis) laufen werden, ist noch nicht klar, erste Indizien deuten darauf hin, dass nicht. Siehe hierzu auch macnews.de: Echtes OS X, aber keine Freiheit für Entwickler.

Die Verwaltung aller Daten erfolgt wie beim iPod vorwiegend vom PC aus: Adressen, Termine, Notizen, Musik, Fotos, Videos werden per iTunes mit dem iPhone synchronisiert. Wobei – im Gegensatz zum iPod – diese Daten auch auf dem iPhone geändert werden können – das iPhone könnte damit auch der bessere PDA werden.

Dank des eingebauten WLAN sollte es kein Problem sein, Filme und Fotos dann auch drahtlos via Apple TV auf den heimischen Fernseher oder Beamer zu bringen – die Diaschaufunktion im iPod ist nicht die schlechteste (inklusive Musikuntermalung) und es deutet alles darauf hin, dass die des iPhone besser sein wird.

Die wichtigsten Einschränkungen, wie sie derzeit gelten und bemängelt werden:
• Kein UMTS
• Fest verbauter Akku
• Kein Direktkauf im Musicstore von iTunes
• Synchronisation nur per USB-Kabel (nicht drahtlos per WLAN / Bluetooth)
• Die eingebaute Kamera ist in der aktuellen Form (2 Megapixel, unbekannte Brennweite) allenfalls als Erfassungsgerät für Visitenkartenfotos wirklich nützlich, aber was nicht ist, kann ja noch werden
• Der Speicher (4 / 8 GB) ist nicht erweiterbar, einen Speicherkartensteckplatz gibt es nicht
• Nur zusammen mit einem Zweijahresvertrag des Anbieters Cingular erhältlich. Wobei noch unklar ist, wie das aussehen wird, wenn das iPhone Ende 2007 in Europa erhältlich ist

Doch es gibt sicherlich ein iPhone II, und III, und IV, und … Folgt Apple der iPod-Modellpolitik, ist etwa alle sechs Monate mit einem verbesserten Modell zu rechnen.

Absolut faszinierend sind die Möglichkeiten des großen, blanken Bildschirms und des leistungsfähigen Betriebssystems samt Prozessor, die, glaubt man Steve Jobs‘ Präsentation, auch aufwendige grafische Effekte sehr flüssig umsetzen: Aussehen und Funktionalität werden zu guten Teilen über die Software gesteuert. Das iPhone ist eben nicht Mobiltelefon, iPod und Internetterminal in einem, sondern wandelt sich auf Fingerzeig zu einem dieser Geräte.

Für die Zukunft scheinen die Möglichkeiten schier grenzenlos. Auf gewisse Weise ist hier der Newton wiedergeboren, der einst der Schwerkraft trotzte, doch der Zeit voraus war. In buntig, und in vielen Bereichen besser. Fehlt nur noch die Schrifterkennung des Newton – doch das sollte ein Klacks sein: Ein Stift ist nun wirklich kein Problem und die Schrifterkennung Ink bringt Mac OS X bereits mit:

Und wenn sich via Bluetooth auch eine (klappbare) Tastatur ansteuern lässt (wogegen theoretisch rein gar nichts spricht), dann könnte das iPhone auch den idealen Kleincomputer für unterwegs abgeben.

Der Anschluss ist derselbe wie beim iPod – genügend Speicher vorausgesetzt, könnte das iPhone mit Hilfe des Camera Connector auch als Bildertank dienen; inklusive grundlegender Bildbearbeitung (Ausschnitt, Farbe, Schärfe) und Bilderversand (direkt aus dem Urwald in die Redaktion). Mac OS X unterstützt RAW-Formate, das könnte dann wohl auch das iPhone. Persönliches Fotoalbum ist es sowieso.

Ein hochauflösender Bildsensor, ein Zoomobjektiv 2,8/28-80 mm, vielleicht gar noch eine Bildbearbeitung – fertig wäre eine Digitalkamera mit interessantem Bedienkonzept (die nach wie vor per Knopfdruck in ein Mobiltelefon, einen Mediaplayer, oder ein Internetterminal verwandelt werden kann).

Eine GPS-Maus, und mit Google Earth und Maps (vorinstalliert) wird ein Navigationsgerät daraus.

Das alles könnte Apple in das eine Gerät integrieren. Genauso denkbar sind aber „iPhones“ mit ganz unterschiedlichen Ausstattungsmerkmalen. Faszinierende Aussichten.

Für alle, die es nicht mehr abwarten können: Unter iphonecountdown.com werden die Tage bis zum Erscheinen des iPhone in den USA gezählt. Und für ganz Eilige gibt es dort auch einen Link auf einen Bastelbogen, so dass sie zumindest schon mal ein Pappmodell in Händen halten:

(thoMas)