Fotografie macht Sehnsucht. Fotobücher machen Sehnsucht. In dieser Ausgabe von Foto-Frisch reisen wir einmal mehr mit Fotobüchern um die Welt, besuchen zwei Ausstellungen in Hamburg und Berlin – und empfehlen Ihnen eine exotische Collector’s Edition:



Tomek Niewiadomski, aus dem Band „Blue“
© Tomek Niewiadomski
Fotografie macht Sehnsucht. Sehnsucht nach fernen Ländern, Sehnsucht nach Exotik, Sehnsucht nach dem Meer. Ein faszinierendes Buch über das Meer ist gerade erschienen. „Blue“ heißt der Band von Tomek Niewiadomski, der sich dem Verhältnis von Mensch und Meer widmet. Das Meer ist übermächtig in diesem Buch, die Menschen ganz klein. Ruhe, Weite und Freiheit – zwischen zwei Buchdeckeln.


Johan Nieuwenhuize, IMG_5373, 2013
© 2014; Courtesy Johan Nieuwenhuize, Van Kranendonk Gallery and Art Agent Orange
Johan Nieuwenhuize, IMG_0710, 2012
© 2014; Courtesy Johan Nieuwenhuize, Van Kranendonk Gallery and Art Agent Orange
Auf andere Art assoziativ ist das neue Buch von Johan Nieuwenhuize. Der Holländer fotografiert Städte in Europa und den USA: Architektur, Autos, Strukturen. Bekanntes, doch auf neue, ungesehene Weise: IMG_.

Pamela Littky, Middle of Nowhere, The Road to Death Valley, California
© Pamela Littky
Pamela Littky, Reverts Tires, Beatty, Nevada
© Pamela Littky
Pamela Littky, Mack in His Recliner, Beatty, Nevada
© Pamela Littky
In die Ferne hat es auch Pamela Littky gezogen, deren Buch „Vacancy“ die beiden Städte Baker und Beatty in der Mojave-Wüste vorstellt. Beide sind das „Gateway to Deathvalley“, heiße, trockene, unwirtliche Orte, in denen doch ein Alltag gelebt wird – ein ganz eigener, eigentümlicher Alltag in einer kargen, doch funkelnd-schönen Landschaft.

© Heinrich Kuhn / Sabine Krüger
© Heinrich Kuhn / Sabine Krüger
© Heinrich Kuhn / Sabine Krüger
Auch zurück in die Zeit kann man mit Fotobüchern reisen. „Armutszeugnisse“ – West-Berlin vor der Stadterneuerung in den sechziger Jahren mit Fotografien von Heinrich Kuhn und einem Essay von Boris von Brauchitsch (hrsg. von Sabine Krüger, Edition Braus, Berlin 2014, 29,95 Euro) – entführt uns in das West-Berlin vor der Stadterneuerung in den sechziger Jahren. Bevor über 50.000 Wohnungen in Berlin abgerissen wurden, dokumentierte Kuhn im Auftrag der Stadt den desaströsen Zustand der Altbauten – ein Buch, das uns den Atmen raubt.

Ute Mahler, Modefoto für „Sibylle“, Julia Koberstein, Model, Berlin, DDR, 1979
© Ute Mahler
Ute Mahler, Werner Mahler, Birna, Reykjavik, 2009 / Adda, Reykjavik, 2009
Aus der Serie „Monalisen der Vorstädte“
© Ute Mahler, Werner Mahler
Das Werk von Ute und Werner Mahler ist derzeit im Haus der Photographie in den Deichtorhallen zu sehen. Wer es nicht nach Hamburg schafft, dem sei das Katalogbuch zur Ausstellung empfohlen, das die beiden stilprägenden Fotografen ausführlich vorstellt. Die Mahlers – Mitbegründer der Fotografenagentur OSTKREUZ und der Ostkreuzschule für Fotografie in Berlin – sind Vertreter einer humanistischen Fotografie, wie die vorgestellten Serien zeigen. Zu sehen ist auch die aktuelle Bilderfolge „Monalisen der Vorstädte“: Porträts junger Frauen in fünf Städten Europas. (Siehe auch: Werkschau: Ute Mahler und Werner Mahler)

© Douglas Ljungkvist
© Douglas Ljungkvist
© Douglas Ljungkvist
Douglas Ljungkvists Buch „Ocean Beach“ zeigt das gleichnamige Seebad aus den 40er Jahren an der Küste New Jerseys. In schlichten, schönen Bildern dokumentiert der schwedische Fotograf diesen einzigartigen, aus der Zeit gefallenen Ort, seine Strandhäuser und ihre Zerstörung durch Hurrikan Sandy.

