Von Voigtländer gibt es mittlerweile elf Objektive speziell für Sony E-Mount, darunter einige Spezialisten. Sie alle zeichnet die komplette Kompatibilität zu den Spiegellosen von Sony aus, auf einen Autofokus muss man allerdings verzichten. Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, das Ultra-Weitwinkel Voigtländer 10 mm/1:5,6 Hyper Wide Heliar auszuprobieren.
Fakten
Voigtländer 10 mm/1:5,6 Hyper Wide Heliar für Sony E
Brennweite: 10 mm
Kleinbild-tauglich: ja
Fokus: manuell
Bildstabilisator: nein
Streulichtblende: integriert
Filteranschluss: nein
Gewicht: 350 g
Preis: ca. 1200 Euro
Das Voigtländer 10 mm/1:5,6 Hyper Wide Heliar für Sony E erfasst mit seiner für Kleinbild extrem kurzen Brennweite einen Bildwinkel von 130 Grad. Das ist Rekord für gnomonisch (verzeichungsfrei) abbildende Kleinbildobjektive. Wer einen noch größeren Bildwinkel wünscht, muss auf ein Fisheye zurückgreifen – und handelt sich damit den Nachteil einer extrem verzerrten Darstellung ein.
Schon bevor ich das Voigtländer 10 mm/1:5,6 zum Test angefragt habe, war mir klar: Ein derartiges Objektiv braucht man nicht alle Tage. Und deshalb sollte es möglichst in der Fototasche nicht allzu viel Platz beanspruchen. Und natürlich bei einer Wanderung möglichst wenig an den Gurten des Fotorucksacks zerren.
Von der reinen Physis her kann das Voigtländer 10 mm/1:5,6 da schon einmal punkten: Es wiegt gerade einmal 375 Gramm. Zum Vergleich: die kürzeste Brennweite von Sony, das FE 12-24 mm F4 G drückt 565 Gramm auf die Waage (ist indes auch etwas lichtstärker). Und ganz davon abgesehen auch „länger“ – die zwei Millimeter mehr Brennweite engen den Bildwinkel auf (immer noch beachtliche) 121 Grad ein.
Handhabung
Das Voigtländer 10 mm/1:5,6 ist schon rein haptisch ein Objektiv alter Schule: Sein Äußeres ist komplett aus Metall gefertigt, sogar der Schutzdeckel, der über die fest integrierte Streulichtblende gestülpt wird.
Gesteuert wird das Ultra-Weitwinkel rein manuell. Dazu gibt es zunächst einmal einen klassischen Blendenring, der von F5.6 bis F22 reicht. Er dreht sich angenehm stramm, jedoch keineswegs zu fest und wählt die Blende standardmäßig in drittel Schritten vor. Videofilmer können das Objektiv alternativ auf stufenlose Blendensteuerung umschalten.
Die Entfernung wird ebenfalls von Hand eingestellt, Voigtländer hat prinzipiell keine Autofokus-Objektive im Angebot. Für ein Super-Weitwinkel ist das indes kein Beinbruch, zumal nicht, wenn es sowieso nicht weiter als bis F5.6 aufgeblendet werden kann. Bereits bei Offenblende ist die Tiefenschärfe derart groß, dass ich das Super-Weitwinkel die meistens wie ein Fixfokus-Objektiv genutzt habe.
Hinzu kommt: Der Fokusring des Voigtländer 10 mm/1:5,6 läuft derartig satt und sämig, dass es eine wahre Freude ist, damit zu arbeiten. Und zwar durchaus auch ohne Blick in den Sucher. Voigtländer graviert nämlich, ganz wie es früher üblich war, eine Entfernungsskala ein, ebenso eine Skala für die Tiefenschärfe.
Falls man beim Fokussieren doch einmal in den Sucher blickt, arbeitet das Voigtländer 10 mm/1:5,6 mit allen Assistenten zusammen, die Sony-Kameras aufzuweisen haben. Je nach Kamera-Einstellung springt die Fokuslupe an und/oder Kontrastkanten in der Schärfeebene werden farbig markiert (Fokus-Peaking).
Kurzum: Die Arbeit mit dem Voigtländer 10 mm/1:5,6 hat mir wirklich Freude bereitet – auch ohne Autofokus. Bereits bei Blende F8 reicht die Tiefenschärfe praktisch von der Naheinstellgrenze von 30 Zentimeter bis unendlich. Gut gefallen hat mir zudem, dass ich Entfernung und Blende einstellen kann, ohne die Kamera einschalten zu müssen.
