Gerd Ludwig – einer der weltweit anerkanntesten Fotojournalisten – wird mit dem Dr.-Erich-Salomon-Preis der DGPh ausgezeichnet:
Gerd Ludwig
© Anthony Friedkin
Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh):
April 2014
Gerd Ludwig erhält den Dr.-Erich-Salomon-Preis 2014 der DGPh
Der in den USA lebende deutsche Photograph Gerd Ludwig wird mit dem Dr.-Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am 20. September 2014 im Rahmen der photokina statt. Dort werden in der Halle 1 der Leica Camera AG im Rahmen des Leica Ausstellungsgramms auch Arbeiten aus Ludwigs umfangreichem Werk präsentiert. Die Laudatio wird Peter-Matthias Gaede, Chefredakteur von GEO, halten.
Der seit 1971 alljährlich für „vorbildliche Anwendung der Photographie in der Publizistik“ vergebene Preis erinnert an Dr. Erich Salomon, den großen Photographen der Weimarer Republik, dem der moderne Bildjournalismus starke Anregungen verdankt.
Am 26. April 1986 unterlief Mitarbeitern in diesem Kontrollraum des Reaktors #4 im Kernkraftwerk von Tschernobyl eine Reihe von Fehlern. Sie verursachten eine Kernschmelze, die zum größten atomaren Unfall in der Geschichte führte. [Atomkraftwerk Tschernobyl, Ukraine 2011]
© Gerd Ludwig/INSTITUTE
Erst als der radioaktive Niederschlag bereits Schweden erreicht hatte, räumten sowjetische Behörden den Unfall ein und evakuierten auch die umliegenden Dörfer. Das Fensterbrett eines leer stehenden Hauses ist stummer Zeuge der hastigen Evakuierung. Da man den Bewohnern versprach, sie könnten in wenigen Tagen zurückkehren, nahmen viele nur das Notwendigste mit. [Opatschitschi, Ukraine, 1993]
© Gerd Ludwig/INSTITUTE
Oleg Schapiro, 54, leidet ebenso an Schilddrüsenkrebs wie Dima Bogdanowitsch, 13. Sie werden in einer Klinik in Minsk behandelt, wo täglich operiert wird. Als Liquidator war Schapiro hoher Strahlung ausgesetzt. Es war bereits seine dritte Schilddrüsenoperation. Dimas Mutter macht den radioaktiven Niederschlag für den Krebs ihres Sohnes verantwortlich, aber seine Ärzte sind vorsichtiger: Die Regierung in Weißrussland sieht solche Offenheit nicht gerne. [Minsk, Weißrussland 2005]
© Gerd Ludwig/INSTITUTE
Mit Gerd Ludwig ehrt die DGPh einen der weltweit anerkanntesten Photojournalisten, der in diesem Metier zu den wenigen Deutschen mit Weltgeltung zählt. Im Mittelpunkt seiner Photographie stehen Umweltthemen und die Veränderungen in den Republiken der ehemaligen Sowjetunion. Als Retrospektive der sozialen, ökonomischen und politischen Umwälzungen in der ehemaligen UdSSR erschien 2001 sein Buch Broken Empire – After the Fall of the USSR (Deutscher Titel: Russland – Eine Weltmacht im Wandel), parallel wurden die Photos des Buches weltweit in zahlreichen Ausstellungen gezeigt. Besonders seine engagierte Berichterstattung über die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gilt als Meilenstein in der Geschichte des modernen Photojournalismus. In der klassischen Tradition welterzählender Photographie steht bei seinen Arbeiten immer das Schicksal des Menschen im Vordergrund. Er will mit seinen Photos gleichermaßen die Seele berühren und den Horizont erweitern. Reuel Golden, Autor und ehemaliger Chefredakteur des British Journal of Photography, schrieb in seinem Buch WITNESS – The World’s Greatest News Photographers über Gerd Ludwigs Werk: „Trotz der bitteren Realität sind Ludwigs Fotografien voll von ansteckendem Optimismus. Viele Fotojournalisten erliegen der Versuchung einer klischeebehafteten Darstellung und fotografieren das Land in kühler Farblosigkeit. Ludwigs Zugang ist mutiger und farbiger. Er lässt seine Sujets mit einem sicheren Blick für surreale Gegensätze, Kompositionen und Bildausschnitte menschlicher und vielschichtiger erscheinen.“
Gerd Ludwig wurde 1947 in Alsfeld, Hessen geboren. Nach dem Abitur studierte er zunächst Germanistik, Sport und Politikwissenschaft in Marburg. 1968 brach er sein Studium ab und tourte ein Jahr durch die USA und Skandinavien. Die Reise finanzierte er mit Gelegenheitsjobs als Maurer, Seemann und Tellerwäscher. Nach seiner Rückkehr begann er an der Folkwangschule Essen ein Studium der Photographie bei Prof. Otto Steinert, das er als graduierter Photo-Designer abschloss.
