Baden bei Wien verwandelt sich erneut in eine eindrucksvolle Bilder-Stadt: An diesem Wochenende eröffnete Europas größtes Open-Air-Fotofestival, das La Gacilly-Baden Photo Festival 2025. Unter dem Jahresthema „Australien & die Neue Welt“ erwarten Besucher auf einer 7 Kilometer langen Route rund 30 Ausstellungen mit etwa 1.500 großformatigen Fotografien – bei freiem Eintritt, rund um die Uhr. Wir waren beim Fotofestival Baden 2025 vor Ort dabei und beleuchten für Sie die Besonderheiten des Festivals, das globale Leitthema, die ausstellenden Fotokünstler und ihre Werke sowie den Kurator und Festivalleiter Lois Lammerhuber.
Baden als Festivalbühne: Geschichte eines paneuropäischen Fotofests
Baden bei Wien ist seit 2018 jeden Sommer Schauplatz eines einzigartigen Fotofestivals. Initiiert wurde es durch eine österreichisch-französische Zusammenarbeit: Die Wurzeln liegen im bretonischen Dorf La Gacilly, wo Jacques Rocher – Sohn des Kosmetik-Unternehmers Yves Rocher und langjähriger Bürgermeister – 2003 das Festival Photo La Gacilly ins Leben rief. In Baden entwickelte sich die Kooperation der beiden Städte zum größten Open-Air-Fotofestival Europas mit über 300.000 Besuchern etwa im vergangenen Jahr. Die Grundidee: eindrucksvolle Fotokunst zu Umwelt- und Gesellschaftsthemen frei zugänglich im öffentlichen Raum zu zeigen.

Lois Lammerhuber, Ulla Lohmann und Michael Pollaschak, Marketing Director CEWE Österreich (v.l.n.r.) Foto: Benjamin Lorenz
Lois Lammerhuber, ein österreichischer Fotograf, Verleger und Kurator, war von der Atmosphäre in La Gacilly derart inspiriert, dass er vorschlug, dessen Ausstellung nach Baden zu bringen. „Plötzlich war da dieser Gedanke, die Ausstellungen von La Gacilly in die Parks von Baden zu bringen“, erinnert er sich. Trotz immenser logistischer Herausforderungen – „Festivals reisen nicht“, so Lammerhuber augenzwinkernd – setzte er die Vision in die Tat um. Seit 2018 präsentiert Baden jeweils die Schau aus La Gacilly, erweitert um zusätzliche Beiträge aus österreichischer und Lois Lammerhubers Sicht. So ist La Gacilly-Baden Photo zu einem „paneuropäischen Fotofestival“ geworden, bei dem internationale und lokale Perspektiven zusammenfließen .
Besonders bemerkenswert ist die enge Verbindung von Fotokunst und öffentlichem Raum. Baden – eine historische Kurstadt und UNESCO-Welterbe – dient mit seinen Parks, Gärten und dem malerischen Stadtzentrum als natürliche Kulisse für die Fotografien. Die Bilder hängen an Fassaden, stehen in Fußgängerzonen, schmücken Beete und Teiche.
Kunst im öffentlichen Raum wird hier wörtlich genommen: Die Stadt wird zur Galerie unter freiem Himmel, frei zugänglich für alle und das rund um die Uhr. Dieses Konzept schafft eine besondere Atmosphäre, wie ein Spaziergang durch Baden sofort zeigt. Schon am Eröffnungswochenende flanierten Familien, Fotobegeisterte und zufällige Passanten gleichermaßen staunend vor den großformatigen Bildern, die nahtlos mit der sommerlichen Gartenlandschaft verschmelzen. Es ist genau dieser niederschwellige Zugang, der das Festival so erfolgreich macht. Im vergangenen Jahr zählte man über 320.000 Besucher, ein neuer Rekord, der Badens Stellenwert als Fotografie-Hotspot Europas unterstreicht.

Fotograf Hans-Jürgen Burkhard Foto: Benjamin Lorenz
Australien & die Neue Welt – Fotofestival Baden 2025
Jedes Jahr widmet sich das Festival einem Leitthema, das oft einen geographischen Fokus mit einem gesellschaftlich-ökologischen Aspekt verbindet. In der achten Baden-Ausgabe 2025 lautet dieses Motto „Australien & die Neue Welt“. Dahinter stehen zwei Erzählstränge: Zum einen ein Blick auf den fernen Kontinent Australien und zum anderen eine Erforschung neuer (oder neu zu entdeckender) Perspektiven unserer Welt – insbesondere in Hinblick auf das Verhältnis von Mensch und Umwelt. Festivalleiter Lammerhuber formuliert es als Spannungsfeld zwischen Conditio Humana und dem Zustand des Planeten Erde.
Australien als Schwerpunkt liegt nahe, war doch die letzte Edition des Schwesterfestivals in La Gacilly diesem Kontinent gewidmet – Baden zeigt nun die Höhepunkte daraus in neuem Gewand. Australien fasziniert als Land der Extreme: fast 100-mal größer als Österreich, aber mit nur 26 Millionen Einwohnern dünn besiedelt. Es ist reich an Naturschönheiten und zugleich mit Umweltproblemen konfrontiert, die beispielhaft für globale Herausforderungen stehen – Buschfeuer, Ozeanverschmutzung, Umgang mit dem indigenen Erbe.

