In der Hoffnung auf Arbeit leben in Südspanien afrikanische Flüchtlinge in Hütten aus Abfallmaterial, den so genannten „Chabolas“:
fotogalerie f 75 informiert:
… als ich ein kleiner Junge war, gab’s Erdbeeren im Juli, auf jeden Fall nicht zusammen mit den Ostereiern. Heute kriegt man sie schon im März, für 1,49 Euro bei Aldi. Aus Europas größter, fast durchgehend mit Plastikplanen bedeckter Landschaft rund um Huelva, Südspanien. Rainer Viertlböck hat dort fotografiert. Nein, nein, keine Erdbeeren, sondern die Hüttensiedlungen jener, die in der Nähe der Plantagen hausen und auf Arbeit hoffen.
Am 29. April 2014 wird die Ausstellung
Rainer Viertlböck | Chabolas
eröffnet.
In den aus herumliegendem Abfallmaterial selbst gebauten Hütten, so genannten Chabolas, leben afrikanische Flüchtlinge. Illegal. Die Immigranten kommen in der Hoffnung, in den Plantagen wenigstens tageweise Arbeit zu finden. Über 90 Prozent haben weder Einnahmen noch bekommen sie Unterstützung. Die Chabola-Siedlungen werden von den Behörden stillschweigend geduldet. Es sei denn, sie sind in Sichtweite von Touristenstraßen. Dann kommen Bulldozer und machen die Chabolas platt, die hernach, besser versteckt in Pinienwäldern, wieder aufgebaut werden – aus Plastikplanen, Obstkartons und Transportpaletten. Wasser muss oft von weit her geholt werden, gebrauchte Pflanzenschutz- und Düngemittel-Behälter dienen als Kanister.
Fotos: Rainer Viertlböck
Die Fotos der Chabolas entstanden im Winter 2012. Um die Anonymität der meist illegal dort Lebenden zu schützen, hat Rainer Viertlböck die Hütten menschenleer fotografiert – im Einverständnis mit den Bewohnern und in enger Zusammenarbeit mit vor Ort tätigen afrikanischen Selbsthilfe-Organisationen.
Ausstellung:
Rainer Viertlböck – Chabolas
29. April bis 6. Juni 2014
fotogalerie f 75
Filderstraße 75
70180 Stuttgart
Foto: Rainer Viertlböck
(thoMas)
Interessant
Danke für diese Serie, weiter so!
Der freie Markt
ist nur nicht so frei, wie er sich gerne verkauft. Dafür verkauft er Konsumenten gern für dumm, und spottet ihrer. Und die nützlichen Idioten, die das gut finden, von wegen eigenverantwortlicher, mündiger Bürger, die gibt’s für lau.
Richtig
Arbeitssklaven des 21.Jahrhunderts. Die Verschubmasse der Menschentreiber in Politik und Wirtschaft. Je nach Bedarf: legal, illegal – letztlich scheißegal.
Vielleicht
sollt ma die Profiteure in den Chefetagen auch mal im Pulk jagen … mit steckbrieflichen Gesuchen werd ma ja bei den Zuhältern in den Staatskanzleien eher kein Glück haben !? 😎
mit Menschen wären die Bilder viel interessanter
so reisst es mich nicht vom Hocker. Weder fotografisch noch vom Thema selbst … ohne sichtbare Bewohner ist das so interessant wie ein dokumentarisch fotografierter leerer Camping-Platz.
Bei den Menschen die dort leben,
handelt es sich zumeist um illegale Einwanderer, wie es ja auch im Begleittext steht. Da verbieten sich Personenaufnahmen geradezu. Und dies gilt, ob es Sie vom Hocker reißt oder nicht.
Eine ähnliche Situation gibt es übrigens auch in Italien bei der Tomatenernte. Die Tomaten für die Tomatenpulpe, die auf den Fertigpizzen verarbeitet wird, stammt aus ähnlichen Verhältnissen.
Das ist der Vorhof zur Hölle
Ich habe lange in Südspanien gelebt. Die Chabolas sind der Vorhof zu Hölle. Aber: Es gibt auch kleinste Dörfer oder ‘Hausansammlungen’ zwischen den Feldern, wo die Lebensbedingungen nicht viel besser sind und in denen ebenfalls die Armut regiert.
Eigentlich müsste ein Teil der Ausstellungsräume auf 50° C Temperatur mit einer relativen Luftfeuchte von 90% gebracht werden, damit die Betrachter spüren, wie erbärmlich das Leben dort im Sommer ist. Einen anderen Teil der Räume runterkühlen auf 5° C bei gleicher relativer Luftfeuchte, und kleine Windmaschinen in die Ecken stellen, damit die Besucher spüren können, wie grausam die Menschen im Winter dort frieren müssen.
