Seit Februar 2014 arbeitet LargeSense an der der digitalen Großformatkamera LS911, jetzt ist sie fertig. Ihr Bildsensor misst 9 x 11 Zoll (22,86 x 27,94 cm), gibt sich bei der Auflösung mit 12 Megapixel jedoch äußerst bescheiden. Wenig bescheiden ist dagegen der Preis der exklusiven Kamera: 104.000 US-Dollar.
Als photoscala die LS911 erstmals vorgestellt hat, ging ihr geistiger Vater Bill Charbonnet noch davon aus, dass die digitale Großformatkamera Ende 2015 fertig sein wird. Jetzt hat’s doch etwas länger gedauert, doch ab sofort kann die LS911 in der Variante „V“ geordert werden. Das V steht dabei für Video, die Kamera mit dem gigantischen Sensor kann Filme mit einer maximalen Auflösung von 3888 x 3072 Pixel bei 26 fps aufzeichnen.
Ansonsten ist es bei den technischen Eckdaten geblieben, die bereits bei der Vorstellung des Prototypen Mitte 2015 bekannt wurden: Die Sensorfläche ist mit 9 x 11 Zoll größer als die Fläche eines DIN-A4-Bogens, trotzdem bleibt es bei einer äußerst konservativen Auflösung von 12 Megapixel. Daraus resultiert ein Pixelabstand von 75 μm – fast zehnmal so viel wie bei einer Sony Alpha 7S, deren Kleinbildsensor ebenfalls 12 Megapixel auflöst.
Ein Blick auf die Rückseite der LS911 zeigt ein riesiges Live-View-Display. An der Seite das üppige Anschlussterminal.
Die Basisempfindlichkeit beträgt ISO 2100, als zweite Stufe gibt es ISO 6400 (jeweils bei einem Objektiv mit IR-Filter). Die hohe Empfindlichkeit relativiert sich ein wenig dadurch, dass die immense Sensorfläche eine sehr kleine Blende verlangt, wenn man eine nennenswerte Tiefenschärfe erzielen möchte. In der Großformatfotografie sind f/64 und f/128 durchaus übliche Blendenwerte.
Sehr hohe Basis-Empfindlichkeit
Der Bildwandler der LS911 verzichtet auf jegliche optische Vorsätze. Es gibt kein Farbfilter-Array, die Kamera zeichnet folglich nur in Schwarzweiß auf. Ebenso fehlen ein AA-Filter sowie ein Infrarot-Sperrfilter. Laut LargeSense ist letzterer bei Aufnahmen unter Kunstlicht entbehrlich, für Außenaufnahmen empfiehlt die kleine Manufaktur aus Kalifornien, das angesetzte Objektiv mit einem IR- und/oder UV-Sperrfilter zu versehen.
Weitere Anschlussmöglichkeiten sowie ein Blitzschuh befinden sich auf der Oberseite der Kamera.
Ausgerüstet ist die Kamera mit einem Balgen, dessen Anschluss kompatibel zur Sinar P2 ist. Wird das Objektiv auf einem separaten Stativ befestigt, ist die Bildstandarte frei verschwenkbar. Fokussiert wird die LS911 (manuell) wie eine Spiegellose Systemkamera, also per Live-View auf dem rückwärtigen Monitor. Details zu diesem Display teilt LargeSense nicht mit, er scheint jedoch riesig zu sein.
Die Bilddaten werden entweder auf einer Speicherkarte (CF oder SD) aufgezeichnet oder gelangen via Netzwerkkabel auf einen externen Datenträger. Die LS911 kann zudem per LAN oder WiFi ferngesteuert werden. Zudem gibt es eine zum Anschluss eines Fernauslösers.
LargeSense weist darauf hin, dass die LS911 anfällig für Schmutz auf dem Sensor ist – was bereits allein an der schieren Fläche des Bildwandlers liegen dürfte. Als Sofortmaßnahme gegen Sensorschmutz biete die LS911 die Möglichkeit, zu jeder Aufnahme ein „White Frame“ aufzeichnen; eine Aufnahme, die lediglich den Schmutz zeigt. Sie dient dann als Maske, um die Bildstörungen durch Sensorschmutz halbautomatisch in einer Bildverarbeitung zu retuschieren.
Ausblick
Wie LargeSense uns wissen lässt, ist die LS911 als reine Fotokamera erst einmal vom Tisch – die Nachfrage danach war zu gering. Möglicherweise wird es jedoch eine Variante geben, die Farbbilder aufzeichnen kann.
Konkret geplant ist dagegen jetzt schon eine Version mit drehbarem Sensor (sodass sich bequem zwischen Hoch- und Querformat wechseln lässt). Allerdings wird diese Ausführung rund 25 Prozent mehr wiegen.
LargeSense arbeitet zudem an der LS55, eine kleinere Ausführung der LS911. Ihr Sensor wird 5 x 5 Zoll messen und 6,7 Megapixel auflösen – daraus resultiert ein Pixelabstand von Pixelabstand von immer noch üppigen 50 μm. Für die LS55 erwartet LargeSense einen Preis von 48.500 US-Dollar.
