Foto: Gerhard FuhrGanz viele Kameras, viele Objektive, dazu weiteres Interessantes und Wissenswertes, und eine photokina – das Fotojahr 2012 war wahrlich nicht arm an Neuem. Wir haben das Wichtigste und das Kurioseste zusammengefasst:

Januar 2012

Kodak Logo

Das Jahr begann mit einer Pleite für und von Kodak – das Traditionsunternehmen war zahlungsunfähig und musste Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragen – gerade mal drei Monate, nachdem das Unternehmen beteuert hatte, dass keine Insolvenz geplant sei. Nachdem der Verkauf von Teilen des Patentportfolios – wohl aufgrund zu hoher Preisvorstellungen – nicht wie erwartet klappte, versuchte man es mit dem Versuch, das Film- und Fotopapiergeschäft zu verkaufen. Im September dann wurde bekanntgegeben, dass man auch das Geschäft mit Heimdruckern aufgeben wolle: Kodak taumelt auf den Abgrund zu. Im Lauf des Jahres wurden zudem der Online-Fotodienst, das Kamerageschäft und die Diafilmproduktion definitiv aufgegeben. Zum Jahresende dann versilberte Kodak sein Patentportfolio und verkaufte Digital-Imaging-Patente für ca. 525 Mio. US-Dollar an ein Konsortium um Apple und Google. Das ist grob nur 1/5 dessen, was Kodak-Chef Antonio Perez einst verkündete, dass es wert sei: er ging von 2-3 Mrd. US-Dollar aus. Bei einem Preis von derzeit um 20 US-Cent ist die Kodak-Aktie (EKDKQ) ein ausgesprochener Zocker-Wert: Bei geringem Einsatz Chancen auf nennenswerte Gewinne – aber auch auf den Totalverlust.

Foto der X-Pro1 von Fujifilm

Ein früher Höhepunkt des Jahres war der Einstieg von Fujifilm ins Systemkamerasegment. Mit der X-Pro1 (1599 Euro UVP) stellten die Japaner Anfang Januar eine APS-C-Systemkamera mit 16 Megapixeln, Fujfilm-X-Bajonett, Hybridsucher und drei Festbrennweiten 2/18 mm (KB ≈ 27 mm), 1,4/35 mm (KB ≈ 53 mm) und 2,4/60 mm (KB ≈ 90 mm) vor (siehe auch: Ersteindruck, Test und eine bessere Firmware, die etliche Kritikpunkte behebt). Ihr folgte im September die kleinere Schwester X-E1, der es im Wesentlichen allein am optischen Sucher mangelt und die dafür rund 700 Euro billiger ist. Dazu stellte Fujifilm weitere Objektive, darunter auch Zooms, vor und in Aussicht.

Der Kuriositäten-Ecke, allerdings mit wissenschaftlichem Hintergrund und möglichem Nutzen, ist die App Radioactivity Counter“ für iOS und Android zuzurechnen, die aus einem Fotohandy einen Geigerzähler macht.

Ende Januar dann wurde der 43. Internationale Kodak Fotokalenderpreis 2012 vergeben. Mit dem ORWO-Kalender 2012 wurde dabei ein Fotokalender gewürdigt, dessen Bilder vor über 30 Jahren mit einer Pentacon Six und zumeist einem 180-mm-Objektiv auf Rollfilm-Farbdiamaterial ORWOchrom UT18 entstanden sind:
 

Foto: Gerhard Fuhr

Aus dem ORWO-Kalender 2012; Foto: Gerhard Fuhr

 
 
Februar 2012

Foto der D800 von Nikon

Mit einem kleinen Paukenschlag läutete Nikon den Februar ein, als das japanische Unternehmen die D800 vorstellte, die enorme 36 Megapixel auf einem Kleinbildsensor versammelt und die nur rund 2900 Euro kosten sollte (mittlerweile gibt’s die Kamera rund 600 Euro billiger). Wir haben sie begeistert getestet, die Mittelformathersteller reagierten bald darauf mit teils deutlichen Preissenkungen.

Einen Rekord setzte auch Nokia mit dem 808 PureView, einem Fotohandy, dessen Kameramodul mit Carl-Zeiss-Optik 2,4/26 mm (entspr. Kleinbild) ausgerüstet ist und das 41-Megapixel-Fotos aufnimmt.

Nicht vergessen werden soll angesichts solcher Bestmarken die Pentax K-01, Pentax’ erste spiegellose Systemkamera mit APS-C-Sensor (16∫MP), integriertem Bildstabilisator und K-AF-Bajonett, mit der sich alle Pentax-Objektive mit KA-Bajonett nutzen lassen.