1974 gründete Ludwig zusammen mit André Gelpke und Rudi Meisel VISUM, die erste deutsche Photographenagentur, die nach dem Vorbild von MAGNUM das individuelle photographische Werk betont. In der Folge arbeitete er weltweit, unter anderem im Auftrag von Spiegel, Stern, Geo, Zeit-Magazin, Merian und Art.
1984 zieht Ludwig nach New York, photographiert 1989 erstmals für National Geographic Magazine. Seither gehört er dort mit dem Arbeitsschwerpunkt in Europa und der ehemaligen UdSSR zur Stammmannschaft.
An Winterwochenenden bohren Männer Löcher ins dicke Eis des Ural und versuchen ihr Glück beim Angeln. Da sie wissen, wie stark das Lenin-Stahlwerk im Hintergrund den Fluss verschmutzt, verzehren sie ihren Fang in der Regel nicht selbst, sondern verkaufen ihn auf dem Markt. [Magnitogorsk, Russland 1993]
© Gerd Ludwig/INSTITUTE
Eine unerklärliche Tragödie: Diese Kinder, die aus zwei Bezirken in Moskau stammen, wurden alle mit einem fehlenden Unterarm geboren. Während Russlands Mediziner sich uneins sind, führt die Mehrheit der Mütter die Missbildungen auf Moskaus unvorstellbare Mischung von Umweltgiften zurück. [Moskau, Russland 1993]
© Gerd Ludwig/INSTITUTE
Im Auftrag von National Geographic Magazine photographiert Gerd Ludwig 1993 Umweltschäden in der ehemaligen UdSSR, dabei auch in Tschernobyl. Das Ergebnis präsentiert das Magazin auf 47 Seiten. 2005 kehrt er für mehrere Wochen in die Sperrzone und die vom radioaktiven Niederschlag betroffenen Gebiete in der Ukraine und Weißrussland zurück. Das politische Tauwetter in der Ukraine führt zu mehr Freizügigkeit und so bekommt er als erster westlicher Dokumentarphotograph die Erlaubnis, tiefer in den verstrahlten Reaktor vorzudringen. Im Frühjahr 2011 und zuletzt im September 2013 photographiert Gerd Ludwig erneut im Reaktor und dessen Umgebung. Als Reminiszenz vieler Reisen in die Ukraine und Weißrussland erscheint im Mai 2014 sein dreisprachiger Bildband Der Lange Schatten von Tschernobyl (mit einem Essay von Michail Gorbatschow) in der Edition Lammerhuber in Baden, Österreich.
