Mit der EOS M5 hat Canon im September eine spiegellose Systemkamera angekündigt, die das Zeug dazu hat, auch anspruchsvolle Fotografen aufblicken zu lassen. Nicht nur, weil sich Bedienung und Ergonomie an den DSLRs aus eigenem Hause orientiert. Sondern gerade auch, weil ihr 24-Megapixel-Sensor mit Dual-Pixel-AF endlich eine adäquate Autofokusleistung verspricht. Ich hatte letzte Woche die Gelegenheit, eines der ersten Serienmodelle für ein paar Stunden auszuprobieren.

Canon ist spät und zaghaft in den Markt der spiegellosen Systemkameras eingestiegen. Spät, weil 2012, als mit der die EOS M das erste Modell erschien, Olympus und Panasonic schon fast vier Jahre in diesem Marktsegment unterwegs waren. Und zaghaft, weil die EOS M eher durch ihr Design als mit herausragenden technischen Eigenschaften begeistern wollte. Bis vor kurzem hatte es den Eindruck, als seien Canons EOS-M-Kameras eher Me-to-Produkte als Arbeitsgeräte für anspruchsvollere Fotografen.

Canon EOS M5 mit dem neuen Objektiv EF-M 18-150mm 1:3,5-6,3 IS STM. Das Objektiv ist auch in einer schwarzen Variante erhältlich.

Das hat sich schlagartig geändert, seitdem Canon im September die EOS M5 angekündigt hat. Zumindest auf dem Papier, hier will die EOS M5 mit Ausstattungsmerkmalen überzeugen, die auf der Höhe der Zeit sind:

  • DSLR-artiges Gehäuse mit integriertem EVF und Bordblitz
  • 24-Megapixel-Sensor im APS-C-Format
  • Schneller „Digic 7“-Bildprozessor
  • Dual Pixel CMOS AF System
  • Dediziertes Einstellrad für Belichtungskorrektur
  • Elektronischer Sucher mit 2,36 Millionen Dots Auflösung und 120 Hz Bildwiederholrate
  • In der vergangenen Woche hatte ich die Gelegenheit, die Canon EOS M5 einen Nachmittag lang auszuprobieren. Dabei hat sie durchweg einen positiven Eindruck bei mir hinterlassen.

In der Hand

Die EOS M5 sieht aus wie eine sehr kleine DSLR. Der zentral angeordnete „Sucherbuckel“ beherbergt einen elektronischen Sucher sowie einen kleinen Bordblitz (LZ 5). Und wie bei einer DSLR gibt es einen ausgeprägten Handgriff. Damit liegt die Kamera hervorragend in der Hand, selbst mit schweren Objektiven wie dem EF 100mm f/2.8L Macro IS USM, das mit rund 800 Gramm fast doppelt so schwer ist wie die Kamera (knapp 430 Gramm). Warum ich gerade dieses Objektiv erwähne? Ich hatte es an meiner EOS M5 adaptiert, und das hat wunderbar funktioniert – dazu gleich noch mehr.

Die EOS M5 (hier mit dem Objektiv EF-M 28 mm 1:3.5 Makro IS STM) liegt hervorragend in der Hand.

Die Bedienung der EOS M5 gibt kaum Rätsel auf, Fotografen mit einer DSLR von Canon werden sich bei ihr sofort heimisch fühlen. Gut, ihr fehlt das Canon-typische Steuerrad auf dem Rücken, dafür ist einfach kein Platz. Stattdessen bietet sie ein berührungsempfindliches Display, auf dem sich mit einem Fingertipper der AF-Bereich setzen lässt und auch die Aufnahme ausgelöst werden kann. Dieser Touch-AF ist ja derzeit in Mode, hat aber bei mir den Nachteil, dass beim Blick in den Sucher meine Nase ungewollt den AF-Bereich verschiebt. Canon hat dieses Problem bei der EOS M5 clever gelöst: Bei ihr lassen sich Bereiche auf dem Display definieren, in denen der Touch-AF unwirksam ist. Und zwar derart vielfältig, dass es keine Rolle spielt, ob man mit dem linken oder dem rechten Auge in den Sucher blickt.

Glücklicherweise lässt sich bei der EOS M5 der berührungsempfindliche Bereich des Touch-Displays begrenzen.

Der elektronische Sucher der EOS M5 gibt sich im besten Sinne des Wortes unauffällig. Dank seiner hohen Bildwiederholrate von 120 Hz steht das Sucherbild fest wie ein Fels in der Brandung, Farben und Kontraste gibt er nachvollziehbar wieder. Einzig bei schnellen Kameraschwenks in dunkler Umgebung zittert das Sucherbild etwas, stabilisiert sich aber sofort wieder, sobald die Kamera zur Ruhe gekommen ist.

