Mit „Gustav Metzger – All of Us Together“ widmet der Luma Westbau in Zürich dem britischen Künstler und Aktivisten ab dem 13. Juni 2025 eine umfassende Einzelausstellung. Kuratiert von Hans Ulrich Obrist und Arthur Fouray, ist es die erste institutionelle Schau Metzgers in der Schweiz seit zwei Jahrzehnten.

Die Ausstellung präsentiert zentrale Werke wie Liquid Crystal Environment (1965/2024) und Drop on Hotplate (1968/2025) sowie umfangreiches Archivmaterial aus dem persönlichen Nachlass des Künstlers. Darunter befinden sich handschriftliche Notizen, Interviews und bisher unveröffentlichte Dokumente, die Metzgers Engagement für Kunst und gesellschaftlichen Wandel beleuchten.

Metzger, geboren 1926 in Nürnberg, überlebte als Kind den Holocaust und emigrierte nach Großbritannien. Mit seinem Konzept der „Auto-destructive Art“ entwickelte er eine radikale Form der gesellschaftskritischen Kunst, die Zerstörung als kreative Strategie nutzte. Die Ausstellung läuft bis zum 14. September 2025 im Luma Westbau, Zürich. Der Eintritt ist frei.

Pressemitteilung LUMA Westbau:

Hans Ulrich Obrist Archives: Gustav Metzger – All of Us Together

13. Juni – 14. September 2025

Luma Westbau freut sich, das vierte Kapitel des Hans Ulrich Obrist Archivs zu präsentieren, das dem Werk von Gustav Metzger (1926–2017) gewidmet ist. All of Us Together ist die erste institutionelle Ausstellung Metzgers in der Schweiz seit 20 Jahren und unterstreicht die ungebrochene Relevanz seines künstlerischen und aktivistischen Schaffens.

Die Ausstellung basiert auf der jahrzehntelangen Freundschaft zwischen Gustav Metzger und Hans Ulrich Obrist. Über zwei Etagen hinweg bietet sie eine seltene Gelegenheit, bisher unveröffentlichte Archivmaterialien zu entdecken und zugleich eine Auswahl von Metzgers ikonischen Werken zu erleben – deren Dringlichkeit angesichts globaler Krisen aktueller denn je erscheint.

Hans Ulrich Obrists Auseinandersetzung mit Metzgers Werk begann 1991, als ihn der Künstler Douglas Gordon mit den Arbeiten von Metzger und John Latham bekannt machte – zwei Pioniere, die eine neue Generation britischer Künstler prägten. Inspiriert von Metzgers radikalem Konzept Years Without Art (1977–1980) suchte Obrist den Austausch mit ihm, doch ihr erstes persönliches Treffen fand erst 1995 während der Ausstellung Take Me (I’m Yours) in der Serpentine Gallery statt. Im selben Jahr wurden Werke aus Metzgers Serie Historic Photographs erstmals in der Austellung Damaged Nature: Two New Works and Documents gezeigt – der Auftakt zu zahlreichen weiteren Präsentationen, darunter life/live im ARC – Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris.

Ihr erstes aufgezeichnetes Gespräch im Jahr 1997 im Londoner Café Cosmo offenbarte Metzgers unerschütterliches Engagement für den Aktivismus. 1999 nahm er an Laboratorium teil, einem interdisziplinären Projekt kuratiert von Barbara Vanderlinden und Hans Ulrich Obrist und inspiriert von Bruno Latour. Dort reaktivierte Metzger Drop on Hotplate (1968/2025) – eine ebenso einfache wie eindringliche Demonstration ephemerer Transformation.

Mit Obrists Umzug nach London intensivierte sich ihre Zusammenarbeit. Metzger spielte eine Schlüsselrolle beim ersten Marathon-Event der Serpentine im Jahr 2006 und blieb während des gesamten 24-Hour Interview Marathon, den Obrist gemeinsam mit Rem Koolhaas konzipierte, wach. Als notorisch zurückgezogene Persönlichkeit kommunizierte Metzger ausschließlich über öffentliche Telefonzellen – bis zu dem Punkt, dass die Serpentine während seiner Retrospektive Decades: 1959–2009 als inoffizielles Postamt für ihn fungierte. 2014 kuratierte er gemeinsam mit Obrist den Extinction Marathon: Visions for the Future und unterstrich damit seine doppelte Rolle als Künstler und Aktivist.

Über die Ausstellung

Der Ausstellungstitel All of Us Together bezieht sich auf Metzgers Serie Extinction Handwritings, die 2014 für Hans Ulrich Obrists Handwriting Project entstand. Die Schau vereint zentrale Fragestellungen aus Metzgers Werk und präsentiert rund zehn Stunden Interviewmaterial, handschriftliche und gedruckte Dokumente, persönliche Notizen sowie weitere Ephemera. Ergänzt wird das Archivmaterial durch bedeutende Werke wie Liquid Crystal Environment (1965/2024), Drop on Hotplate (1968/2024) und zentrale Arbeiten aus der Serie Historic Photographs. Darüber hinaus verdeutlichen eigens in Auftrag gegebene Tribute-Plakate Metzgers anhaltenden Einfluss auf den zeitgenössischen Diskurs.

In Anlehnung an das Umweltengagement von Luc Hoffmann – einem Pionier des Naturschutzes und Mitbegründer des WWF, der Metzger sehr inspirierte – bleibt Gustav Metzgers Werk ein zentraler Bezugspunkt ökologischer Bewegungen des 20. und 21. Jahrhunderts. All of Us Together hebt die nachhaltige Wirkung seines Schaffens auf Kunst, Aktivismus und gesellschaftliche Fragestellungen hervor.

Kuratiert von Hans Ulrich Obrist, Senior Advisor, und Arthur Fouray, Archivar und Kurator.

Über Gustav Metzger

Gustav Metzger wurde am 10. April 1926 in Nürnberg als Sohn polnisch-jüdischer Eltern geboren und kam 1939 mit dem Kindertransport nach Großbritannien. Ein Großteil seiner Familie fiel dem Holocaust zum Opfer. Zwischen 1945 und 1953 studierte er Kunst in Cambridge, London, Antwerpen und Oxford, wobei er eng mit dem Künstler David Bomberg verbunden war. Ab 1958 engagierte sich Metzger zunehmend in antikapitalistischen und konsumkritischen Bewegungen sowie in der Kampagne für nukleare Abrüstung. 1960 war er Gründungsmitglied des Committee of 100, was 1961 zu einer kurzen Inhaftierung gemeinsam mit Bertrand Russell und anderen Mitgliedern führte, nachdem sie zu massenhafter gewaltfreier ziviler Ungehorsamkeit aufgerufen hatten.

Metzgers politische Überzeugungen bildeten die Grundlage für sein erstes künstlerisches Manifest von 1959 mit dem Titel Auto-destructive Art, das er als „eine verzweifelte, letzte subversive politische Waffe… einen Angriff auf das kapitalistische System… (und ebenso auf Kunsthändler und Sammler, die moderne Kunst zum Profit manipulieren)“ bezeichnete. Die Auto-destructive Art als öffentliche Kunstform sollte das gesellschaftliche und politische System spiegeln, das sich laut Metzger in Richtung totaler Vernichtung bewegte. Seine über 70 Jahre währende künstlerische Praxis wurde von sich ständig gegenüberstehenden, aber interdependenten Kräften wie Zerstörung und Schöpfung bestimmt.

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