Neue Wege beschreitet Ludwig auch in der Finanzierung seiner Projekte. Nachdem es ihm nicht gelang, die Medien für eine Berichterstattung über den 25. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe zu interessieren, nutze er im Dezember 2010 als einer der ersten international anerkannten Dokumentarphotographen „Crowdfunding“ für die Finanzierung eines freien Projektes. Seine Kampagne erzielte über 23.000 $ für eine weitere Reise in die Reaktor-Sperrzone und übertraf den angestrebten Betrag um fast 100%. Dies ermöglichte ihm die Veröffentlichung eines digitalen Photobuchs als interaktives, multimediales iPadApp unter dem Titel The Long Shadow of Chernobyl. Eine erneute Crowdfunding-Kampagne zur Unterstützung seines Tschernobyl-Buchprojektes endete jüngst ebenfalls erfolgreich mit dem Doppelten des ursprünglich gesetzten Fundraising-Zieles.
Heute lebt Gerd Ludwig in Los Angeles und besitzt inzwischen auch die amerikanische Staatsangehörigkeit. Er photographiert immer noch vorwiegend für National Geographic, aber gelegentlich auch für andere renommierte Zeitschriften und Buchprojekte sowie für Werbeagenturen. Außerdem lehrt er an Universitäten und gibt weltweit Workshops. Seine Photos werden international in Galerien und Museen ausgestellt.
Dieser Statue von Stalin, dem gefürchtesten Herrscher der kommunistischen Ära, hat ein Kind die Augen verbunden. Sie steht zwischen anderen inzwischen gestürzten Abbildern ehemals bedeutender Parteiführer in einem Moskauer Park. Für diejenigen, die noch immer den glorreichen Zeiten der kommunistischen Herrschaft nachtrauern, grenzt diese Respektlosigkeit an Gotteslästerung, doch für die hoffnungsvollen jungen Demokraten ist es ein Symbol der Freiheit. [Moskau, Russland 1991]
© Gerd Ludwig/INSTITUTE
(thoMas)
Immer nur Tod und Leid
Es gibt auch schöne Dinge auf der Welt. Aber irgendwie wird immer nur Tod und Leid gezeigt und gekürt. (Worldpressphoto und wie die alle so heißen) Schade.
Mit das Ehrlichste
[quote=Gast]Es gibt auch schöne Dinge auf der Welt. Aber irgendwie wird immer nur Tod und Leid gezeigt und gekürt. (Worldpressphoto und wie die alle so heißen) Schade.[/quote]
was unsere Kultur noch hervorzubringen vermag … 😎
…
“Da sie wissen, wie stark das Lenin-Stahlwerk im Hintergrund den Fluss verschmutzt, verzehren sie ihren Fang in der Regel nicht selbst, sondern verkaufen ihn auf dem Markt”
Abartig…
Apokalyptisch…
Gut. Und wichtig.
Gut Licht!
PS: –> Opatschitschi, Ukraine, 1993 – Ist das Bild arrangiert? Es sieht danach aus, wenn ich mir das Foto anschaue, das unter die Kerze geklemmt ist.
(Wurden die Bilder hier schonmal gezeigt…?)
Was ist abartig?
[quote=Gast]”Da sie wissen, wie stark das Lenin-Stahlwerk im Hintergrund den Fluss verschmutzt, verzehren sie ihren Fang in der Regel nicht selbst, sondern verkaufen ihn auf dem Markt”
Abartig…
Apokalyptisch…
Gut. Und wichtig.
Gut Licht!
PS: –> Opatschitschi, Ukraine, 1993 – Ist das Bild arrangiert? Es sieht danach aus, wenn ich mir das Foto anschaue, das unter die Kerze geklemmt ist.
(Wurden die Bilder hier schonmal gezeigt…?)[/quote]
Gegen ein chinesisches Stahlwerk ist ein russisches ein Luftkurort! Was ist apokalyptisch? Das Ruhgebiet war einstmals auch nicht besser! Der Kommentar zum Foto ist so seriös wie die Bild-Zeitung. Überflüssig, reißerisch, schwachsinnig… Also genau das Richtige für eine deutschen Fotopreis!
Sudel Eddi.
Gesegnet sind jene Deppen, die viel zu erzählen haben, aber trotzdem den Mund halten.