Kodak USA musste heute „freiwillig“ Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragen. Der Konzern ist damit zahlungsunfähig und geht in die Insolvenz; in der Hoffnung auf Reorganisation. Die Tochtergesellschaften außerhalb der USA sollen von dem US-Verfahren nicht betroffen sein, deren Geschäftstätigkeit normal weiterlaufen:
Er gibt einfach nicht auf, mit seiner Wortwahl, und mit der verzweifelten Hoffnung auf „Reorganisation“: Antonio M. Perez, langjähriger Kodak-Chef, der seit vielen Jahren die „digitale Transformation“ und Reorganisation des amerikanischen Konzerns beschwört, der dabei immer tiefer in die roten Zahlen rutschte. So titelt Eastman Kodak auch jetzt, da Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragt wird, so: Eastman Kodak Company and Its U.S. Subsidiaries Commence Voluntary Chapter 11 Business Reorganization (Die Eastman Kodak Company und deren US-Töchter beginnen mit der freiwilligen Geschäftsreorganisation nach Chapter 11).
Was faktisch bedeutet, dass Kodak zahlungsunfähig ist und dank dem Gläubigerschutz nach Chapter 11 seine Verbindlichkeiten vorerst nicht bedienen muss, sondern – unter Insolvenzverwaltung – versuchen kann, sich neu aufzustellen. Gläubiger können Forderungen allenfalls über das Insolvenzgericht geltend machen.
Vor wenigen Tagen noch hatte Kodak eine Neustrukturierung des Konzerns verkündet. Die sieht ja nun ganz anders aus, auch wenn der Schritt nicht unerwartet kommt. Nachdem Kodaks reale Produktionsbereiche die letzen Jahre über immer Verlust eingefahren haben (ausgenommen der analoge Filmbereich) und der Börsenkurs zuletzt dramatisch abgestürzt war, dürfte das größte Vermögen der Firma in ihrem Patentportfolio und in den Markenrechten „Kodak“ liegen.
(thoMas)
Nachtrag (19.1.2012; 20:12 Uhr): Aufgrund der gleich folgenden Erklärung von Kodak Deutschland einen neuen, letzten Satz in der Einleitung eingefügt („Die Tochtergesellschaften außerhalb der USA sollen von dem US-Verfahren nicht betroffen sein, deren Geschäftstätigkeit normal weiterlaufen“).
Die Stuttgarter Kodak GmbH äußert sich in einer Pressemitteilung wie folgt:
NORMALE GESCHÄFTSTÄTIGKEIT DER WELTWEITEN KODAK TOCHTERGESELLSCHAFTEN TROTZ DER FREIWILLIGEN ANMELDUNG VON CHAPTER 11 IN DEN USA
Tochtergesellschaften außerhalb der USA sind von dem US-Verfahren nicht betroffen und nicht Gegenstand der gerichtlichen Aufsicht.
Die Warenlieferungen und die Dienstleistungen an die Kunden laufen weltweit normal weiter.
Das Unternehmen hat sich $ 950 Millionen an Massedarlehen-Finanzierung in den USA gesichert.
Kodak durchläuft eine Reorganisation, um seinen Fortbestand als profitables und nachhaltiges Unternehmen sicherzustellen.
19. Januar 2012 – Nach der heutigen Ankündigung, dass die Eastman Kodak Company („Kodak“ oder das „Unternehmen“) und seine US-Tochtergesellschaften eine freiwillige Reorganisation der Geschäftstätigkeit gemäß Chapter 11 begonnen haben, wies Kodak darauf hin, dass seine Tochtergesellschaften außerhalb der USA von dem Verfahren nicht betroffen sind und ihre Geschäftstätigkeit normal weiterläuft. Daher werden bei dieser internationalen Geschäftstätigkeit alle bestehenden und zukünftigen Verpflichtungen gegenüber Kunden und Lieferanten weiterhin erfüllt.
