Erst heute wurde photoscala darauf aufmerksam, dass die Jos. Schneider Optische Werke in Bad Kreuznach und dessen langjähriger Alleingeschäftsführer Dr. Josef Staub seit letzter Woche getrennte Wege gehen. Bis auf Weiteres führt Wolfgang Selzer die Geschäfte des traditionsreichen Optikherstellers. Bei Schneider Kreuznach kriselt es schon länger, was letztendlich zum plötzlich Abschied von Dr. Josef Staub geführt haben dürfte.
In einer dürren Information teilt Schneider Kreuznach am 26.11. mit: „Änderung in der Geschäftsführung von Schneider-Kreuznach. Wolfgang Selzer wird mit heutigem Datum alleiniger Geschäftsführer der Jos. Schneider Optische Werke GmbH.“ Wolfgang Selzer kam 1980 zu Schneider Kreuznach, erhielt 1998 Prokura und wurde erst im letzten Jahr zum zweiten Mitglied der Geschäftsführung neben Dr. Josef Staub berufen.

Für die Geschicke der Jos. Schneider Optische Werke GmbH (hier das Firmengebäude
in Bad Kreuznach) zeichnet nicht länger Dr. Josef Staub verantwortlich.
Von 2003 bis 2014 war Staub alleiniger Geschäftsführer bei den Jos. Schneider Optische Werken. Jetzt hat ihn das Unternehmen äußerst knapp verabschiedet: „Dr. Josef Staub hat seine Tätigkeit als Geschäftsführer beendet.“ und beschließt die Mitteilung mit der üblichen Floskel „Schneider-Kreuznach dankt Dr. Josef Staub für die langjährige Zusammenarbeit und wünscht ihm für die Zukunft alles Gute.“.
Über die Gründe für die plötzliche Ablösung verliert Schneider Kreuznach kein Wort. Die dürften indes auf der Hand liegen, hat das Unternehmen doch bereits im fünften Jahr in Folge mit einem kräftigen Umsatzrückgang zu kämpfen. Insbesondere die Sparten Foto- und Kino-Objektive sind davon betroffen, ihr Umsatz hat sich seit 2007 mehr als halbiert.
Der Nachfolger von Dr. Josef Staub, der „in Kürze vorgestellt“ werden soll, steht also vor großen Herausforderungen. Wolfgang Selzer wird sich ihnen nicht mehr stellen müssen, er steht nämlich mit 64 Jahren kurz vor dem Ruhestand.
(Martin Vieten)
Das ist so eine Sache
wenn man wie Schneider Kreuznach von den Produkten so breit aufgestellt ist und dabei trotzdem immer nur eine Nische bedient. Siehe z.B. PC-TS Apo-Digitar 5.6/120 oder diverse Fachkamera Objektive, geschweige denn die Objektive für den industriellen Einsatz. Das Schneider hervorragende Objektive bauen kann steht außer Zweifel.
Was da fehlt ist die Zusammenarbeit mit einem Massenanbieter wo Lizenzgebühren anfallen. Oder auch ein „Entwicklungscenter“ als Dienstleitung für andere Hersteller im optischen Bereich. Adaptieren im herkömmlichen Sinn ist da zu wenig.
Der Markt für höchstwertige Kameras ist aus unterschiedlichen Gründen im Schrumpfungsprozess, deswegen müssen zusätzlich neue Geschäftsfelder erschlossen werden. Andere Hersteller von Fotoprodukten haben z.B. Mikroskop, Endoskop, Ferngläser, oder Medizintechnik im Portfolio.
Wer immer auch die Firma übernimmt hat jedenfalls eine schwere Aufgabe vor sich.
Sie haben recht
Gratulation! Der Chefsessel ist noch frei, bewerben Sie sich.
Glauben Sie nicht, dass eine Firma Schneider Ihre Theorien schon längst kennt. Diese Theorien in die Wirklichkeit umzusetzen, das ist das Problem!
