Wenn der Auslöser erst einmal betätigt ist, dann ist das Foto im Kasten. Kamera und Objektive geben dabei die grundsätzlichen Rahmendaten vor. Wie das Bild aussieht, legt die Physik fest und diese Parameter lassen sich nicht ändern. Zumindest nicht bei einem Bild. Denn jetzt haben Forscher einen Weg gefunden, Bilder so zu manipulieren, dass eine Abbildung entsteht, die in Wirklichkeit so nie möglich wäre.
Nun ist digitale Bildbearbeitung ja im Prinzip nichts Neues. Aber die Forscher der University of California in Santa Barbara und von Nvidia haben einen ganz neuen Ansatz ins Spiel gebracht, den sie anhand eines konkreten Beispiels anschaulich erklären. Sie nennen ihre neue Methode Computational Zoom. Das gegebene Problem ist weit verbreitet und ein essentieller Bestandteil der Bildgestaltung.
Der Hintergrund kann einfach vergrößert werden
Wer ein nicht allzu großes Hauptobjekt ideal aufnehmen möchte, im Beispiel eine Person, benutzt dafür am besten ein leichtes Teleobjektiv. Damit bleiben die Proportionen erhalten, das Bild wirkt natürlich. Dann aber ist der Hintergrund durch den vergleichsweise engen Bildwinkel stark eingeschränkt. Durch den Einsatz eines leichten Teleobjektivs ist es nämlich nicht möglich, einen entsprechend großen Hintergrund ins Bild zu bekommen. Zumindest nicht dann, wenn das Hauptobjekt nicht entsprechend kleiner werden soll. Ein weiteres Problem ist die fehlende Schärfentiefe. Zwar kann diese erhöht werden, in dem das Objektiv abgeblendet wird, tatsächlich ist das aber nur bis zu einem gewissen Grad möglich. Schon aus genannten optischen Gründen ist es nicht möglich, ein solches Foto mit durchgehender Schärfentiefe aufzunehmen.
Was also tun? Der erfahrene Fotograf greift zum Weitwinkelobjektiv. Mit dem lässt sich ein weitaus größerer Bereich des Hintergrunds weitgehend scharf abbilden. Allerdings wird auch dieses Foto nicht unbedingt optimal, denn durch die geringe Brennweite vergrößert sich der vermeintliche Abstand zum Hintergrund, der viel kleiner als in Wirklichkeit erscheint. Der Abstand wird natürlich nicht tatsächlich größer, aber die Konstruktion eines Weitwinkelobjektivs sorgt dafür, dass Bilder diesen Eindruck erwecken. Zudem kommt es vor allem am Rand der Aufnahme zu unerwünschten Verzerrungen des Bildes. Das Weitwinkelobjektiv ist also auch keine perfekte Lösung.
Aus zwei Aufnahmen (links) ist das Bild rechts entstanden
Wie also lassen sich alle Fliegen mit einer Klappe schlagen und das Ganze auch noch ohne eine Fotomontage bewerkstelligen? Die Antwort heißt Stacking. Das ist in der Fotografie nichts Neues, wird in der Regel aber nur angewandt, um beispielsweise bei Makroaufnahmen eine durchgehende Schärfe zu erzielen, beispielsweise im Studio. Wenn ein kleines Objekt durchgehend scharf sein soll, macht der Fotograf eine Reihe von Aufnahmen und dreht die Schärfe immer ein Stück weiter. Anschließend wird das Foto quasi scheibchenweise zusammengesetzt. Das Ergebnis ist eine von vorne bis hinten scharfe Aufnahme. Die kalifornischen Forscher haben allerdings einen anderen Ansatz. In ihrem Beispiel macht der Fotograf eine Reihe von Aufnahmen und bewegt sich dabei immer näher an das Hauptobjekt heran, bis er neben ihm steht. Dabei wird die Brennweite beibehalten.
Die mathematische Herangehensweise ist etwas für Experten (siehe http://cvc.ucsb.edu/graphics/Papers/SIGGRAPH2017_ComputationalZoom/PaperData/CompZoom_SupplementaryDocument.pdf). Das Ergebnis aber ist verblüffend. Denn das Foto wird nicht nur durchgehend scharf, auch die Proportionen stimmen allgemein überein. Zudem wird der Hintergrund ein Stückweit näher an das Hauptmotiv herangerückt – somit erscheint das Bild etwas dichter. Das Ergebnis ist ein Bild, das in der Realität mit Kamera und Objektiv so nicht aufzunehmen wäre. Eine solche Objektivkonstruktion müsste mehrere Brennweiten in einem Objektiv vereinen und das zur gleichen Zeit. Das ist natürlich nicht möglich. Computational Zoom löst also tatsächlich viele alltägliche Probleme der Fotografie auf einmal.
