Der Kameramarkt hat in den letzten Jahrzehnten eine dramatische Entwicklung durchlaufen – von rasantem Wachstum bis hin zum massiven Einbruch durch die Dominanz von Smartphones. Während die Stückzahlen seit 2010 um über 90 Prozent gesunken sind, hält sich der Marktwert vergleichsweise stabil. Doch wie geht es weiter? Steht die Branche vor einer neuen Innovationswelle oder droht das langsame Verschwinden? Wir brauchen ein CIPA-Update. Antworten und Impulse liefert das Event „OMR x Imaging“ am 5. und 6. Mai in Hamburg.
Die CIPA ist ein ordentlicher, gut organisierter japanischer Industrieverband, genauer gesagt der Verband der japanischen Kamerahersteller. Seit 1951 führt dieser Verband genau Buch darüber, wie viele Kameras aus Japan in die Fotowelt exportiert werden. Im genannten Jahr 1951 waren es übrigens 258.000 analoge Kameras. Der Absatz analoger Kameras stieg bis 1997/98 kontinuierlich auf über 36 Millionen Stück an, bevor er in den folgenden zehn Jahren praktisch auf null zurückging. Den Grund dafür kennen Sie: Im Jahr 1999 startete der Markt für Digitalkameras mit bescheidenen 5 Millionen verkauften Einheiten (ein erheblicher Anteil kam von Olympus, die nach dem damaligen APS-Debakel eine Vorreiterrolle bei der Produktion von Massen-DSCs übernahmen). Innerhalb von zehn Jahren entwickelte sich der Digitalkameramarkt zur Riesenwelle: 2010, auf dem Höhepunkt der Produktion, wurde der weltweite Markt mit über 120 Millionen Digitalkameras geflutet. Von diesen Höhen sind heute lediglich gut sieben Millionen Kameras übrig geblieben – doch das ist bekanntermaßen nur die halbe Wahrheit: Nach Umsatz lag der Höhepunkt der Welle im Jahr 2008 bei umgerechnet etwa 12,5 Milliarden Euro. Der Durchschnittspreis einer Kamera betrug damals nicht viel mehr als 100 Euro pro Stück. Heute hingegen müssen durchschnittlich über 600 Euro für eine neue Kamera gezahlt werden, während der Gesamtmarkt nach Wert bei umgerechnet etwa 4,5 Milliarden Euro liegt. Anders ausgedrückt: Während der Kameramarkt nach Stückzahlen von 2010 bis heute um mehr als 90 Prozent eingebrochen ist, hat er nach Wert „nur“ etwa 60 Prozent verloren.
Der rasante Einbruch der Kamera-Produktion seit 2010, Sie wissen es, war das Ergebnis einer noch viel größeren, tsunami-ähnlichen Welle: Bis zum Jahr 2017 stieg der Abverkauf von Smartphones auf fast 1,5 Milliarden Stück. Und seitdem bewegt sich die Welle konstant zwischen 1,2 und 1,4 Milliarden verkaufter Smartphones jährlich. Drücken wir es so drastisch aus, wie es ist: Der Smartphonemarkt ist aktuell etwa 160 (!) Mal so groß wie der Kameramarkt – stückzahlenmäßig wohlgemerkt.
Und jetzt?
Steht der Kameramarkt am Scheideweg: Können wir uns in einem 7- bis 8-Millionen-Stück-Markt erfolgreich als Nische einrichten? Welche Innovationen braucht es, um diesen Wert zu halten? Was müssen wir hier in Europa tun, um den Markt dynamisch zu halten (denn das leichte Wachstum bei Kameras weltweit generiert sich primär in Asien sowie, abgeschwächt, in den USA – nicht bei uns)? Und sind die verbliebenen Hersteller überhaupt bereit, weiter in diesen Markt zu investieren? Oder wird die einst so hohe Welle irgendwann einfach ausplätschern? Und vor allem: Wie könnte eine neue Welle aussehen? Ist der Retro-Trend eine Lösung oder Teil des Problems?
Ich bin mir sicher: Wir müssen Imaging anders, neu denken. Vor allem aus der Perspektive der vielen Menschen, die fotografieren – egal mit welchem Gerät. Wir müssen von der Basis aus (etwa eine halbe Million Menschen in Deutschland haben Fotografie als echtes Hobby, 20.000 haben Fotografie als Beruf, und etwa 50 Millionen nutzen Bilder als Kommunikationsmittel) neue Wertschöpfungsmodelle entwickeln. Und egal ob prosperierende Nische oder umsatzgewaltiger Massenmarkt: Alle Marktteilnehmer sind gefordert – Hersteller, Handel, Dienstleister und Medien.