„Unser Europa-Geschäft ist von der freiwillig getroffenen Entscheidung, Chapter 11 anzumelden, nicht betroffen, sondern dieser Restrukturierungsprozess bezieht sich auf das Mutterunternehmen Eastman Kodak Company in USA.” so Philip Cullimore, Managing Director Europe, “In Europa haben wir unser Geschäfte mit Business-to-Business Druckanwendungen signifikant steigern können. Diese Bereiche sind in Europa erfolgreich und wachsen schnell.“
Die Neuorganisation der Geschäftstätigkeit soll die Liquidität in den USA und im Ausland stärken, es soll außerdem nicht-strategisches geistiges Eigentum verkauft werden und bestehende Verpflichtungen sollen angemessen reduziert werden, damit sich das Unternehmen auf seine wichtigsten Sparten konzentrieren kann. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren wegweisende Investitionen in Digitaltechnologien sowie Materialbeschichtungstechnologien getätigt, die ca. 75 % seiner Einnahmen aus den digitalen Geschäftsbereichen im Jahr 2011 generiert haben.
„Kodak macht einen wichtigen Schritt, um es unserem Unternehmen zu ermöglichen, seine Reorganisation abzuschließen“, sagte Antonio M. Pérez, CEO und Chairman. „In der Zeit, als wir unsere Digitalsparte aufbauten, sind wir auch endgültig aus bestimmten traditionellen Bereichen ausgestiegen. Dabei haben wir 13 Produktionsstätten und 130 Verarbeitungslabors geschlossen und unsere Belegschaft seit 2003 um 47.000 Mitarbeiter reduziert. Wir müssen nun diese Reorganisation abschließen, indem wir unsere Kostenstruktur weiter verbessern und unsere nichtstrategischen Vermögenswerte effizient veräußern. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit unseren Stakeholdern, um als effizientes Unternehmen weiter bestehen zu können, das weltweit führend im Bereich Digital Imaging und der Werkstoffentwicklung ist.“
„Unser Ziel ist die Wertmaximierung für unsere Stakeholder, einschließlich unserer Mitarbeiter, Pensionäre, Gläubiger und Pensionstreuhänder. Außerdem konzentrieren wir uns auf die Zusammenarbeit mit unseren geschätzten Kunden“, fuhr Perez fort.
Kodak hat diesen Schritt nach vorangegangenen Gesprächen mit wichtigen Auftraggebern unternommen und plant eine einvernehmlich gestaltete Restrukturierung im Sinne seiner Stakeholder. Kodak geht davon aus, dass die Restrukturierung in den USA im Laufe des Jahres 2013 abgeschlossen sein wird.
„Der Verwaltungsrat, die Geschäftsführung und ich betonen ausdrücklich unsere Wertschätzung für die harte Arbeit und die Loyalität unserer Mitarbeiter“, sagte Perez. „Kodak steht für eine Kultur der Zusammenarbeit und der Innovation. Unsere Mitarbeiter verkörpern diese Kultur und sind ein wesentlicher Bestandteil unseres zukünftigen Erfolgs.“
Das Unternehmen und sein Verwaltungsrat werden von Lazard, FTI Consulting Inc. und Sullivan & Cromwell LLP beraten.
Weitere Informationen über den Antrag nach Chapter 11 stehen online unter www.kodaktransforms.com zur Verfügung. Lieferanten und Vertriebspartner erhalten Informationen unter 0711-406-5120.
Nach all den Meldungen
der vergangenen Monate: Das ist keine Pleite, sondern fahrlässige Krida. Inklusive Insolvenzverschleppung.
Bei dem Produkt
kann man Kodak vielleicht in Schutz nehmen: Die Chemie rund um den Kodachrom war schon eine grausliche Suppe – die wohl kaum noch die Umweltauflagen vieler Länder passieren konnte …
Chapter 11
[quote]Vor wenigen Tagen noch hatte Kodak eine Neustrukturierung des Konzerns verkündet. Die sieht ja nun ganz anders aus[/quote]
Kein Widerspruch – bei Chapter 11 geht es um Gläubigerschutz zwecks Neuaufstellung des Unternehmens. Das ist nicht zwingend das Ende.
