Neun Fotografen und eine Fotografin haben verlassene Orte und Bauwerke dokumentiert – Relikte früherer Zeiten, mit denen sich einst Hoffnungen, Versprechungen und Erwartungen verbanden:
Information vom Kultur Bahnhof Eller:
Verlassene Orte
Dokumentarische Fotografien von Jonathan Andrew / Anna Fleischmann und Roman Küffner / Ulrich Frantzen / Matthias Maas / Andreas Magdanz / Michael Riemey / Jörg Rüger / Daniel Ter-Nedden / Franz Zadnicek.
Mit dieser fotografischen Gruppenausstellung wird eine Sequenz von drei Ausstellungen zum Thema Vergänglichkeit abgeschlossen. In den beiden vorangehenden mit den Titeln „Concearning Death“ und „memento mori“ wurde, im Abstand jeweils eines Jahres, die Endlichkeit der menschlichen Existenz dargestellt, in der letzten wird die Vergänglichkeit von Menschen geschaffener Orte dokumentiert. Gezeigt werden ca 110 Fotografien zu neun Themen (s.u.).
Das Motiv des verlassenen Ortes, der Ruine, des Verfalls von Architektur hat Künstler schon immer zu Darstellungen angeregt, die hinter dem dokumentarischen Abbild die semantischen Ebenen des Vergänglichen sichtbar machen. Erinnert sei hier nur an Kaspar David Friedrich oder an Giovanni Battista Piranesi.
Fasziniert waren und sind Künstler aber auch von der ästhetischen oder poetischen Befindlichkeit solcher Orte, dem genius loci, der vielleicht noch stärker in Erscheinung tritt, wenn die funktionalen Bestimmungen der Bauwerke erloschen sind. Gleichwohl bleiben die ehemaligen Interessen und Machtstrukturen darin noch sichtbar. Es ist ein wesentliches Anliegen der zeitgenössischen Kunst, die politischen oder gesellschaftlichen Hintergründe solcher ästhetischen / architektonischen Manifestationen auch zu erfassen.
Zehn Fotograf(inn)en haben verlassene Orte und Bauwerke dokumentiert, mit denen sich zur Zeit ihrer Entstehung Versprechungen oder Erwartungen, Vitalität oder Aggression verbanden. Ausgewählt wurden jeweils zwei Beispiele aus den Gebieten Verkehr, Krieg, Energieproduktion, Industrie, Gesundheit. Einige der verlassenen Orte sind inzwischen unter Schutz gestellt, aber bei den meisten ist zur Zeit noch ungewiß, ob sie erhalten werden können und sollen oder ob sie weiter verfallen.
Nicht alle Fotografen rechnen sich primär der Kunstszene zu, sondern viele vermitteln ihre visuellen Informationen über das Internet, um ein großes Publikum zu erreichen. Deshalb ist dies die erste Ausstellung im Kultur Bahnhof Eller, die fast komplett über das Internet, über die Homepages und Blogs der Fotografen zusammengestellt und vorbereitet wurde.

Foto: Jonathan Andrew
1 Jonathan Andrew: Bunker am Atlantik.
Die Fotoserie zeigt verschiedene Bunker und Verteidigungsanlagen des zweiten Weltkrieges aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Schottland. Viele der Bauten sind Teil des Atlantikwalls, einer von Deutschen gebauten Küstenbefestigung entland der Westküste Europas. Der fast surreale Charakter der Bilder entstand durch die Lichttechnik. Bei den Aufnahmen in der Dämmerung wurde das Licht während langer Berlichtungszeit mit einer Blitzlampe suksessiv erzeugt.

Foto: Anna Fleischmann / Roman Küffner
2 Anna Fleischmann / Roman Küffner: Männersanatorium Beelitz.
Die ab 1898 in Beelitz nahe Berlin erbaute Heilstätte diente der Bekämpfung der Volkskrankheit Tuberkulose. Getrennt nach Geschlechtern wurden auf einer Gesamtfläche von ca 200 ha Sanatorien errichtet. Im 1. und 2. Weltkrieg dienten die Krankenhauskomplexe als Lazarett und Sanatorium für Frontsoldaten. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurde das Gelände von der roten Armee besetzt. Seit 2001 wird die denkmalgeschützte Anlage nicht mehr genutzt.

