Leica gönnt der Messsucherkamera M10 ein Upgrade. Sie kommt als M10-R mit jetzt 40 Megapixel. Ansonsten bleibt (fast) alles beim Alten: kein Autofokus, kein Video, superbe Verarbeitung, hoher Preis. Doch es gibt kaum einen anderen Apparat, der das Fotografieren derart entschleunigt – wie ich auf einem kurzen Ausflug mit der Leica M10-R erfahren habe.
Vor einigen Jahren hat Leica für seine M-Familie den Slogan „Das Wesentliche“ kreiert. Er passt wunderbar auch auf die neue M10-R, wenngleich Leicas jüngster Neuzugang jetzt mit 40 Megapixel Auflösung aufwartet. Eine derart hohe Auflösung gibt es in der M-Familie übrigens schon länger, allerdings nur in Schwarzweiß – in der Leica M10 Monochrom.
Abgesehen vom neuen Sensor bleibt die M10-R sehr eng verwandt mit der Ur-M10, die ich ausführlich vor dreieinhalb Jahren besprochen habe. Auch der jüngste Spross der M-Familie verzichtet auf die Möglichkeit zur Videoaufnahme, scharfgestellt wird nur manuell – entweder per Messsucher oder mit digitalen Helferlein im Live-View-Bild –, das Gehäuse wirkt massiv wie bei keiner anderen Kamera.
Eine andere Art zu fotografieren
Wer wie ich einen pfeilschnellen, treffsicheren Autofokus gewohnt ist, muss sich bei der Leica M10-R gewaltig umstellen. Ihr Messsucher erzeugt ein Doppelbild, das erst verschwindet, wenn man exakt scharf gestellt hat. Nach ein paar Stunden mit der Kamera gelang mir das schon deutlich schneller als ganz zu Anfang. Eine Herausforderung bleibt es aber dennoch. Insbesondere, weil 40 Megapixel Auflösung kleine Ungenauigkeiten in der 100%-Ansicht natürlich noch gnadenloser offenlegen als die 24 Megapixel der M10.
Natürlich kann man bei der M10-R auch das rückwärtige Display (oder den optionalen elektronischen Sucher „Visoflex“) zum Scharfstellen heranziehen. Und hat dann so praktische Helferlein wie Fokuslupe und Fokus-Peaking zur Seite. Aber das würde am Wesen der M10-R vorbeigehen – sie ist im Kern eine Messsucherkamera. Und die erzieht einen zum Verweilen am Motiv, zur Auseinandersetzung mit dem, was man sieht und zur Beschäftigung mit der Frage, wie man das Gesehen aufnehmen möchte.
Superbe Bildqualität
Das Eigentliche, das Aufnehmen, erledigt die M10-R wirklich hervorragend. Ihre Bildqualität ist extrem hoch, sicher auch ein Verdienst der über jeden Zweifel erhabenen Leica-M-Objektive. Und natürlich des neuen 40-Megapixel-Sensors. Die Spezialisten von Leica können stundenlang darüber referieren, was diesen Bildwandler so besonders macht. Zum Beispiel verzichtet er auf einen Tiefpassfilter. Dafür gibt es neben dem üblichen IR-Sperrfilter auch einen für UV-Licht. Und wie schon seit Längerem bei Leica üblich, sind die Mircrolinsen vor den Sensorzellen zu den Rändern und Ecken hin anders geformt, sodass es insbesondere bei Weitwinkelobjektiven nicht zu dem gefürchteten Auflösungsverlust an den Rändern kommt.
40 Megapixel Auflösung stellen schon sehr hohe Anforderungen an die Optik. Laut Leica aber kein Problem für die M-Objektive. Selbst ein Summicron aus der 50er-Jahren soll (leicht abgeblendet) noch vorzüglich an der M10-R funktionieren. Der hohen Auflösung zum Trotz erklimmt die M10-R höchste ISO-Gipfel. Bis zu ISO 50.000 traut Leica ihr zu. Ich habe maximal ISO 12.800 ausprobiert – es geht. Was mir immer wieder gut gefällt, ist wie zurückhaltend Leica die Rauschunterdrückung abstimmt. Das mag zwar im Labortest nicht immer Bestnoten geben, in der Praxis ist mir aber ein sanftes Rauschen deutlich lieber als eine zupackende Rauschunterdrückung, die gleich noch die Details verschwinden lässt.
