Die Hamburger Ausstellung »gute aussichten« gibt einen Einblick in das, was in den letzten zwölf Monaten an junger Fotografie in Deutschland entstanden ist:
»gute aussichten – junge deutsche fotografie 2011/2012« will auch in diesem Jahr eine einzigartige und stilistisch breit gefächerte Zusammenschau dessen zeigen, was in den letzten zwölf Monaten an junger Fotografie in Deutschland entstanden ist. Die sieben Preisträger von »gute aussichten«, Deutschlands bedeutendstem Wettbewerb für Absolventen im Bereich Fotografie, sind vom 26. April bis 3. Juni 2012 im Haus der Photographie der Deichtorhallen Hamburg zu sehen:
Sebastian Lang, Behaviour Scan
Sebastian Lang beleuchtet in seiner seriell angelegten Arbeit »Behaviour Scan« in dem von der Gesellschaft für Konsumforschung als bundesdeutsche Norm eingestuften Dorf Haßloch in der Pfalz den vermeintlich deutschen Durchschnitt und offenbart dabei verblüffende Details, die den gehegten Wunsch nach dem repräsentativen und somit berechenbaren Querschnitt der Gesellschaft ad absurdum führen.
Sara-Lena Maierhofer, Dear Clark
Christian Karl Gerhartsreiter führte 30 Jahre lang u.a. als Clark Rockefeller in den USA ein äußerst überdurchschnittliches Leben, bis er im Jahr 2008 vom FBI als Hochstapler entlarvt wurde. Sara-Lena Maierhofer folgt in ihrem Zyklus »Dear Clark« seinen Spuren und erzählt in 67 Bildern die Geschichte seines Lebens, das alles andere, nur nicht durchschnittlich war. Zugleich wagt sie eine phänomenologische Betrachtung der Gestalt des Hochstaplers, die zu kleinen Teilen in jedem von uns schlummert.
Johannes Post, Inform
Kurzerhand durchschnitten hat Johannes Post in »Inform«, was er und wir so am Leib tragen: Unsere Kleidung die Uniform. 36 Bild-Querschnitte, angeordnet in zwei großformatigen Tableaus mit je 18 Abbildungen zeigen unsere »zweite Haut«, wie wir sie noch nie gesehen haben fotografisch-surreale, modische Schnittmuster einer ganz und gar neuen Art.
Luise Schröder, Arbeit am Mythos
Den beiden großen zerstörerischen Ereignissen in der Stadt Dresden der Luftangriffe durch die Alliierten vom 13. bis 15. Februar 1945 und der Jahrhundertflut vom August 2002 ist Luise Schröder in »Arbeit am Mythos« auf den Grund gegangen. Sie erarbeitet künstlerische Antworten auf die Fragen, wie die Wahrnehmung von Geschichte entsteht, wie Erinnerungen konserviert werden und wo die Schnittstellen von Wahrheit und Mythos liegen könnten.
Miriam Schwedt, Ohne Titel
Ganz dem Zufall verschrieben hat sich Miriam Schwedt in ihrer fünfteiligen, aus 20 Einzelmotiven bestehenden Arbeit ohne Titel. Die Schnittmenge ist dabei nicht nur die Verfremdung der Wirklichkeit, sondern auch jene aus dem speziellen Herstellungsverfahren ihrer Abzüge resultierende Bildpoesie.
Julia Unkel, Im Angesicht
Um Abschnitte, Zuschnitte und irgendwann den Aufschnitt ganz anderer Art geht es Julia Unkel in ihrer Arbeit »Im Angesicht«. Sie hat Schlachthöfe und Schlachtereien besucht und dokumentiert auf beinahe erschreckend klinisch-saubere Weise in elf Fotografien und einem Buch das blutige Geschäft der Fleischindustrie ohne jeglichen sichtbaren Kommentar.
Franziska Zacharias, le noir familie
Auf die Suche nach Schnittflächen bzw. Flächenschnitten hat sich Franziska Zacharias in ihrer Serie »le noir familie« begeben. Mit Hilfe eines selbst gebauten Modells und der Fotografie erschafft sie fünf großformatige Bildräume, die sowohl als Raum wie auch als abstraktes Bild gelesen werden können.
Ausstellung:
Gute Aussichten
Junge deutsche Fotografie 2011/2012
26. April 3. Juni 2012
Haus der Photographie
Deichtorhallen Hamburg
Deichtorstr. 1-2
20095 Hamburg
Öffnungszeiten: Di So 11 18 Uhr. Jeden 1. Do im Monat 11 21 Uhr.
(thoMas / mit Material der Deichtorhallen)
Zwei
Unkel und Lang finde ich gut.
MfG
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Wissen ist Macht.
[Francis Bacon, 1561 – 1626]
Zwei Einäugige
Aber auch die walzen jeweils eine dünne Idee ziemlich breit aus und geben wenig Anregung.
Hab’ mir die Ausstellung am Wochenende angesehen – am spannendsten fand ich Sara-Lena Maierhofers Dear Clark. Die Frau hat viel recherchiert, sich mehr als einen Gedanken und viel Arbeit gemacht und die Fotografie ist bei ihr ein tragendes, aber nicht das einzige Medium in ihrer Arbeit, die über traditonelle Grenzen hinaus weist – nicht als Aufmerksamkeits-Gag, sondern weil es Sinn gibt, z.B. auch Dokumente und Zeitungsausschnitte zum zu zeigen, die das Bild des Falles abrunden. Das kommt leider in den ausgewählten Beispielbildern nicht so richtig rüber.
Aber insgesamt eher dünner Jahrgang.”Getret’ner Quark wird breit, nicht stark”, wie m. W. der Bayer zu sagen pflegt
“Man kann nicht beides sein,
Realist und dann auch noch beliebt.”