Von wegen ‘schönes, mildes mediterranes’ Klima. Im Winter können dort durchaus mal 25° C Temperaturunterschied oder mehr zwischen Tag und Nacht herrschen, weil die kalte Luft aus der fast 3.500 Meter hohen Sierra Nevada dann in die tiefer gelegenen Bereiche fällt.
Und das alles nur, damit die nordeuropäischen Handelsgesellschaften noch ein paar Cent pro Kilo Obst und Gemüse mehr verdienen.
Zu den angeblichen Erdbeeren: die echten Erdbeeren heissen ‘fresas’, was hier im Winter und Frühjahr verkauft wird, sind ‘fresones’ – Wasser-Erdbeeren – garantiert ohne Geschmack, aber dafür vollgestopft mit Chemie. Hunde, die aus den kleinen Bächen trinken, durch die das Wasser über die Felder geleitet wird, krepieren an der Brühe. Macht nichts, Hauptsache die geiz-geilen Kunden im Norden können das Zeug in sich reinstopfen, weil es ja ‘billig’ ist.
Mahlzeit!
Apropos Marktpropaganda
[quote=Gast]
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Zu den angeblichen Erdbeeren: die echten Erdbeeren heissen ‘fresas’, was hier im Winter und Frühjahr verkauft wird, sind ‘fresones’ – Wasser-Erdbeeren – garantiert ohne Geschmack, aber dafür vollgestopft mit Chemie. Hunde, die aus den kleinen Bächen trinken, durch die das Wasser über die Felder geleitet wird, krepieren an der Brühe. Macht nichts, Hauptsache die geiz-geilen Kunden im Norden können das Zeug in sich reinstopfen, weil es ja ‘billig’ ist.
Mahlzeit![/quote]
Der bösartigste Zynismus des sogenannten Marktes ist die Hetzpropaganda gegen die eigenen (geistig oft nicht besonders wachen) Kunden, die angeblich jeden Dreck kaufen WOLLEN.
Die Kunden kaufen, weil es angeboten wird. Hinterher wird dreist behauptet, die Kunden wollen das so. Eine widerwärtige Masche, die erst einen Markt generiert, der vorher nicht da war.
Also: Wenn der Dreck nicht angeboten werden würde, würde den auch keiner kaufen. Logisch, oder? Aber sowas anzubieten und dann dem Käufer auch noch die Schuld zu geben, überschreitet jede Grenze menschlicher Moral und zeigt die gewohnt hässliche Fratze der sogenannten freien Wirtschaft, die betrügt und stiehlt und dann mit den schmutzigen Fingern auf die Bestohlenen und Betrogenen zeigt.
In der Geschichte der Menschheit ist o.g. Zynismus ja nicht neu. Ein gängiges Instrument, die Volksmassen zu lenken.
Gut Licht!
Bildästhetik
Den Aufnahmen von Rainer Viertelböck sieht man den sehr intensiven Einsatz von Photoshop an. Die Farben werden auf eine Art und Weise manipuliert, die in meinen Augen eine Bildstimmung erzeugt die an Kitsch grenzt. Das mag bei seinen Architekturaufnahmen und wie jüngst bei den Aufnahmen über München ein Stilmittel sein was einem Teil des Publikums gefällt, aber bei der Darstellung dieser unmenschlichen Lebens- und Arbeitsverhältnisse in den Chabola- Siedlungen ist diese Form der Ästhetisierung völlig fehl am Platz.
Das alte Problem
[quote=Gast]Den Aufnahmen von Rainer Viertelböck sieht man den sehr intensiven Einsatz von Photoshop an. Die Farben werden auf eine Art und Weise manipuliert, die in meinen Augen eine Bildstimmung erzeugt die an Kitsch grenzt. Das mag bei seinen Architekturaufnahmen und wie jüngst bei den Aufnahmen über München ein Stilmittel sein was einem Teil des Publikums gefällt, aber bei der Darstellung dieser unmenschlichen Lebens- und Arbeitsverhältnisse in den Chabola- Siedlungen ist diese Form der Ästhetisierung völlig fehl am Platz.[/quote]
Tja, wie hätten wir Elend und Leid denn gern? Demütig vielleicht, in Schwarzweiss, am besten noch etwas körnig (ein Auskosten in der Askese, Pseudo-Demut also…) – oder bunt und recht realistisch (auch auskostend mit den Farben, wie die Augen sie sehen), diesbezüglich dann durchaus entsprechend zugearbeitet?