Australien ist ein Hauptthema auf dem Fotofestival Baden 2025 Foto: Benjamin Lorenz
Die australischen Fotografen des Festivals verstehen sich als Botschafter dieser einzigartigen Umwelt . Ihre Werke bewegen sich zwischen schroffer Realität und poetischer Symbolik, zwischen Drama und schwarzem Humor. Sie zeigen Australiens Schönheit, prangern Missstände oft subtil und kreativ an und untersuchen das Spannungsfeld von Identität und Natur. Man spürt in diesen Bildern die tiefe Verbundenheit mit dem Heimatland: „Sie lieben ihr Land so sehr, dass sie sogar Fehler nur mit Poesie anprangern“, heißt es im Festivalprogramm über die australische Handschrift.
Der zweite Teil des Mottos, „die Neue Welt“, ist facettenreich interpretiert. Gemeint sind hier vor allem neuartige Blickwinkel auf Mensch-Umwelt-Themen jenseits Europas, insbesondere aus dem amerikanischen Raum, aber auch aus anderen Erdteilen. Während Australien gewissermaßen die Antipoden-Perspektive symbolisiert – Menschen, die wortwörtlich am anderen Ende der Welt leben (terra australis – das „südliche Land“) –, richtet sich der Fokus der „Neuen Welt“ auf die westliche Hemisphäre und globale Zukunftsfragen.
In der Praxis treffen in Baden 2025 daher australische Fotoserien auf Werke aus den USA, aus Lateinamerika, Afrika und Ozeanien. Themen wie Klimawandel, Ernährungssicherheit, kulturelles Erbe und soziale Gerechtigkeit werden durch diese internationale Auswahl greifbar gemacht. So entsteht ein vielstimmiges visuelles Narrativ über unseren Planeten: Die Neue Welt steht hier weniger für eine geografische Region als für ein Kaleidoskop neuer Perspektiven auf alte Fragen.
7 Kilometer Bilder: Das Fotofestival Baden 2025 wird zur Freiluft-Galerie
Die schiere Größe des Festivals ist beeindruckend: Rund 30 Ausstellungen mit insgesamt etwa 1.500 Fotografien reihen sich auf einem Parcours von 7 Kilometern Länge durch Baden. Startpunkt ist das Besucherzentrum am Brusattiplatz, von wo aus sich zwei Routen verzweigen – die sogenannte Garten-Route und die Stadt-Route. Erstere führt durch Badens Parks und Grünanlagen, etwa den Doblhoffpark mit seinem Rosarium, während die zweite durch die Gassen der historischen Altstadt verläuft. Gemeinsam weben sie ein Netz aus Bildern, das die gesamte Stadt überzieht.
Bereits morgens, wenn die Sonne die ersten Strahlen auf die Rosenbeete im Doblhoffpark wirft, leuchten dort Fotografien wie Fenster in andere Welten. Auf dem Teich schwimmen großformatige Unterwasseraufnahmen – eine Ausstellung des deutschen Fotografen Herbert Frei, auch bekannt als der „Süßwasserpapst“, der seit den 1970ern verborgene Schönheiten heimischer Gewässer dokumentiert. Diese Bilder, die im Wasser treiben, sind eine Hommage an 50 Jahre Wasserforschung der UNESCO und das Jahr des Süßwassers 2025.

Der „Süßwasserpapst“ Herbert Frei Foto: Benjamin Lorenz
Die Stadt-Route führt vorbei an denkmalgeschützten Biedermeier-Fassaden und durch intime Innenhöfe. In der Fußgängerzone begegnet man plötzlich einem Stück CERN: Auf dem Josefsplatz macht die Sonderausstellung „Code of the Universe“ astrophysikalische Forschung mit spektakulären Bildern erlebbar . Hier erfahren Passanten en passant vom Large Hadron Collider und dem geplanten Future Circular Collider – ungewöhnliche Themen für ein Fotofestival, die jedoch perfekt zum neugierig machenden Charakter der Veranstaltung passen. Gleich um die Ecke, an einer historischen Mauer, hängen vergilbte Fotografien berühmter Zugfahrten: Eine Ausstellung der ÖBB zum Jubiläum 200 Jahre Eisenbahn zeigt nostalgische Szenen von Kaiserin Sisi bis Arnold Schwarzenegger im Zug.
Diese Durchmischung von Kunst, Geschichte, Wissenschaft und Natur im öffentlichen Raum ist es, was Baden in den Festivalmonaten so einzigartig macht. Die kostenlose Zugänglichkeit rund um die Uhr senkt alle Hürden – man kann gezielt eine Ausstellung besuchen oder einfach beim abendlichen Eissalon-Besuch plötzlich vor einem leuchtenden Foto stehenbleiben und ins Staunen geraten. „Das Festival lädt die Besucher ein, sich auf herausfordernde Themen unserer Zeit auf sinnliche Weise einzulassen und dank der Bilder großartiger Fotokünstler in Staunen versetzen zu lassen“, formulieren es die Veranstalter . Und in der Tat: Staunen und Nachdenken liegen in Baden dicht beieinander.
