Der diesjährige Leica Oskar Barnack Award geht an Terje Abusdal. Ausgezeichnet wird der norwegische Fotograf für sein Langzeitprojekt „Slash & Burn“, die das Leben der Waldfinnen zeigt. Als bester Nachwuchsfotograf unter 25 Jahren konnte sich der Ukrainer Sergey Melnitchenko mit seiner Serie „Behind the Scenes“ gegen rund 800 Mitbewerber durchsetzen.

Presseinformation der Leica Camera AG:

Der Norweger Terje Abusdal gewinnt den Leica Oskar Barnack Award 2017 mit seinem Langzeitprojekt „Slash & Burn“

Der Leica Oskar Barnack Award Newcomer 2017 geht an den ukrainischen Fotografen Sergey Melnitchenko mit der Serie „Behind the Scenes“.

Wetzlar, 9. August 2017. Die diesjährigen Gewinner des international renommierten und traditionsreichen Fotowettbewerbs Leica Oskar Barnack Award (LOBA) stehen fest. In der Hauptkategorie „Leica Oskar Barnack Award“ überzeugte der Norweger Terje Abusdal die fünfköpfige Jury mit seinem beeindruckenden Langzeitprojekt „Slash & Burn“. In der Kategorie „Leica Oskar Barnack Award Newcomer“, für Nachwuchsfotografen unter 25 Jahren setzte sich der Ukrainer Sergey Melnitchenko mit seiner Serie „Behind the Scenes“ gegen rund 800 Mitbewerber durch.

Terje Abdusal: Slash & Burn

Terje Abusdal © Marie Sjøvold (links), © Terje Abusdal “Slash & Burn” (rechts)

Zwischen Tradition und Mystik, Herkunft und Zugehörigkeit, Fakten und Fiktion gelingt es dem LOBA Gewinner Terje Abusdal eine geheimnisvolle und sogleich eindrückliche Annäherung an die Waldfinnen – eine naturverbundene Volksgruppe in Norwegen. Er begann das Projekt „Slash & Burn“ als Abschlussarbeit an der Danish School of Journalism, das sich anschließend zum Langzeitprojekt entwickelte. Während seiner dreijährigen Recherche tauchte Abusdal immer tiefer in die Tradition der Waldfinnen, eine in Norwegen inzwischen staatlich anerkannte Minderheit, ein. Doch wie kann man etwas so immaterielles wie Kultur, vor allem wenn diese fast ausgestorben ist, überhaupt fotografieren? Von dieser Frage ausgehend verwischt Terje Abusdal die Grenzen zwischen Realität und Fiktion mehr und mehr. „Ich fügte der Geschichte bestimmte Elemente aus der Vergangenheit der Waldfinnen –Feuer, Rauch, Schamanismus –hinzu“, erklärt Terje Abusdal. So verweben sich Dokumentation und Imagination in seinen Aufnahmen auf irritierende und zugleich organische Art und Weise. Eine suggestive Kraft, eine besondere Mystik geht von den Bildern aus – das Ergebnis eines vorsätzlichen Versuchs, ein fiktionales Universum zu erschaffen, eine magische Welt.

Der Gewinner des Leica Oskar Barnack Awards Newcomer, Sergey Melnitchenko, hat die Jury mit seiner beeindruckenden und zugleich realistisch und im wahrsten Sinne des Wortes ungeduscht distanzlosen Serie „Behind the Scenes“ überzeugt. Kaum jemand ist Tänzerinnen in einem chinesischen Club so nahegekommen wie der ukrainische Fotograf. „Hier ist alles echt – es handelt sich nicht um Szenen, sondern um das echte Leben, unser Leben, oder eben meins“, so Sergey Melnitchenko. Irgendwo in China in einer schwülen Nacht, im Morgengrauen nach getaner Arbeit – schwitzende Transvestiten, Mädchen in Badewannen voller Bier, betrunkene Darsteller und eine noch größere Zahl betrunkener Besucher. Ramponierte Beine, durchtanzte Füße, kaputte Strumpfhosen im Abschminklicht. Kratzer und Narben, die meisten sind unsichtbar, denn sie befinden sich an geschundenen Seelen. Um solche Einsichten zu liefern, reicht es nicht, nah dran zu sein. Man muss, so wie Melnitchenko Teil des Ganzen sein. Nicht im Scheinwerferlicht auf der Bühne, sondern vom Abseits hinter den Kulissen erzählt er in seiner cineastisch anmutenden Serie aus dem Alltag, seinem Alltag, im Showbusiness mit Ecken und Kanten. So gelingt es ihm in seiner Serie „Behind the Scenes“ mehr preiszugeben als viele sehen wollen.