Möglichkeiten
Moeglichkeiten, um das Schiff SK wieder auf Kurs und in Fahrt zu bringen, gab es in der Vergangenheit genügend !!!!! Aber wenn man dann die sowieso schon „klammen Kassen“ auch noch mit „jahrelangen Entwicklungskapazitäten MFT“, tausenden von Euro für Unternehmensberater, „Abenteuer“ mit Auslandsvertretungen oder tausenden von Euro an Abfindungen für dem GF „unliebsamen“ Mitarbeitern „verschwendet“ und dann auch noch einen GF hat, der Jahr für Jahr die Ergebnisse „schön redet“ (wir haben alles in der pipeline, wir sind bestens vorbereitet oder „wir sind der hidden champion“ und, und, und. Siehe hier photoscala) und damit beweist, welche Ahnung er von „seinem“ Unternehmen und den Märkten hat, dann, ja dann, sollte man sich in Kreuznach über die jetzige Situation nicht wundern !!!!!! Wer immer dieses Unternehmen leiten wird, hat nicht nur eine schwere Aufgabe, diese Aufgabe ist beinahe unmöglich. Nach den „Staubchen Leidensjahren“, die man in Kreuznach auch geduldet hat (!!!!!!!!!!), sind gravierende „Einschnitte“ von Nöten. Es wird weh tun (müssen), aber der erste Schritt in die richtige Richtung (den Grund allen Übels los zu werden) ist getan. Man kann dem Nachfolger „des vergangenen Disasters“ nur alles Glück, Geschick und Können dieser Erde wünschen – er wird es brauchen !!!!!
Schneider Kreuznach „quo vadis“ ????????????????
Entwicklungscenter.
[quote=Gast]“Entwicklungscenter“ als Dienstleistung für andere Hersteller[/quote]
Ein Entwicklungscenter entwickelt neue Produkte, stellt sie auf Messen vor und erntet dafür Forenlob.
Ein Hersteller fertigt Produkte, vermarktet sie und erntet dafür Geld.
Das Hauptproblem von Schneider Kreuznach dürfte in den letzten Jahren gerade gewesen sein, dass sie zu viel entwickelt und zu wenig ausgeliefert haben. Das bringt zwar gute Presse und rosa Bäckchen bei der PR Abteilung, wichtiger wäre aber, dass der Finanzchef zufrieden lächelt.
Das muss ja nicht zwangsläufig heissen, dass man den Massenmarkt bedienen muss, wie in den 50er jahren, als 7 von 10 deutschen Kameras Schneider Objektive trugen. Es ist aber heute alles andere als einfach, eine Nische zu finden, in welcher das Gras noch grün ist. Als vor einem Jahrzehnt eine gewisse Firma Carl Zeiss ankündigte, Wechselobjektive für Nikon im 50er Jahre Retrodesign und mit manueller 80er Jahre Technik bauen zu wollen und das fast auf den Tag genau als Nikon alle manuellen Kameras und Objektive abkündigte, habe ich das für die dämlichste Idee des noch jungen Jahrtausends gehalten. Wurde aber konsequent durchgezogen und hat letztlich doch funktioniert. Viele Ankündigungen von Schneider sahen da wesentlich erfolgversprechender aus. Die fertigen Produkte wollten aber nicht folgen und die Entwicklungskosten kann man sich wohl in den Schornstein meisseln.
Mal sehen, wie leicht es da sein wird, jemand wirklich kompetenten ans Ruder zu kriegen. Glückritter, die mal mit großen Jetons gamblen wollen wird es sicher zur Genüge geben. Nachhaltige Gesundung wird schwieriger sein.
Ein gewisser Autismus
ist der deutschen Fotoindustrie inhärent.
Ein Märchen ?