Fotografen und Werke: Die Ausstellungen im Überblick
Insgesamt beteiligen sich 2025 über 40 Fotokünstler aus aller Welt an den Ausstellungen (einige Projekte sind Kollektiv- oder Schulprojekte). Ihre Sujets spannen einen weiten Bogen – von den brennenden Eukalyptuswäldern Australiens bis zu den heiligen Wäldern Benins. Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten Aussteller und Themen:
Australische Fotokunst: Zwischen Outback, Ozean und Mythos
Neun renommierte Fotograf:innen aus Australien prägen den ersten thematischen Block des Festivals . Sie zeigen ihre Heimat facettenreich und oft mit persönlicher Handschrift:
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Matthew Abbott – dokumentiert die verheerenden Buschfeuer des „Black Summer“ 2019/20 in seiner Serie „Fires and Counter-fires“. Ein Bild davon, ein von Flammen eingeschlossener Koalabär, wurde mit einem World Press Photo Award ausgezeichnet . Abbott hält drastisch fest, was es bedeutet, wenn 24 Millionen Hektar Land in Flammen stehen und Milliarden Tiere sterben.
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Narelle Autio – richtet ihren Blick seit über 20 Jahren unter die Wasseroberfläche. Umgeben von drei Weltmeeren, lebt Australien in enger Symbiose mit dem Ozean. Autios Serie „The Call of the Oceans“ fängt flüchtige Momente im Meer ein – spielende Kinder in den Wellen, Tänzerische Lichtspiele unter Wasser. Sie dokumentiert subtil die Wechselwirkungen zwischen Menschen und Meer und gilt als Meisterin der Unterwasser-Fotografie.
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Tamara Dean – überschreitet in „In Search of an Eden“ die Grenzen zwischen Mensch und Natur, indem sie ihren eigenen Körper als künstlerisches Element einsetzt . In traumwandlerisch arrangierten Szenen wird sie eins mit Landschaften, um zu zeigen, wie sehr wir Teil der Umwelt sind. Ihre Fotografie verbindet konzeptionelle Bildsprache mit persönlicher Performance – ein Versuch, die Barrieren abzubauen, die uns von unserer Verantwortung für den Planeten trennen.
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Anne Zahalka – gehört zu Australiens bedeutenden Fotokünstlerinnen und ist bekannt dafür, kulturelle Stereotype mit feinem Humor zu hinterfragen. In ihrem neuen Werk „Future Past Present Tense“ nimmt sie das traditionelle Diorama (Schaukästen mit ausgestopften Tieren) als Ausgangspunkt, um Fragen nach Zugehörigkeit, Zeit und Verlust zu stellen . Zahalkas Stil ist inszeniert und doch kritisch – eine fotografische Spurensuche nach dem, was „wildes Leben“ in einer postkolonialen, multikulturellen Gesellschaft bedeutet.
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Viviane Dalles – präsentiert unter dem lateinischen Titel „Terra Nullius“ (Niemandes Land) eine Reportage aus dem Northern Territory im australischen Outback . Dort, wo die britischen Kolonisatoren einst Land für herrenlos erklärten, dokumentiert Dalles heutige Lebenswirklichkeiten: Aborigines-Gemeinschaften, endlose Horizonte, ein unwirtliches, zugleich spirituelles Land. Ihre Bilder reflektieren auch den historischen Unrechtsbegriff Terra Nullius und dessen Nachwirkungen bis heute.
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Adam Ferguson – spürt in seiner Serie „Big Sky“ der atmosphärischen Eigenart des australischen Hinterlands nach . Er beschreibt ein Gefühl der Beklemmung und Ehrfurcht zugleich: „Es herrscht dort eine unheimliche Stille… Und die Weite des Himmels wird unglaublich laut und ergreifend“, sagt Ferguson . Seine Fotografien – von flirrenden Wüstenhimmeln bis zu einsamen Farmen unter endlosem Firmament – vermitteln genau diese Mischung aus Schönheit und Unbehagen des ländlichen Australiens.
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Trent Parke – als erster australischer Magnum-Fotograf bekannt, zeigt mit „Australia, Unfiltered“ einen sehr persönlichen, ungefilterten Liebesbrief an seine Heimat. In kräftigen Schwarzweiß-Kontrasten und mit dynamischem Street-Photography-Stil fängt Parke den Alltag in Australien ein: Surfer am Strand, Kinder beim Cricket, nächtliche Highways. „Ich liebe dieses Land, die Menschen, einfach alles…“, bekennt Parke . Seine Bilder strahlen diese ungebrochene Begeisterung aus und bilden einen energetischen Abschluss des Australien-Reigens.
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Bobbi Lockyer – eine indigene Künstlerin (Ngarluma, Kariyarra, Nyul Nyul und Yawuru Abstammung), deren farbenfrohe, fantasiereiche Bilder ein Fenster in die Welt der First Nations öffnen . Sie bezeichnet sich selbst augenzwinkernd als „pinkhaarige Meerjungfrauenkönigin“. Ihre Arbeiten – oft surreal anmutende Porträts – gelten als bahnbrechend und revolutionär in der australischen Fotoszene und thematisieren die Rechte der Ureinwohner, besonders der Frauen. Lockyer nutzt visuelle Metaphern aus Meer und Mythologie, um postkoloniale Narrativen umzuschreiben.
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Kollektiv Agence France-Presse (AFP) – als überraschender Gast in der Australien-Sektion präsentiert die internationale Nachrichtenagentur eine Serie namens „Survivals“. Hier werden globale Umwelt- und Sozialthemen im australischen Kontext gespiegelt – von Dürreperioden über Tierarten auf der Kippe bis zu Menschen, die Widerstandskraft beweisen. Die AFP-Fotografien fügen dem künstlerischen Blick der Einzelautoren einen dokumentarischen, aktuellen Layer hinzu und erinnern daran, dass Australien als Teil der Weltgemeinschaft von denselben Problemen betroffen ist wie alle – Klimakrise, Artensterben, soziale Fragen.
