Foto der RBT 3-D Sucherkamera S33D – das räumliche Betrachten medialer Inhalte – ist der neue alte Hype. Seit über 150 Jahren gibt es das Stereo-Sehen; mit unterschiedlichen Techniken und unterschiedlichem Erfolg:

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erschienen die ersten Stereo-Aufnahmen und einfache Betrachter für Stereo-Postkarten mit zwei nebeneinander angeordneten Bildern fanden sich wohl bald in zahlreichen Haushalten (siehe 3D Photography Technology).
 

ausriss; Werbung für Rolleiflex und Heidoscop

Ausschnitt aus einer Werbung von Franke & Heidecke

 
Mit den kleiner werdenden Kameras stieg die Nachfrage nach der Stereo-Technik bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts und führte beispielsweise dazu, dass die 1920 neu gegründete Firma Franke und Heidecke mit der Stereo-Heidoscop erst einmal eine Stereo-Kamera auf den Markt brachte, bevor man an die Entwicklung der noch heute produzierten zweiäugigen Rolleiflex-Kameras ging: 90 Jahre Rollei.

In Deutschland wurde am 28. Dezember 1927 die heute noch aktive Deutsche Gesellschaft für Stereoskopie (DGS) gegründet, die als erstes Vereinsorgan die Zeitschrift „Das Plastische Bild“ herausgab. Mit mehr oder weniger großem Erfolg wird das Thema „Stereo-Bild“ bis heute verfolgt. In den Glanzzeiten des Vereins zur Mitte der 1980er Jahre zählte er 700 Mitglieder.

Foto vom View-Master mit Scheibe

Um 1940 kam in den USA mit dem View-Master der 1911 gegründeten Firma Sawyer’s Photo Services ein Stereo-Bildbetrachter für den Massenmarkt. Jeweils sieben Stereobildpaare waren auf leicht zu wechselnden Scheiben angeordnet. Zu den meistverkauften Bilderserien zählten damals Aufnahmen vom Grand Canyon. Im Jahre 1952 startete Sawyer’s mit einem „View-Master Personal Line“ genannten Produkt, das neben dem Betrachter auch eine Kleinbildkamera umfasste, mit der ein Nutzer eigene View-Master-Scheiben erstellen konnte. Für Kunden, denen der Betrachter zu klein war, gab es damals auch einen „Stereomatic 500“ genannten Projektor. Die zu Beginn große Nachfrage nach den neuen Stereo-Kameras fiel in den Folgejahren deutlich ab, so dass der Verkauf nach zehn Jahren wieder aufgegeben wurde.

Über mehrere Stationen im Bereich Kinderspielzeuge kam der View-Master zu Tyco und ist inzwischen bei Fisher-Price des US-Spielzeug-Konzerns Mattel angesiedelt. Im vergangenen Jahr gab die in Seattle im State Washington angesiedelte Firma Alpha Cine Labs bekannt, dass die Produktion der Bilder-Scheiben in Absprache mit Fisher-Price wieder aufgenommen werde.

Nimslo 3D

Zu Beginn der 1980er Jahre nahm die Nimslo-Kamera, eine Entwicklung der beiden US-Amerikaner Jerry Curtis Nims und Allen Kwok Wah Lo, einen erneuten Anlauf zur massentauglichen Stereofotografie. Produziert wurde die mit 4 Objektiven ausgestattete Kamera zuerst in einer Fabrik des amerikanischen Uhrenherstellers Timex in Schottland. Später wechselte die Fertigung zu Sunpack nach Japan. Die Aufnahmen wurden im Nimslo-Labor auf Fotopapier belichtet, das mit einer Lentikular-Folie beschichtet wurde. Das Ergebnis waren die bekannten Wackelbilder. Die vergleichsweise lange Bearbeitungszeit, bedingt durch die Ausarbeitung im Nimslo-eigenen Labor, zählte mit Sicherheit zu den Ursachen für das letztliche Scheitern dieses Konzeptes. Zudem bot die Kamera nur eine Festbrennweite und war ebenso wie die später auftauchenden Nachahmer wie Nishika von eher einfacher Bauart.

Seit den 1950er Jahren gab es im sowjetischen Wirtschaftsraum die FED-Stereokameras aus Kiew. Die einfache Sucherkamera war mit zwei Industar-Objektiven 2,8/38 mm ausgestattet. Passend dazu gab es auch einen Stereoprojektor.