© Sergio Larrain / Magnum Photos
© Sergio Larrain / Magnum Photos
Sergio Larrain ist ein etwas unbekannter Klassiker, den ein jetzt erschienenes Buch umfassend vorstellt. Der im Jahr 2013 verstorbene Larrain ist ein „Fotograf der Fotografen“, ein vergessener Fotokünstler, der in den 50er und 60er Jahren seine schönsten Bilder machte: Schwarzweißfotografien von Prostituierten, Straßenkindern oder Bettlern, hart und poetisch im selben Moment. Larrain war Mitglied der Agentur Magnum Photos, doch ist die Größe seines Werkes bis heute weitgehend unbekannt geblieben.



Aus Viviane Sassen, Suriname
Viviane Sassens neues Buch „Pikin Slee“ bestätigt den Ruf der jungen Fotografin, die zwischen Mode und Kunst gerne mäandert. Im Regenwald von Suriname hat sie ein Dorf fotografiert, Stillleben und Interieurs zumeist, die ihren strengen, skulpturalen Stil noch einmal vor Augen führen. Wie kann man eine Plastikschüssel so spannend fotografieren? Das ist das sehr besondere Geheimnis von Viviane Sassen.

Herlinde Koelbl, Deutschland
© Herlinde Koelbl
Herlinde Koelbl, Brasilien
© Herlinde Koelbl
Zum Schluss wollen wir Ihnen noch das neue Buch von Herlinde Koelbl vorstellen. „Targets“ heißt es und dokumentiert Schießplätze und Kasernen in allen Teilen der Welt. Doch über eine Dokumentation der Orte und ihrer Zielscheiben kommt die Fotografin kaum hinaus: Eine engagierte Fotografie, die visuell wenig Neues bietet, dennoch packend vom Grauen des Tötens berichtet. Derzeit ist die Serie auch im Deutschen Historischen Museum in Berlin zu sehen.
Am Ende von Foto-Frisch steht wie immer eine Empfehlung, Fotokunst käuflich zu erwerben. Man kann in Onlinegalerien fündig werden, bei Fotokunst-Galerien, auf Kunstmessen, in Auktionshäusern, bei Kunsthändlern – oder auch in den Ateliers der Künstler selbst. Wir möchten Ihnen Arbeiten vorstellen, die wir für sammlungswürdig halten – angeboten von seriösen Galerien, Verlagen oder Händlern.

Diesmal empfehlen wir Ihnen eine „Collector’s Edition“ von Olaf Heine. „Brazil“ heißt sein neues Buch, das zwar nicht die poetische Kraft Sergio Larrains besitzt, doch eine schöne Einstimmung auf die Fußball-WM bietet – mit Schwarzweißfotografien von Oscar Niemeyers Architekturen und solchen von ebenso kurvigen Strandschönheiten. Die „Collector’s Edition“ erscheint in limitierter Auflage von nur 30 Exemplaren: 264 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, Clamshell-Box, Portfolio mit einem signierten und nummerierten Fotoprint, 153 Duplex-Fotografien, Text in Englisch, Deutsch, Französisch und Portugiesisch. Der Preis: 1750 Euro bis Ende Juni 2014, dann 2000 Euro.
Über Anregungen freuen wir uns immer: info@marcpeschke.de
(Marc Peschke)
Als Einstimmung
auf die Fußball-WM könnten doch Bilder aus den Slums von Rio oder dem Raubbau im Amazonas-Urwald noch viel besser dienen … oder Arbeiter-Bilder von den Stadion-Baustellen !? Im Zweifel doch lieber Niemeyerisches von der in Oberflächlichkeit erstarrten Utopie Brasilia. 😎
Vergib den Narren
[quote=Gast]auf die Fußball-WM könnten doch Bilder aus den Slums von Rio oder dem Raubbau im Amazonas-Urwald noch viel besser dienen … oder Arbeiter-Bilder von den Stadion-Baustellen !? Im Zweifel doch lieber Niemeyerisches von der in Oberflächlichkeit erstarrten Utopie Brasilia. 8-)[/quote]
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