Perspektiven der „Neuen Welt“: Menschen, Natur und Visionen
Parallel zu den Australien-Schauen erstreckt sich der zweite Hauptblock über die Neue Welt. Dieser vereint Fotografinnen und Fotografen aus Nord- und Südamerika, Europa (außerhalb Österreichs) und Afrika sowie einige aus Österreich selbst, die globale Themen beleuchten.
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Mitch Dobrowner (USA) – nimmt uns mitten in den Sturm. Der amerikanische Landschaftsfotograf jagt Tornados und Superzellen in den Ebenen der USA. In „In the Eye of the Storm“ zeigt er apokalyptisch anmutende Wolkenformationen, Blitze und wirbelnde Wolkentrichter in dramatischem Schwarzweiß . „Stürme sind wie Persönlichkeiten, keiner ist wie der andere“, sagt Dobrowner . Seine Bilder vermitteln Ehrfurcht vor der Naturgewalt und erinnern daran, dass das Klima zunehmend Kapriolen schlägt.
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Louise Johns (USA) – ist in Montana zuhause und betitelt ihre Serie „Wild Wide West“, eine Hommage an das weite Land unter dem endlosen Himmel der amerikanischen Prärie. Johns fotografiert Rancher, Rodeoreiterinnen, Native Americans und Naturschützer gleichermaßen und offenbart konfliktreiche Beziehungen zwischen Tradition, Landnutzung und Naturschutz im modernen „Wilden Westen“. Ihre Bilder zeigen die raue Schönheit Montanas, erzählen aber auch vom Zusammenprall unterschiedlicher Interessen – Viehzüchter vs. Wolfschützer, indigene Gebietsansprüche vs. Staat – und entmystifizieren so den Cowboy-Mythos auf respektvolle Weise.
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Joel Meyerowitz (USA) – als Grandseigneur der Fotografie zählt er zu den einflussreichsten Bildkünstlern des 20. Jahrhunderts. Meyerowitz ist berühmt als Pionier der Farbfotografie und Chronist des New Yorker Straßenlebens. Seine Ausstellung „Through the Cities“ in Baden geht allerdings über eine reine Retrospektive hinaus: Sie nimmt den Betrachter mit auf eine visuelle Reise durch den Wandel der amerikanischen Städte von den 1960ern bis heute. Von New Yorks Straßenschluchten über Vorstadt-Szenen bis zu Nachbildern von 9/11 spannt Meyerowitz einen Bogen, der Urbanisierung, Diversität und sozialen Wandel abbildet. Dass diese Legende in Baden ausstellt, ist ein besonderes Highlight.
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Alfred Seiland (AT) – der renommierte österreichische Fotograf tritt in einen direkten Dialog mit Meyerowitz. Er steuert zwei Ausstellungen bei, darunter „East Coast to West Coast“, die ebenfalls das Amerika des späten 20. Jahrhunderts auslotet. Seiland, geboren in Leoben, reiste zeitgleich mit Meyerowitz durch die USA und fotografierte mit großformatiger Kamera urbanes Leben – jedoch eben aus europäischer Sicht. Erstmals überhaupt werden die Werke der beiden Zeitzeugen nun parallel gezeigt. Das ermöglicht einen reizvollen Vergleich: Wie sah ein New Yorker und wie ein Österreicher die amerikanischen Städte der 1980er? Trotz ähnlicher Motive und Technik sind die Nuancen verblüffend – hier spontan-dynamisch (Meyerowitz), dort komponiert und mit Wienerischem Auge für das Kuriose (Seiland). Diese Gegenüberstellung zählt zu den kuratorischen Coups des Festivals.
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George Steinmetz (USA) – präsentiert mit „Feed The Planet“ ein opulentes Langzeitprojekt, das fragt: Kann die Welt 10 Milliarden Menschen ernähren? Steinmetz, als Luftbildfotograf bekannt, hat landwirtschaftliche Strukturen und Lebensmittelproduktion rund um den Globus dokumentiert – von Megafarmen bis zu traditionellen Fischernetzen. Seine großformatigen Aufnahmen aus der Vogelperspektive sind ästhetisch überwältigend und zugleich ein nachdenklich stimmendes Puzzle globaler Ernährungssysteme . Hier wird Fotografie zum investigativen Werkzeug, das Zusammenhänge sichtbar macht (Monokulturen, Überfischung, Treibhausanbau), und die Frage aufwirft, wie nachhaltige Ernährung möglich ist.
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Dieter & Isolde Bornemann (AT) – liefern mit „Aufgegessen!“ einen lokal verankerten Kontrapunkt zu Steinmetz’ globaler Sicht. Dieter Bornemann, in Österreich als TV-Journalist bekannt, hat mit seiner Frau Isolde (Foodbloggerin) die Thematik Lebensmittelverschwendung fotografisch aufgearbeitet . Ihre Bilder zeigen zum Teil schockierend direkt, was alles im Müll landet, und halten uns den Spiegel vor: In Österreich wirft jede Person durchschnittlich 75 kg Essen pro Jahr weg. Die Ausstellung soll Bewusstsein schaffen – und sie tut dies mit charmantem Wiener Schmäh: etwa inszenierte Stillleben aus verschmähtem Gemüse, die an barocke Gemälde erinnern, aber doch Müll sind. „Use food instead of wasting it“ lautet der Appell (auch als Untertitel der Schau) – passend platziert neben Steinmetz’ globalen Szenen, ergibt sich eine brisante Dialoge zwischen Welt und Heimat.