Mein Fazit
Nimmt man die Leica M10-R in die Hand und blickt durch den eigenwilligen Messsucher, wirkt die Kamera anachronistisch. Als ob sie nicht in unsere heutige Zeit passen würde. Dabei ist sie aktueller denn je, die Leica M10-R entschleunigt die Fotografie, lässt sie zu einem (neuen) sinnlichen Erlebnis werden.
Mich haben die wenigen Stunden mit der M10-R an meinen Einstieg in die Fotografie vor mehr als 40 Jahren erinnert – mit einer Spiegelreflexkamera und Schnittbildentfernungsmesser zwar, aber ansonsten ebenso losgelöst von der Zeit wie jetzt mit der M10-R. Wer sich (wieder) intensiv mit seinem Motiv auseinandersetzen möchte, bekommt mit der Leica M10-R eine äußerst (wert)stabile Kamera. Und mit den M-Objektiven die wohl immer noch besten (manuellen) Kleinbildobjektive, die zu haben sind. Die lassen sich übrigens prima an viele Spiegellose adaptieren.
Technische Daten: Leica M10-R
Kamera-Typ | Leica M10-R, kompakte digitale Messsucher-Systemkamera |
Objektiv-Anschluss | Leica M-Bajonett mit zusätzlichem Sensor für 6-Bit Kodierung |
Objektivsystem | Leica M-Objektive, Leica R-Objektive mittels Adapter verwendbar |
Aufnahmeformat/Bildsensor | CMOS-Chip, aktive Fläche ca. 24 x 36mm, ohne Tiefpassfilter |
Auflösung | DNGTM+ 7864 x 5200 Pixel (40,89MP), JPEG+ 7840 x 5184 Pixel (40,64MP), 5472 x 3648 Pixel (20 MP), 2976 x 1984 Pixel (6MP) |
Datenformate | DNGTM (Rohdaten, 14 bit, verlustfrei komprimiert), JPEG (8 bit) |
Dateigröße | DNGTM+ 40-60MB, JPEG: Abhängig von Auflösung und Bildinhalt Pufferspeicher: 2GB / 10 Aufnahmen in Serie (DNG) |
Weißabgleich | Automatisch, manuell, 8 Voreinstellungen, Farbtemperatureingabe |
Speichermedium | SD-Karten bis 2GB / SDHC-Karten bis 32GB / SDXC-Karten bis 2TB |
Menüsprachen | Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch, Japanisch, traditionelles Chinesisch, vereinfachtes Chinesisch, Russisch, Koreanisch |
Belichtungsmessung | Belichtungsmessung durch das Objektiv (TTL), bei Arbeitsblende |
Messprinzip/-methode | Bei der Messung des von hellen Lamellen des 1. Verschlussvorhangs auf eine Messzelle reflektierten Lichts: stark mittenbetont; bei der Messung auf dem Sensor: Spot-, mittenbetont-, Mehrfeld-Messung |
Messbereich | Entspricht bei Raumtemperatur und normaler Luftfeuchte für ISO100 bei Blende 1,0 EV-1 bis EV20 bei Blende 32; Blinken der linken dreieckigen LED im Sucher signalisiert Unterschreitung des Messbereichs |
Empfindlichkeitsbereich | ISO 100 bis ISO 50.000, in 1⁄3 ISO-Stufen einstellbar, wahlweise automatische Steuerung oder manuelle Einstellung |
Belichtungs-Betriebsarten | Wahlweise automatische Steuerung der Verschlusszeit bei manueller Blenden-Vorwahl - Zeitautomatik A, oder manuelle Einstellung von Verschlusszeit und Blende |
BLITZ-BELICHTUNGSSTEUERUNG: | |
Blitzgeräte-Anschluss | Über Zubehörschuh mit Mitten- und Steuerkontakten |
Synchronisation | Wahlweise auf den 1. oder 2. Verschlussvorhang schaltbar |
Blitzsynchronzeit | 1/180s; längere Verschlusszeiten verwendbar, wenn Synchronzeit unterschritten wird: Automatische Umschaltung auf TTL-Linear-Blitzbetrieb mit HSS- tauglichen Leica-Systemblitzgeräten |
Blitz-Belichtungsmessung | Mittels mittenbetonter TTL-Vorblitz-Messung mit Leica Blitzgeräten (SF40, SF64, SF26), bzw. systemkonformen Blitzgeräten mittels SCA3502 M5- Adapter |