Weiterführende Informationen: LargeSense (Webseite auf Englisch)
12 MP bei einer "Fast-24×30-Kamera" scheint mir in der Tat ein wenig gering zu sein. Ohne jetzt ins Physikalische zu gehen, könnte ich mir vorstellen, dass ein mittelprächtiges Objektiv für diesen Bildkreis (natürlich aus der analogen Epoche, andere wird es nicht geben) durchaus das Doppelte auflösen könnte. Aber sicher hat sich der Entwickler dabei etwas gedacht. Nur was? Das würde man gern einmal erläutert bekommen. Vielleicht kommt ja dann der Aha-Effekt.
Ich glaube nicht, dass allzu viele Fotografen diesen Sensor für 104.000 Dollars ordern werden. Mir wäre die Einsatzmöglichkeit zu eingeschränkt für das Geld.
Der 5×5 inch Sensor wäre schon viel gebrauchstüchtiger. Die analogen Sinars, Linhofs, Plaubels usw., alle würden mit Begeisterung wieder aus der Mottenkiste gekramt werden – wäre da nicht der unglaubliche Preis von 48.000 Dollars für nur SW und magere 6 MP.
Schade – aber ein Anfang in der Entwicklung ist ja gemacht. Und mit der Nachfrage werden die Preise sinken, oder mit sinkenden Preisen die Nachfrage steigen. Ich kann mir vorstellen, dass ein 4×5 inch Sensor mit 12 MP und Farbe für 4000 EUR schnell Käufer finden würde.
Gerade habe ich einen Artikel auf photoscala gefunden, der darstellt, wieviele Pixel eigentlich ein 4×5 Negativ (also Film) auflöst. Der Autor kommt bei SW auf ca 500 MP und bei Farbdia auf etwa 320 MP. Hier der Link:
http://www.photoscala.de/2010/06/26/wie-viele-megapixel-hat-ein-film/
Das ist interessant. Umso mehr wundere ich mich über diese teuren Neuentwicklungen für Großformatsensoren mit so wenig Auflösung.
Der Sinn dieser Kamera erschliesst sich mir absolut nicht.
Für 104.000 US$ oder 97.375,20 Euro bekommt man brandneu und originalverpackt:
• Eine Linhof Technikardan S 4×5 mit allem erdenklichen Zubehör plus Einweisung
• Diverse Objektive der Oberklasse von Rodenstock/Qioptiq oder Schneider Kreuznach
• Diverse Filmkassetten
• Fast endlos viele, hochauflösende Dia- oder Negativfilme in beliebiger Stückzahl incl. Entwicklung
• Einen Hasselblad Imacon X5
Mit dem Rest kann man sein Häuschen abbezahlen oder noch einen Geländewagen kaufen.
…sagt einer, der seine Grossformatkamera während des Digitalhypes nicht entsorgt hat und immer noch damit arbeitet.
"…sagt einer, der seine Grossformatkamera während des Digitalhypes nicht entsorgt hat und immer noch damit arbeitet."
Dito! Ich habe ebenfalls nichts entsorgt, ganz im Gegenteil, extrem billig zugekauft.
Mal sehen wie viel "Large Sense" Kameras ihre Anwender finden werden.
"…sagt einer, der seine Grossformatkamera während des Digitalhypes nicht entsorgt hat und immer noch damit arbeitet."
Für den es auch schon seit Jahren wesentlich günstigere Digitalrückteile im 4×5" Format gibt… (Rencay).
Da brauchts dann auch keinen Imacon mehr, oder überteuerte 4×5 Diafilme…
Rencay produziert ausschliesslich Scan Backs – viel zu langsam für den normalen Anwender.
Ausserdem: Dia- oder Negativfilm ist nicht teuer. Bezahlt der Kunde mit. Und nein, einen Imacon braucht man nicht, man kann auch einen Drum Scanner nehmen. Ist aber nichts für blutige Amateure.
10 Sekunden Aufnahmezeit für 100 mio pixel an einer Fachkamera mit Fachverstellung sind zu langsam? Dann sollte man wohl auch von analogen Aufnahmetechniken die Finger lassen… VIEL zu langsam 😛
Nachfrage: Wie geht es weiter mit den belichteten Großformat-Bildern? Welche Agentur, welcher Auftraggeber kauft noch analoge Daten? Nebenbei: Diese Leistung schaffe ich auch mit einer professionellen Vollformatkamera von Nikon oder Canon plus Shift-und-Tilt-Objektiv. Aber als Amateur ist es bestimmt "sehr schön", mit einer Sinar, Linhof oder Plaubel herumzufummeln – und verschafft auch hohen Aufmerksamkeitswert.
Absolut irre, aber eine tolle Leistung! Ein Sensor mit 9×11" – Pitch und Pixelzahl sind vermutlich so gewählt, dass der Sensor überhaupt prozessiert werden kann. Da geht genau einer auf einen Wafer – kenne mich mit den Prozesskosten für CMOS jetzt nicht so aus, aber incl. Engineering-, MPW- und Testkosten sind das sicher 10 … 20 k allein für den Sensor.
Dafür finde ich die Kamera fast preiswert… 😉
das ist ein merkwürdiges Projekt. da es kleinere verstellbare Kameras gibt und der Hauptvorteil der Großformatfotografie in der riesigen Auflösung liegt, frage ich mich schon, wo der Sinn dieser Kamera liegt. Zumal man vermutlich für den selben Preis auch einen höher auflösenden Sensor bekommen würde.