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Alessandro Cinque (IT) – widmet sich in „Soiled Earth, Damaged Bodies“ den Folgen des Bergbaus in den Andenstaaten. Der italienische Dokumentarfotograf zeigt in teils verstörenden Bildern, wie der Abbau von Gold, Kupfer und Lithium in Peru und Bolivien Menschen und Umwelt zeichnet: vergiftete Böden, kranke Minenarbeiter, indigene Gemeinden im Widerstand. Die Fotoserie ist ein eindringliches Plädoyer für Nachhaltigkeit und Menschenrechte, das weit über die Andenregion hinausweist – denn die Gier nach Rohstoffen ist global.
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Ulla Lohmann (DE) – entführt uns nach Papua-Neuguinea, zu den Völkern der aktiven Vulkane. Die Abenteuerfotografin hat Jahre bei den sogenannten „Feuer-Völkern“ verbracht und sogar rituelle Tätowierungen dieser indigenen Gemeinschaften erhalten. Ihre Bilder zeigen den Alltag und die Zeremonien auf New Britain, einer abgelegenen Insel, wo Menschen im Schatten rauchender Krater leben. Lohmanns Serie „People of the Volcanoes“ besticht durch Nähe und Respekt – sie durfte als eine der wenigen Außenstehenden intime Momente festhalten, vom Essen am Lavastrom bis zum Tanz der Geistermasken. Hier wird sichtbar, wie vielfältig menschliche Kultur sein kann und wie eng sie an die Naturgewalten geknüpft ist.
Vulkanfotografin Ulla Lohmann. Foto: Benjamin Lorenz
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Gaël Turine (BE) – dokumentiert in „The Spirits of the Forest“ die geheimnisvollen Voodoo-Wälder von Benin. In dem westafrikanischen Land gilt Voodoo als Religion, und bestimmte Waldstücke werden als heilig verehrt, da dort Götter und Geister wohnen sollen. Turine fotografiert Priester, Maskenträger und Dorfbewohner bei Ritualen im grünen Halbdunkel dieser Urwälder. Seine Serie ist visuell beeindruckend – bunte Gewänder vor sattem Blattgrün – und öffnet einen ungewöhnlichen Zugang zum Thema Biodiversität: Hier erscheinen die Hüter der Natur in Gestalt von Voodoo-Göttern . Die Botschaft dahinter: Traditionelle Spiritualität kann im Dienste des Umweltschutzes stehen, wenn Wald als göttliches Gut betrachtet wird.
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Alice Pallot (FR) – wendet sich einem akuten Umweltproblem in Europa zu: der Grünalgen-Plage an den bretonischen Küsten. Auf den ersten Blick mögen ihre Fotos ästhetisch ansprechend sein – leuchtend grüne Teppiche am Meeresufer –, doch sie erzählen von einem ökologischen Ungleichgewicht. „The Perils of Nature“ dokumentiert dieses Phänomen, das durch Überdüngung und Klimawandel verursacht wird: Faulende Algenberge, die Strände unbenutzbar machen und giftige Gase freisetzen. Pallots Arbeiten liegen irgendwo zwischen Landschaftsfotografie und Umwelt-Reportage und regen zum Nachdenken an, wie menschliche Landwirtschaft selbst entlegene Buchten beeinflusst .
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Sophie Zénon (FR) – nimmt uns in „The Memory of Stones“ mit in die heidnische Bretagne. Sie erforscht die bretonische Heide- und Moorlandschaft, durchsetzt von Menhiren, Sagen und Geistergeschichten . In stillen, atmosphärischen Bildern – Nebel über Mooren, alte Steine in mystischem Licht – geht Zénon der Frage nach, welche Erinnerungen Landschaften speichern. Ihre Reise in die mémoire sensible (sensible Erinnerung) dieser Region schlägt einen Bogen vom lokalen Brauchtum zur universellen Frage: Wie prägt der Mensch die Natur – und wie prägt umgekehrt ein Landstrich die Kultur der Menschen?
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Bernard Plossu (FR) – präsentiert „Fresson Colours“, eine Schau großformatiger Landschaftsfotografien, hergestellt im seltenen Fresson-Druckverfahren. Plossu, ein Altmeister der französischen Fotografie, hat über Jahrzehnte Orte in Mexiko, Niger, Marokko und in seiner Heimat Provence fotografiert . Die Fresson-Technik – ein Pigmentdruck aus dem 19. Jahrhundert – verleiht den Bildern einen malerischen, fast entrückten Charakter, mit weichen Farben und Körnung . Dadurch wirken Plossus Wüsten, Vulkane und Küstenstreifen wie Gemälde aus einer Traumwelt. Seine Ausstellung in Baden ist ein stiller Farbrausch und zeigt einen Kontrapunkt zu den digitalen Hochglanzbildern: Hier wird die Fotografie selbst zum Kunst-Handwerk, was viele Besucher im Detail studieren – man sieht sie mit den Augen dicht an den Prints, um die Textur zu erkennen.
