„Waren Sie schon um 5 Uhr morgens in Berlin spazieren? Es ist wunderschön … wie aus einem Märchenbuch entsprungen …“ In Hamburg sind derzeit Arbeiten der Berliner Fotografin Inessa Dolinskaia aus der Serie „Wunderland“ zu sehen:
Die Galerie Hilaneh von Kories informiert:
Страна чудес • Wunderland
Inessa Dolinskaia
Ausstellung: 8. Juni bis 27. Juli 2012
In der Reihe „Next Generation“ zeigt die Hamburger Galerie Hilaneh von Kories vom 08. Juni bis zum 27. Juli 2012 die Ausstellung „Страна чудес – Wunderland“ mit Fotografien von Inessa Dolinskaia.
Die Berliner Fotografin hält in ihren subjektiven Bilderwelten flüchtige Momente des Großstadtlebens fest. Ob Berlin, Moskau oder Florenz: immer sind es Augenblicke zwischen Bewegung und Stillstand, Nähe und Fremde oder Detail und Übersicht, die in sehr persönlichen Schwarzweißbildern eingefangen wurden. Mit genauem Gespür für die Poesie des Alltags überrascht die Künstlerin den Betrachter stets aufs Neue. Die Stunden der Dämmerung am Morgen oder am Abend sind bevorzugte Tageszeiten vieler ihrer Aufnahmen. Neben den Fassaden und Gebäuden der Stadträume gilt ein besonderer Blick den Bäumen und Pflanzen, die sich im urbanen Umfeld behaupten müssen. Oft sind es die normalerweise übersehenen urbanen Zwischenräume, die in den Mittelpunkt der Aufnahmen gerückt sind. Vor allem durch die engen Ausschnitte und vielfache Unschärfen und Überlagerungen verschiedener Bildebenen ergeben sich immer wieder neue Einblicke und Interpretationen des Stadtraumes. In ihren Kompositionen erscheint die Stadt nicht real, sondern vielmehr als Traumgebilde aus Gefühlen und Sehnsüchten.
Die Bildserien tragen Titel wie „Berlin pastell“, „Geflüster“, „Fiktive Heimat“ oder „Wunderland“. Diese Serien dokumentieren nicht, sondern sprechen den Betrachter vor allem auf emotionaler Ebene an. Denn nicht jedes Bild muss erklärt und verstanden werden, sondern die Künstlerin variiert eine irrationale Bildsprache der Fotografie. So führt und verführt sie in zarte, manchmal auch schwermütige Zwischenwelten der Stadt. Traum und Wirklichkeit gehen in den sensiblen Bilderzählungen eine ganz eigene Verbindung ein. Im fotografischen Material hat die Künstlerin ihre ideale Projektionsfläche gefunden. Die Ausstellung zeigt in 48 Arbeiten die ganz eigene, poetische Wunderwelt von Inessa Dolinskaia:
„…ich ziehe mich an, mache das Fenster auf. Wichtig ist dabei, keinen zu wecken, sonst werden Fragen gestellt, auf die man keine Antwort hat. / Waren Sie schon um 5 Uhr morgens in Berlin spazieren? / Es ist wunderschön. Und da ich nicht laufen mag, fliege ich. / Ich liebe Berlin morgens, wo noch alle schlafen und die wenigen, die von der oder zur Arbeit eilen, schauen nicht nach oben, also bewege ich mich die meiste Zeit in stolzer Einsamkeit, abgesehen von ein paar verschlafenen Vögeln. / Ich sehe Hinterhäuser mit verstaubten Fenstern, die eine andere Wirklichkeit widerspiegeln. Dächer mit unzähligen Antennen, die tagsüber außerirdische Schatten werfen, aber in dieser Morgenstunde wie aus einem Märchenbuch entsprungen wirken. / Ich mag große Kreuzungen mit noch blinzelnden einäugigen Ampeln, wo die einzigen Fußgänger Tauben und Spatzen sind. Die Bäume fühlen sich im Morgengrauen auch noch unbeobachtet und flüstern miteinander. / Ein Spielplatz. Umgewühlter Sandkasten, man kann noch die Stimmung vom vorigen Tage fühlen. / Die aufgemalte Sonne auf dem Asphalt lächelt mich an. Ich setze mich auf eine Bank und mache die Augen zu. Es klingelt.“
Die Fotografin Inessa Dolinskaia wurde 1980 im russischen Saratow geboren. Seit 2006 arbeitet sie freiberuflich als Fotografin; sie ist Absolventin der Neuen Schule für Fotografie Berlin (Abschlussklasse 2009). Erste Ausstellungen hatte sie in den letzten Jahren in Berlin, Köln und München. 2010 wurde sie mit dem Canon Profifoto Förderpreis ausgezeichnet.
