Wir stellen in diesem Monat an dieser Stelle zwei ganz unterschiedliche Fotobände vor und geben eine Kaufempfehlung für eine Fotoedition der Galerie Fotohof:

Schon das Cover des Bandes verrät: Erdal Buldun liebt das Wasser. Und seine Liebe zum Wasser hat biografische Wurzeln: 1964 wurde er in der Drei-Millionen-Stadt Izmir an der türkischen Mittelmeerküste geboren, unweit der bekannten Badeorte Çesme und Kusadas. Das Wasser in und um Izmir, dem zweitgrößten Hafen der Türkei – all das prägte, impfte ihm jene Sehnsucht ein, die so viele Menschen kennen: die Sehnsucht nach dem Wasser. Nach dem Meer.
 

Foto Erdal Buldun

 
Bulduns Schwarzweißfotografien offenbaren nicht die Auswüchse des modernen Meerestourismus, die auch seine türkische Heimat längst erfasst haben. Der Fotograf zeigt nicht die Bausünden und nur selten das Strandleben. Er zeigt vor allem: Mensch und Materie. Menschen, wie sie ins Wasser springen, durchs Wasser tauchen, sich erfrischen in dem Stoff, der Ursprung allen Lebens ist: Bilder voller Bewegung und auch andere, kontemplative Bilder. Bilder der Freude, der Sehnsucht, des Glücks. Für die Menschen, die durch Bulduns Fotografien schwimmen und kraulen, die vom Meer nicht genug bekommen können, ist das Wasser ein dringend benötigtes Lebenselixier: ein Zauberstoff, der das Leben erhält. Wasser umfließt, umhüllt den menschlichen Körper – ein erfrischender Balsam, der allerorten Ausgelassenheit und Freude bereitet.

Kinder aalen sich im Wasser, junge Frauen und Männer treiben Sport, Senioren schöpfen neue Kraft, sogar die Hunde erfrischen sich im kühlen Nass. All das führt uns Buldun vor Augen, in Bildern, die teilweise auch unter Wasser entstehen. Ganz verzichtet Buldun hierbei auf die Farbe. Schwarzweiß, das bedeutet für ihn vor allem Zeitlosigkeit und eine Präzisierung der Bildaussage. Lebendig, momenthaft, doch auch klassisch muten seine Fotografien an – sie verorten sich in der langen Tradition maritimer Fotografie, für die etwa Bildautoren wie Jacques-Henri Lartigue oder Martin Munkácsi stehen.
 

Foto Erdal Buldun
 
 
Foto Erdal Buldun

 
Vor allem Sehnsucht spricht aus diesen Bildern: die Sehnsucht nach einem Leben am Meer, nach diesen endlosen Tagen am Strand. Bekanntes wie die Gondeln in der Lagune von Venedig begegnet uns, wundervoll stille Bilder der oberitalienischen Seen, die nicht nur Landschaft und Wasser, sondern oft auch den Menschen zeigen. Buldun, so schreibt der französische Fotohistoriker Pierre Borhan in dem kurzen Vorwort zum Buch, nähere sich den Lebenden, „damit sie in ihm vibrieren und er in ihnen nachhallt“.

Und so ist es auch. Das Herz fotografiert hier stets mit: an spanischen Stränden, auf Tobago, am Comer See, wo Buldun einen Herrn fotografiert, der selbst gerade ein Bild macht, am Gardasee, in Etretat, immer wieder in seiner türkischen Heimat, wo er die Silhouetten von drei Männern fotografiert hat, die Abends lange noch am Meer sitzen. Es ist viel Ruhe in diesen Bildern. Manche, etwa jene, die er in Südtirol von einer Bäuerin gemacht hat, könnten viele Dekaden alt sein.

Doch nicht nur das Meer, auch die Straße ist ein bevorzugter Ort der Fotografie für Buldun. Ältere venezianische Herren vor dem Tabakgeschäft, drei andere vor einer Bar, ein Mann auf der griechischen Insel Samos, an einem Tisch sitzend – er blickt in die Kamera. Eine alte Frau im fränkischen Bamberg, die den Hausflur fegt. Bilder voller Empathie und Schönheit.
 

Foto Erdal Buldun

 
Es tut gut, in diesem Buch zu blättern, weil sich die gelassene Ruhe dieser Fotografien auf uns überträgt. Ein Plausch im toskanischen Pitigliano, ein Junge streichelt ein Schaf im anatolischen Göreme, ein Mann überquert eine Brücke im venezianischen Nebel. Das letzte Bild: ein alter Mann und ein Kind auf einem Pferdefuhrwerk. Alles: lyrische Bilder, fotografiert mit viel Neugierde und Liebe zu den Menschen und zur Welt. „Erdal Buldun: Colours Of Memory“ kostet 30 Euro plus Versand ist zu beziehen über contact-editionm@t-online.de oder ebuldun@googlemail.com.