Lokale und besondere Ausstellungen
Ergänzt wird das internationale Programm durch mehrere Sonderausstellungen und lokale Beiträge, die dem Festival in Baden eine eigene Note verleihen:
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Hans-Jürgen Burkard (DE) – langjähriger Stern-Fotograf, unternahm nach seiner Rückkehr aus dem Ausland eine ungewöhnliche Reise durch sein Heimatland Deutschland. Fasziniert von Rockmusik, legte er sich Liedtexte wie „An Tagen wie diesen“ (Die Toten Hosen) auf den Beifahrersitz und fuhr los. Sein Werk gleichen Namens („An Tagen wie diesen“) ist eine musikalisch-fotografische Deutschlandreise, bei der zu jedem Song ein Bild entstand. Das Ergebnis, ausgestellt in Baden, ist ein Deutschland-Porträt voller Nostalgie und Poesie – von der Eckkneipe unterm Neonlicht bis zur Ostseewelle im Sturm, stets mitschwingend der Soundtrack bekannter Rockhymnen. Burkards persönliche Herangehensweise lässt die Besucher schmunzeln und wehmütig werden, gerade weil viele diese Songs kennen und nun visuell neu erleben dürfen.
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Brent Stirton (ZA) – einer der großen Dokumentarfotografen unserer Zeit (oft für National Geographic im Einsatz), hat im Auftrag des Festivals ein unsichtbares Leid sichtbar gemacht: die Krankheit ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome). In „Life and Suffering in the Shadows“ porträtiert Stirton österreichische Betroffene dieses chronischen Erschöpfungssyndroms – Menschen, die äußerlich gesund wirken, innerlich aber gefangen sind in einem dauerhaften Krankheitszustand . Seine Fotos – zumeist einfühlsame Schwarzweiß-Porträts in häuslicher Umgebung – ziehen die Betrachtenden in eine stille Welt des Rückzugs. Das Festival sieht es als Verpflichtung, auch solche Themen in die Mitte der Gesellschaft zu rücken . Stirtons Beitrag ist denn auch mehr als eine Ausstellung: Er fungiert als Aufklärungskampagne, die schon im Vorfeld medial für Aufmerksamkeit sorgte. Vor einigen Bildern liegen Taschentücher bereit – und sie werden gebraucht.
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CEWE Photo Award – „Our World is Beautiful“ – in dieser Galerie werden die besten Bilder des weltgrößten Fotowettbewerbs (über 650.000 Einreichungen aus 170 Ländern) präsentiert. Die Ausstellung ist insofern besonders, als sie Amateur- und Profifotografien auf Augenhöhe zeigt. Die strahlenden Fotos – von majestätischen Naturaufnahmen bis zu ergreifenden Porträts – beweisen, dass großartige Bilder nicht nur von weltberühmten Künstlern stammen. Es ist quasi die „Volksausstellung“ des Festivals, die den Bogen zum ambitionierten Laien spannt und oft sehr gut besucht ist.
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Niederösterreichische Berufsfotografen – traditionell sind auch die heimischen Profifotografen mit einer thematischen Schau vertreten. 2025 haben 18 Fotografen aus der Region eine fotografische Rundreise zu Klöstern und öffentlichen Gärten in Niederösterreich unternommen. Das Ergebnis, „Kulturgut Klöster & Gärten“, vereint Architektur-, Landschafts- und Detailfotografie: vom Stift Melk im Morgennebel bis zur Nahaufnahme einer barocken Stuckfigur im Stiftsgarten. Diese Ausstellung zeigt eindrucksvoll, welche Schätze quasi vor unserer Haustür liegen, und ergänzt das globale Programm um einen lokal-kulturellen Akzent.
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Reiner Riedler (AT) – der Artist in Residence des Vorjahres, präsentiert eine Rückschau auf das Festival 2024 zum Thema „Welt.Natur.Erbe“. Riedler ist ein vielfach ausgezeichneter Dokumentarfotograf; er hat während des Festivals 2024 quasi als Hausfotograf das Geschehen und die Ausstellung im Bild festgehalten. Diese Meta-Ausstellung – ein Festival über das Festival – gibt spannende Einblicke hinter die Kulissen. Ergänzt werden Riedlers Fotos durch poetische Texte von Irmie Vesselsky, der Gewinnerin des Thomas-Jorda-Literaturpreises 2023, was der Schau eine literarische Ebene verleiht . Ein schönes Detail am Rande: Hier begegnet man als Besucher sich gewissermaßen selbst, sofern man 2024 in Baden war – manch einer findet sich oder Freunde vielleicht auf einem Riedler-Foto wieder.
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100 Jahre Bundesforste – „Der Wald ist der größte Künstler“ – diese Sonderausstellung ehrt das Jubiläum der Österreichischen Bundesforste mit einem kreativen Kunstgriff . Mitarbeiter der Forste sammelten ein Jahr lang Naturmaterialien aus heimischen Wäldern – Moose, Zweige, Rinden, Pilze. Unter Leitung der Kreativdirektorin Pia Scharler und Fotograf Craig Dillon wurden damit zwölf Meisterwerke der Kunstgeschichte nachgebaut und fotografiert. So entstand z.B. eine Version von Klimts „Kuss“ aus gelbem Herbstlaub und dunkler Baumrinde, oder Monets Seerosen aus echten Wasserlinsen und Blüten. Die so inszenierten Motive sind erstaunlich erkennbar und zugleich humorvoll verfremdet. Die Ausstellung lädt zum Rätselraten ein: Welches berühmte Gemälde versteckt sich hinter diesem Wald-Stillleben? Gleichzeitig zelebriert sie die Artenvielfalt des Waldes – ein origineller Brückenschlag zwischen Natur und Kunst.
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200 Jahre Eisenbahn – wie erwähnt zeigt diese Ausstellung historische Fotografien rund um die Eisenbahn in Österreich. Von der Eröffnung der Semmeringbahn über dampfende Lokomotiven des 19. Jahrhunderts bis hin zur Moderne mit Railjets wird ein visueller Bogen gespannt. Charmant sind vor allem die Prominenten-Schnappschüsse.
