Sie möchten wissen, wie gut Ihre Fotos sind? Dann bitten Sie doch Keegan um eine Bildkritik. Einfach eine Aufnahme hochladen, und Keegan, der „Photo Coach“, antwortet sofort. Doch Vorsicht: Keegan ist eine künstliche Intelligenz. Die arbeitet verblüffend clever, hat aber auch ihre Grenzen.
Mit der Bildkritik in Fotoforen und -communities ist das ja oftmals so eine Sache: Die Freunde finden jedes Foto gut, das man zeigt – die anderen eher nicht. Und wie oft gibt es überhaupt keine Rückmeldung!
Das kann Ihnen bei Keegang, dem Photo Coach, nicht passieren. Keegan analysiert ihr Bild in wenigen Sekunden und gibt praktisch sofort Feedback – und zwar rund um die Uhr. Wie gut (oder auch nicht) das funktioniert, können Sie unter https://keegan.regaind.io/ ausprobieren. Kleine Einschränkung dabei: Sie sollten Englisch können, um die Bildkritik von Keegan zu verstehen.
Hinter Keegan steckt das französische Start-Up Regaind, das sich auf die Entwicklung künstlicher Intelligenz zur Bildanalyse spezialisiert hat. Regaind hat nach eigener Darstellung eine Reihe professioneller Fotografen befragt, was ein „gutes“ Bild von einem „schlechten“ unterscheidet.
Nach welchen Kriterien Keegan ein Bild bewertet, verrät er nach einem Klick auf „Get more Feedback“. Dann gibt es Punkte für „ästhetische Attribute“ wie „ansprechende Unschärfe“ (gemeint ist wohl Hinter- oder Vordergrundunschärfe), den Bildzuschnitt, Perspektive oder die Bildschärfe.
An seine Grenzen stößt Keegan allerdings, wenn man die Postkarten- oder Posterfotografie hinter sich lässt. Dazu ein Beispiel: Ich experimentiere in der Street-Fotografie gerne mit langen Belichtungszeiten, bei denen hin und her eilende Passanten nur verwischt aufgenommen werden. Oder ich zoome sogar, während ich lange belichte.
Das mag Keegan gar nicht. Diese Aufnahmen sind ihm zu unscharf und nicht klar genug komponiert. Gänzlich abstrakte Fotografien habe ich ihm erst gar nicht vorgelegt, Keegan will Motive erkennen. Das ist letztendlich auch das Hauptanliegen von Regaind, die automatische Erkennung von Bildinhalten und darauf fußend deren automatische Verschlagwortung. So hat die künstliche Intelligenz problemlos eine Aufnahme der Tower Bridge erkannt.
Die Bildkritiken von Keegan mögen nicht mehr sein als ein Zeitvertreib. Die Technik, die dahinter steckt, ist jedoch sicherlich mehr. Sie könnte uns schon bald von einer lästigen Aufgabe befreien: dem manuellen Verschlagworten des Bildarchivs. Und helfen, weniger gelungene Aufnahmen zumindest schon einmal vorab auszusortieren.
Tatsaechlich gibt der Algorithmus "der Netzgemeinde" genuegend Anlass, Tonnen von Spott ueber die vermeintliche KI auszuschuetten. Siehe z.B. hier: https://fstoppers.com/critiques/would-you-let-computer-critique-your-photography-149284#comment-280509
Ich bin mir gar nicht so sicher, ob fuer Keegan tatsaechlich ein neuronales Netzwerk im Sinne von z.B. AlphaGO oder TAY arbeitet. Vermutlich ist es lediglich ein nichtselbstoptimierender Code mit einer entspr. Datenbank und geschickten Mustererkennungen. Also eher wie Cortana oder Siri. Die Ergebnisse werden also immer nur so sein, wie die Programmierer sich das so denken.
Bei einer echten KI bzw. einem komplexen neuronalen Netz wird die Bewertung allerdings auch wieder SUBJEKTIV … also im weitesten Sinne. Und das kann, wie bei Microsofts TAY gesehen, ja bekanntlich so richtig in die Hose gehen.