Dies und noch einiges mehr gab es gleich anschließend auf der Fotomesse CP+ im japanischen Yokohama zu sehen:
 

Foto: Urs Tillmanns

Was gibt’s denn da zu sehen?

 
 
März 2012
 

Foto Roswitha Hecke, aus dem Bildband „Irene“    Foto Roswitha Hecke, aus dem Bildband „Irene“

Roswitha Hecke, aus dem Bildband „Irene“

 
Im Rahmen unserer monatlichen Kolumne Foto-Frisch stellen wir regelmäßig Neues von der Fotokunst vor, darunter den lange vergriffenen, jetzt wieder mit zusätzlichen Fotos neu aufgelegegten Bildband Irene: „Irene wollte schön sein, eine Frau sein, frei sein. Sie war direkt und launisch wie ein Kind. Sie liebte den Flirt mehr als die Ehe. Spannung mehr als Harmonie. Sehnsucht mehr als Befriedigung. Und Distanz mehr als Berühung. Mit aller Konsequenz lebte sie ihr Leben danach.“ (Roswitha Hecke)

Im März erhielt auch der hervoragende Mikro-Fotograf Manfred Kage den Kulturpreis 2012 der DGPh. Vor allem ihm ist es zu verdanken, dass die wissenschaftliche Fotografie auch im künstlerischen Umfeld wahrgenommen wird:
 

Foto Prof. Manfred P. Kage, Radiolarie, Rasterelektronenmikroskopie 600x

Prof. Manfred P. Kage, Radiolarie Rasterelektronenmikroskopie, 600x

 
 
April 2012

Im April verkündete der schwächelnde Unterhaltungsgigant Sony eine neue Strategie, und die ist hier an dieser Stelle auch deshalb so interessant, weil in diesen Plänen die Sparte „Digital Imaging“ mit Bildsensoren, Bildtechnologien, Digitalkameras und Objektiven ganz oben steht. Dazu passen die später im Jahr verkündeten Partnerschaften mit Olympus und mit Hasselblad.
 
 
Mai 2012

Eine wunderbare Ausstellung startete im Mai in Rüsselsheim: Andy Goldsworthy: Vom Werden und Vergehen. Der Künstler erschafft so wundersame wie vergängliche Gebilde aus natürlichen Materialien, seine Kunstwerke existieren manchmal nur wenige Tage oder gar Stunden, überdauern die Zeit nur in der Erinnerung; als Fotografie. Die Rüsselsheimer Ausstellung stellte zum ersten Mal sein fotografisches Schaffen vor:
 

Foto Andy Goldsworthy: Calm

Andy Goldsworthy: Calm, knotted seaweed stalks, stuck into muddy lake bottom, ends pushed into hollow stems to make screen; Derwent Water, Cumbria, 20 February 1988

 

Foto der Leica M Monochrom

Leica ließ es buchstäblich krachen im Mai und stellte zwei Produkte vor, von denen ich vorher nicht geglaubt hätte, dass sowas möglich ist. Da ist zum einen das „Meilenstein-Objektiv“ APO-Summicron-M 1:2/50 mm ASPH. für exorbitante 6000 Euro, das mich verblüffte. Und da ist zum anderen die Leica M Monochrom. Von ihr hatte ich vorher schon gerüchteweise gehört – aber stets strikt verneint, dass so etwas möglich sein könne. Ist es aber doch, wie zu sehen war.

Ende Mai wurde das Deutsche Kameramuseum in Plech eingeweiht, das auf derzeit etwa 200 Quadratmetern rund 13.000 Exponate präsentiert, die die Geschichte der Fotoapparate umfassend erzählen.
 
 
Juni 2012

Der fotografische Höhepunkt dieses Monats war, zumindest für Deutschland, das 3. Lumix Festival für jungen Fotojournalismus (13. – 17. Juni 2012).
 

Foto Andrea Gjestvang, aus der Serie „Everybody knows this is nowhere“

Andrea Gjestvang, aus der Serie „Everybody knows this is nowhere“
Ellen, Ørjan, beide 15, und Marita am Tag ihrer Konfirmation in Bugøynes.
Lumix Festival für jungen Fotojournalismus

 
 
Juli 2012

Foto Randolf Butzbach

Foto der EOS M

Nachdem ich schon in diesem Artikel auf Milchmädchenart versucht hatte, der Grenzauflösung optischer Systeme etwas näherzukommen, hatten die Fachleute ein Erbarmen bzw. vielleicht auch die Nase voll. Der Physiker Randolf Butzbach hat sich dankenswerterweise darangemacht, Licht ins Dunkel zu bringen bzw. Vermutungen Wissen entgegenzusetzen: Der Artikel Von Megapixeln: Viel hilft viel versucht, den Beugungs-Mythen entgegenzuwirken.