Gut gefallen haben mir die vielen dedizierten Bedienelemente, die Canon trotz der kompakten Abmessungen auf der EOS M5 untergebracht hat. Dazu zähle ich insbesondere das Rad zur Belichtungskorrektur. Die Position des Auslösers für Videoaufnahmen sollte Canon allerdings noch einmal überdenken – er liegt etwas ungünstig auf der Rückseite, sodass ich mehrmals ungewollt eine Filmaufnahme gestartet habe.

Wie schon kürzlich bei der Olympus OM-D E-M1 II wirkt auf mich auch bei der Canon EOS der Auslöser etwas schwammig. Der erste Druckpunkt lässt sich kaum erfühlen, da habe ich das eine oder andere Mal eine Aufnahme ausgelöst, wo ich doch nur scharfstellen wollte. Diese „weichen“ Auslöser (auch der Sony Alpha 99 II wird er nachgesagt) liegen offenbar derzeit im Trend; die Hersteller wollen damit die Verwacklungsgefahr reduzieren. Nach meinem Geschmack sind sie nicht, ich bevorzuge einen klar definierten ersten Druckpunkt.

Autofokus und Objektive

Canons erste Generation an spiegellosen Systemkameras litten an einem betulichen Autofokus. Es bedarf eben doch einiger technischer Tricks, um dem von Haus aus langsamen Kontrast-AF Beine zu machen. Oder man macht es wie Canon nun bei der EOS M5: Ihr Bildsensor ist praktisch über die gesamte Fläche mit „Dual Pixel“-Phasen-AF-Sensoren ausgestattet. Mit ihrer Hilfe erkennt das AF-System, ob das anvisierte Motiv vor oder hinter der aktuellen Fokusebene liegt und kann die Schärfe entsprechend schneller einstellen.

In der Praxis hat das für mich verblüffend gut funktioniert. Sowohl das neue Zoomobjektiv EF-M 18-150mm 1:3,5-6,3 IS STM wie auch das EF-M 28 mm 1:3.5 Makro IS STM fokussieren an der EOS M5 wirklich flott. Die größte Überraschung für mich war indes, wie mühelos die EOS M5 mit adaptierten EF-Objektiven scharf stellt. Ausprobiert habe ich es mit dem EF 100mm f/2.8L Macro IS USM. Da gab es selbst unter schlechten Lichtbedingungen kein lästiges Fokuspumpen, das anvisierte Motiv wird zügig und in einem Durchgang scharf gestellt.

Canon EOS M5 mit EF 100mm f/2.8L Macro IS USM.

Allerdings „schummelt“ die EOS M5 etwas, um dem Autofokus Beine zu machen: Sie fokussiert ständig, auch wenn die Kamera nur lose am Riemen baumelt. Das geht natürlich zulasten der Akkureichweite, die bei knapp 300 Aufnahmen liegt. Glücklicherweise lässt sich dieser „Prä-AF“ auch abschalten, was die Akkureichweite um ca. 20 Prozent erhöht.

Mit dieser für adaptierte Objektive herausragenden AF-Leistung umschifft Canon elegant die Tatsache, dass das Angebot an nativen EF-M-Objektiven weiterhin recht dünn ist. Gerade einmal fünf (lichtschwache) Zooms und zwei Festbrennweiten stehen derzeit zur Auswahl. Findet sich darunter nichts Passendes, nimmt die EOS M5 via „Mount Adapter EF-EOS M“ jedes EF- und EF-S-Objektiv auf, das Canon aktuell im Programm hat. Das ist Canon offenbar derart wichtig, dass derzeit bei der EOS M5 der Mount Adapter mit im Karton liegt.

Verzichten muss man bei der EOS M5 auf einen sensorbasierten Bildstabilisator. Canon setzt konsequent auf einen optischen Bildstabilisator im Objektiv. Videoaufnahmen kann die EOS M5 allerdings elektronischen stabilisieren – wie gut das funktioniert, habe ich indes nicht ausprobiert.

Im Vergleich zu anderen Spiegellosen ihrer Preisklasse (zum Beispiel Sony Alpha 6300) geht die EOS M5 bei Serienaufnahmen etwas gemächlicher zu Werke. 7 Bilder/Sekunde nimmt sie auf, wenn Fokus und Belichtung während der Serie nachgeführt werden sollen – maximal sind es 9 Bilder/Sekunde. Zudem genehmigt sich die EOS M5 ein paar Sekunden, um den Inhalt des Pufferspeichers auf die Speicherkarte zu transferieren, währenddessen nimmt sie keine Eingaben entgegen. Mir haben allerdings die 7 Bilder/Sekunde gut gereicht, zumal der Autofokus – zumindest bei meinem kleinen Test – da auch gut mitgehalten hat.

Die EOS M5 ist mit einer Serienbildgeschwindigkeit von 7 Bilder/Sekunde (9 Bilder/Sekunde ohne AF) keine High-Speed-Kamera. Aber für die allermeisten Gelegenheiten doch flott genug.

Und die Bildqualität?