Blitz-Messzelle | 2 Silizium-Fotodioden mit Sammellinse im Kameraboden Blitz-Belichtungskorrektur: ±3 EV in 1⁄3 EV-Stufen |
Anzeigen bei Blitzbetrieb (nur im Sucher) | Mittels Blitzsymbol–LED |
SUCHER | |
Bauprinzip | Großer, heller Leuchtrahmen-Messsucher mit automatischem Parallaxen- Ausgleich. |
Okular | Abgestimmt auf -0,5 Dptr.: Korrektionslinsen von –3 bis +3 Dptr. erhältlich. |
Bildfeldbegrenzung | Durch Aufleuchten von jeweils zwei Rahmen: Für 35 und 135mm, oder für 28 und 90mm, oder für 50 und 75mm; automatische Umschaltung beim Ansetzen des Objektivs |
Parallaxen-Ausgleich | Die horizontale und vertikale Differenz zwischen Sucher und Objektiv wird entsprechend der jeweiligen Entfernungseinstellung automatisch ausgeglichen, d.h. der Leuchtrahmen des Suchers deckt sich automatisch mit dem vom Objektiv erfassten Motivausschnitt. |
Übereinstimmung von Sucher- und tatsächlichem Bild | Die Leuchtrahmengröße entspricht bei einer Einstell-Entfernung von 2m exakt der Sensorgröße von ca. 23,9 x 35,8mm; bei Unendlich-Einstellung wird, je nach Brennweite, ca. 7,3% (28mm) bis 18% (135mm) mehr vom Sensor erfasst, als der jeweilige Leuchtrahmen zeigt, umgekehrt bei kürzeren Einstell-Entfernungen als 2m etwas weniger |
Vergrößerung (Bei allen Objektiven) | 0,73-fach |
Großbasis-Entfernungsmesser | Schnitt- und Mischbild-Entfernungsmesser in der Mitte des Sucherbildes als helles Feld abgesetzt |
Effektive Messbasis | 50,6mm (mechanische Messbasis 69,31mm x Sucher- Vergrößerung 0,73x) |
ANZEIGEN | |
Im Sucher | Vierstellige Digitalanzeige mit oben- und unten liegenden Punkten |
Auf Rückwand | 3“ Farb-TFT-LCD-Monitor mit 16Mio Farben und 1.036.800 Pixeln, ca. 100% Bildfeld, Deckglas aus außerordentlich hartem, kratzfestem Gorilla®-Glas, Farbraum: sRGB, für Live-View- und Wiedergabe-Betrieb, Anzeigen |
VERSCHLUSS UND AUSLÖSUNG | |
Verschluss | Metall-Lamellen-Schlitzverschluss mit vertikalem Ablauf |
Verschlusszeiten | Bei Zeitautomatik: (A) stufenlos von 125s bis 1⁄4000s., bei manueller Einstellung: 8s bis 1⁄4000s in halben Stufen, von 8s bis 125s in ganzen Stufen, B: Für Langzeitaufnahmen bis maximal 125s (zusammen mit Selbstauslöser T-Funktion, d.h. 1. Auslösen = Verschluss öffnet, 2. Auslösen = Verschluss schließt), (1⁄180s): Kürzeste Verschlusszeit für Blitz-Synchronisation, HSS-Linearblitzbetrieb mit allen kürzeren Verschlusszeiten als 1⁄180s möglich (mit HSS-tauglichen Leica-Systemblitzgeräten) |
Serienaufnahmen | ca. 5 Bilder/s, 30-40 Bilder in Serie (abhängig von verschiedenen Einstellungen) |
Auslöser | Zweistufig, 1. Stufe: Aktivierung der Kamera-Elektronik einschließlich Belichtungsmessung und Messwert-Speicherung (bei Zeitautomatik), 2. Stufe: Auslösung; genormtes Gewinde für Drahtauslöser integriert. |
Selbstauslöser | Vorlaufzeit wahlweise 2s (mit Zeitautomatik und manueller Einstellung der Belichtung) oder 12s, über Menü einstellbar, Anzeige durch blinkende Leuchtdiode (LED) auf der Frontseite der Kamera sowie entsprechende Anzeige im Monitor |
Ein-/Ausschalten der Kamera | Mit Hauptschalter auf der Kamera-Deckkappe, wahlweise selbständiges Abschalten der Kamera-Elektronik nach ca. 2/5/10 Minuten, Neu-Aktivierung durch Antippen des Auslösers |
