Logo LightZoneLightZone war einmal bei ambitionierten Fotografen recht beliebt, weil der RAW-Konverter und Bildaufbereiter Tonwerte nach dem Zonensystem manipuliert. Doch vor knapp zwei Jahren verschwand das Programm von der Bildfläche, die Firma Light Craft wurde geschlossen, ihr Gründer und Inhaber Fabio Riccardi wechselte zu Apple. Vor einigen Monaten hat Fabio Riccardi LightZone einen letzten Dienst erwiesen und den Quellcode freigegeben. Jetzt ist das Programm in der Version 4.0 wieder erhältlich, als Freeware unter BSD-Lizenz für Windows, Mac OS und Linux:

 

Screenshot LightZone

Der Bearbeitungsbildschirm von LightZone ist klar gegliedert und übersichtlich. Rechts werden die verwendeten Werkzeuge in Ebenen übereinander gestapelt.

 
Auch wenn LightZone 4.0 rudimentäre Werkzeuge zur Bildverwaltung mitbringt – der Schwerpunkt liegt bei der Bildaufbereitung. Das Programm ist dabei mehr als ein RAW-Konverter, es verarbeitet auch JPEG- oder TIFF-Dateien. Dabei erinnert es ein wenig an Photoshop mit seinem Konzept der Einstellungsebenen: Alle verwendeten Funktionen wie „Schärfen“, „Sättigung“ etc. stapelt LightZone am rechten Bildschirmrand übereinander. Und ähnlich wie bei Photoshops Einstellungsebenen lässt sich die Deckkraft, der Überblendmodus oder der Tonwertbereich dieser Werkzeugebenen steuern. Schon dadurch ergeben sich deutlich feinere Korrekturmöglichkeiten als etwa in Lightroom – eine Korrektur kann beispielsweise nur auf das Himmelsblau beschränkt werden.
 

Screenshot LightZone

Der ZoneMapper von LightZone erlaubt sehr feinfühlige Helligkeits- und Kontrastmanipulationen.

 
Bei der Korrektur oder Manipulation von Tonwerten verlässt LightZone ausgetretene Pfade: Einen Kontrastregler oder gar Gradationskurven kennt das Programm nicht, stattdessen bietet es den sogenannten „ZoneMapper“: Er unterteilt den Tonwertbereich eines Fotos in 16 Zonen, jede ist um 50 Prozent oder 0,5 EV heller als ihr Vorgänger. Der Clou dabei ist, dass sich jede der 16 Tonwertzonen einzeln manipulieren lässt: Verschiebt man im ZoneMapper die mittlere Zone nach oben, wird das Bild aufgehellt, zum Abdunkeln verlagert man die mittleren Tonwerte nach unten.

Der Kontrast lässt sich ändern, indem man die Enden auseinanderzieht oder staucht. Dabei werden die benachbarten Tonwertzonen entsprechend komprimiert oder gedehnt. Wie weit die Korrektur einer ausgewählten Tonwertzone auf seine Nachbarn wirken darf, lässt sich einfach begrenzen – auf diese Weise sind sehr subtile Tonwertkorrekturen möglich. Anfangs mag das Konzept vielleicht etwas verwirren, insbesondere, wenn gleichermaßen Kontrast- und Helligkeitskorrekturen nötig werden sollten. Doch da sich auch mehrere ZoneMapper-Ebenen übereinanderstapeln lassen, spricht nichts dagegen, beispielsweise Helligkeit und Kontrast getrennt voneinander zur korrigieren.

Zur Kontrolle der Tonwertkorrekturen dient konsequenterweise nicht ein Histogramm, wenngleich LightZone eines an Bord hat. Viel besser zum ZoneMapper passt das kleine Zonen-Fenster. Es zeigt ein Graustufenbild mit den editierbaren 16 Helligkeitsstufen; die aktuell im ZoneMapper gewählte Helligkeitszone wird in der kleinen Vorschau gelb markiert. Normalerweise arbeitet der Tonemapper wie alle anderen Werkzeuge auch im Modus „Luminanz“, Einstellungen wirken sich also nur auf die Helligkeit aus, nicht auf Farben. Bei Bedarf können die Werkzeuge aber auch in den RGB-Modus geschaltet werden, was weitere Differenzierungen eröffnet. Jetzt lassen sich zum Beispiel Hauttöne gezielt von der Bearbeitung ausnehmen, etwa vom Schärfen. Die Deckkraft und damit die Wirkung einer jeder Werkzeugebene lässt sich ebenfalls regulieren. Auch daraus ergeben sich weitere, sehr feine Steuerungsmöglichkeiten.
 

Screenshot LightZone

Bei Bedarf lässt sich der Wirkungsbereich eines jeden Werkzeugs (hier: Sharpen) auf ausgewählte Helligkeits- oder Farbbereiche eingrenzen.