Herzstück der Canon EOS M5 ist ein Bildsensor im APS-C-Format (Cropfaktor 1,6), der gut 24 Megapixel auflöst. Um die Aufbereitung der Bilddaten kümmert sich der Bildprozessor Digic 7 – damit ist die EOS M5 im Kern bestückt wie die DSLR EOS 80D (Straßenpreis ca. 1.000 Euro). Und reiht sich damit ein in die aktuelle Riege der 24-Megapixel-Kameras wie Fujifilm X-T2, Sony Alpha 6300 oder Alpha 6500.

Canon EOS M5 bei ISO 1600: Rauschen spielt hier kaum eine Rolle. Aber die Automatik belichtet sichtbar knapp. (Rechtsklick, um Bild in voller Auflösung zu öffnen).

Preislich rangiert die EOS M5 innerhalb dieser Gruppe eher am unteren Ende – gilt das auch für die Bildqualität? Eine Frage, die ich leider innerhalb der wenigen Stunden, die mir die EOS M5 zur Verfügung stand, nicht detailliert klären konnte. Sicher ist auf jeden Fall: Im Großen und Ganzen macht die EOS M5 ihren Job gut, bis ISO 6400 sind die Aufnahmen praktisch ohne Einschränkung zu gebrauchen – sprich: für Prints bis zur Größe DIN A3. Auch deshalb, weil bei ISO 6400 der Dynamikbereich noch nicht sichtbar zusammengeschnürt wird; da bleibt Schwarz noch schwarz und Weiß wird nicht zu Grau.

Gut gefällt mir vor allem, wie zurückhaltend Canon die JPEGs aufbereitet (noch kennt Lightroom nicht das RAW-Format der EOS M5, sodass ich zur Qualität der Rohdaten noch nichts sagen kann). Auf alle Fälle verkneift sich die Kamera ein allzu knackiges Nachschärfen, Schärfeartefakte an Kontrasten gibt es nicht. Die Rauschunterdrückung ist für meinen Geschmack ebenfalls tendenziell zurückhaltend abgestimmt – lässt eher leichtes Helligkeitsrauschen zu, als feinste Details wegzubügeln.

Bei ganz kritischem Blick scheint es, als wäre die Tiefenzeichnung nicht ganz die Stärke der EOS M5 – mit Details in den Schattenbereich geht sie etwas schludrig um. Das mag aber auch daran liegen, dass die Belichtungsautomatik eine knappe Belichtung bevorzugt. Zwar habe ich die Belichtung meist um +1/3 bis +2/3 EV erhöht (was dank des deduzierten Einstellrads sehr einfach geht), doch meistens wäre weiterer Spielraum für eine noch reichlichere Belichtung gewesen.

Canon EOS M5 bei ISO 6400: Die Dynamik ist weiterhin hoch, die Rauschunterdrückung verkneift sich störende Artefakte. (Rechtsklick, um Bild in voller Auflösung zu öffnen).

Mein Fazit

Warum erst jetzt, Canon? Die EOS M5 ist eine rundumgelungene Spiegellose Systemkamera: Die Ausstattung ist top (sieht man vom Bildstabilisator ab), die Bedienung einfach und die Bildergebnisse geben keinerlei Anlass zur Kritik. Begeistern kann der schnelle und sichere Autofokus, hier sticht die EOS M5 hervor. Vor allem mit adaptierten DSLR-Objektiven von Canon – sie fokussieren praktisch genauso schnell wie die nativen EOS-M-Objektive.

Damit wird die EOS M5 zu einem ganz heißen Tipp für alle Fotografen, die bereits EF-Objektive im Fotoschrank stehen haben und nun nach einer kompakten sowie leichteren Alternative zu ihrer DSLR Ausschau halten. Aber Vorsicht: Die Akkulaufzeit der EOS M5 liegt weit unter der einer DSLR!

Wer noch nicht in der Welt von Canon zu Hause ist, sollte sich vor dem Kauf einer EOS M5 unbedingt das Objektivangebot ansehen – es ist derzeit noch recht dürftig. Aber das Wichtigste ist dabei, insbesondere fürs leichte Reisegepäck. Da kommt das neue EF-M 18-150mm 1:3,5-6,3 IS STM auf die Kamera und das EF-M 11-22 mm 4-5.6 IS STM mit in die Fototasche. Damit deckt man dann bezogen auf Kleinbild einen Brennweitenbereich von 18 bis 240 Millimeter ab.

PRO

  • Kompaktes Gehäuse mit sehr guter Ergonomie
  • Sehr umfangreiche Ausstattung
  • Schneller Autofokus, auch mit adaptierten Objektiven
  • Gute Bildqualität (auf den ersten Blick).

CONTRA

  • Sehr kleines Angebot an EF-M-Objektiven
  • Kein integrierter Bildstabilisator
  • Etwas geringe Serienbildrate
  • Kurze Akkulaufzeit.