Mit dem Anliegen jungen Fotokünstlern ein Forum zu geben, startete Hilaneh von Kories 2010 die Reihe „Next Generation“. Nach der Hamburger Fotografin Béatrice Klein zeigt in diesem Jahr Inessa Dolinskaia die zweite Position der Ausstellungsreihe.
Ausstellung:
Wunderland
Fotografien von Inessa Dolinskaia
8. Juni bis 30. August 2012
Di.- Fr. 14:00 – 19:00 u.n.V.
Galerie Hilaneh von Kories
Stresemannstr. 384a im Hof
22761 Hamburg
(thoMas)
Nachtrag (30.7.2012): Die Ausstellung wurde bis zum 30. August 2012 verlängert.
Text – Bilder!?
Der Text ist wunderschön – den Bildern kann ich leider wenig abgewinnen!
Ergänzung
[quote=Gast]Ich muss mich hier mal einmischen, wenn auch nicht gerne.
“Kunst” stammt etymologisch vom mittelhochdeutschen Begriff “kunnen” ab, was soviel wie neuhochdeutsch “wissen” bedeutet. Es geht also der Begriffsgeschichte gemäß viel weniger um “Können”, als viel mehr um “Wissen”. Gestützt wird diese Auffassung von Kunst durch den Begriff “Ästhetik”, der in der Philosophie bis ins 18. Jahrhundert statt “Erkenntnistheorie” bzw. “Epistemologie” gebraucht wurde und erst später zur “Theorie des Schönen” wurde (vgl. z.B. Kant: Transzendentale Ästhetik=Kants Erkennsnistheorie). Im traditionellen Sprachgebrauch hat Ästhtik also nicht viel mit dem “Schönen”, sondern vielmehr mit “Erkenntnis” (gr. episteme) zu tun.
Es geht in der Kunst also nicht um (Kunst-)Handwerk, sondern um Wissen und Erkennen. Also Intellekt statt Handwerk. Kategorien wie “Schärfe” usw. haben deshalb auch keine nennenswerte Bedeutung für den künstlerischen Wert einer Arbeit.[/quote]
Eine kleine Ergänzung meinerseits: das Kunst von mhd. “kunnen” stammt und so viel wie “Wissen” bedeutet lässt sich auch an Begriffen wie “Erdkunde” etc. zeigen. Die “Kunde” steht in Relation zu Erkenntnis und nicht zum “Können”.
Da es übergeordnet
um Schönheit (als Ausdruck höchster Ordnungsprinzipien), um deren (Er)Kenntnis, geht, hat alles eine Bedeutung, was dieses Streben befördert.
Eine willkürliche Trennung von Kunst und Handwerk halte ich in diesem Sinne, auch angesichts der konkreten Auswirkungen auf Kunst wie Handwerk, für bedenklich.
Gast schrieb:
um Schönheit
[quote=Gast]um Schönheit (als Ausdruck höchster Ordnungsprinzipien), um deren (Er)Kenntnis, geht, hat alles eine Bedeutung, was dieses Streben befördert.
Eine willkürliche Trennung von Kunst und Handwerk halte ich in diesem Sinne, auch angesichts der konkreten Auswirkungen auf Kunst wie Handwerk, für bedenklich.[/quote]
Ich habe nicht behauptet, dass Kunst der Gegenbegriff zu Handwerk sei. Es ist rein gar nichts gegen ein Können in der Kunst einzuwenden, im Gegenteil: Es ist sicher sehr, sehr wünschenswert.