Konkrete Antworten auf diese und weitere Fragen stehen aus. Erste wichtige Erkenntnisse, wohin sich der einst so stolze Markt bewegen wird, liefert das Event „OMR x Imaging“ am 5. und 6. Mai in Hamburg. Wer Näheres wissen und dabei sein möchte: www.new-c.de/omr
Hier mehr zu den Zahlen:
Hintergrund-Informationen: Die Camera & Imaging Products Association (CIPA) meldet für November 2024 einen Anstieg der Kameraauslieferungen um 27,2 % im Vergleich zum Vorjahr. Spiegelreflexkameras verzeichneten einen Zuwachs von 20,1 %, während spiegellose Modelle um 31 % zulegten. Prognosen zufolge könnten bis Jahresende bis zu 6,6 Millionen Wechselobjektivkameras und etwa 10,4 Millionen Objektive ausgeliefert werden, was das beste Ergebnis seit der Zeit vor der COVID-19-Pandemie darstellen würde.
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Ein sehr interessanter Artikel!
Vergleichbar mit Hifi. Da war auch in den 1980ern ein Hype, alle 6 Monate neue Gerätelinien. Dann in den 200ern erstmal wenig, momentan läuft die Branche nicht schlecht. Ich vergleiche das mit meiner Heimatstadt, von 6 Fotohändlern ist 1 Händler übrig. Gut, der Online Handel war damals noch nicht da. Die rasanten Verkäufe von damals werden auch beim Fotohandel nicht wieder kommen.
in den 1980ern gab es Fortschritte (Zoomobjektive, TTL-Blitz, bessere Filme) und ein gesellschaftliches Interesse daran, Dinge besser zu machen. Einfache Menschen versuchten, bessere Bilder zu machen, Musik besser zu hören, konnten sich gutes Gerät leisten und es auch verstehen. Heute gibt es die Geräteklasse "anspruchsvoller Amateur" fast nicht mehr. 2 Monatsgehälter für eine Kamera und 2 Objektive sind für mich nicht zu stemmen. Und den Anspruch, bessere und andere Photos zu machen als mit einer Handykamera hat auch kaum noch jemand.
Also, ganz ehrlich, als Fotograf interessiert mich im Prinzip der Markt, bzw. die Marktanteile von welchen Herstellern auch immer, eher nebulös. Wenn ein Hersteller ein für mich plausibles Angebot macht und der Preis angemessen ist, dann könnte ich mich zu einem Kauf entscheiden. Aber die Kamera an sich ist heute eher ein Sensorträger, der kann in alle möglichen Schachteln eingebaut sein, Hauptsache er funktioniert. Danach ist der größere Anteil die Verarbeitung mit einem Rechner, egal ob PC, Tablet oder Smartphone.
Die konventionellen Hersteller haben in Bezug auf Weiterverarbeitung eigentlich wenig anzubieten. Heute kann man bis 24 mpx bequem und zielgerichtet seine Fotos per Tablet/Smartphone mit z. B. Snapseed, hervorragend bearbeiten und z. B. in Canva bildbearbeiterisch und drucktechnisch vorbereiten kann. Ausgabe nach wo auch immer hin.
Für die übergroße Mehrheit der Fotoknipser, die vor allem private Erinnerungsfotos produzieren, ist selbst das nicht wirklich wesentlich. Ambitionierte Fotografen nehmen dann schon mal ein Topsmartphone, das man heute problemlos an einen großen Monitor dran hängen kann und bearbeiten die Fotos direkt, inkl. Maus und Tastatur. PC überflüssig. Die da verbauten Sensoren überzeugen selbst gegenüber konventionellen Sensoren mit guter Darstellungsfähigkeit und vor allem auch bei der Auflösung. Der Spielraum in der Verwendungsfähigkeit ist bei den Smafos gegenüber den konventionellen Kameras deutlich gestiegen.
Die meist japanischen Hersteller von konventionellen Kameratypen reagieren auf die digitalen Herausforderungen nicht wirklich. Man kann darüber spekulieren, dass die japanische Industrie hier mit den Folgen der Überalterung zu kämpfen hat. Softwaretechnisch tut sich da jedenfalls nach meinem Eindruck ziemlich wenig und wenn, folgt das eher überalterten Mustern.
Da werden die Chinesen über kurz in eine massive Lücke stoßen, allein schon deshalb, weil die in Bezug auf die Realisierung von überzeugender Software mit moderner Nutzerführung inzwischen eine weit höhere Expertise als die Japaner haben, von den Europäern braucht man erst gar nicht zu reden. Und auch in Bezug auf die creative Fantasie bei den Kameratypen hat sich ist bei den Chinesen inzwischen ein Menge getan. Einfach nur irgendwelche altbackenen Baumuster nachbauen und "irgendwie" digitalisieren ist wohl für die nächste Zukunft keine gute Option.