Es war einmal ein GF (der diesen Namen auch verdient hatte), den jeder aufgrund seiner Persönlichkeit, seines Wissens, seiner Weitsicht und seiner Beharrlichkeit, im Unternehmen „x“, achtete. Dieser GF hatte ein gewisses Alter erreicht und machte sich insbesondere aufgrund seiner Weitsicht Sorgen um die Zukunft des Unternehmen und begab sich deshalb auf die Suche nach einem Nachfolger. „Ich bin zu alt – das Unternehmen braucht einen Jüngeren, der es sicher und wohlbehalten in die Zukunft führt“, so hörte man ihn in seinen letzten Tagen im Unternehmen immer wieder sagen.
Man wurde fündig und so trat der neue GF seine Arbeit, unter der Führung und Obhut des scheidenden GF, an. Das Unternehmen selbst, war nie „auf Rosen gebettet“ und musste hart ums Überleben kämpfen. Aber es hatte etwas ganz besonderes, was jedes Unternehmen so wichtig macht, es wertvoll werden lässt: seine, auf die Geschichte und die Tradition stolzen Mitarbeiter. Schnell stellte sich heraus , dass der neue GF etwas nicht hatte, was zur Führung eines Unternehmens absolut nötig ist: Menschenliebe. Stattdessen versucht der NEUE das Unternehmen von Grund auf um zu krempeln. Viele der lang verdienten Mitarbeiter, mit nicht zu ersetzender Erfahrung wurden entlassen oder für den Neuen „unbequeme“ Mitarbeiter wurden mit Zahlung von Abfindungen raus geschmissen. Hilfe von aussen (heute würde man sagen „Unternehmensberater“) gaben sich im Unternehmen die Hand und verschlangen Unmengen an Geld, Geld das nur in begrenztem Masse vorhanden war. Neue Ideen kamen vom GF keine und so konnte das Unternehmen nur deshalb überleben, weil einige Geschäfte in fernen Ländern kurzfristig das „nötige Kleingeld“ brachten.
Jahr für Jahr verschlechterten sich die Ergebnisse, Geschäftsbereiche wurden einfach „eingestampft“ und dafür marode Unternehmen zugekauft und Millionen an Talern ausgegeben ohne das „der Koenig“ (heute würde man sagen Eigentümer), der „Aeltestenrat“ (heute würde man sagen Aufsichtsrat oder Beirat) oder die Vertreter der Mitarbeiter (heute sagt man Betriebsrat) in entscheidender Weise eingriffen. Auch kamen von ausserhalb des Unternehmens „warnende Stimmen“, doch diese wurden einfach ignoriert oder vom GF „geblockt“ und erreichten so erst gar nicht „die höheren Stellen“. Der GF hatte ganz einfach NARRENFREIHEIT und konnte tun und lassen was er wollte. Auch besass er die Gabe, für ihn „unschöne Begebenheiten“ zu verleugnen oder auf „Andere“ ab zu wälzen.
So vergingen die Jahre und jedes Jahr wurde die Situation prekärer. Nur durch markige Worte nach aussen (und innen) wie, „wir haben alles im Griff“ oder „wir sind bestens vorbereitet“ oder „wir haben alles Neue in der Pipeline“, versuchte der GF seine Unfähigkeit zu kaschieren. Er schreckte auch nicht davor zurück, lange angekündigte Produkte (die später nie auf den Markt gebracht wurden) als Muster auf Messen zu präsentieren. Ihm konnte ja nichts passieren, er hatte ja keine Verantwortung zu übernehmen oder Konsequenzen zu befürchten.
