Der Rechtsausschuss der EU hat ein Papier vorgelegt, dessen Umsetzung weitreichende Einschränkungen bei der Panoramafreiheit in Deutschland oder Österreich zur Folge hätte. photoscala hat bereits darüber berichtet, dabei aber vor allem den Hobby- und Amateurfotografen im Fokus gehabt. Jetzt schlägt auch der Centralverband Deutscher Berufsfotografen Alarm und wendet sich in einem Offenen Brief an das europäische Parlament entschieden gegen mögliche Einschränkungen der Panoramafreiheit.

Hier der „Offene Brief zur Panoramafreiheit“ des Centralverband Deutscher Berufsfotografen an das Europäische Parlament im vollen Wortlaut:
 


Logo: Centralverband Deutscher Berufsfotografen Bundesinnungsverband

 

 

 

Europäisches Parlament
– Rechtsausschuss –
Bât. Altiero Spinelli
60 rue Wiertz / Wiertzstraat 60
B-1047 – Bruxelles/Brussels
Belgium
 

Berlin, 26.06.2015

Betreff: Offener Brief zur Panoramafreiheit
 

Sehr geehrte Frau Reda, sehr geehrte Herr Svoboda,

sehr geehrte Parlamentarier und Parlamentarierinnen des Europäischen Parlaments,
 

als Centralverband der Deutschen Berufsfotografen sind wir seit 1904 Sprachrohr für mehr als 5.300 Berufsfotografen und sichern mit unserem Engagement die hohe Qualität des Fotografenhandwerks. Mit diesem offenen Brief wollen wir auf das hohe Gut der Panoramafreiheit aufmerksam machen.

Die Panoramafreiheit ist für Berufsfotografen wichtig.
Die Angleichung des europäischen Urheberrechts ist eine lobenswerte Initiative, die wir gerne unterstützen. Nicht unterstützen können wir jedoch die geplanten Änderungen im Bereich der Panoramafreiheit für die Berufsfotografen.

Die Panoramafreiheit ist für die Berufsfotografen eines der wichtigsten Rechte, welches nicht leichtfertig und unnötig aufgegeben werden darf. Ohne die Panoramafreiheit ist es für den Berufsfotografen faktisch unmöglich, außerhalb seines eigenen Studios ohne Angst vor Abmahnungen fotografieren zu können.

Hintergrund ist, dass es innerhalb des Panoramas einer Stadt fast immer ein Gebäude, eine Skulptur oder ein Kunstwerk geben wird, welches urheberrechtlich geschützt ist, dessen Architekt aber noch keine 70 Jahre tot ist.

Die geplanten Änderungen der Panoramafreiheit sind daher praktisch unmöglich umzusetzen.

Die jetzt diskutierte restriktive Auslegung der Panoramafreiheit würde dazu führen, dass ein Berufsfotograf in einem 1. Schritt die urheberrechtlich geschützten Gebäude auf seinem Foto identifizieren und dann in einem 2. Schritt von dem Urheber, sprich dem Architekten oder dessen Erben, eine Erlaubnis zur Nutzung einholen müsste, wenn dessen Architekt noch nicht seit 70 Jahren tot ist. Sie werden zugeben, dies erscheint noch nicht einmal im Ansatz praktikabel.

Die von Ihnen angedachten Änderungen bei der Panoramafreiheit bedeuten aber genau dies.

Lassen Sie uns dieses an einem konkreten Beispiel zeigen:

Bei einer Panoramaaufnahme von Berlin ist auch der Berliner Fernsehturm auf dem Alexander Platz zu sehen. Die ursprünglichen Entwürfe des Fernsehturms stammen von Hermann Henselmann und sind von weiteren Architekten weiter bearbeitet worden. Dies bedeutet für den Fotografen, er muss aufwendig die noch lebenden Architekten bzw. deren Erben recherchieren und dann von jedem eine Zustimmung zur Nutzung einholen. Tut er dies nicht, würde er gegen das Urheberrecht verstoßen und eine Rechtsverfolgung drohen!

Illegal Legal
Panoramafreiheit: illegal Panoramafreiheit: legal

 

Ist dies wirklich das, was Sie mit der Regelung erreichen wollen?

Unser Lösungsvorschlag für die Panoramafreiheit:

Die Harmonisierung des Urheberrechts ist grundsätzlich zu begrüßen, es muss aber gleichwohl für Urheber und Fotografen praktikabel bleiben. Mögliche Einschränkungen der Panoramafreiheit sind auch aus Sicht der Berufsfotografen in einem vertretbaren Maße kein Problem, insbesondere wenn es sich zum Beispiel um temporäre Kunstwerke und Fotografien von Privatgrundstücken handelt. Hier ist das Interesse der Urheber und Eigentümer höher zu bewerten, als das Interesse der Berufsfotografen.

Jedoch pauschal das Recht der Panoramafreiheit einzuschränken, stellt eine nicht hinnehmbare Einschränkung der Arbeit von Berufsfotografen dar, welche es faktisch unmöglich macht im öffentlichen Raum zu fotografieren.

Wir fordern Sie daher auf, die Panoramafreiheit nicht einzuschränken!

 

Signatur: Hans Starosta Signatur: Tim Hoesmann
Hans Starosta, Centralverband           Rechtsanwalt Tim Hoesmann          

 

Kontakt
Der Autor Tim Hoesmann ist Rechtsanwalt in Berlin und selbst ehemaliger Profi-Fotograf. Als Partneranwalt des Centralverbands der Deutschen Berufsfotografen unterstützt er den Verband in rechtlichen Fragen.

Centralverband: www.cvfoto.de
Kanzlei Hoesmann: www.hoesmann.eu


(Redaktion photoscala)