Aber: begrifflich hat Kunst nichts mit Können zu tun. Diese Trennung ist auch nicht willkürlich. Sie ist etymologisch und faktisch da, ob es einem gefällt oder nicht.
Außerdem gibt es ja auch noch den Begriff des Kunsthandwerks.
Ich habe lediglich darauf hinweisen wollen, dass der künstlerische Wert einer Arbeit i.d.R. wenig mit der handwerklichen Leistung zu tun hat. Wir schätzen nicht selten Arbeiten von Künstlern und damit auch die Künstler, die diese Arbeiten selbst gar nicht hergestellt, nicht “gemacht” haben. Besonders deutlich wird dies in der Architektur: Wir schätzen Gebäude als Kunstwerke, obwohl der “Künstler” keinen einzigen Stein auf den anderen gesetzt hat. Die ganze Konzeptkunst beruht nicht auf handwerklichem Können. Die Bechers haben auch keine fototechnischen Sensationen vollbracht, sie haben konsequent ein Konzept durchgezogen – und dafür als erste Fotografen überhaupt einen Kunstpreis gewonnen (Biennale Venedig).
So schön das Können in der Kunst auch immer sein mag – bloßes Können in den Vordergrund zu stellen ist allzu naiv.
Und es geht auch nicht primär um Schönheit – diese Auffassung ist Ausdruck eines verkürzten Kunstbegriffes. Wer hat normativ für alle beschlossen, dass es “übergeordnet um Schönheit geht”? Ich votiere gegen eine Schönheitsdiktatur in der Kunst!
In diesem Sinne: “unscharfe Bildchen” sind nicht selten besser als irgendein preisgekröntes Superfoto.
Echt Foto”kunst”
So stell` ich mir um 5 Uhr in der Frühe Berlin vor?!
Dann sollten Sie unbedingt
[quote=Gast]Das sind ganz typische Aufnahmen für Berlin um fünf Uhr morgens die uns subjektive Bilder vom urbanen Raum zeigen.
Die konsequente weiche Unschärfe schafft Raum für eine unglaubliche leicht depressive Grundstimmung.
Ich erkenne was wahre Fotografie ist.
Allen eine schöne Woche[/quote]
darauf spekulieren! Das werden Sie doch tun, oder? Einfach, damit auch diese Blase sich schneller füllt.
Wenn Sie
genügend maniriert sind, bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig …
???
Wieso werden einem immer mal wieder unscharfe Bildchen als Kunst präsentiert? Kunst kommt von können und nicht von wollen, denn sonst hieße sie ja Wunst.
Kunst
kann auch das Können des Vermittels einer Stimmung sein. Muss nicht was mit einem anlernbaren handwerklichen Können zu tun haben. Beispiel : Die Werbefotografie, handwerklich meist perfekt, aber künstlerisch fast nie, will ja der Auftraggeber auch nicht.
Aber es gibt auf der anderen Seite genügend Menschen, die was zum Interpretieren suchen und sich damit beschäftigen wollen. Gehen ins Museum, in Galerien oder nehmen z.B. ein Buch mit Bildern in die Hand.
Alles wiederholt sich
[quote=Gast]Wieso werden einem immer mal wieder unscharfe Bildchen als Kunst präsentiert? Kunst kommt von können und nicht von wollen, denn sonst hieße sie ja Wunst.[/quote]
Derartiges sagte man auch über angebliche “Wünstler” wie Picasso. (“Diese Kleckserei kann sogar mein vierjähriger Sohn.”)
BTW, Fotografie ist halt WEIT MEHR als nur rattenscharfe Abbildungen; ob das nun den Linienzählern passt oder nicht.
Das sind ganz typische
Das sind ganz typische Aufnahmen für Berlin um fünf Uhr morgens die uns subjektive Bilder vom urbanen Raum zeigen.
Die konsequente weiche Unschärfe schafft Raum für eine unglaubliche leicht depressive Grundstimmung.
Ich erkenne was wahre Fotografie ist.