(Sie wissen ja, der Mensch sieht den Himmel auch unter elendigen Bedingungen so schön, wie er sich dann gerade darstellt. Und er sieht die Farben und so weiter. Nur die Kamera kann diesen Realismus oft nicht nachzeichnen, nur eine Zuarbeit in einem Bildverarbeitungsprogramm…).
Das Erschreckende: Eine technisch (zwangsläufig) fehlerhafte Aufnahme der Kamera wird im Auge mancher Leute als realistischer betrachtet – ganz im Gegensatz zur technischen Optimierung in der EBV, die den wahren Augeneindruck des Betrachters wiedergibt. Aber offensichtlich ist manchen Leuten die fehlerhafte, manipulative Darstellung der Realität für ihr Weltbild wichtiger als eine realistische Darstellung. Es ist ja auch schwer zu ertragen, dass unter der warmen Sonne und in hübschen Farben der Welt sogar große Kriege stattgefunden haben – mit Millionen Toten. Wie gut, dass die alten Weltkriegsaufnahmen hauptsächlich in Schwarzweiss oder ausgeblichen oder farbverfälscht vorliegen…
Wie also wäre die Realität zu verbiegen, um im Auge einiger Betrachter als real empfunden werden zu können? Ist nicht alles, was da getan wird, am Ende reif, auf die eine oder andere Art denunziert zu werden?
Sie selbst suchen doch auch in Ihrer Kritik nach Bildeindrücken, die Ihrer Wahrnehmung einer “angemessenen Ästhetik” entsprechen. Dabei entlarven Sie sich selbst und enthüllen Ihre Kritik… 🙂
Ich glaube, der einzige Weg aus dem Dilemma ist es, sich nicht auf eine Ästhetik-Diskussion einzulassen, wenn der Gegenstand der Betrachtung ein ganz anderer ist. Und man sollte sich immer fragen, ob man die Welt, wie man sie gerade sieht, nicht nur deshalb so sieht, weil man sich wichtig vorkommen möchte…
Gut Licht!
interessanter Gedanke mit
interessanter Gedanke mit der nachbearbeitung.
die frage ist vielleicht ob “schlimmes” auch hässlich aussehen muß um ernst genommen oder verstanden zu werden. in diesem wiederspruch kann man auch aufmerksamkeit erzeugen. zu der gestaltung der fotos – wenn es den Menschen, unter den gezeigten lebensumständen, schlecht geht wieso sind die aufnahmen so sachlich und distanziert?
da kommt kaum emotion rüber. zumindest regen sie zum denken an…
Ästhetik
[quote=Gast]Den Aufnahmen von Rainer Viertelböck sieht man den sehr intensiven Einsatz von Photoshop an. Die Farben werden auf eine Art und Weise manipuliert, die in meinen Augen eine Bildstimmung erzeugt die an Kitsch grenzt. Das mag bei seinen Architekturaufnahmen und wie jüngst bei den Aufnahmen über München ein Stilmittel sein was einem Teil des Publikums gefällt, aber bei der Darstellung dieser unmenschlichen Lebens- und Arbeitsverhältnisse in den Chabola- Siedlungen ist diese Form der Ästhetisierung völlig fehl am Platz.[/quote]
Ohne “Ästhetik” sieht sich die Bilder keiner an. Ich würde es auch nicht so machen, aber das es dem Publikum gefällt, ist gerade in diesem Fall von Vorteil.
Ein Bild zeigt nicht die Wirklichkeit
sondern ist im Idealfall die Interpretation ( durch den Fotografen) der selben, mit welchen Farben auch immer. Und, nun ja wenn Sie eine gewisse “Ästhetisierung” damit verbinden und das nicht gut finde, ist es ihre Sache.
Wie sich gezeigt hat, nötig
Untersuchungen haben ergeben, dass in unserer von Medien geprägten Gesellschaft solche Ästhetisierungen notwendig sind, um gewollte Beachtung zu erreichen. Wenn z.B. auf Hungersnöte aufmerksam gemacht werden soll, werden schon lange nicht mehr die katastrophalen Auswirkungen auf die betroffenen Menschen gezeigt sondern z.B., wenn auch ausgemergelte, aber lachende Kinder. Ich kann damit leben, wenn solche Plakataktionen dafür Erfolg haben.
Haben sie das?
Erfolg ?