Gast schrieb:
Zitat:
Vor
[quote=Gast][quote]Vor wenigen Tagen noch hatte Kodak eine Neustrukturierung des Konzerns verkündet. Die sieht ja nun ganz anders aus[/quote]
Kein Widerspruch – bei Chapter 11 geht es um Gläubigerschutz zwecks Neuaufstellung des Unternehmens. Das ist nicht zwingend das Ende.[/quote]
Leider sind die bisherigen Beispiele nicht ermutigend. Siehe Polaroid. Ich rechne damit, dass das Patentportolio und die Markenrechte meistbietend verhökert werden, der Produktionsbereich wird eingestellt oder, wahrscheinlicher, von Konkurrenten – billig – vom Markt weggekauft. Mitarbeiter-Entwicklung dann wie bei Agfa (bzw. AgfaPhoto). Dort statt knapp 3000 weltweit, soweit ich erinnere, nunmehr unter 10 (wenn gar nicht nur 1-2), die sich um die Lizenzrechte sorgen. Dazu noch ein paar weitere, die bei anderen Firmen untergekommen sind, die Agfa-Teile übernommen haben. Arbeitsverträge, Beschäftigungsgarantien, Betriebsrenten, Arbeitsplätze … alles perdu für die Mitarbeiter.
Und Kodak? Da fehlt seit Jahren eine nachhaltige Strategie (außer Schulden anhäufen und beteuern “es wird schon, wir transferieren doch gerade”). Jetzt wird halt im Insolvenzverfahren reorganisiert. Patente an einen Patentpool (wenn nicht Patent-Troll), Markenrechte für Asien-Kisten-Schieber, Mitarbeiter auf die Straße.
der besucher
Gast schrieb:
Digital hat
[quote=Gast]Digital hat Kodak im Digitalbereich das Gleiche gemacht, wie schon zu Filmzeiten: Stets versucht, Billigprodukte für einen Massenmarkt zu kreieren. [/quote]
Die Darstellung ist nicht ganz fair. Schau mal hier: http://en.wikipedia.org/wiki/Kodak_DCS
Kodak hat bei den Digitalkameras viel getan, z.B. 14MP Vollformatkamera in 2002 (!). Genutzt hat es am Ende aber nichts.
Chaos?
Da sind ja auch komische Sachen passiert, zumindest rückblickend. Der Einstieg in den Fotodruckermarkt war ja nicht per se eine schlechte Entscheidung, und das Argument mit den niedrigeren Druckkosten ist nicht schlecht. Aber warum hat Kodak -und das bei der heftigen Konkurrenz auf diesem Markt- sein Qualitätsmanagement so versemmelt?
Und in den Schnelldruckmaschinenbereich einzusteigen, war eine mutige unternehmerische Entscheidung, aber auch da gibt es etablierte “Player”, inkl. Canon.
Warum hat Kodak den Kodachrome in gnadenlos image-schädigender Weise eingestellt, statt zumindest zu versuchen, mit einem geänderten Vertriebssysstem (Franchise-System, Minilabs, Scanservice inkl. Vorab-Email mit den Scans, Direktvertrieb an Endkunden) diesen guten Film auch im Handling wieder attraktiver zu machen?
Überhaupt Film. Wenn das noch Gewinn abwirft, warum gibt es bis heute keinen Filmscanner zum Anschluss an Kodak-Fotodrucker, zum einfachen Einscannen von Negativen und Dias mit Direktausdruck?
Warum hat der Digitalkamerapionier Kodak diesen Kernbereich Digitalkameras an Drittunternehmen ausgelagert? Warum gibt es zwar Supersensoren von Kodak, aber keine Image-fördernde Referenzkamera?
Warum hat sich Kodak überhaupt dem Billigsektor bei Kameras verschrieben, wo doch bereits vor 5 Jahren absehbar war, dass Smartphones diesen Markt aufrollen würden?
Warum war es niemandem bei Kodak klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis auch der Kinobereich von der Digitalisierung erfasst würde, und dann ein weiterer wichtiger Filmmarkt wegbricht?
Es bleibt nur zu hoffen, dass jemand den Filmbereich fortführt.