Bildqualität
Eingesetzt habe ich das Voigtländer 10 mm/1:5,6 Hyper Wide Heliar an einer Sony Alpha 7R III. Die Kleibildkamera lös rund 42 Megapixel auf – für Objektive eine echte Herausforderung.
Abgesehen von den äußersten Bildrändern und -ecken hat das Super-Weitwinkel von Voigtländer keine Probleme, die 42 Megapixel der Alpha 7R III adäquat zu bedienen. Die Schärfe ist hoch, Details werden schön herausgearbeitet. Dass der Schärfeeindruck zu den äußersten Randbereichen hin abnimmt, hängt sicherlich auch damit zusammen, dass das Objektiv hier sehr stark verzerrt – was bei einem Objektiv mit derart kurzer Brennweite unvermeidlich ist.
Zum sehr guten Schärfeeindruck trägt sicherlich auch bei, dass chromatische Aberrationen beim Voigtländer 10 mm/1:5,6 Hyper Wide Heliar hervorragend auskorrigiert sind. Farbsäume an Kontrastkanten treten praktisch nicht auf. Mit Gegenlicht hat das Objektiv ebenfalls kein Problem, Flares konnte ich nur unter Mühen provozieren, Blendenflecken überhaupt nicht.
In Sachen Vignettierung verhält sich das Voigtländer 10 mm/1:5,6 Hyper Wide Heliar nicht ganz so mustergütig. Der Helligkeitsabfall zu den Rändern hin beginnt schon früh und fällt insgesamt recht deutlich aus. Glücklicherweise ist in Lightroom ein Korrekturprofil für die Vignettierung des Objektivs hinterlegt, sodass das Problem relativ schnell vom Tisch ist. Bei High-ISO-Aufnahmen lässt diese Korrektur allerdings das Bildrauschen an den Rändern deutlich hervortreten.
Mein Fazit
Wer eine wirklich kurze Festbrennweite für seine spiegellose Sony braucht, kommt um das Voigtländer 10 mm/1:5,6 Hyper Wide Heliar nicht herum. Und macht damit absolut nichts falsch: Der Verarbeitungsqualität ist exzellent, die optische Leistung (abgesehen von kleineren Schwächen an den Bildrändern) sehr hoch, die Handhabung auch ohne Autofokus hervorragend. Aber Achtung! Eine derart kurze Brennweite will schon mit Bedacht eingesetzt werden – insbesondere die kräftigen Verzerrungen an den Bildrändern sollte man bei der Bildgestaltung unbedingt einkalkulieren. Und rund 1200 Euro, die das Voigtländer 10 mm/1:5,6 Hyper Wide Heliar nun einmal kostet.
PRO
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tadellose Abbildungsleistung
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herausragende Verarbeitung
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gutes Handling (obwohl nur manueller Fokus)
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Blende von Drittelstufe auf stufenlos umschaltbar
CONTRA
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Schärfeabfall zu den Bildrändern hin
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Preis
Technische Daten: Voigtländer 10mm / F 5,6 Hyper Wide Heliar asphärisch
Brennweite an Vollformat-Kamera | 10 mm |
Öffnungsverhältnis | 1:5.6 |
Kleinste Blende | F22 |
Klick-Stop | 1/3 |
Optischer Aufbau | 13 Linsen in 10 Gruppen |
Bildwinkel | 130° |
Blendenlamellen | 10 |
Mindestentfernung | 0,3 m |
max. Durchmesser | 67,8 mm |
Gesamtlänge | 73,8 mm |
Anschluss | Sony E |
Elektrischer Kontakt | Übertragung der EXIF -Daten zur Kamera für Objektivkorektur |
Manueller Fokus-Assistent | ja |
Gewicht | 371 g |
Filtergröße | – |
Farben | schwarz |
Sonstiges | Sonnenblende integriert (nicht abnehmbar), Objektivdeckel, selektives Blendenkontrollsystem |
Schade, dass es die Voigtländer Objektive nicht mit Nikon F Anschluss gibt.
Zitat:
»CONTRA
• Schärfeabfall zu den Bildrändern hin
«
Das liegt in der Natur der extremen WW-Objektive. Wenn Sie z.B. auf eine Ebene in der Distanz von 10 m fokussieren, ist der Weg zum rechten oder linken Rand fast 15 m lang (ganz leger und grob formuliert). Das sind Differenzen, die kein Super WW verarbeiten kann.