Dennoch sehe ich durchaus Anwendungen fuer die eine oder andere "fast"-KI. Also z.B. in der Verschlagwortung oder der Kriterienpruefung. Wie man sieht, waehlt Keegan bei Stock-Fotos ja die Hoechstpunktzahl auf, und "individuellen Sichtweisen" (Gursky, Bresson, DaVinci …) fallen gnadenlos durch. Das ist auch naheliegend. Stockagenturen geben die Kriterien fuer "ihre" Bilder ja sehr detailliert vor. Es kommt daher nicht von ungefaehr, das Stock-Fotos ideal austauschbar sind. Das hat natuerlich nichts mit GUT oder SCHLECHT, sondern lediglich etwas mit NUETZLICH und UNNUETZ zu tun. Und in einer oekonomisch determinierten Welt, wie der unseren, sind auch dies die einzigen Kriterien die zaehlen (Man muss das nicht gut finden, aber es ist so).
Daher bin ich mir ziemlich sicher, dass solche Bewertungsmaschinen als erstes in die Stock-Agenturen einziehen werden. Die Ablehnung kommt dann vom Eisenmann (wahlweise Eisenfrau). Der naechste Schritt fuer den Stock-Fotografen ist dann, dass man genau diese Algorithmen auch gleich in die Stock-Fotografen-Kamera einbaut. Dann ist die oekonomische Verwertungskette endlich abgesichert – Juchhe!
Fazit: Die Motivklingel ist nah!
Muss ich haben. Ganz ganz dringend. Endlich muss ich nicht mehr Anderen meine Bilder aufdrängen und endlich muss keiner mehr verlogen aber höflich sagen, wie toll er die 1287 Bilder des letzten 10 Tage-Urlaubs findet. Ach ja, und endlich muss ich mir die Bilder nicht mehr anschauen, um mich zu erinnern, wo ich sie aufgenommen habe. So viele Bilder, viel zu anstrengend. Ab ins Archiv und vorher durch die digitale Bewertung. Ok, die Bilder habe ich dann abgehakt, Schnell aus dem Kopf und hab wieder meinen Geist frei fürs nächste Wochenende mit seinen 987 Fotos.
Aber dann schau ich doch mal nach und bin ganz verwundert. Dieses bescheuerte System erzählt mir einfach, dass von meinen 1287 Bildern nur 10 besser als mit 5 Punkten bewertet sind? Dabei habe ich doch alles brav digital vollautomatisch nachbearbeitet und geschärft bis zum geht nicht mehr. Und, mit welchen Recht beschwert er sich über die Wiederholungen in meinen Aufnahmen. Egal, dann fotografiere ich beim nächsten Mal eben 2374 Bilder, dann habe ich wenigstens eine Ausbeute von 20 Bildern über fünf Punkten. Hoffentlich. Sonst geh ich wider zur Fotocommunity.
Zustimmung. Eine SW, die gut für Stockfotographen ist, um möglichst beliebige Bilder zu erzeugen. Mainstream! Das paradoxe: wer solche Bilder macht, muß gar keine machen, die gibt es ja bereits.
Ich fand dieses Photoshop-Web-Spiel eigentlich ganz lustig. So, "Endgegner" geknackt, nächstes Spiel… 😉
Fotocommunity, was ist das?? Ich fotografiere mehr zu meinem Vergnügen. Und war erstaunt, dass das eine oder andere Bildchen um die „Keegan-Sieben-Komma-Null“ lag. Bin ich so gut 😉 Oder die Keegan-Automatik (so schlecht)? Aber welchen „Stock“ benutzen die Agenturen und Fotografen nur? Kann man den Stock, um Dutzendware zu erzeugen, irgendwo bestellen?
Die Probleme aktueller digitaler Technologien finden sich vor allem in solchen "Tools" wie Keegan: Sinnloses wird mit Sinnlosem gefüttert. Oder anders: Die kindliche Naivität der digitalen Frühzeit schafft es wieder einmal an die Öffentlichkeit.
Fazit: Peinlich, traurig oder (wie meist) lächerlich. Sucht es euch aus.
(Es gibt aber sicher auch für diesen Schwachsinn garantiert ganz viele User… Denn nie wurde ein Boden gefunden, als das Niveau sank. Vielleicht ändert sich das mit dem nächsten evolutionären Sprung der Menschscheit?)
MfG
MfG