 
Auf welche Farb- und Helligkeitsbereiche die Werkzeuge von LightZone wirken sollen, kann man also sehr detailliert festlegen. Daher kommt man selten in die Verlegenheit, bestimmte Bildbereiche zur Bearbeitung auswählen zu müssen. Falls doch: möglich ist dies auch. Hierbei geht LightZone wieder eigene Wege, denn Auswahlgrenzen werden nach geometrischen Verfahren gebildet und bleiben jederzeit editierbar. Das gilt überhaupt für alle Bearbeitungsschritte: LightZone arbeitet vollkommen nicht-destruktiv.

Screenshot LightZone

Etwas ungewöhnlich ist lediglich die Tatsache, dass das Programm am Ende des Entwicklungsprozesses eine JPEG-Datei speichert, die jedoch weiterhin sämtliche Bearbeitungsebenen enthält. Sie dient vor allem als Vorschaubild, bei Bedarf lässt sich indes aus dem Original eine JPEG- oder TIFF-Datei in voller Auflösung exportieren. Auch einfache Retusche-Werkzeuge hält LightZone bereit, Sensorflecken oder kleine Störungen im Motiv sind damit schnell weggestempelt.

Die vielfältigen Bearbeitungsmöglichkeiten mögen auf einen Bildbearbeitungs-Novizen zunächst verwirrend wirken. Aber für die schnelle Bildkorrektur und -bearbeitung bietet LightZone zum Glück sogenannte Styles (rechts im Bild), vergleichbar den Presets in Lightroom. Damit entstehen quasi auf Knopfdruck Schwarzweiß-Umsetzungen, der Kontrast wird erhöht oder das Bild erhält mehr Schärfe – um nur einige Beispiel zu nennen. Die Styles erzeugen neue Ebenen im Werkzeugstapel und laden zum Experimentieren ein. Es fehlen allerdings Automatiken, zum Beispiel zur Kontrast- oder Helligkeitskorrektur, lediglich der Weißabgleich wartet mit einer halbautomatischen Korrektur per Pipette auf.

LightZone arbeitet recht flott, nur der Wechsel in die 1:1-Ansicht könnte etwas rascher vonstatten gehen. Nicht ganz auf der Höhe der Zeit ist die Rauschunterdrückung – Farbrauschen hat das Programm gut im Griff, Luminanzrauschen dagegen weniger. Als Alternative bietet LightZone einen Weichzeichner, der zumindest in Bildbereichen außerhalb der Fokusebene allzu heftiges Rauschen bei High-ISO-Aufnahmen wirkungsvoll unterdrückt.

Passen muss LightZone indes, wenn es um die Korrektur von Abbildungsfehlern geht. CA-Korrektur ist dem Programm ebenso fremd wie die Möglichkeit zur Korrektur von Verzeichnung oder Verzerrung.

Mein Fazit

Zunächst bin ich LightZone mit einer gehörigen Portion Skepsis gegenüber getreten. Doch als altgedienten Photoshopper hat mich das Ebenenkonzept von LightZone schnell überzeugt. Das gilt umso mehr, als LightZone hier Möglichkeiten bietet, die Photoshop fehlen, dem Bildbearbeitungsboliden aber gut zu Gesicht stehen würden – etwa die Option, beim Schärfen gezielt Helligkeitsbereiche ausnehmen zu können. Auch die Definition von Auswahlen via Polygon-, Spline- oder Bezier-Funktionen ist deutlich flexibler als bei Photoshop oder Lightroom. Dennoch würde ich mir wünschen, dass sich in LightZone auch Pixelmasken ins Bild malen ließen.

Das Zonensystem in LightZone ist in meinen Augen eine nette Alternative zur alt hergebrachten Tonwertkorrektur oder den Gradationskurven, ob es indes die Helligkeits- und Kontrastanpassung für Ungeübte leichter macht, sei dahingestellt. Erschwerend kommt hinzu, dass LightZone praktisch keine Automatiken bietet; ein Manko, das durch die vielen mitgelieferten Styles immerhin etwas entschärft wird.

Außer Frage steht indes, dass sich mit LightZone hervorragende Ergebnisse erzielen lassen. Mich hat vor allem begeistert, wie flexibel mit diesem Programm ausgewählte Bildpartien respektive Farb- oder Helligkeitsbereiche korrigieren werden können – und dass diese Möglichkeiten zur lokalen Korrektur für alle Funktionen in LightZone zur Verfügung stehen.

Insofern ist es nur zu begrüßen, dass die Mannschaft des neuen LightZoneProjects das Programm wiederbelebt hat. Wer noch auf der Suche nach einem guten, kostenlosen RAW-Konverter und Bildaufbereiter ist, sollte Lighzone 4.0 unbedingt ausprobieren.

Mac-User sollten berücksichtigen, dass LightZone 4.0 für OS X noch im Beta-Stadium ist. Im Test traten bei der Mac-Version bisweilen noch Probleme mit dem Farbmanagement auf, die Windows-Version lief dagegen zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk.

(Martin Vieten)
 
 
Siehe:
LightZone
All Current LightZone RAW Profiles
 

Screenshot LightZone

In LightZone lassen sich geometrische Regionen definieren, um gezielt ausgewählte Bildbereiche zu manipulieren.