Foto: Ulrich Frantzen
3 Ulrich Frantzen: Regierungsbunker bei Ahrweiler in der Eifel.
Die ursprünglich als Eisenbahntunnel gebaute Anlage diente in den 1940er Jahren der Rüstungsindustrie. Im Zeitalter der atomaren Bedrohung wird sie 1960-1972 „streng geheim“ zum „Regierungsbunker“ ausgebaut. Der Bunker hatte gigantische Ausmaße mit insgesamt 19 km Stollenlänge. 1997 beschließt die Bundesregierung die Aufgabe des Bunkers. Ein 200 Meter langes Tunnelstück bleibt als Museum erhalten.

Foto: Matthias Maas
4 Matthias Maas: Bahnhof Canfranc an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien.
1915 wurde ein fast 9 km langer Tunnel durch die Pyrenäen vollendet. Mit den Steinen, die aus dem Berg geholt wurden, schufen die Erbauer ein künstliches Plateau, auf dem das gewaltige Bahnhofsgebäude entstand – stilistisch eine Mischung aus Klassizismus und Jugendstil. Die Bahnlinie sollte eine direkte Verbindung zwischen Paris und Madrid ermöglichen. Der Verkehr wurde 1928 aufgenommen und 1970 beendet.

Foto: Andreas Magdanz
5 Andreas Magdanz: Garzweiler im Braunkohlegebiet.
Für das Dorf Garzweiler im Braunkohlengebiet wurde 1980 der Norden Jüchens als Umsiedlungsstandort festgelegt. 60 Prozent der Gesamtbevölkerung von Alt-Garzweiler siedelte nach Neu-Garzweiler um. Verlassene Häuser und Höfe wurden sofort eingeebnet, 1989 war die Umsiedlung abgeschlossen. Weitere Dörfer mußten und sollen dem Tagebau weichen. Zur Zeit ist der Abbau im Gebiet Garzweiler II in Frage gestellt, nicht wegen der jahrelangen Proteste dagegen, sondern wegen abnehmender Rentabilität.

Foto: Michael Riemey
6 Michael Riemey: Die Aprather Mühle im Bergischen Land.
Im sehr wasserreichen Bergischen Land waren früher mehr als 1.000 Wassermühlen in Betrieb. Das Wasser trieb nicht nur Mahlsteine zur Mehlgewinnung an, es gab auch Pulvermühlen, Papiermühlen, Pfeffermühlen, Drahtziehmühlen, Tabakmühlen, Ölmühlen, Knochenmühlen, Sägemühlen und Schleifmühlen. Im Oberbergischen sind Mühlen ein Zeichen der frühen Industrialisierung, sie trieben auch Hämmer zur Eisenverarbeitung oder Maschinen in der Textilherstellung an.

Foto: Jörg Rüger
7 Jörg Rüger: Kraftwerk Vockerode an der Elbe.
Das von 1937 bis 1942 in Vockerode bei Dessau gebaut Braunkohle-Kraftwerk sollte ursprünglich das 130 Kilometer entfernte Berlin mit Strom versorgen. Der 2. Weltkrieg verhinderte den Betrieb. Ab 1953 wurde das ausgeräumte Kraftwerk sechs Jahre lang wieder aufgebaut und um einen zweiten Bau erweitert. Die riesige Anlage hatte einmal 1300 Beschäftigte. Seit 1994 ist sie stillgelegt. Von innen erinnert sie eher an ein verlassenes Raumschiff als an ein Kraftwerk.

Foto: Daniel Ter-Nedden
8 Daniel Ter-Nedden: Mining Camps im Südwesten der USA.
Um 1850 herum versprach der ausbrechende Goldrausch Reichtum für jedermann, der einen Spaten und eine Goldwäscherpfanne halten konnte. Aus dem Nichts, in den unwirtlichsten Gebieten entstanden ganze Siedlungen der Edelmetall-Jäger, manchmal Städte mit mehreren Tausend Einwohnern. Doch irgendwann gab es nichts mehr zu holen, die Goldsucher zogen weiter, viele Ortschaften sind seitdem verlassen. Die Ghost Towns sind Relikte der Frühphase des American Dream.