Na ja
Referenzkameras für Kodak-Sensoren gäb’s schon – aber warum die nicht Image-fördernd sind: Keiiine Ahnung … 😎
Gute Frage
[quote=Gast]Da sind ja auch komische Sachen passiert, …
Warum hat Kodak den Kodachrome in gnadenlos image-schädigender Weise eingestellt, [/quote]Wenn jemand freiwillig ein Produkt mit Alleinstellungsmerkmal auf diese Weise aufgibt ist das schon eigenartig.
——————
Im Wesentlichen
hat Kodak im Digitalbereich das Gleiche gemacht, wie schon zu Filmzeiten: Stets versucht, Billigprodukte für einen Massenmarkt zu kreieren. Ich erinnere da nur an Pocket-, Instamatik-, Disk-, bis hin zu den APS-Filmen – mit all den zugehörigen Kamera-Scheußlichkeiten; samt einer kostenintensiven Anpassung der Infrastruktur (ich entsinne mich leider noch gut und mit Schaudern der großen Umrüstwelle in den Labors, als das unheimlich zukunftsträchtige APS-Filmformat den Konsumenten auf’s Aug’ gedrückt werden “mußte”).
Gast schrieb:
warum gibt es
[quote=Gast]warum gibt es bis heute keinen Filmscanner (…) zum einfachen Einscannen von Negativen und Dias (…)?[/quote]
Habe ich auch nie verstanden. Man muss rückblickend feststellen, das Kodak mit dem Filmgeschäft Gewinn gemacht hat, obwohl Sie eigentlich alles versucht haben, das NICHT zu tun. Die Frage ist, wie erfolgreich wären sie mit Film, würden Sie das heute noch richtig vermarkten und unterstützen?
Das alle so tun als wäre Kodak pleite, weil keiner mehr Film kauft, ist Schwachsinn. Was die Leute eher nicht kaufen, ist alles andere, was Kodak anbietet.
Kodak hat
vor vielen, vielen Jahren mit einer Konvergenzlinie angefangen, die bis heute getragen hat: die tragbare Kamera für Jedermann. Ausgehend von diesem Erfolgsmodell ist es Kodak gelungen, ein weltumspannendes Industriesystem rund um das Thema Fotografieren, aufzubauen. Soweit so gut.
Mit dem Auftauchen der ersten digitalen Kameras hat Kodak die Idee zur Transformation in einen neu entstehenden Markt verlassen. Statt dessen nur noch halbherziges Gewurstel mit allen möglichen halbgaren Konzepten und Produkten. Anstatt wiederum auf eine zündende, innovative Idee zu setzen, und gleichzeitig den alten Markt auf einem soliden niedrigerem Level zu konsolidieren, setzte die Company auf Produkte, die andere schon deutlich besser beherrschten. Beispiel Drucker: wer bitte braucht noch den xten immer gleichen Tintenstrahldrucker? Da gab es eine Erfindung von einem australischen Entwickler, der ein Tintenstrahldrucksystem mit einer durchgehenden Düsenleiste erfunden hat, ohne leistungsmindernden Druckkopf. Sowas lässt sich in geradezu endlos möglichen Konvergenzen für sehr unterschiedliche Nutzer bauen, vom Homeanwender bis zur industriellen Hochleistungsmaschine. Wo war da Kodak? Jetzt, wo der Markt für Offsetmaschinen praktisch am Erliegen ist, wird man wohl auf ein neues Drucksystem, basierend auf den hervorragenden Eigenschaften der Tintenstrahler hoffen dürfen, aber der Weg ist weit. Und ob Kodak da mit dabei ist, darf man als fraglich ansehen.
Es ist wie immer: sobald auf irgendeiner Sache das Label “Erfolg” drüber hängt, ist es für die Beteiligten extrem schwierig, den Weg auf der vermeintlichen Erfolgsschiene wieder heraus zu finden, selbst dann, wenn bereits deutlich sichtbar der Misserfolg auftaucht. Wir werden es erleben: bei der Autoindustrie wird das über kurz oder lang das gleiche Phänomen sein.