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Bilateral-Schulprojekt „Der Geist des Sports“ – Ein Herzensprojekt des Festivals ist jedes Jahr der Blick in die Zukunft durch Kinderaugen. 2025 arbeiteten erneut 18 Schulen in Niederösterreich und 18 im Département Morbihan (Bretagne) an einem gemeinsamen Fotothema Diesmal setzten sich die Schülerinnen und Schüler fotografisch mit Sport und seinen Werten auseinander – Exzellenz, Respekt, Solidarität, Frieden. Die besten Ergebnisse der Jugendlichen werden in Baden und parallel in Frankreich ausgestellt. Es sind oft überraschend reife Arbeiten darunter. Dieses Projekt zeigt, wie Fotografie junge Menschen zum Nachdenken anregen kann – ganz im Sinne von Jane Goodalls Motto, das Festival zitiert es gerne: „Wir haben die Wahl, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.“
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„Culture of Solidarity“ – Partnerprojekte: Unter diesem Leitgedanken kooperiert das Festival mit Partnerinstitutionen. In der Garten Tulln (unweit von Baden) etwa wird „The Human Footprint“ gezeigt, ein Projekt von Gerald Mansberger & Markus Eisl, das mithilfe von Satellitenbildern den menschlichen Einfluss auf die Erde visualisiert. Ebenso besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Monat der Fotografie Bratislava, und 2025 ist erstmals auch eine kleine Dependance in Budapest geplant: Dort werden ab September prämierte Bilder des Global Peace Photo Award (dessen Mitinitiator ebenfalls Lammerhuber ist) zu sehen sein. Diese internationalen Vernetzungen unterstreichen Badens wachsende Bedeutung im Festivalgeschehen.
Man merkt: Die Fülle an Ausstellungen ist enorm, und jede für sich würde eine eigene Besprechung füllen. Dennoch fügt sich alles zu einem großen Ganzen. Das übergreifende Thema Mensch und Umwelt zieht als roter Faden durch praktisch alle Beiträge. Damit folgt Baden dem ursprünglichen Geist von La Gacilly, wo Gründer Jacques Rocher die Devise ausgab, Fotografie solle Augen und Herzen öffnen für eine nachhaltigere Welt.
Kurator und Motor des Festivals: Lois Lammerhuber
Im Zentrum dieses Mammutprojekts steht Lois Lammerhuber, Festivalleiter und Kurator der Baden Edition. Wer ihn dieser Tage in Baden trifft – meist erkenntlich am Panama-Hut und mit wachem Blick auf jedes Detail der Präsentationen – begegnet einem Mann, der zugleich bescheiden im Auftreten und visionär in seinen Ambitionen ist. Lammerhuber, Jahrgang 1956, stammt aus Niederösterreich und hat sich in der Fotoszene als mehrfach ausgezeichneter Fotograf und Verleger (Edition Lammerhuber) einen Namen gemacht. Spätestens seit dem Start von La Gacilly-Baden 2018 gilt er auch als Festivalmacher mit Weltformat.
Seine Rolle im internationalen Festivalgeschehen ist bemerkenswert: Er hat es geschafft, einen Brückenschlag zwischen der französischen Provinz und dem Wiener Umland zu schlagen, und damit ein wahrhaft paneuropäisches Kulturereignis zu etablieren. In Zusammenarbeit mit der künstlerischen Leiterin Florence Drouhet (die aus Frankreich die Inhalte mitkuratierte) und seiner Frau Silvia Lammerhuber (kaufmännische Direktorin) holte er die Elite der Fotografie nach Baden, ohne die Bodenhaftung zu verlieren. „Fast alle Leute, deren Bilder gezeigt werden, kenne und verehre ich“, sagt er über die aus La Gacilly übernommenen Positionen. Diese persönlichen Netzwerke – von Weltstars wie Salgado oder Stirton bis zu jungen Talenten – halfen ihm, ein Programm zusammenzustellen, das in Qualität und Vielfalt überzeugt.
Persönlich geprägt ist Lammerhubers Zugang vor allem von einer tiefen Überzeugung: Fotografie ist für ihn nicht bloß Kunst, sondern Kommunikationsmittel und Bildungsauftrag. „Ich bin der festen Überzeugung, dass die Zeit der Fotografie jetzt gerade erst beginnt“, erklärte er einst im Interview. Er spielt damit auf die digitale Revolution an: Noch nie zuvor konnten so viele Menschen fotografieren und Bilder austauschen. Für Lammerhuber ist es folgerichtig, Fotografie einer breiten Öffentlichkeit nahezubringen – und was wäre dafür besser geeignet als ein niederschwelliges Open-Air-Festival? Im Gespräch betont er oft, dass es ihm um Demokratisierung der Bildkultur geht. Baden soll ein Ort sein, wo Rentner aus dem Kurcafé ebenso wie Fotostudenten aus aller Welt ins Gespräch über Bilder kommen.
Eine weitere Facette von Lammerhubers Persönlichkeit ist sein unermüdlicher Idealismus und Pragmatismus zugleich. Schon die Premiere 2018 verlangte ihm organisatorisch alles ab – doppelt so hohe Kosten wie geplant, Denkmalschutz-Auflagen, die Bewältigung von 30 gleichzeitigen Ausstellungen . Doch er mobilisierte Sponsoren, die Stadt und das Land zogen mit (Baden steuert jährlich einen Beitrag und viel Manpower bei, Niederösterreich ebenso), und letztlich wurde das Unmögliche möglich. Heute wirkt das Festival wie ein gut geöltes Uhrwerk. Lammerhuber aber ruht sich nicht aus.