Stromversorgung | 1 Lithium-Ionen Akku, Nennspannung 7,4V, Kapazität 1300mAh; maximale/r Ladestrom/-spannung: Gleichstrom 1000mA, 7,4V; Modell-Nr.: BP-SCL5, Hersteller: PT. VARTA Microbattery, Hergestellt in Indonesien, Betriebsbedingungen (in Kamera): 0°C bis +40°C |
Ladegerät | Eingänge:Wechselstrom 100-240V, 50/60Hz, 300mA, automatisch umschaltend, oder Gleichstrom 12V, 1,3A; Ausgang: Gleichstrom Nennwert 7,4V, 1000mA / maximal 8,25V, 1100mA; Modell-Nr.: BC-SCL5, Hersteller: Guangdong PISEN Electronics Co., Ltd., Hergestellt in China, Betriebsbedingungen: +10°C bis +35°C |
GPS | (nur mit angesetztem Leica Visoflex Sucher, als Zubehör erhältlich): Zuschaltbar, auf Grund länderspezifischer Gesetzgebung nicht überall verfügbar, d.h. dort automatische Zwangs-Abschaltung), Daten werden in den EXIF-Header der Bilddateien geschrieben. |
WLAN | Erfüllt Norm IEEE 802.11b/g/n (Standard-WLAN-Protokoll), Kanal 1-11, Verschlüsselungsmethode: WiFi-kompatible WPATM/ WPA2TM-Verschlüsselung, Zugriffsmethode: Infrastrukturbetrieb |
KAMERAGEHÄUSE | |
Material | Ganzmetall-Gehäuse aus Magnesium-Druckguss, Kunstleder-Bezug, Deckkappe und Bodendeckel aus Messing, schwarz oder silbern verchromt |
Bildfeldwähler | Ermöglicht es, die Leuchtrahmen-Paare jederzeit manuell aufzurufen (z.B. zwecks Ausschnitts-Vergleichen) |
Stativgewinde | A 1⁄4 (1⁄4“) DIN aus Edelstahl im Boden |
Betriebsbedingungen | 0-40°C |
Schnittstellen | ISO-Zubehörschuh mit Zusatzkontakten für Leica Visoflex Sucher (als Zubehör erhältlich) |
Maße (Breite x Tiefe x Höhe) | ca. 139 x 38,5 x 80mm |
Gewicht | ca. 660g (m. Akku) |
Lieferumfang | Ladegerät 100-240V mit 2 Netzkabeln (Euro, USA, auf einigen Exportmärkten abweichend) und 1 Kfz-Ladekabel, Lithium-Ionen Akku, Tragriemen, Gehäuse- Bajonettdeckel, Abdeckung für Zubehörschuh |
"(…)sie ist im Kern eine Messsucherkamera. Und die erzieht einen zum Verweilen am Motiv, zur Auseinandersetzung mit dem, was man sieht und zur Beschäftigung mit der Frage, wie man das Gesehen aufnehmen möchte."
Ich will gar nicht bestreiten, dass eine "langsame" Messsucherkamera solche Aspekte betont – aber eigentlich ist das doch genau das, was jeder Fotograf bei jeder Aufnahme macht – egal mit welcher Kamera. Entschleunigung muss im Kopf des Fotografen anfangen, das verwendete Werkzeug hat damit eigentlich gar nichts zu tun. Auch mit einer Hochgeschwindigkeitskamera kann man mühelos langsam fotografieren.
"Auch mit einer Hochgeschwindigkeitskamera kann man mühelos langsam fotografieren." Ja, aber sie macht es einem nicht so leicht. 😉
Guter Bericht.
Die hätte ich gerne. Leider finanziell nicht machbar. Bilder sind technisch immer eine Klasse für sich. Haben einen etwas wärmeren Ton als Zeiss. Wobei die Zeiss ZX1 immer noch nicht auf dem Markt ist.
Da komme ich nur ins Schwärmen.
Ich hätte gerne die 1/8000s in der 40MP Kamera, damit man auch die lichtstarken Spitzenobjektive mit der vollen Öffnung einsetzen kann! Das geht mit der nur 1/4000s leider nur bedingt!
Der gute alte ND-Filter kann Abhilfe schaffen.
Die Kamera – ohne Objektiv – ist so teuer wie ein Kleinwagen. Steht für mich in keinem Verhältnis mehr, obwohl ich gerne eine digitale Leica hätte.