Kodak LogoDer ehemalige gelbe Riese aus Rochester ist in den letzten Monaten häufiger mit Negativschlagzeilen aus den USA in Erscheinung getreten. photoscala wollte wissen, wie sich das Unternehmen hierzulande entwickelt und was die Zukunft bringen soll:

Die jüngsten Nachrichten zum Kodak-Konzern beleuchteten die Situation in erster Linie mit Blick auf das finanzielle Zahlenwerk und die teilweise aus steuerlichen Gründen erfolgten finanztechnischen Aktionen. Mehrmals kam in diesem Zusammenhang auch die Frage auf, ob Kodak in den USA Insolvenz anmelden wolle oder gar müsse. Mit dem Wandel vom Konsumgüter-orientierten Unternehmen zum Technologie-Konzern mit dem Schwerpunkt auf Investitionsgüter war Kodak zudem in den letzten Jahren aus dem Blickfeld vieler Anwender verschwunden. Umso mehr waren wir daran interessiert, ein wenig Licht in die aktuelle Entwicklung zu bringen.

Dazu fragten wir Erwin Schwarzl, Cluster Business Director D-A-CH, Geschäftsführer Kodak GmbH:

Foto von Erwin Schwarzl, Cluster Business Director D-A-CH, Geschäftsführer Kodak GmbH

Herr Schwarzl, Kodak war als gelber Riese lange Zeit stark im Endkundenbereich vertreten, taucht heute in diesem Segment mit digitalen Kompaktkameras und Bilderrahmen auf, die beide zugekauft werden. Über welche Kompetenzen verfügt der Kodak-Konzern von heute und wie werden diese genutzt?

Jahrzehntelang waren wir der größte Filmhersteller der Welt und solange wir genug Filme verkauft haben, war alles in Ordnung. Wir haben ein paar Jahre gebraucht, um die Veränderungen des Marktes zu realisieren, die wir ja noch dazu 1975 mit Steve Sasson‘s Erfindung der Digitalkamera selber eingeläutet hatten. Der Prozess war nicht leicht, aber unter der Führung von Antonio M. Perez brachten wir 2005 die Firma auf einen neuen Weg Richtung Zukunft: dieser liegt am anderen Ende der Imaging-Wertschöpfungskette, nicht mehr bei der Aufnahme, sondern bei der Ausgabe, beim Druck von Bildern oder präziser: beim Druck von digitalen Inhalten, zu denen auch Bilder gehören. Hierfür bauen wir derzeit an einem schlagkräftigen und dynamischen Druckkonzern mit dem umfangreichsten Portfolio an Produkten und Services in der Druckindustrie. Kodak wird dabei stets den Menschen helfen, ihre Erinnerungen zu bewahren und mit anderen zu teilen.

Kodak soll sich vom Foto- zum Drucker-Hersteller wandeln, sagt FTD.de. Es gab und gibt Versuche, sich gegen HP, Epson und Canon zu platzieren. Wo steht Kodak heute im Druckermarkt für Consumer und wo im professionellen Druckbereich?

Kodak und das Druckgeschäft ist eine Erfolgsgeschichte, die außerhalb der Druckindustrie möglicherweise noch nicht vielen Menschen bewusst war: Unsere wachstumsstarken digitalen Kerngeschäfte sind Consumer und Commercial Inkjet, Workflow Software und Services sowie Packaging Solutions – hier legten wir mit einem Plus vom 13 % im 3. Quartal erneut kräftig zu. Dabei trug der Geschäftsbereich Consumer Inkjet mit +44 % und der Geschäftsbereich Packaging Solutions mit +89 % zur Umsatzsteigerung bei.

Vor allem Consumer Inkjet hat sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt: In UK haben wir aktuell einen Marktanteil nach Volumen von 20,6 % und sind Nr. 2; in Deutschland verdoppelten wir den Marktanteil in einem Jahr auf insgesamt 7 %. In andere Märkte wie Spanien, Italien oder Südafrika sind wir vor kurzem eingestiegen und erwarten auch hier rasche Zugewinne. Für das 4. Quartal rechnen wir bei Consumer Inkjet mit einem positiven Bruttogewinn, was einen wesentlichen Meilenstein in diesem Geschäftsfeld bedeuten würde.

Die Nachfrage nach Kodaks Prosper-Druckmaschinen war im 3. Quartal weiterhin sehr stark, so dass der mit der Prosper-Produktlinie insgesamt erzielte Umsatz um 40 % stieg.

Vor kurzem installierte eine chinesische Druckerei einen Kodak Trendsetter 800 Platesetter – ein Geschäftserfolg, der für Kodak einen wichtigen Meilenstein markiert, nämlich die 15.000ste Installation einer Computer-to-Plate-Maschine. Mit CTP-Maschinen können Druckereien aus Computerdateien direkt fertige Druckplatten erstellen. 1995 brachte Kodak als erstes Unternehmen das thermische CTP-Verfahren auf den Markt, bei dem die Druckplatte durch Wärme statt durch Licht belichtet wird.