Digitaldruck von Kodak
Die Digitaldrucksparte von Kodak geht zurück auf ein Joint-Venture mit der Heidelberger Druckmaschinen AG, das mehrmals umgeschichtet wurde und eher im Wettbewerb zu Ricoh und Rank/Fuji Xerox steht als zu Canon. Die Tintenstrahldrucker sind eine ganz andere Geschichte. Die sind inzwischen alle frendgefertigt. Selbst die Tinte wird wohl zugekauft.
Einfach schade….
Da geht er hin, der ehemalige Marktführer, der Förderer der Fotografie, der uns ehemaligen Fotografenlehrlinge in der Berufsschule mit „Material“ unterstützt hat. Den Lehrberuf Fotograf gibt es schon lange nicht mehr, auch wenn theoretisch anderes behauptet wird, so hat es nun auch den gelben Riesen erwischt.
Einer der vielen Gründe ist in der Unbeweglichkeit solcher Giganten zu finden, andere Ursachen haben mit dem pervertierten Aktiensystem (Vierteljahresberichte die unglaublich Energie binden) zu tun. Aktien sind erfunden worden um langfristig Geschäftsideen zu finanzieren und um von den dabei entstandenen Gewinnen zu profitieren. Dem ist schon lange nicht mehr so. Auf die Möglichkeiten gegen eine Aktie zu spekulieren will ich gar nicht eingehen.
So können sich längerfristig gedachte Umstellungsprozesse kein Kapital besorgen weil sich im Sekundentakt per Computer gehandelte Aktien schneller rechnen.
Der Konzern ist an eigenen System bedingten Ursachen erstickt. Schade, denn die gelbe Farbe mit dem roten K bedeutete, hier ist ein Platz für Bildermacher und den gab es in aller Welt.
Rettung naht…
die LEICA AG in Solms übernimmt aus der Konkursmasse sämtliche veralteten Vollformat-Sensoren für die Leica M9 Produktion! Die vorhandenen TRI-X SW-Film-Masterrollen werden eingefroren und können bei Bedarf nach und nach für die analogen SW-Hardcore-Fans aufgetaut und konfektioniert werden.
Konkursmasse
Die Sensoren sind mitnichten Teil einer Konkursmasse. Der Sensorbereich wurde schon im vergangenen Jahr an Platinum Equitiy verkauft. das Unternehmen, das jetzt bei der Insolvenz von Manroland nicht zum Zuge kam.
Ihr Kommentar zeigt nur, dass Sie nicht einmal eine Ahnung haben , jedoch gerne pöbeln wollen.
Absturzgefahr in Hessen?
Na, hoffentlich haben sich die Bastler in Solms für ihren Dinosaurier Leica M9 genügend Kodak-Sensoren gesichert, sonst muaa sich Leica die Dinger auch noch selbst schnitzen. Aber vielleicht ist das ja auch ein Wink des Schicksals, damit das Leica-Management nach einem Anbieterwechsel mal einen Sensor in die M einbaut, der mehr als nur Schönwetter-Qualität bei niedriger ISO-Eintellung hat.
😉
Die Geschichte geht…
Die Fotografen, die nicht mit der “Digitalknallerei” aufgewachsen sind, werden den heutigen Tag wohl als einen großen Verlust erleben.
Von uns geht unserer eigene Geschichte!
Nachdem das rote A die Segel gestrichen hatte, folgt nunmehr das gelbe K nach. Vorbei auch die Zeit der großen gegenseitigen Lästereien, daß “das einzige farbige an seinen Filmen die Verpackung…” sei.
Für unsere Digitalos ist das mit einer einfachen Meldung abgetan: “Kodak ist pleite”.
Sie haben kein Gefühl für Geschichte in ihrem Pixelwahn und der Freude an ihren Fotoautomaten, die Belichtungszeit und Blende automatisch korrigieren, damit es überhaupt zu Abbildungen kommt (von “Bildern” spreche ich bewußt nicht).
Vorbei die große Zeit, als Fotografen mit “Ungetümen” und einem Belichtungsmesser regungslos bei bester Beleuchtung in der Landschaft standen und durch Wissen und Knobeln Bilder hervorbrachten, die man als Anfänger nicht für möglich gehalten hätte.