Kameraseitig war natürlich die Vorstellung der spiegellosen Systemkamera Canon EOS M (APS-C-Sensor, 18 Megapixel) – Canons erste Spiegellose – der Höhepunkt dieses Sommermonats; zu der wir gleich auch erste Erkenntnisse gewinnen konnten.
 
 
August 2012

Der August war eher ruhig, offenbar bereiteten viele die photokina vor. Die interessanteren Meldungen kamen in diesen Tagen aus der analogen Ecke. Impossible bietet wieder ein 8×10-inch-Sofortbildmaterial an, Ilford und der deutsche Fotokünstler Heino Heimann kooperierten und installierten in Marly mit der Chrome-Camera eine zimmergroße Kamera mit den beachtlichen Abmessungen von 6×2,5×2,5 m. Aufnahmematerial ist Ilfochrome, das Aufnahmeformat kann bis zu 127×230 cm (50×80 inch) messen.
 
 
September 2012

Was schon geraume Zeit als Gerücht bzw. Möglichkeit durch die Presselandschaft geisterte, dass sich nämlich Olympus nach dem Bilanzskandal einen starken Partner sucht, wurde Ende September spruchreif: Sony steigt bei Olympus ein. Sony beteiligte sich zu gut 1/10 an Olympus, die Zusammenarbeit soll intensiv ausfallen und beide wollen von den Stärken des jeweils anderen profitieren. Olympus-Präsident Hiroyuki Sasa hat umrissen, wie das gehen soll: Gegenseitige Stärken nutzen.

Und dann war da natürlich auch noch, und das vor allem, die photokina, und die konnte mit einem Eröffnungs-Tag aufwarten, wie ich ihn noch nicht erlebt hatte: Was für ein Tag! So viele Kamera-Neuvorstellungen direkt am photokina-Vortag (Pressetag) – das sucht seinesgleichen. Hier ein paar ausgesuchte Neuheiten dieser Tage (der Klick auf’s Bild führt zum Artikel):
 

Foto Lumix GH3    Foto Phase One 645DF+    Foto Leica S    Foto Leica M    Foto Rm3d factumFoto    Foto der CAPcam    Foto iPhone 5 von Apple    Foto von Sonys Flaggschiff SLT-A99    Foto Cyber-shot DSC-RX1 von Sony    Foto Rolleiflex Hy6 Mod2Foto Rolleiflex FX N    Foto Galaxy Camera von Samsung

 
Wir berichteten auch über Wechselobjektive und die Pläne der Hersteller, zeigten Impressionen vom Messegeschehen und zogen ein Messefazit. Ein mindestens für uns, die Macher, wichtiges Ereignis dieser Tage war auch der Start von PhotoKlassik, dem Magazin zur aktuellen analogen Fotografie, dessen Erstausgabe pünktlich zur photokina erschien und das seitdem vierteljährlich erscheint. Heft 01-13 ist just im Handel.
 

Titel PhotoKlassik

 
 
Oktober 2012

Nach dem heißen Messe-Monat wurde es ab Oktober sichtlich ruhiger, was die Neuvorstellungen anging. Die Leica Camera AG ging komplett in den Besitz der Lisa Germany Holding GmbH (= ACM + Blackstone) über, Nikon stellte die Nikon 1 V2 vor, und das war’s auch schon im Wesentlichen an Besonderem.
 
 
November 2012

Auch im November gab es keine aufregenden neuen Geräte in der Fotowelt. Aufregend war allenfalls für den ein oder anderen, wie heftig die Kameraauslieferungen im letzten Quartal eingebrochen waren.
 
 
Dezember 2012

Ruhig blieb es dann auch im Dezember. Wer Geld übrig hatte oder hat, der konnte und kann noch so das ein oder andere Schnäppchen machen. Auch brandaktuelle Kameras werden teils schon preisreduziert angeboten.

Kodak versilberte sein Patentportfolio und verkaufte Digital-Imaging-Patente – und so beschließt diese Firma dieses Jahr mit einem Ausverkauf, das sie mit einem Insolvenzverfahren begonnen hat.

(thoMas)