Allen eine schöne Woche
Unscharf
Ist einfach authentischer, früh um fünf mit Grind in den Augen seh ich auch alles unscharf!
Wunst?
[quote=Gast]Wieso werden einem immer mal wieder unscharfe Bildchen als Kunst präsentiert? Kunst kommt von können und nicht von wollen, denn sonst hieße sie ja Wunst.[/quote]
Vielleicht, weil mehr und mehr satt sind vom Pixelpeeping in unsäglichen Kindergartenforen und Communities? HDRs/DRIs, dass einem von den Bonbonfarben die Augen tränen oder alternativ technisch perfekte, farbsaumfreie, knallscharfe aber todlaaaaaaaaaaangweilige Bildchen…
JJ
Gast schrieb:
Wieso werden
[quote=Gast]Wieso werden einem immer mal wieder unscharfe Bildchen als Kunst präsentiert? Kunst kommt von können und nicht von wollen, denn sonst hieße sie ja Wunst.[/quote]
Neenee. “Kunst kommt von Künden.” (Otmar Alt)
Außerdem: wer definiert, was “Können” ist?
Wurst schrieb:
Wieso werden
[quote=Wurst]Wieso werden einem immer mal wieder unscharfe Bildchen als Kunst präsentiert? Kunst kommt von können und nicht von wollen, denn sonst hieße sie ja Wunst.[/quote]
Wieso glaubst Du, Kunst definieren zu können?
Der Spaniel. Wau!
Laaaangweilig….
Da ist Claude Lelouche 1976 aber mehr eingefallen, was man um 5 Uhr morgens in einer Großstadt namens Paris machen kann:
http://www.youtube.com/watch?v=-NJzrv4MaMo
Der Film ist ungeschnitten und läuft in Echtzeit!
Yeah, was Claude Lelouche da
Yeah, was Claude Lelouche da gedreht hat, das nenne ich mal echte Kunst. Ist er nicht sogar dafür verhaftet worden, weil er die Fahrt mit einem Mercedes gedreht hat, aber mit Ferrarilärm nachsynchronisiert hat? 😉
Zu den Fotos diese Threads:
Das einzig interessante daran ist, daß eine 1980 geborene Fotografin eine Rolleiflex benutzt.
Der Rolleiflexer
Kunst
Ich muss mich hier mal einmischen, wenn auch nicht gerne.
“Kunst” stammt etymologisch vom mittelhochdeutschen Begriff “kunnen” ab, was soviel wie neuhochdeutsch “wissen” bedeutet. Es geht also der Begriffsgeschichte gemäß viel weniger um “Können”, als viel mehr um “Wissen”. Gestützt wird diese Auffassung von Kunst durch den Begriff “Ästhetik”, der in der Philosophie bis ins 18. Jahrhundert statt “Erkenntnistheorie” bzw. “Epistemologie” gebraucht wurde und erst später zur “Theorie des Schönen” wurde (vgl. z.B. Kant: Transzendentale Ästhetik=Kants Erkennsnistheorie). Im traditionellen Sprachgebrauch hat Ästhtik also nicht viel mit dem “Schönen”, sondern vielmehr mit “Erkenntnis” (gr. episteme) zu tun.
Es geht in der Kunst also nicht um (Kunst-)Handwerk, sondern um Wissen und Erkennen. Also Intellekt statt Handwerk. Kategorien wie “Schärfe” usw. haben deshalb auch keine nennenswerte Bedeutung für den künstlerischen Wert einer Arbeit.
Vergleich von Äpfeln mit Birnen
[quote=Gast]Da ist Claude Lelouche 1976 aber mehr eingefallen, was man um 5 Uhr morgens in einer Großstadt namens Paris machen kann:
http://www.youtube.com/watch?v=-NJzrv4MaMo
Der Film ist ungeschnitten und läuft in Echtzeit![/quote]
So what? Wie sinnvoll es, Bewegtbild und Still miteinander zu vergleichen? (Rhetorische Frage)
Nichtigkeiten aus dem Netz
Der Anstieg des Meeresspiegels wird dringend gebraucht, bitte den Kockerspaniel wegwaschen.