Seine Handschrift als Kurator zeigt sich besonders im Mut zu ungewöhnlichen Akzenten (z.B. die CERN-Ausstellung oder die Einbindung der Schulprojekte) und im dauernden Spagat zwischen Lokalität und Internationalität. Einerseits fördert er regionale Künstler und Themen, andererseits bringt er globale Stars und Anliegen nach Baden. Dieses Gleichgewicht sichert Akzeptanz vor Ort und Anziehungskraft weit darüber hinaus.
Nicht zuletzt ist Lois Lammerhuber auch Gastgeber und Geschichtenerzähler. Bei der Eröffnung am 13. Juni im Stadttheater Baden spürte man seine Leidenschaft: Mit leuchtenden Augen berichtete er von Begegnungen mit Fotografinnen aus Australien, erzählte Anekdoten – etwa wie er einst Jacques Rocher von der Festival-Idee überzeugte, oder welche Überraschung es war, als plötzlich 320.000 Gäste kamen – und dankte jedem einzelnen Helfer herzlich.
Diese persönliche Note schafft eine familiäre Atmosphäre, trotz der Größe des Events. Viele Fotografen kommen laut eigener Aussage auch deshalb gern nach Baden, weil „Lois“ ein Klima der Wertschätzung schafft. So sagte eine Künstlerin beim Künstlergespräch: „Man fühlt sich hier wie auf einem Familientreffen der Fotografie“. Lammerhuber gelingt es, den Spagat zwischen Professionalität und Herzlichkeit zu meistern – Baden ist ein Top-Event, aber keines mit arroganten Allüren.
Im internationalen Vergleich hat sich das La Gacilly-Baden Photo mittlerweile einen Fixplatz erobert. Was Rencontres d’Arles für Frankreich und die Photokina (zu ihrer Zeit) für Deutschland war, das ist Baden für Österreich: ein Leuchtturm der Fotokunst, der Strahlkraft weit über die Landesgrenzen entfaltet. Lammerhuber wird in einem Atemzug mit Festivaldirektoren wie Jean-Luc Monterosso (Paris Photo) oder Chris Boot (World Press Photo) genannt, wenn es um wegweisende Fotografie-Vermittlung geht. Sein Festival zeigt modellhaft, wie man Umweltbewusstsein, künstlerische Exzellenz und breite Öffentlichkeitswirksamkeit vereinen kann.
Fazit: Mehr als Bilder – das Fotofestival Baden 2025 ist ein Erlebnis für alle Sinne
Nach dem Rundgang durch das diesjährige La Gacilly-Baden Photo Festival bleibt ein Eindruck besonders haften: Hier wird Fotografie lebendig. Es ist nicht nur die Zahl der Bilder oder die Größe der Formate, es ist das Gesamterlebnis. Die Bühne Baden – vom Rosarium bis zum Rathausplatz – verwandelt sich für vier Monate in ein Gesamtkunstwerk, in dem Fotografie, Natur und Stadtbild ineinandergreifen. Im Jahr 2025, mit Australien & die Neue Welt als thematischen Leitsternen, schafft das Festival erneut diese Balance aus ästhetischem Genuss und inhaltlicher Tiefenschärfe.
Für die Besucherinnen und Besucher bedeutet das: Man kann sich treiben lassen von Motiv zu Motiv, staunt über die Schönheit der Welt und erschrickt doch zugleich über ihre Verletzlichkeit. Die sachlich-journalistische Absicht des Festivals – aufzuklären, Bewusstsein zu schärfen – geht Hand in Hand mit momentanen Emotionen. Wenn abends die Projektionen der Eröffnungsveranstaltung im Kurpark mit den Klängen von Aaron Coplands „Appalachian Spring“ verschmelzen , dann werden Information, Kunst und Empfindung eins. In solchen Momenten spürt man, was Jacques Rocher einst formulierte und was in Baden weiterlebt: Fotografie kann die Welt vielleicht nicht verändern, aber sie kann den Blick der Menschen auf die Welt verändern. Und das ist der erste Schritt.
Das Festival La Gacilly-Baden Photo 2025 steht unter dem Thema AUSTRALIEN & DIE NEUE WELT und findet von 13. Juni bis 12. Oktober 2025 statt.
Baden bei Wien liefert dafür auch 2025 die ideale Bühne – und Lois Lammerhuber und sein Team den passionierten Taktstock. Man darf gespannt sein, wohin die Reise nächstes Jahr geht, doch zuvor heißt es: Auf nach Baden, die Bilderstadt ruft!
Danke für den ausführlichen Bericht. Zwie Sachen vermisse ich leider hierbei:
1) Bis wann diese Austellung(en) noch zu sehen sind.
2) Ein Verlinkung des Artikel zu der offiziellen Austellungsseite. Ich setze hier mal den Link rein https://festival-lagacilly-baden.photo/de
Danke für den Hinweis. Haben wir so eben im Artikel hinzugefügt: Das Festival La Gacilly-Baden Photo 2025 steht unter dem Thema AUSTRALIEN & DIE NEUE WELT und findet von 13. Juni bis 12. Oktober 2025 statt. Eine direkte Verlinkung zum Festival war und ist natürlich enthalten. Sie finden Sie direkt im Vorspann.