Sergey Melnitchenko: Behind the Scenes

© Sergey Melnitchenko “Behind the Scenes”

„Ich beglückwünsche die beiden Gewinner des diesjährigen Leica Oskar Barnack Awards Terje Abusdal und Sergey Melnitchenko im Namen der gesamten Jury. Beide Fotografen haben es geschafft, mit einem ganz besonderen Blick, das Miteinander von Mensch und Umwelt eindrucksvoll darzustellen. Sie haben sich somit gegen die insgesamt rund 2.700 Mitbewerber aus 104 Ländern durchgesetzt und die gesamte Jury mit ihren ausdrucksstarken Bildserien überzeugt“, erläutert Karin Rehn-Kaufmann, Generalbevollmächtigte Leica Galerien International.

Die Gewinner des 37. LOBA werden am 13. September im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung in Berlin ausgezeichnet. Als Gewinner der Hauptkategorie erhält Terje Abusdal eine Prämie von 25.000 Euro sowie eine Kameraausrüstung des Leica M-Systems (Kamera und Objektiv) im Wert von 10.000 Euro. Sergey Melnitchenko, Sieger des Nachwuchspreises, wird mit 10.000 Euro und ebenfalls mit einer Leica Messsucherkamera mit Objektiv ausgezeichnet. Neben den beiden Hauptkategorien werden die Fotoprojekte der zehn Finalisten jeweils mit 2.500 Euro prämiert. Die Bildserien aller zwölf Finalisten sind vom 14. September bis zum 15. Oktober 2017 erneut in einer großen Ausstellung in der „Neuen Schule für Fotografie“, Brunnenstraße 188-190,10119 Berlin zu sehen. Begleitend zur Ausstellung erscheint der LOBA Katalog 2017, der die Gewinner und Finalisten mit umfangreichen Bilderstrecken und Interviews detailliert vorstellt.

Biografien

Terje Abusdal

Der 1978 im norwegischen Evje geborene Fotograf arbeitet ausschließlich an freien Projekten –stets angesiedelt auf dem schmalen Grat zwischen Wahrheit und Fiktion. 2014 studierte er in Aarhus an der Dänischen Schule für Medien und Journalismus Advanced Visual Storytelling und besuchte anschließend mehrere Meisterklassen bei Simon Norfolk und Aaron Schuman. 2015 veröffentlichte er mit „Radius 500 Metres“ sein erstes Fotobuch. In seinen Arbeiten, die in Einzel- und Gruppenausstellungen zu sehen sind, widmet er sich vor allem der Frage nach Identität und Zugehörigkeit. Terje Abusdal lebt in Oslo.

Sergey Melnitchenko

Der Fotograf ist 1991 in Mykolajiw/Ukraine geboren und fotografiert seit rund acht Jahren. Er ist Mitglied der Ukrainian Photographic Alternative, ein Kollektiv, das zeitgenössische Fotografie aus der Ukraine fördert. Er veröffentlichte 2013 seine Serie „Loneliness Online“ im Eigenverlag. Seine Arbeiten wurden in diversen internationalen Einzel-und Gruppenausstellungen gezeigt, darunter das Landskrona Fotofestival (2015), das Off_Festival Bratislava (2014), Kunstbuchpräsentation im Rahmen der Künstlerresidenz The Muzychi Expanded History Project, Kiew/Ukraine. Melnitchenko lebt und arbeitet seit zwei Jahren in China.

Sergey Melnitchenko

Sergey Melnitchenko

Über den Leica Oskar Barnack Award

Der Leica Oskar Barnack Award gehört zu den renommierten und traditionsreichsten internationalen Fotowettbewerben und wurde in diesem Jahr bereits zum 37. Mal vergeben. Die Aufgabe der teilnehmenden Fotografen besteht darin, das Miteinander von Mensch und Umwelt mit wachem Auge wahrzunehmen sowie kreativ und zukunftsweisend zu dokumentieren.