Das rechte Foto zeigt die fertige Montage – ganz rechts die eigentlich nötige Objektivkonstruktion
Die neue Technik wurde bei der ACM SIGGRAPH 2017-Konferenz vorgestellt. Ob und wann Computational Zoom erhältlich sein wird, ist noch offen. Man kann aber davon ausgehen, dass eine solche grundlegende Technik bald schon in entsprechender Software zur Verfügung steht.
Das Handout/Pressemeldung zu Computational Zoom ist hier zu finden: http://cvc.ucsb.edu/graphics/Papers/SIGGRAPH2017_ComputationalZoom/PaperData/SIGGRAPH17_CompZoom.pdf
Quelle: www.prophoto-online.de
Irgendwie verstehe ich den Witz nicht. Zwei Bilder so zusammengebastelt, dass die Proportionen nicht passen – das machen viele, daran erkennt man Fakes.
Zustimmung – das Ergebnis ist eine leichte Katastrophe…
Zitat:
»Computational Zoom löst also tatsächlich viele alltägliche Probleme der Fotografie auf einmal.«
Komisch, ich hatte derartige 'Probleme' noch nie. Daher denke ich, dass hier wieder ein 'feature' für eine Software aufgebaut werden soll, dessen Bedürfnis erst einmal geweckt werden muss, weil es in der Realität nicht vorkommt.
Wenn jemand anderer Meinung ist, dann möge er/sie mir Beispiele zeigen, wo es sinnvoll ist, die Perspektiven innerhalb einer Szene zu verändern.
Genau dafür wär eigentlich das vielgeschmähte Normalobjektiv das perfekte Objektiv der Wahl. Und natürlich das Spiel mit der Perspektive. Aber warum einfach, wenn's auch kompliziert geht.
Die Überschrift spricht für sich: Perfekte Bilder – Besser als die Wirklichkeit.
Vielleicht sollte man Fotografie an sich nochmals neu definieren. Oder abschaffen. Denn Perfektion ist der Seele Tod.
Dieses Programm kann durchaus helfen, bei manchen Bildern die Bildaussage zu verbessern – oder überhaupt erst ein Bild interessant zu machen. Die gewählten Beispiele sind vielleicht etwas trivial, aber sie zeigen doch durchaus, was möglich ist. Ich finde diese Software sehr gelungen.
Man muss dazu sagen dass meine Perspektive und Proportionen einzig und allein durch den Kamerastandpunkt und nicht durch die Brennweite bestimmt werden. Eine lange Brennweite ist nichts weiter als ein Crop. Mit einem Weitwinkel gehe ich in der Regel näher ran, was die Proportionen verändert. Bleibe ich an der gleichen Stelle, an der ich mein Motiv mit 200mm fotografieren würde hätte ich das gleiche Bild, vorausgesetzt die Auflösung reicht was selten der Fall ist. Einizger Unterschied, der Unschärfekreis.
Das ist falsch.
Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Verzeichnung gibt es natürlich noch was ich aber als Bildfehler und nicht ls Perspektivänderung interpretieren würde. Anbei zwei links die meine Aussage mit Bilder und Fakten unterlegen:
https://kwerfeldein.de/2008/04/04/brennweite-und-ihr-einfluss-auf-die-perspektive/
https://www.uni-muenster.de/ZIV/Lehre/MM_HWK/V001S04.htm
Es gibt aber noch einige mehr wenn man sich bemüht danach zu suchen.
"Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt."
Offensichtlich. So wie es in den von Ihnen verlinkten Artikeln beschrieben ist, ist es dann wieder korrekt.
Wie haben Sie es denn verstanden?
Ich denke dass Perspektive und Proportionen unabhängig von der Brennweite sind und nur vom Standpunkt der Kamera beeinflusst werden war meine Kernaussage.
Ein Teleobjektiv hat einen kleineren Bildwinkel und größeren Unschärfekreis.
Einer bestimmen Brennweite kann man nicht einfach eine Bildwirkung zuschreiben, zumindest wenn man es ganz genau nehmen möchte.
Perspektivveränderungen sind rein subjektiv und im fotografischen Alltag sicherlich berechtigt nachvollziehbar.
Ich lasse Azubis auch keine Werbeaufnahme mit Ultraweitwinkel und 100mpx schießen da es nicht praktikabel ist.
Für alle anderen ist es hier auch noch einmal schön erklärt:
http://www.elmar-baumann.de/fotografie/fragen/frage.brennweite.perspektive.html
@Chris: Sie haben völlig recht, dass allein die Perspektive das Verhältnis zwischen Vorder- und Hintergrund bestimmt – nicht die Brennweite. Die Brennweite setzt nur den sichtbaren Ausschnitt.
Wenn ein Motiv nicht interessant ist, braucht man es nicht zu fotografieren. Ganz einfach.
Man braucht auch kein Programm, um es interessant zu machen.