In den letzten Wochen habe ich mich intensiv mit der Nikon D850 beschäftigt. Immer mit an der Kamera oder in der Fototasche: Das Nikkor AF-S 105mm 1:1.4 E ED. Ursprünglich wollte ich dem Objektiv lediglich einen Abschnitt in meinem Review der D850 gönnen. Doch zu Nikons aktuellem 105er sind mir derart viele Gedanken gekommen, und es sind so viele Fotos zusammengekommen, dass sich fast wie von selbst ein eigener Beitrag ergeben hat.

Dank seiner (bezogen auf die Brennweite) extrem großen Lichtstärke von F/1:1.4 eignet sich das 105er bestens für alle Aufnahmen, bei denen ein relativ großen Hauptmotiv möglichst plastisch von seinem Hintergrund gelöst werden soll. Fashion ist ein klassisches Sujet, bei dem diese Eigenschaften gefordert sind.

Diese Aufgabe leistet das 105mm 1:1.4 mit Bravour. Bereits bei Offenblende es ist fast schon beängstigend scharf – zumindest im Bildzentrum. Die Bildränder und -ecken habe ich mir ehrlich gesagt bei Aufnahmen mit großer Blende nicht genauer angesehen, weil sie außerhalb der Fokusebene lagen. Die Vergleichsaufnahmen im Atelier habe ich mit F11 aufgenommen, hier reichen die Schärfe und Detailfülle bis in die äußerste Ecken. Das 105er von Nikon empfiehlt sich also wärmstens auch für Sachaufnahmen.

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Hervorragend auskorrigiert hat Nikon beim 105mm 1:1.4 asphärische Aberrationen. Sowohl Farblängs- wie -querfehler konnte ich praktisch nicht ausmachen. Und das, obwohl ich das Objektiv in dieser Hinsicht durchaus gequält habe – bei einem Model-Shooting im Licht der tiefstehenden Sonne ebenso wie bei nächtlichen Porträtaufnahmen unter den Lichtern der Münchner Innenstadt.

Bei den Aufnahmen aus der nächtlichen Citiy hat mich vor allem auch das nahezu perfekte Bokeh des Objektivs begeistert. Die Helligkeitsverteilung in unscharfen Spitzlichtern ist sehr gleichmäßig, keine Spur von „Zwiebelringen“ oder verhärteten Rändern. Vor allem aber ist das Bokeh nicht nur bei Offenblende hervorragend, sondern auch noch abgeblendet bis ca. F/3.5.

Die Kehrseite der Medaille: Das Nikkor AF-S 105mm 1:1.4 E ED ist mit 985 Gramm alles andere als ein Leichtgewicht. Und voluminös, der Filterdurchmesser beträgt 82 Millimeter. Aber da gibt die D850 ja den richtigen Gegenpart ab.

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Was ich allerdings vermisst habe, ist ein Bildstabilisator. Gut, ein optischer Stabi ist bei einem derart lichtstarken Objektiv wie dem 105mm 1:1.4 technisch nicht möglich oder zumindest extrem aufwändig. Aber es gibt ja durchaus Kameras mit rund 45 Megapixel Auflösung, die über einen In-Body-Stabilisator verfügen – leider nicht von Nikon.

Überaus kritische Betrachter könnten vielleicht noch bemängeln, dass das AF-S 105mm 1:1.4 E ED bei großen Blenden etwas vignettiert. Mir ist es ehrlich gesagt an meinen Aufnahmen erst aufgefallen, nachdem ich die automatische Objektivkorrektur in Lightroom aktiviert habe, die die Vignette entfernt. Abgeblendet auf mindestens F/5.6 spielt das Problem überhaupt keine Rolle mehr.

Gut 2400 Euro verlangt Nikon für das AF-S 105mm 1:1.4 E ED – angesichts dessen optischer Leistung ein fairer Preis. Dafür hätte jedoch die Fassung gerne aus Metall gefertigt sein dürfen und nicht nur aus Kunststoff.