Foto: Franz Zadnicek
9 Franz Zadnicek: Seebad Prora auf Rügen.
An der Ostküste Rügens sollte auf Befehl Hitlers ein gigantisches Seebad entstehen. Geplant für 20 000 Menschen, entwickelte sich dieses Gelände schnell zur größten Baustelle des Reiches. Die Anlage breitet sich parallel zur Küste in einem riesigen Kreisbogen etwa 4,5 km lang aus. Der Rohbau war bis 1939 errichtet, doch zur Vollendung kam es wegen des Krieges nicht mehr. Nach Kriegsende nutzte die DDR-Volksarmee das Areal für sich, es wurde militärisches Sperrgebiet.
Ausstellung:
„Verlassene Orte“
3. November bis 8. Dezember 2013
Öffnungszeiten täglich (außer Montag) von 15 bis 19 Uhr
Kultur Bahnhof Eller
Vennhauser Allee 89
40229 Düsseldorf
(thoMas)
“Dokumentiert” ist falsch
Alle FotografInnen hier haben punktgenau NICHT “dokumentiert”. Sondern an besonderen Orten besondere Fotos gemacht.
“Dokumentiert” haben wenn, dann Leute wie die Bechers. Oder Architektur/Industrie/Gebrauchs-Fotografen.
Die Bilder bzw. Ansätze gefallen mir teilweise ganz gut [Andrew, Riemey, Rüger, Zadnicek].
Die hier gezeigten Bilder von Maas, Frantzen und Fleischmann sind für mich dagegen “eher unbedarfte Urbex-Schnappschüsse”, deren gestalterische und foto-handwerkliche Unzulänglichkeiten wohl nicht bewusst oder gar für mich als Betrachter nachvollziehbar eingesetzt wurden. Bei Magdanz (Garzweiler) dagegen ist es bewusst eingesetzt, aber das Ergebnis gefällt mir trotzdem nicht.
Wenn ich in der Gegend wäre, würde ich die Ausstellung wohl mal ansehen. Ich erkunde und fotografiere auch selbst sehr gerne an lost places (UrbEx).
Oh nein,schon wieder die Bechers
[quote=Gast]Alle FotografInnen hier haben punktgenau NICHT “dokumentiert”. Sondern an besonderen Orten besondere Fotos gemacht.
“Dokumentiert” haben wenn, dann Leute wie die Bechers. Oder Architektur/Industrie/Gebrauchs-Fotografen.
Die Bilder bzw. Ansätze gefallen mir teilweise ganz gut [Andrew, Riemey, Rüger, Zadnicek].
Die hier gezeigten Bilder von Maas, Frantzen und Fleischmann sind für mich dagegen “eher unbedarfte Urbex-Schnappschüsse”, deren gestalterische und foto-handwerkliche Unzulänglichkeiten wohl nicht bewusst oder gar für mich als Betrachter nachvollziehbar eingesetzt wurden. Bei Magdanz (Garzweiler) dagegen ist es bewusst eingesetzt, aber das Ergebnis gefällt mir trotzdem nicht.
Wenn ich in der Gegend wäre, würde ich die Ausstellung wohl mal ansehen. Ich erkunde und fotografiere auch selbst sehr gerne an lost places (UrbEx).[/quote]
Definition von “Dokumentation” bei Wikipedia.
http://de.wikipedia.org/wiki/Dokumentation
Lost mind,aber sowas von punktgenau.
Dokumentiert ist richtig.
[quote=Gast]Alle FotografInnen hier haben punktgenau NICHT “dokumentiert”. Sondern an besonderen Orten besondere Fotos gemacht. . .[/quote]Also haben die Fotografen die Szene inszeniert – das ist ja der Gegenpol zum “dokumentieren”? Tut mir leid, natürlich haben die Fotografen das Vorgefundene nicht verändert, sondern abgebildet. Ob der Ort oder die Art der Abbildung etwas besonderes ist, ist für die Klassifikation des Fotos unerheblich.
Insofern kann ich diesen Kommentar nicht nachvollziehen.
Ja, die bilder sind – grossteils “inszeniert”
Im sinne von: mit einer ganz bestimmten fotografisch-künstlerischen intention aufgenommen. Also eben nicht in dokumentarischer absicht “abgelichtet”.
Insbesondere die lichtstimmung wurde in fast allen fällen gezielt gewählt bzw. Vom fotografen selbst hergestellt. Beim ersten bild vom bunker ist es sogar im text nachzulesen. 🙂