Noch ein nicht mehr ganz neues Buch wollen wir hier vorstellen, doch auch, wenn es schon vor einiger Zeit erschienen ist, so ist sein Inhalt überaus brisant: „Las Vegas / Venedig“ heißt das Buch von Alex MacLean – und stellt Luftbilder von Las Vegas und Venedig gegenüber.
 

aus: Las Vegas / Venedig von Alex MacLean

Burano mit seinen bunten Häusern
 
 
aus: Las Vegas / Venedig von Alex MacLean

Bewohner dieser Wohnsiedlung bei Las Vegas sind abhängig vom Auto – selbst für alltägliche Besorgungen müssen sie mit dem PKW fahren.

 
Die beiden Städte haben mehr gemeinsam, als man glauben könnte: Sowohl Venedig als auch Las Vegas sind in siedlungsfeindliche Gebiete gebaut worden – in die Lagune und in die Wüste. Beide Städte werden vom Klimawandel akut bedroht, beide sind Symbole für einen verschwenderischen Umgang mit Ressourcen. 160 Farbtafeln zeigt das hervorragend gedruckte Buch, Bilder der gefährdeten Schönheit der beiden Orte, die beide auch Ziele des internationalen Massentourismus sind.

Das Buch versteht sich als „visueller Vergleich“ und offenbart die Ähnlichkeiten der Stadt-Struktur, verführt unser Auge mit hoch-ästhetischen Bildern. Doch der Augenschmaus währt nicht lange, denn beim genauen Betrachten bemerkt man die Kehrseiten des schönen Scheins: unkontrollierte Bodenspekulation und verschwenderisches Konsumverhalten haben die beiden Städte an den Rand ihres Untergangs gebracht: Venedig droht im Wasser zu versinken, in Las Vegas herrscht latenter Wassermangel – hervorgerufen durch die tiefgreifenden Modellierungen und Umweltzerstörungen des Menschen.

MacLean gelingt es auch in seinem neuen Buch, die prekäre Lage in überaus reizvolle Bilder zu gießen. Das ist Teil seines Konzepts. Man soll diese Fotografien gebannt betrachten – und dann beginnen, nachzudenken. Das Rad des Klimawandels dreht sich immer schneller. Bis zu 60 mal steht der Markusplatz in jedem Jahr unter Wasser.
 

aus: Las Vegas / Venedig von Alex MacLean

Lido, Venedig
 
 
aus: Las Vegas / Venedig von Alex MacLean

Kampfflugzeuge mit Tarnanstrich auf dem Luftwaffenstützpunkt Nellis.

 
„Da ist diese unglaubliche Weite dieser Landschaft, aber wenn man aus der Luft dann genauer hinsieht, entdeckt man Dinge, die einen einfach schockieren. Wenn ich fotografiere, will ich auch immer etwas sagen. Eine Geschichte erzählen, aber vor allem ein Gefühl ausdrücken“, sagt Alex MacLean, der seinen Appell mit einer sehr eindringlichen, abstrahierend-grafischen Bildsprache verbindet. Von oben, aus der Distanz, mit den Augen eines Vogels, sieht man mehr. Der Blick wird schärfer.

Am Ende von Foto-Frisch steht wie immer eine Empfehlung, Fotokunst käuflich zu erwerben. Man kann in Onlinegalerien fündig werden, bei Fotokunst-Galerien, auf Kunstmessen, in Auktionshäusern, bei Kunsthändlern – oder auch in den Ateliers der Künstler selbst. Wir möchten Ihnen in Zukunft Arbeiten vorstellen, die wir für sammlungswürdig halten – angeboten von seriösen Galerien, Verlagen oder Händlern.
 

Foto: Edgar Honetschläger

Edgar Honetschläger, aus der Serie „Tokyo Plain“, 2008
24×24 cm, Auflage 30, nummeriert und signiert
200 € inkl. Buch

 
Diesmal haben wir ein wenig bei Ebay gestöbert, denn auch hier kann man fündig werden. So bietet hier etwa die renommierte Salzburger Galerie Fotohof ihre Editionen an, wie etwa jene des 1967 in Linz geborenen Edgar Honetschläger. Dieser saugt die Inspiration für seine Kunst oft aus den großen Städten. Aus Metropolen wie New York, Tokio, Rom und Palermo, wo Kurzfilme entstanden und andere künstlerische Projekte – denn Honetschläger ist gleich ein mehrfacher Grenzgänger, einer, der sich zwischen den Kulturen so wie zwischen den künstlerischen Medien bewegt. Vor einiger Zeit haben wir schon einmal über das Werk Honetschlägers berichtet (Plastik-Einfamilienhäuser-Meer: Edgar Honetschlägers Tokyo), heute empfehlen wir drei Arbeiten aus dem Jahr 2008, Format jeweils 24×24 cm, Auflage je 30, nummeriert und signiert, Preis jeweils € 200,- inklusive Buch: Edgar Honetschläger: Tokyo Plain, Farbfotografie 2008.

(Marc Peschke)