Unsere Digitaldruckmaschine Nexpress SX hat kürzlich den Gold Award beim Innovationspreis der Deutschen Druckindustrie erhalten.

In einer aktuellen unabhängigen Studie des SpencerLab Digital Color Laboratory erzielte die Kodak Nexpress SX3300 Digital Production Color Press insgesamt die beste Bewertung in der Kategorie Fotodruckqualität und erwies sich damit in Bezug auf die meisten beurteilten Kriterien als hervorragende Allround-Lösung.

Kodak hat vor geraumer Zeit von Böwe / Bell&Howell einen Scannerbereich übernommen. Besteht eine Chance, dass sich diese technische Wissen auch in Consumer-Produkten wiederfinden wird?

Kodak nutzt Synergien aus allem Geschäftsbereichen, um sein technisches Wissen gewinnbringend einzusetzen. Aus dem Bereich Document Imaging, wo wir bei Scannern zu den weltweit führenden Herstellern gehören, ist z.B. die Perfect-Page-Technologie in die Consumer Inkjet Drucker eingeflossen.

Agfa hat sich aus dem eigenen Consumer-Geschäft verabschiedet und bedient diesen Bereich nur indirekt über die Vermarktung einer Unterlizenz durch Dritte und Vierte. Was unternimmt Kodak, um nicht den gleichen Weg der lizenzierten Namenshülse zu gehen?

Wir gehen weiter unseren Weg, in unserem Consumer-Geschäft mit digitalen Produkten profitabel zu wachsen.

Der Wettbewerb am Markt ist für alle Beteiligten hart, die Produktlebenszyklen haben sich an den Bereich Consumer Electronics angepasst und werden immer kürzer, nicht nur die Verkaufspreise fallen, auch die Margen werden hauchdünn. Kann ein Unternehmen wie Kodak unter solchen Bedingungen überhaupt noch Geld verdienen? Und wenn ja, wo und wie?

Wir werden notwendige Anpassungen fortsetzen und den Fokus auf margenstärkere Produkte setzen. Im Bereich der Pocket Video Kameras und digitalen Bilderrahmen gehören wir zu den führenden drei Marken weltweit. Auf der anderen Seite haben wir schon früh erkannt, wie wichtig das Veröffentlichen von Fotos für Endverbraucher sein wird. Deswegen sind inzwischen alle Kodak-Digitalkameras mit dem Share-Button ausgestattet, um Fotos oder Videos schnell in Online-Platformen wie Facebook, Picasa oder die Kodak Gallery hochzuladen. Um dieses immense Bilderangebot besser für unsere Partner im Fotohandel erschließbar zu machen, sind wir gerade dabei, sämtliche Foto-Kioske mit Facebook-Anbindung auszustatten. Die Konsumenten können dann direkt im Geschäft auf Milliarden von Bilder zugreifen und daraus Fotoprodukte kreieren. Sowohl für unsere Retail Partner als auch für Kodak liegen im Bilderdruck die besten Gewinnerzielungsmöglichkeiten.

Wo sehen Sie heute die Stärken des Konzerns und inwieweit trägt das Europageschäft dazu bei?

In den letzten Jahren haben sich die Schwerpunkte für Kodak verschoben. Zu analogen Zeiten machten wir 70 Prozent unseres Umsatzes mit Produkten für Konsumenten und 30 Prozent im industriellen Bereich. Heute ist das Verhältnis genau umgekehrt. Und unsere Stärken liegen nicht mehr wie früher bei der Bildaufnahme, sondern beim Output. Dazu gehört zum einen Consumer Inkjet, wo wir speziell in UK und D in kurzer Zeit eine hohe installierte Basis aufbauen konnten. Eine andere Stärke liegt im Retail Printing – mit „trockenen“ Sofortdrucksystemen für den Fotohandel sind wir Marktführer. Im kommerziellen Digitaldruck haben wir mit der Nexpress und Prosper zwei Drucksysteme, denen die Zukunft gehört. Hier in Deutschland in Osterode im Harz haben wir eine der weltgrößten Offset-Druckplattenfertigungen. Zudem konnte gerade EAMER, d.h. Europa, Afrika, der Mittlere Osten und Russland mit einer Umsatzsteigerung von 40 % in unseren wachstumsstarken digitalen Kerngeschäften im dritten Quartal zum Konzernergebnis beitragen.

In Folge der diversen gerichtlichen Auseinandersetzungen um Patentrechtsverletzungen mit Konkurrenten und solchen, die es werden wollen, gewinnt manch Außenstehender den Eindruck, dass Kodak den Wettbewerb vorwiegend vor dem Richter in die Knie zwingen will und nicht am Markt. Was entgegnen Sie einem solchen Vorwurf ?