Keines der fotos würde sich so in einer “dokumentation” der jeweiligen Örtlichkeit wiederfinden.
In der heutigen Bilderflut…
…zählt, was interessant oder überraschend ist. Beides trifft aus meiner Sicht nicht für die gezeigten Fotos zu. Das ist gute Hausmannskost, und das Thema ist so spannend wie ein Strickstrumpf. 1000 mal gesehen… Und das auch schon besser.
Sehr schön gesagt
und beschrieben!
Genau so ist es.
Bei allem Respekt,
…die Bilder sehen für mich nicht aus, als stammen sie von einem Profifotografen, ausgenommen dem ersten Bild von Jonathan Andrew.
Auch sehe ich den künstlerischen Faktor leider nicht.
Naja , vielleicht liegt es an mir.
Gast schrieb:
…die Bilder
[quote=Gast]…die Bilder sehen für mich nicht aus, als stammen sie von einem Profifotografen, ausgenommen dem ersten Bild von Jonathan Andrew.
Auch sehe ich den künstlerischen Faktor leider nicht.
Naja , vielleicht liegt es an mir.[/quote]
Und? MÜSSEN ansprechende oder künstlerische Bilder von Profifotografen gemacht werden?
Wenn ich schon den Begriff PROFIFOTOGRAF höre.
Gast schrieb:
Gast
[quote=Gast][quote=Gast]Und? MÜSSEN ansprechende oder künstlerische Bilder von Profifotografen gemacht werden?
[/quote]
Stimmt, jeder kann Fotograf sein. Ein Profi ist in meinen Augen einer ders auch nachweislich gelernt hat.
Auch wenn du es nicht hören willst.
Und wer entscheidet ob ein Bild ansprechend und/oder künstlerisch ist?
In diesem Fall bin das ich, für mich. Leider dieses Mal enttäuschend, wie ich meine.[/quote]
Und nochmal!! Ein gutes oder auch schlechtes Bild muss nicht automatisch von einem PROFI kommen. Und ein sognannter “Profi”, der sein Handwerk irgend wann mal gelernt hat, kann dewegen noch lange nicht gut fotografieren oder ansprechende Bilder produzieren.Das können Amateure oft besser.
Der Begriff Profi ist für mich wie ein rotes Tuch, weil er oft für etwas herhalten muss, was er anschließend nicht halten kann!!!
Zumindest die Verzeichnung
Zumindest die Verzeichnung im Foto von Ulrich Franzen von Regierungsbunker in Ahrweiler, hätte man mit Photoshop begradigen können. Mit solchen WW-Gurken fotografiert man nicht!
Deutsch und so weiter…
Wenn ich Wortgruppen wie “Bilder von verlassenen Orten”, “Model-Fotografie im Studio” oder ähnliche lese oder höre, packt mich ein spontaner Würgereiz – weiß ich doch sofort, was mich zum …zigsten Mal erwartet.
Andererseits ist es immer wieder schön zu sehen, was es so alles an “verlassenen Orten” auf der Welt gibt und einige inspirieren sehr – wichtig, wenn man die hintergründigen Informationen zu diesen Bilder bekommt.
Ansonsten:
Zitat: “Deshalb ist dies die erste Ausstellung im Kultur Bahnhof Eller, die fast komplett…”
Kultur Bahnhof Eller … … jaja. 3 Worte ohne sichtbaren Zusammenhang.
Deutsch wird ja mit den Jahren immer schwieriger, nachdem die letzte Rechtschreib-Kulturrevolution unserer Sprache einen neuen, heftigen Niederschlag verpasste, um dem zunehmenden kulturellen und intellektuellen Niedergang der bundesrepublikanischen Bevölkerung gerecht zu werden.
Ich biete – zumindest in diesem Fall – eine Lösung an:
“Kulturbahnhof Eller”
Gut Licht!
Gut Licht kotzt schrieb:
[quote=Gut Licht kotzt]Wenn ich Wortgruppen wie “Bilder von verlassenen Orten”, “Model-Fotografie im Studio” oder ähnliche lese oder höre, packt mich ein spontaner Würgereiz – weiß ich doch sofort, was mich zum …zigsten Mal erwartet. [/quote]
Mich auch, wenn ich Deine Kommentare lese…. 😉
Der Spaniel. Wau!
P.S.: Du neigst zu Wiederholungen.
Also…
…ich finde die Bilder einfach grottenschlecht.
Aprather Mühle
Das Bergische ist wirklich sehr wasserreich