Höherwertig waren die Contaflex-Kameras von Zeiss Ikon mit dem Zeiss-Steritar-Vorsatz. Gleiches gilt für die ähnlich aufgebauten Strahlenteiler-Vorsätze des japanischen Zuberhörherstellers Itzuki Instrument Co., Tokio, Japan, der sein System unter dem Markennamen Stitz anbot, oder dem ebenfalls bis in die 1970er Jahre produzierten Strahlenteiler von Asahi Pentax. Für beide Systeme gab es auch Betrachter für Stereo-Dias.

Mehrere Stereo-Diabetrachter hatte auch die noch heute im hessischen Dietzenbach angesiedelte Firma Grosch im Sortiment. Von der einfachen Koppelung zweier Cenei-Betrachter bis zum Betrachter, der zwei Macromax-Lupen von Emo in Wetzlar nutzte, gab es dort alles, was das Stereofotografenherz entzückte. Heute ist das Sortiment stark reduziert und konzentriert sich auf das Angebot der RBT Raumbildtechnik.

Nur ganz kurz im Markt war um 1991 das Qdos-System von Vivitar. Das offensichtlich von Cosina gebaute Vivitar Serie 1 Qdos-Telezoom 70-210 mm war das einzige Vivitar-Objektiv, das nach dem Anaglyphen-Verfahren mit den speziellen Rot-Grün-Brillen arbeitete.

Foto vom Rolleivision twin MSC 535 P

Auch das Mitte der 1980er Jahre angebotene Stereo-Kamerasystem von Rollei, das zwei Rolleiflex-2000-Kameras parallel auf einer Schiene fixierte, kam nicht über eine Kleinstserie hinaus. Die Rolleivision-Projektoren sind jedoch bis heute als Stereo-Variante für die Stereo-Projektion lieferbar. Mittels Polarisionsfiltern vor den beiden Objektiven, einer metallisierten Stereo-Leinwand und einer Polarisationsbrille werden die zwei deckungsgleich aufeinander projizierten Stereobilder dem rechten und linken Auge des Betrachters gezeigt.

Foto der RBT 3-D Sucherkamera S3

Seit 1988 und bis heute erhältlich, gibt es Stereo-Kameras und einen Stereo-Diaprojektor von RBT Raumbildtechnik im schwäbischen Aichwald. Aus jeweils zwei Kleinbild-Spiegelreflexkameras wurde dort eine Stereo-Kamera gefertigt. Lange Zeit erweckten die verschiedenen Modelle eher den Eindruck einer Bastlerlösung. Spätestens seit dem Umbau der Zeiss-Ikon-Messsucherkamera in die „S3“ genannte Stereo-Sucher-Kamera hat sich das Erscheinungsbild der RBT-Kameras aber deutlich gewandelt. Aufgrund des Preises der Kamera – knapp 4.000 Euro allein für das Gehäuse – eignet sie sich jedoch eher weniger für den Massenmarkt.
 

Horseman 3D

 

Eine der jüngeren Inkarnationen einer analogen Stereokamera ist die 2006 vorgestellte Horseman 3D, eine Kleinbild-Stereokamera mit zwei Objektiven 2,8/38 mm und einer Stereobasis von 34 mm, die eine Verwandte der von Fujifilm gebauten, inzwischen eingestellten, Hasselblad X-Pan ist.

In der digitalen Welt fand sich die dreidimensionale Darstellung zu Beginn vorwiegend im Bereich der Computerspiele. Ende der 1990er Jahre versuchte hier das Aachener Unternehmen ELSA sein Glück mit speziellen Grafikkarten und darauf abgestimmten sogenannten Shutter-Brillen. Ursprünglich von Metabyte unter dem Namen „Wicked3D“ verkauft, trugen sie bei ELSA den Namen „3D-Revelator“. Bei diesem System zeigte der Bildschirm abwechselnd die Perspektive des rechten bzw. linken Auges, die Brille verdunkelte dabei das jeweils nicht passende Auge. Damit das menschliche Auge diesen Vorgang nicht wahrnimmt, muss der Monitor mindestens eine Bildwiederholfrequenz von 120 Hz erreichen. Was mit Röhrenmonitoren realisierbar war, wurde mit den ersten Flachbildschirmen gnadenlos aus dem Markt geworfen: Die Wiederholfrequenz der ersten LCD-Displays war einfach zu gering, um mit den Shutter-Brillen eine 3D-Wirkung erzielen zu können. Damit war das Thema 3D für einen Massenmarkt erst einmal wieder vom Tisch.

Was sich in der Zwischenzeit geändert hat, wer heute schon mit 3D-fähigen Produkten am Markt ist, und was im September zur IFA und zur photokina zu erwarten ist, davon soll dann im zweiten Teil die Rede sein, der für kommenden Freitag geplant ist.

(CJ)