Vielen Dank, dass Sie das eigens hervorheben. Steht ja bereits im Beitrag: "Dass der Schärfeeindruck zu den äußersten Randbereichen hin abnimmt, hängt sicherlich auch damit zusammen, dass das Objektiv hier sehr stark verzerrt – was bei einem Objektiv mit derart kurzer Brennweite unvermeidlich ist."
Nee, nee, nicht Verzerrung, sondern Unschärfe. So viel Schärfentiefe liefert auch ein auf f=16 abgeblendetes Objektiv nicht, niemals. Kann man ganz leicht nachrechnen.
Was Sie mit Verzerrungen meinen, ist ein Resultat der Längendifferenzen, die man aber rein theoretisch korrigieren könnte. Nur wäre das Objektiv dann unbezahlbar und andere Fehler würden zutage treten.
Unschärfe und Verzerrung sind zwei voneinander unabhängige Attribute. Es kann ein Bild verzerrt und trotzdem am Rand scharf sein – einige Grossformatobjektive haben diese Eigenschaft.
Selbst bei einem Superweitwinkel (nicht Fischauge) ist die Entfernung = Gegenstandsweite der Abstand Motivebene zu objektseitiger Hauptebene und nicht zum "Objektivmittelpunkt", also der Abstand zweier paralleler Ebenen, welcher überall konstant ist.
Einfach mal aufzeichnen, dann funktioniert es mit dem Verständnis. Tip: Objektivlinsen sind Segmente aus Kugeln, nicht planaren Ebenen.
Üblicherweise strebt der Optikentwickler an, das Bildfeld zu ebnen.
Zu den von ihm angewandten schwarzen Künsten zählt zu diesem Zwecke, so wird von Druidenmund zu Druidenohr überliefert, die Petzval-Bedingung bzw, die Petzval-Summe.
Gerade diese Bildfeldebnung führt zu dem theoretischen (aber in der Praxis weitgehend irrelevanten) "Problem" https://www.mhohner.de/newsitem2/recompose?lg=d "nicht schwenken". (zur Irrlevanz einfach mal Beispielwerte in den Schärfenteiefenrechner eingeben)
Die Schärfentiefe auszunutzen um Fehler bei der Bildfeldebnung zu übertünchen gilt in Fachkreisen als Verstoß gegen die Manneszucht.
Nichtsdestotrotz kann man die Werte 10mm Brennweite f 5,6, 35mm "Vollformat", Entfernungseinstellung 10m und Zerstreuungskreis 0,03mm in den Schärfentiefenrechner (z.B.: https://www.mhohner.de/formulas.php#calc ) eingeben und das Ergebnis angucken. Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich! (0,562m bis unendlich)
Selbst bei 0,01mm Zerstreuungskreis noch Schärfenteife von 1,51m bis unendlich …
Bei einem Reparatur-Bedarf müssen leider ALLE Voigtländer Objektive zu COSINA nach Japan geschickt werden! Wer bis zu drei Monates dafür warten kann,, bekommt dann sein Objektiv repariert zurück!
Das finde ich nicht so prickend!
Da bin ich jetzt aber mal gespannt, ob mein Posting hier stehen bleiben darf!
24×36 oder APS?
24×36 qmm, sonst käme man nicht auf 131° Bildwinkel. Habe es selbst seit über einem Jahr, speziell, aber dann sehr reizvoll
Ja, ich arbeite seit drei Jahren gern mit dem Objektiv. Es zeigt aber leider bei meiner Sony 7RII im Randbereich einen deutlichen Grünstich, den ich korrigieren muss.
Vogtländer hat, ich glaube im Januar, einen Adapter für Nikon Z angekündigt der aber leider noch nicht erhältlich ist!
Unser Exemplar weist den von Ihnen beschriebenen Grünstich am Rand nicht auf – wir haben es soeben nochmals nachgemessen. Dass ein Adapter für Nikon Z kommen soll, ist uns nicht bekannt – und wohl technisch auch nicht möglich (Nikon Z und Sony E haben bis auf ein paar Millimeter dasselbe Auflagemaß).
Den Adapter gibt es schon.
https://blog.kasson.com/nikon-z6-7/zeiss-batis-135-on-nikon-z7/
Na, von Voigtländer ist der nicht. Aber immerhin gibt es ihn.
Nun, einen Grünstich kann ich auf meinem Monitor im Innenraum-Beispielfoto am rechten Rand deutlich erkennen.