Nach vielen, vielen Jahren geschah das Unglaubliche, das Wunder !!!!!!!!!! „Jemand“ sah sich wohl die Situation des Unternehmens, seine Führung und die daraus resultierende Zukunft etwas genauer an. Das Ergebnis: so und mit diesem GF konnte es einfach nicht mehr weiter gehen. Man entschied sich dafür, einen zweiten GF ein zu setzen. An und für sich eine gute Entscheidung. Dieses Mal machte man nur einen kleinen, aber entscheidenden Fehler (oder war es Absicht ?: man übergab dem „alten GF“, der Menschen „verabscheute“ (und nur sich selbst „liebte“) und der „Reisen“ hasste, ja, man sollte es nicht glauben, DEN BEREICH VERTRIEB. Da der alte GF mit dieser „Tätigkeit“ nichts anfangen konnte, war die Zukunft für ihn nicht schwer zu erraten.
Heute weiss man, was passiert ist (und dies ist gut so, sehr gut). Wir wissen nicht, wie das Märchen enden wird, die Zukunft wird es zeigen. Aber bekanntlich haben ja alle Märchen fast immer ein gutes Ende. Man sollte dies dem Unternehmen, vor allem aber seinen Mitarbeitern, von Herzen wünschen.
Naja, nette Erzählung,
aber letztendlich spielt das alles nicht so die Riesenrolle.
GFs kommen und gehen. Meistens innerhalb der vertraglichen Zeit wird schon nach der nächsten Nase Ausschau gehalten, weil sich die Stakeholder oder Alteigentümer vom Nächsten GF die goldene Gans versprechen.
Unternehmen bestehen aber i. d. R. nicht nur aus einer Nase, sondern aus einer Vielzahl von denen. Leider sind so alteingesessene Firmen von vielen, äußerst zurückhaltenden Mitarbeitern geprägt, dass von dort nur wenig Widerstand gegen diverse Fehlentwicklungen kommt. Das ist sicher nicht nur das Problem bei SK, wie man unlängst bei einem großen Massenhersteller von Autos feststellen musste.
Das sind alles nette Feststellungen, die aber kein Jota weiter führen. Von der Veränderung der inneren Struktur abgesehen, muss sich an der Produktfront einiges tun. Und die Produktinnovationskultur muss sich verändern. Eine Symbiose zwischen frischen, jungen Entwicklern und alteingesessenen Projekthasen kann nicht schlecht sein. Aber rein grundsätzlich muss eben jetzt ein Zacken zugelegt werden. Da gibt es eine Menge zu tun.
PS: Für einen profilierten Massenhersteller von entsprechend zum Publikum tauglichen digitalen Kameras, wie das einstmals AGFA war, wäre noch gut Luft. Einfach zu handhabende, gute Bilder liefernde Kameras ohne Expertenschnickschnack im guten Design, das gibt es derzeit nicht. Das ist eine echte Nische.
Das was nicht stimmt,
war mir spätestens klar, als mir Schneider Optics (die US-Tochter) auf Anfrage bzgl Vorsatzobjektiven für das iPhone mitteilte, sie wüssten noch nicht, wer den Vertrieb für Deutschland macht.
Äh, hallo, Eure Mutter?! Bis heute ist dieses Original-Schneider-Sortiment nicht im allgemeinen Fotohandel zu bekommen, soweit ich weiß. Und das, wenn angeblich über 40% alles Flickr-Photos mit iPhones aufgenommen werden?!
Jahrelang wurden Objektive für Heimkino-Projektoren angekündigt, bis dann schließlich der Projektoren-Boom eigentlich rum war. (ist er das eigentlich?).
Die renommierte Linie für Mittelformatobjektive mit P6-Bajonett wurde eingestellt, als die Kameras nicht mehr gebaut wurden. Man hätte, tja konjunktivisch, natürlich versuchen können, diese Objektive mit schlau gemachten Adaptern auch an Verwender anderer Mittelformatsysteme zu verkaufen, oder sogar versuchen können, einen Digitaladpter zur Verwendung von Digitalrückteilen an geeignete P6-Bajonettkameras (zB Kiev 88CM) zu entwickeln, um die Objektive im Geschäft zu halten, aber ne, lieber Kerngeschäft.
Thyl
Bewerbt euch halt alle bei
Bewerbt euch halt alle bei SK!