Heute regiert die Elektronik und wird die Fotografie ähnlich unspektakulär machen, wie sie es mit der Elektroakustik (HiFI für die, die mit “Elektroakustik” nichts anfangen können) seit Jahren getan hat.
Und natürlich nichts gegen Elektronik, ohne sie ist das moderne Leben nicht vorstellbar, aber: Sie macht auch aus einstigen Kunstgenüssen heutzutage platte Massenware.
Das betrifft nicht nur die technischen Geräte selbst, sondern auch deren Ergebnisse in Form von Bild und Klang.
Ergebnisse, die aus ehemaligen Freaks gelangweilte Konsumenten machen…
Stimme nicht zu.
[quote=Gast]Sie macht auch aus einstigen Kunstgenüssen heutzutage platte Massenware.
Das betrifft nicht nur die technischen Geräte selbst, sondern auch deren Ergebnisse in Form von Bild und Klang.[/quote]
Die “Vermassung” der Fotografie hat Geoge Eastman, Kodak, höchstpersönlich 1888 angezettelt. Die gegenwärtige Automatisierung ist nur die konsequent fortgeführte Umsetzung des von Geaorge Eastman ausgegebenen Ziels “You press the button, we do the rest”.
Klar, mit der Digitalisierung sind die entstehenden Kosten von dem Moment des Auslöserdrückens getrennt — was den Eindruck erzeugt, dass Digifotos kostenlos sind. Und Nachrechnen tut keiner: Die Einsteigerdigiknipse kostet heute größenordnungsmäßig 800 Euro, oder 1600 DM — zzgl Akku und Speicherkarten: Kosten, die Otto Normalknipse damals nie und nimmer für eine Knipse ausgegeben hätte.
Andererseits bietet die Digitaltechnik heute ganz neue Möglichkeiten des “Genusses”. Wo ich früher aus Platzgründen eine temporäre Bastelei im abgedunkelten Bad machen musste, um meine Filme zu entwickeln und Bilder zu vergrößern, passt heute das Fotolabor auf den Laptop. Man kann an dem Bild arbeiten, es über nacht liegen lassen und schauen, wie es am nächsten Tag wirkt. Man kann mehrere Versionen ausprobieren und erst wenn man sagt, “So lass ich es jetzt”, drückt man auf einen Knopf und das Bild schiebt sich auf Fine-Art-Papier aus dem Drucker, gerne auch auf 40×60.
Ist alles nur eine Frage, was man draus macht.
Ein Bild
ist ein Bild, ist ein Bild – ist ein Abbild halt …
Konsumenten-Romantik
[quote=Gast]Die Fotografen, die nicht mit der “Digitalknallerei” aufgewachsen sind, werden den heutigen Tag wohl als einen großen Verlust erleben.
Von uns geht unserer eigene Geschichte!
…
…
Ergebnisse, die aus ehemaligen Freaks gelangweilte Konsumenten machen…[/quote]
Das alte Thema: Da gibt es jene, die Fotos machen wollen. Und dann gibt es noch die anderen, die den WEG, Fotos zu machen, ganz schön finden.
Trauern wird die erstgenannte Klientel nicht. Ich gehöre dazu.
Fotos standen immer an erster Stelle – der Weg war damals nicht gut, der ist heute um Welten besser.
Der gelangweilte Konsument hat sich selbst entlarvt: Er hatte nie wirklich erstrangiges Interesse am Bild.
MfG
_______________________________________
Wissen ist Macht.
[Francis Bacon, 1561 – 1626]
“Tochtergesellschaften
“Tochtergesellschaften außerhalb der USA sind von dem US-Verfahren nicht betroffen und nicht Gegenstand der gerichtlichen Aufsicht.” …
Der Lokführer hatte einen Herzinfarkt und hat sich freiwillig ins Krankenhaus einliefern lassen, aber dem Schaffner geht es gut, der Fahrkartenverkauf geht weiter. Auf den vorigen Fahrten konnten wir doch auch gut verkaufen.
mennomenno
Die Digitaltechnik frisst
Die Digitaltechnik frisst ihren Vater. Danach frisst sie sich selbst. Keine Fotografen mehr, keine haltbaren Bilder. Gute Reise!