Kodak verfügt seit vielen Jahren über eine hohe Innovationskraft im Digital Imaging Markt und investierte hunderte Millionen Dollar in die Entwicklung des Patent-Portfolios. Über 30 Hersteller nutzen bereits offiziell unsere Lizenzen und das Kodak-Know-how für ihre Produkte. Von Apple oder RIM erwarten wir einfach, es ihnen gleichzutun.

Börsen-Analysten sehen den mittlerweile einzigen Wert Kodaks im Patent-Portfolio. Nun hat der Konzernvorstand in Rochester den Verkauf von einer Vielzahl an Kodak-Patenten angekündigt. Verkauft Kodak damit sein Tafelsilber? Inwieweit kann sich dieses Vorhaben auf das Europageschäft auswirken?

Unsere Priorität liegt darin, den Konzern zu einer nachhaltigen und profitablen Firma mit Schwerpunkt in digitalen Wachstumsbereichen zu machen. Was in den Medien oder im Markt spekuliert wird, möchten wir nicht kommentieren.

Die Leser von photoscala betonen immer wieder in ihren Kommentaren, dass Kodak weltweit präsent sei und wir in Europa eine sehr eingeschränkte und möglicherweise sogar falsche Sichtweise auf Kodak hätten. Welche grundsätzlichen Unterschiede sehen Sie in der Geschäftstätigkeit Kodaks in Europa im Vergleich zu den USA und Fernost, insbesondere im Hinblick auf die Fotosparte ?

Natürlich passen wir unsere Marketingstrategien den Regionen und jeweiligen Ländern an. In der EAMER-Region, insbesondere in Deutschland, können wir die Stärke der Marke insbesondere für Imaging Produkte gut nutzen. So ist Kodak in Europa die unbestrittene Nummer 1 im Bereich „trockener“ Sofortdrucksysteme für den Fotohandel. Das Geschäft entstand in einem Markt, der vom Fotopapier absolut dominiert war und wir innerhalb weniger Jahre von Null aus aufgebaut haben, Jedes zweite im Fotohandel produzierte Bild wird auf Kodak-Systemen gedruckt. Heute gibt es weltweit mehr als 100.000 installierte Kodak-Sofortdruck-Kiosks; davon stehen über 40.000 in Europa und 10.000 in Deutschland. Dieses Segment ist für Kodak eines der Juwelen in unserem Portfolio und wird weiter wachsen.

Kodak hat sich im letzten Jahrzehnt (gesund) geschrumpft. Die Restrukturierung hat nicht nur die Finanzen belastet, sondern sicherlich auch die Mitarbeiter. Wie hat sich der Personalbestand in Europa verändert? Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?

Im Fokus steht die Entwicklung des Unternehmens und Fortführung der starken Marke Kodak. Es ist ein Traditionsunternehmen, das aufgrund seiner Firmenkultur bei seinen Mitarbeitern eine hohe Akzeptanz und Commitment genießt. Dies belegen auch sehr niedrige Fluktuationsraten, die deutlich unter dem Branchenschnitt liegen.

Herr Schwarzl, Sie zählen ja gewissermaßen zum Urgestein im Hause Kodak Deutschland und konnten die Entwicklung von innen, und zeitweise auch von außen, verfolgen. Welche Marktpositionierung erhoffen Sie sich für Kodak in fünf Jahren? Welche Geschäftsbereiche könnten mittelfristig zum Kern des Kodak-Konzerns und Kodak in Deutschland (DACH) zählen?

Die vier Wachstumsbereiche sind zu Beginn des Jahres ganz klar definiert worden. Kodak entwickelt sich vom Schwerpunktthema Capture hin zu Output. Dazu zählen Consumer und Commercial Inkjet, Packaging Solutions und Workflow Software & Services. Der Umsatz dieser Kernbereiche setzte auch im 3. Quartal sein Wachstum fort und liegt im Plan. Die Entwicklung in 2011 spiegelt die Fortschritte, die Kodak im Rahmen seiner Umstrukturierung in einer herausfordernden Zeit unternimmt – auf diese Bereiche setzt Kodak auch die kommenden Jahre und wird die notwendigen Investitionen durchführen. Daneben werden wir einzelne erfolgreiche Teilbereiche konsequent fortführen. Dazu gehören maßgeblich Retail Printing – allen voran mit unserem Kiosk Geschäft, Document Imaging, sowie das margenstarke Filmgeschäft mit Rollfilm und Motion Picture Film. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit dieser Strategie Kodak wieder zu einem erfolgreichen Konzern machen können.

Die Fragen stellte Christoph Jehle (CJ).