Fluch des Pioniers
Jetzt muss ich mal eine Lanze für Kodak brechen…
Rückblende, anfang der 1990er Jahre: Auf meinem Schreibtisch stand ein PC-AT kompatibler Rechner mit 512 Kilobyte Arbeitsspeicher, ein 720 Kilobyte 3,5″ Diskettenlaufwerk, einer 20 Megabyte Festplatte auf dem DR-DOS 6.0 lief. Dazu den Luxus eines Bernsteinmonitors und eines 9-Nadeldruckers.
Damals habe ich in einem Fotogroßlabor gejobbt, und der Begriff Digital beherrschte die Gesprächsthemen. Uns war bewusst, dass die Digitaltechnik großartige Möglichkeiten bot und Kodak war der Pionier. Allein, wir wussten damals noch nicht in welche Richtung die Reise ging. Die PhotoCD war ja schön und gut. Aber sie allein konnte die Zukunft nicht sein. Man musste sich extra ein Lesegerät anschaffen, nur um sich die Bilder auf dem Fernseher ansehen zu können, die man sich zuvor für viel Geld auf eine CD brennen lassen musste. Zur Erinnerung: Farbmonitore gab es damals nur sehr selten, und CD-Laufwerke in Computern waren noch seltener. CDs waren damals irrsinnig größen Datenbanken (z.B. Deutsche Bibliothek) vorbehalten; der gemeine Computerfreak brauchte sowas nicht. Und Otto Normalverbraucher hatte erst gar keinen Computer. Und: Die ins Album eingeklebten Abzüge waren schärfer und billiger.
Irgendwann hatten wir dann die Agfa DigiPrint Maschinen da: Erstmals waren die Prints meiner mit der Leica gemachten Dias ansehnlich: Die Lichter nicht weiss ausgefressen, die Schatten nicht schwarz zugelaufen. Das Digitalzeugs war schon ein Wundermittel. Aber Kameras waren noch ausser Sichtweite. Es gab zwar Basteleien aus dem Hobbykeller, aber nix ernsthaftes.
Dann 1998 kam die Revolution quasi über Nacht. Es waren Elektronik-Firmen wie Sony und Casio, und viele, die der Wind heute weggeweht hat, die ein Objektiv vor einen Sensor schraubten und tatsächlich ein Bild hingekriegt haben. Erst in Anbindung an den Computer (“Webcam” würde man heute sagen), dann vollkommen mobil. Und auch CD Laufwerke mit Standarddateisystem gehörten nun so irgendwie zur Ausstattung eines besseren Computers. Und der Farbmonitor war nun Standard. Jetzt erst war die Infrastruktur da, um Digitalbilder zu managen: Aufzunehmen und auf einem hochauflösenden Monitor auch scharf anzuschauen.
Kodak brachte dann sein Easyshare-Konzept auf den Markt: Für Leute, die keinen Computer hatten und trotzdem in den Segen der Digitaltechnik kommen zu wollen. Klemm die Knipse einfach auf die Station, drück Print und die Abzüge purzeln wie aus dem Labor aus dem Drucker.
Doch auch hier hat die Entwicklung Kodak überrollt. Mittlerweile hat jede Oma ihren Laptop oder zumindest ihren digitalen Bilderrahmen. Und für die Abzüge bringt Oma die Speicherkarte einfach ins Labor, so wie immer, wo die dann auf Kodak-Printern ausbelichtet wurden. Das EasyShare-Konzept war wieder obsolet.
Die anderen Kinder, die später kamen, konnten für ihre Entwicklungen auf eine bestehende Infrastruktur zurückgreifen. Kodak als Pionier hatte diese Infrastruktur nicht zur Verfügung und musste sich eine Infrastruktur erst aufbauen. Doch die Infrastruktur aus der Computerbranche hat Kodaks eigene Wege wieder weggespült.
Und wieder andere kamen so spät, dass sie den Anschluss an die technologische Entwicklung verpasst haben. Es gab also nur ein kleines Zeitfenster, in dem man erfolgreich die Entwicklung der Digitaltechnologie einsteigen konnte…
Kodak war zu früh dran.